AG Dortmund: Personenbezug des Wärmeverbrauchs einer Wohnung (Update)

Das Amtsgericht Dortmund hat mit Urteil vom 26.11.2013 (Az. 512 C 42/13) die Klage eines Wohnungseigentümers abgewiesen, der sich unter Berufung auf sein Persönlichkeitsrecht und den Schutz der Unverletzlichkeit seines Wohnungseigentums gegen einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Installation von Heizkostenverteilern in Wohnungen auf Funkbasis wehrte.

Derartige Entscheidungen von Gerichten im Schnittstellenbereich von Miet- und Datenschutzrecht sind derzeit noch relativ selten, könnten im Zuge des Ausbaus von Smart Metering Systemen jedoch an Bedeutung gewinnen.

Die Entscheidung
Das Gericht begründet sein Urteil unter anderem mit einem Verweis auf eine Entscheidung des BGH (Urt. v. 24. 5. 2013, Az. V ZR 220/12), in der die Videoüberwachung des Eingangsbereichs einer Wohnungseigentumslage für rechtmäßig erklärt wurde, wenn die Voraussetzungen der gesetzlichen Grundlage des § 6b BDSG erfüllt sind und ein berechtigtes Überwachungsinteresse besteht. Diese Fälle würden sich insoweit decken, da für die Feststellung eines rechtswidrigen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht in beiden Fällen an Hand einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und einer die (verfassungs-)rechtlich geschützten Positionen der Beteiligten berücksichtigende Güter- und Interessenabwägung zu entscheiden ist.

Da grundsätzlich der Einzelne darüber entscheiden dürfe, wann und wie seine persönlichen Daten preisgegeben und verwendet werden, müsse bei der Installation solcher Funkanlagen die mildeste mögliche Eingriffsintensität sichergestellt werden. Dies hat in der konkreten vertraglichen Ausgestaltung der Ableseverfahren zu geschehen. Abzuwägen sind dabei das Interesse an einer ordnungsgemäßen Heizkostenabrechnung zu möglichst niedrigen Kosten gegen eine „ungezügelte Datensammelwut, die auch „unbemerkte“ Überprüfungen des Heizverhaltens ausschließt“. Das Gericht weist darauf hin, dass insbesondere dann, wenn häufig abgelesen wird und Wärmeverbrauchswerte gespeichert werden, ein Risiko dahingehend besteht, dass Nutzerprofile erstellt werden können. Daher sei es erforderlich auf vertraglicher Basis festzulegen, wie diese Daten genutzt werden.

Zudem meldet das Gericht jedoch Zweifel dahingehend an, ob der Wärmeverbrauch auch tatsächlich zu den geschützten personenbezogenen Daten i. S. d. § 3 Abs. 1 BDSG gehöre, lässt diese Frage im Endeffekt jedoch aufgrund der im vorliegenden Fall zu Lasten des Klägers ausgehenden Interessenabwägung (auch bei unterstelltem Personenbezug der Daten) offen.

Meines Erachtens würde es sich bei solchen Wärmeverbrauchsdaten jedoch um personenbezogene Daten im Sinne des BDSG handeln. Denn der Wärmeverbrauch einer Wohnung lässt sich als eine Einzelangabe über sachliche Verhältnisse einer zumindest bestimmbaren natürlichen Person, nämlich den Bewohner der Wohnung, einordnen. Letztlich entscheidet am Ende über den Personenbezug, wer die erforderlichen (Zusatz-)Informationen besitzt, um den Bezug zum Wohnungsinhaber herstellen zu können. Die vom Gericht vorgebrachte Meinung zur Ablehnung eines Personenbezugs überzeugt jedoch nicht wirklich. Danach wird gegen einen Schutz der Messwerte vorgebracht, dass häufig entsprechende Erfassungsgeräte über den Energieverbrauch, im Treppenhaus oder im Keller aufgehängt sind und dass sie dort für jedermann zugänglich untergebracht sind.

Dass die Informationen eventuell öffentlich zugänglich sind, spricht jedoch nicht gegen einen möglichen Personenbezug und damit eingreifenden Schutz des BDSG. Denn für den Personenbezug ist nicht entscheidend, ob die Informationen öffentlich abrufbar sind oder nicht, sondern ob der jeweilige Verantwortliche mit den ihm zustehenden Informationen den Personenbezug herstellen kann. Auch öffentlich zugängliche Daten genießen diesen Schutz, was sich etwa aus der Regelung des § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG ergibt, die gerade für diesen Fall einen Erlaubnistatbestand der Verarbeitung bereithält.

Fazit
Entscheidungen zu Fragen der Datenverarbeitung in häuslichen Versorgungsnetzen werden in Zukunft sicher eine größere Rolle spielen. Der deutsche Gesetzgeber hat hier teilweise auch bereits reagiert und etwa mit Vorschriften wie § 21g EnWG für den Bereich der Lieferung von Elektrizität oder Gas bereichsspezifische Datenschutzregeln erlassen.

Update vom 27.3.2015:
Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht (LG) Dortmund am 28.10.2014 (Az. 9 S 1/14) entschieden, dass ein die Erhebung, Speicherung, Übermittlung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten betreffender Eigentümerbeschluss grundsätzlich den Vorgaben des BDSG entsprechen muss. Dies sei hier nicht der Fall.

Der angefochtene Eigentümerbeschluss entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil in ihm entgegen § 28 Abs. 1 S. 2 BDSG nicht konkret die Zwecke festgelegt worden sind, für die die bei den Wohnungseigentümern erhobenen Verbrauchsdaten verarbeitet und genutzt werden sollen. Das LG geht zudem davon aus, dass es sich bei den Verbrauchsdaten um personenbezogene Daten im Sinne des Gesetzes handelt, da diese Rückschlüsse auf das Heizverhalten der Wohnungseigentümer, die Zeiträume ihrer An- und Abwesenheit und die Nutzung bestimmter Räume ermöglichen.

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