Verhandlungen zur Datenschutz-Grundverordnung: offene Punkte und vorläufige Einigungen

Bis zum Ende des Jahres 2015 möchten die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union die sogenannten Trilog-Verhandlungen zur europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) abschließen. Seitdem der Trilog begonnen hat, wurden nur wenige Schriftstücke aus den Verhandlungen veröffentlicht bzw. geleakt. Nun hat die Plattform statewatch.org zwei neuere Dokumente des Rates (jeweils Stand vom 20. November 2015) veröffentlicht.

Vorläufig erzielte Kompromisse

Ein Dokument (pdf) befasst sich mit den bis zum 20. November 2015 zwischen den drei Verhandlungsparteien erzielten Kompromissen. Zudem enthält das Dokument Vorschläge der Ratspräsidentschaft für einige noch offene Punkte.

Betrachtet man das (immerhin 372 Seiten lange) Dokument, so fällt auf, dass Kompromisse vor allem für Artikel bzw. Themengebiete gefunden wurden, die man umgangssprachlich nicht als die „dicken Bretter“ bezeichnen würde. Dieses freilich nicht verwunderlich, da man sich in den Verhandlungen sicherlich zunächst mit solchen Themenkomplexen befasst hat, bei denen die geringsten Meinungsverschiedenheiten zu erwarten sind.

So hat man sich etwa darauf geeinigt, die sogenannte Haushaltsausnahme, also jene Vorschrift die bestimmt, wann die Datenschutz-Grundverordnung in Zukunft im Rahmen einer Datenverarbeitung für private Zwecke nicht anwendbar sein soll, nur dann eingreifen zu lassen, wenn die in Rede stehende Datenverarbeitung ausschließlich für persönliche Zwecke durchgeführt wird. In Zukunft dürfte es für die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung daher nicht ausreichen, dass mit einer Datenverarbeitung auch (!) private Zwecke verfolgt werden. Vor allem im Abschnitt der sich mit Zusammenarbeit der nationalen Datenschutzbehörden untereinander befasst, konnte man ebenfalls vorläufige Einigungen erzielen. Nicht einigen konnte man sich bisher hingegen auf die Höhe bzw. den möglichen Rahmen für zukünftige Bußgelder bei rechtswidrigen Datenverarbeitung.

Offene Punkte

Das zweite veröffentlichte Dokument (pdf) betrifft die wichtigsten noch offenen Punkte. In diesem Dokument schlägt die Ratspräsidentschaft den Mitgliedstaaten zu verschiedenen Themen ein bestimmtes Vorgehen vor und bittet um eine Rückmeldung hinsichtlich der vorgeschlagenen Lösungswege.

Zu den noch offenen Diskussionsfeldern gehört nach dem Dokument unter anderem die Frage, inwieweit die Datenschutz Grundverordnung auch für EU-Institutionen gelten soll. Die Kommission und der Rat möchten die Institutionen vom Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung ausnehmen. Das Parlament ist für deren Einbeziehung.

Bekanntlicherweise sollen in der Datenschutz-Grundverordnung Öffnungsklauseln geschaffen werden, die es den Mitgliedstaaten erlauben würden, für bestimmte Bereiche bzw. bestimmte Datenverarbeitungsprozesse spezifische nationale Regelung zu schaffen. Vor allem der Rat möchte eine solche Öffnungsklausel in Art. 1 Abs. 2a DS-GVO vorsehen. In dem Dokument wird nun vorgeschlagen, die Ratsposition beizubehalten, obwohl das Parlament den entsprechenden Artikel anpassen möchte. Dem Parlament ist vor einigen an einer Konkretisierung dahingehend gelegen, dass nationale Vorschriften die Vorgaben der DS-GVO nicht ändern bzw. anpassen sondern nur konkretisieren bzw. spezifizieren können. Die Ratspräsidentschaft schlägt vor, Art. 1 Abs. 2a DS-GVO in einen neuen Art. 6 Abs. 2a DS-GVO zu verschieben. Jedoch keine inhaltlichen Änderungen am Vorschlag des Rates vorzunehmen.

Ein weiterer offener Themenkomplex ist die Frage, inwieweit die den nationalen Datenschutzbehörden zustehenden hoheitlichen Befugnisse und der Umfang der potentiellen Maßnahmen innerhalb der DS-GVO geregelt werden sollen oder ob die Mitgliedstaaten jeweils national den Umfang der Maßnahmen bestimmen können dürfen.

Im Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung sollen in Zukunft Verbände die Möglichkeit haben, betroffene Personen gegenüber Datenschutzbehörden bzw. datenverarbeitenden Stellen zu vertreten und auch deren Rechte durchzusetzen. In den Verhandlungen besteht noch Uneinigkeit darüber, inwieweit Verbände oder andere Organisationen im Namen der Betroffenen auch Schadensersatzansprüche geltend machen können. Das Parlament ist für eine solche Möglichkeit. Der Rat möchte dies nur gestatten, soweit nationale Vorschriften die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen für den Betroffenen erlauben.

Ausblick

Nach dem Ratsdokument werden die nächsten Trilog- Verhandlungen am 10. Dezember 2015 stattfinden. Die Ratspräsidentschaft bekräftigt noch einmal ihre Intention, bis zum Ende des Jahres die Verhandlungen abzuschließen.

Wer auch im Dezember nicht auf Informationen zur Datenschutz-Grundverordnung und möglichen künftigen Regelungen verzichten möchte, den lade ich gerne dazu ein, an jedem Tag zwischen dem 1. und 24. Dezember eine Tür des EUDataP- Weihnachtskalenders zu öffnen. Dort werde ich jeden Tag einen kleinen Beitrag zur Datenschutz-Grundverordnung veröffentlichen.

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