Landesarbeitsgericht: Wer „krank“ ist, sollte kein Auto waschen

Mit Urteil vom 11.07.2013 hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz (Az. 10 SaGa 3/13) entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der sich offiziell „krank“ meldet, dann jedoch in einer öffentlichen Waschstraße sein Auto reinigt, sich nicht dagegen wehren kann, dass von ihm zu Beweiszwecken für einen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis Fotos angefertigt werden.

„Selbst schuld“, könnte man denken. Der klagende Arbeitnehmer war offiziell krank geschrieben, reinigte in dieser Zeit jedoch mit seinem Vater zusammen in einer öffentlichen Waschstraße sein Auto. Wie der Zufall es wollte, kam nicht irgendein Arbeitskollege, sondern sogar sein Vorgesetzter an dieser Waschstraße vorbei. Verständlicherweise verwundert, fertigte dieser von dem anscheinend doch nicht kranken Arbeitnehmer mit seinem Handy mehrere Bilder.

Der Kläger wurde (vor allem auch, weil er mit seinem Vater den Vorgesetzen im Zuge der Anfertigung der Bilder körperlich attackierte) gekündigt.

Der Kläger sieht sein Persönlichkeitsrecht verletzt
Neben dem noch nicht abgeschlossenen Kündigungsschutzverfahren, begehrte der Kläger vorliegend die Herausgabe der angefertigten Bilder sowie es zukünftig zu unterlassen ihn zu filmen, zu fotografieren oder ihm nachzustellen. Er berief sich insoweit auf eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Anfertigung der Bilder. Daher sei auch sein Angriff auf den Vorgesetzten im Rahmen der Notwehr gerechtfertigt gewesen.

Das Urteil des LAG
Das Gericht (wie auch schon das vorher befasste Arbeitsgericht) lehnt eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts, in der Form des Rechts am eigenen Bild, ab. Zwar gilt der Schutz des Rechts am eigenen Bild gerade auch in der Öffentlichkeit. Auch ist nicht nur – wie durch § 22 KunstUrhG ausdrücklich geregelt – die unzulässige Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung geschützt, sondern bereits die Herstellung von Bildern fällt in den Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Dennoch besteht das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht schrankenlos und Eingriffe können durch Wahrnehmung überwiegend schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein, wobei im Fall einer Kollision des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit den Interessen des Arbeitgebers durch eine Güterabwägung im Einzelfall zu ermitteln ist, ob dieses den Vorrang verdient. Dies lehnte das LAG vorliegend ab.

Für eine heimliche Überwachung des Klägers bestünden keine Anhaltspunkte. Der zufällig anwesende Vorgesetze fertigte mit seiner Handykamera Fotos, um seine Beobachtung zu dokumentieren. Aus seiner Sicht bestand der Verdacht, dass der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit lediglich vorgetäuscht haben könnte. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers durch die Speicherung der Fotos auf der Handykamera sei zudem nicht schwerwiegend. Die Aktivitäten des Klägers wurden an einer öffentlich zugänglichen Autowaschanlage beobachtet, so dass der Vorgesetzte auch als Augenzeuge zur Verfügung stehen würde. Die Speicherung der Fotos über seine punktuelle persönliche Beobachtung stelle unter den gegebenen Umständen keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers dar. Es bestand aus Sicht des Vorgesetzten der konkrete Verdacht, dass der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht und damit einen Entgeltfortzahlungsbetrug begangen haben könnte. Ein Anspruch des Klägers wurde daher abgelehnt.

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