Verwaltungsgericht: Rechtsmissbräuchliche Instrumentalisierung der Datenschutzbehörde – hier: Beschwerde gegen gegnerische Anwaltskanzlei

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat sich in einem Beschluss (Beschl. v. 6.8.2025 – 17 K 3445/24, aktuell nur bei BeckRS 2025, 20692 verfügbar) sehr deutlich zu einem möglichen Anspruch eines Betroffenen auf Einschreiten der Datenschutzbehörde gegen eine gegnerische Anwaltskanzlei geäußert.

Hintergrund

Der Kläger des Verfahrens befand sich offensichtlich mit einem Unternehmen in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung in Bezug auf einen Schadenersatzanspruch. Das Unternehmen wurde von einer Anwaltskanzlei vertreten.

In einem Schreiben der Kanzlei an den Kläger verwendete diese irrtümlich „428/23“ als Zeichen des Klägers und speicherte das Schreiben mit diesem unzutreffenden Zeichen bei sich. Hiergegen legte der Kläger eine Beschwerde bei der Datenschutzbehörde in Hamburg ein. Die Aufsichtsbehörde wollte sich jedoch entweder mit der Beschwerde gar nicht befassen (ggfs. unter Berufung auf die EuGH Rechtsprechung) oder zumindest keine Maßnahmen ergreifen.

Der Kläger erhob darauf hin gegen die Datenschutzbehörde Klage beim Verwaltungsgericht. Da er einen Anspruch auf Behandlung seiner Beschwerde nach Art. 57 Abs. 1 f) DSGVO, Art. 77 DSGVO habe.

Entscheidung

Das Verwaltungsgericht musste, da die Parteien den Rechtsstreit für erledigt erklärt hatten, nur noch über die Kosten und dort über die Erfolgsaussuchten der Klage des Betroffenen entscheiden.

Die Ansicht des Gerichts fällt mehr als deutlich aus.  Der Kläger trägt die gesamten Kosten, da er mit seiner Klage wahrscheinlich unterlegen wäre.

Seine datenschutzrechtliche Beschwerde dürfte … als rechtsmissbräuchliche Instrumentalisierung des Beklagten, nur um der Beschwerdegegnerin in feindseliger Haltung Nachteile zuzufügen.“

Das VG geht hier also von einer missbräuchlichen Geltendmachung des Beschwerderechts nach der DSGVO aus. Hierzu führt das Gericht auch einige Faktoren an, die aus seiner Sicht für eine Missbräuchlichkeit der Geltendmachung der Beschwerde sprachen.

Erstens

Die Beschwerde des Klägers diente allein dazu, der Rechtsanwaltskanzlei der Gegenseite, an die der Kläger einen Schadensersatzanspruch gerichtet hatte, Probleme und Aufwand zu bereiten.“

Für das VG war es hier also offensichtlich, dass es dem Kläger gerade nicht um Fragen des Datenschutzes ging, sondern die DSGVO nur als Instrument genutzt wurde, um Probleme zu bereiten.

Zweitens

Die datenschutzrechtliche Beschwerde an den Beklagten hat der Kläger erkennbar dazu genutzt, die Rechtsanwaltskanzlei, die in der zivilrechtlichen Auseinandersetzung mit ihm für die Gegenseite tätig war, weiter zu eskalieren, ohne hierdurch einen relevanten Vorteil für sich zu gewinnen.“

Zudem geht das VG davon aus, dass es dem Kläger erkennbar nur um eine weitere Eskalationsstufe des Streits ging. Also er gerade nicht Zwecke des Datenschutzes verfolgte.

Dies begründet das Gericht u.a. auch damit „kein auch nur ansatzweise anzuerkennendes rechtliches Interesse des Klägers daran“ bestehe, dass die Rechtsanwaltskanzlei das Schreiben und die Speicherung entsprechend berichtigt und hierzu die Kanzlei mit einem aufsichtsbehördlichen Verfahren zu überziehen.

Drittens

Zudem argumentiert das VG mit dem Sinn und Zweck des Datenschutzrechts.

„Das Datenschutzrecht mit der Einrichtung des Datenschutzbeauftragten als staatliche Stelle ist nicht dazu bestimmt, völlig belanglose Irrtümlichkeiten bei der Verarbeitung von Daten…, behördlich verfolgen zu lassen, nur um mit dem Mittel der Datenschutzaufsicht eine aus einem anderen Grund bestehende Auseinandersetzung, hier der Streit um einen zivilrechtlichen Schadensersatz, böswillig auf dieses weitere Konfliktfeld auszuweiten.“

Das Gericht sieht anscheinend die Kombination aus Zweck und Mittel auch als Faktor für den Missbrauch.

Fazit

Die Begründung des VG ist sehr deutlich. Man mag, mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH zur Geltendmachung des Auskunftsrechts, welches danach keine Begründung erfordert, eventuell auch gegen das Gericht argumentieren. Aus Sicht der Verantwortlichen kann die Begründung jedoch auch gut auf Situationen übertragen werden, in denen Betroffene im Streit mit der „Aufsichtsbehörde drohen“ – und das passiert in der Praxis leider regelmäßig.