Datenschutzreform: Kein Mitgliedstaat verfolgt die Absicht, zentrale Datenschutzprinzipien aufzuweichen

Im Rahmen ihrer Antwort (PDF) auf eine kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Bundestag zu dem Thema „Neuregelung des Beschäftigtendatenschutzes“, hat sich die Bundesregierung nicht nur mit spezifischen Fragen der Datenverarbeitung im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer befasst, sondern auch einige interessante Ausführungen zu anderen wichtigen Bereichen der geplanten Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) gemacht und ihre Auffassung zu diesen Themen dargelegt.

Betrieblicher Datenschutzbeauftragter
Die Frage, ob es in Zukunft eine EU-weite Pflicht zur Bestellung von betrieblichen Datenschutzbeauftragten gibt, ist nach wie vor offen. Im Rat der Europäischen Union konnte hinsichtlich dieses Vorschlags (u.a. von Deutschland) bisher keine Mehrheit gewonnen werden.

In ihrer Antwort bekräftigt die Bundesregierung ihre Absicht, eine solche Pflicht eventuell noch innerhalb der aktuell laufenden Trilogverhandlungen auf EU-Ebene noch in die DS-GVO einfließen zu lassen.

Die Bundesregierung setzt sich in den Verhandlungen weiterhin dafür ein, dass die Mitgliedstaaten durch die Datenschutz-Grundverordnung verpflichtet werden, dieses in Deutschland bewährte Konzept zu übernehmen.

Was geschieht mit aktuell gültigen Betriebsvereinbarungen?
Nach derzeit geltendem Recht stellen Betriebsvereinbarungen eine „andere Rechtsvorschrift“ im Sinne des § 4 Abs. 1 BDSG dar und können daher als Grundlage von Datenverarbeitungen in Unternehmen dienen. Doch was geschieht mit geltenden Betriebsvereinbarungen, wenn die DS-GVO, als unmittelbar geltende europäische Verordnung, in Kraft tritt und zwei Jahre später Anwendung findet?

Die Bundesregierung verweist auf den grundsätzlichen Anwendungsvorrang des EU-Rechts vor kollidierenden nationalen Regelungen. Ob geltende Betriebsvereinbarungen dann keine Anwendung mehr finden, hängt jedoch von der finalen Fassung der DS-GVO und möglichen Öffnungsklauseln und den Voraussetzungen an nationale Regelungen ab. Die Bundesregierung verweist zudem darauf, dass die Ratsfassung der DS-GVO in Erwägungsgrund 124 klarstellt, dass in Art. 82 DS-GVO (der speziellen Vorschrift zum Umgang mit personenbezogenen Daten von Arbeitnehmern) erwähnte Kollektivvereinbarungen auch Betriebsvereinbarungen umfassen.

Keine „strengeren“ nationalen Gesetze im Vergleich zur DS-GVO?
In Zukunft stellt sich zudem die Frage, ob nationale Regelungen im Anwendungsbereich von Öffnungsklauseln der DS-GVO erlassen werden dürfen, die „strengere“ Vorgaben an die Verarbeitung personenbezogener Daten machen, als jene in der DS-GVO. Sollte dies möglich sein, wird sich freilich in Folge eine Situation einstellen, in der manche Mitgliedstaaten „strengere“ Datenschutzgesetze besitzen als andere. Eine Vereinheitlichung wäre damit zumindest nicht gänzlich erreicht.

Die Bundesregierung will sich dafür einsetzen, dass die Mitgliedstaaten sektorspezifische Rechtsvorschrift, die bereits auf Grundlage der geltenden Datenschutz-Richtlinie erlassen wurden, beibehalten werden können. Zudem möchte sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Art. 82 DS-GVO im Bereich des Arbeitnehmerdatenschutzes nur als „Mindestnorm“ anzusehen ist. Mitgliedstaaten könnten also etwa in diesem Bereich abweichend „strenge“ Vorgaben machen.

Bleiben geltende Datenschutzprinzipien erhalten?
Die Fraktion DIE LINKE möchte wissen, welche EU-Mitgliedsstaaten

nach Kenntnis der Bundesregierung aus welchen Gründen oder mit welcher Begründung ggf. die Absicht, zentrale Datenschutzprinzipien, wie die Zweckbindung und die Datensparsamkeit, in der EU-Datenschutz-Grundverordnung aufzuweichen.

Die Bundesregierung kann eine solches „Aufweichen“ geltender Datenschutzprinzipien jedoch nicht ausmachen:

Nach Beobachtung der Bundesregierung verfolgt kein Mitgliedstaat die Absicht, zentrale Datenschutzprinzipien aufzuweichen.

Der Grundsatz der Datensparsamkeit finde sich in Art. 5 Abs. 1 (c) der DS-GVO. Zudem merkt die Bundesregierung an, dass sie sich in den Ratsverhandlungen für die Beibehaltung der Formulierung des ursprünglichen Kommissionsvorschlags ausgesprochen habe.

Auch der Grundsatz der Zweckbindung werde beibehalten und finde sich in Art. 5 Abs. 1 (b) der DS-GVO. Die Formulierung entspreche zudem im Wesentlichen derjenigen der Datenschutz-Richtlinie.

Zweckändernde Datenverarbeitung auch ohne Einwilligung oder Vertrag
Die „Zweckänderung“ war ein Thema, welches vor allem auch in der Öffentlichkeit heftig diskutiert wurde. Die Bundesregierung wurde für ihre Änderungsvorschläge zum Teil heftig kritisiert. In ihrer Antwort verweist sie darauf, dass das geltende Bundesdatenschutzgesetz bereits derzeit zahlreiche Regelungen zur zweckändernden Weiterverarbeitung enthalte. Zudem führt sie an, dass eine solche Weiterverarbeitung nicht heimlich geschehen kann, sondern der Betroffene hierüber zu informieren ist (Art. 14 Abs. 1b) und Art. 14a Abs. 3a DS-GVO Ratsfassung). Auch möchte sich die Bundesregierung weiterhin dafür einsetzen,

dass die Befugnis zur zweckändernden Datenverarbeitung ohne Rechtsgrundlage und allein auf Grundlage einer Interessenabwägung für den öffentlichen Bereich nicht in der Datenschutz-Grundverordnung enthalten sein wird.

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