Google Now und Big Data – „Informationen, bevor Sie danach suchen“

Anfang der Woche hat Google nun auch für iOS Geräte seinen verbesserten Suchdienst „Google Now“ vorgestellt. Damit wird die bekannte Such-App um eine Art Vorhersagefunktion erweitert. Für den Nutzer (nach Ansicht von Google vermeintlich) wichtige Informationen werden diesem nun bereits präsentiert, bevor er überhaupt danach sucht.

Die App

Man könnte Google Now damit als Hosentaschen-Assistenten begreifen, der einem alle relevanten Informationen für den Tag (sei es die Verkehrslage auf dem Weg zur Arbeit oder das vorhergesagt Wetter) eigenständig präsentiert. Wie gesagt, ohne, dass der Nutzer aktiv danach suchen muss. Ein Beispiel: Zu einem im Google Kalender gespeicherter Termin stellt Google Now nun auch Informationen für den kürzesten Anreiseweg zur Verfügung und erinnert automatisch daran, wann es Zeit ist aufzubrechen und wo sich z. B. die Arztpraxis genau befindet.

Die Voraussetzungen

Die Grundlage des Konzepts: Daten. Um die Funktionen von Google Now wirklich nutzen zu können benötigt die App zum einen Zugriff auf ein bestehendes Google Konto und zum anderen ständigen Zugriff auf die Standortdaten des Nutzers. Aus dem Konto des Nutzers werden dann die Adressen der Kontakte, deren Geburtstage, Termine aus dem Kalender, Informationen aus Gmail etc. geladen und bei der Tagesplanung berücksichtigt. Dass ein solcher selbstdenkender Service eine gewisse Annehmlichkeit bietet und eigene Organisationsarbeit abnimmt, ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Doch zeigt dieses Angebot erneut, wie sehr Unternehmen zum einen an den Daten ihrer Kunden interessiert sind und zum anderen die Nutzer über eine Verknüpfung von Angeboten an sich binden möchten.

Und der Datenschutz?

Nach der Installation der App weißt diese in einem Fenster in wenigen Zeilen darauf hin, auf welche Google Dienste zugegriffen werden muss. Nach einer Bestätigung auf „OK“ startet die App und man muss sich mit seinen Nutzerdaten in seinem Google Konto anmelden. Zwar besteht vorher auch die Möglichkeit, sich „weitere Informationen“ anzeigen zu lassen. Hinsichtlich der Verarbeitung von Daten wird dort am Ende jedoch auf die allgemeine Google-Datenschutzerklärung verwiesen.

Einwilligung bei Google Now

Eine datenschutzrechtliche Einwilligung der Nutzer wird hierbei nicht eingeholt. Diese ist jedoch auch nicht erforderlich, denn da Google Now nur in Verbindung mit einem Google Konto funktioniert, haben die Nutzer bereits bei der Registrierung für dieses Konto ihre „Einwilligung“ zu der Verarbeitung ihrer Daten durch Google und all seinen Angebote erteilt. Die Datenschutzerklärung von Google gilt für alle Dienste des Konzerns und damit auch für die Nutzung von Google Now.

Google-Datenschutzerklärung

Jedoch ergeben sich gerade in Bezug auf diese Datenschutzerklärung rechtliche Bedenken. Derzeit untersuchen europaweit 6 Datenschutzbehörden die jeweiligen nationalen Datenschutzbestimmungen und Verarbeitungstätigkeiten des Konzerns (hierzu mein früherer Beitrag). Die Informationen zur Datenerhebung und –nutzung sind, nach Ansicht der europäischen Datenschützer, zu vage und nicht konkret genug formuliert. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Unübersichtlichkeit über die Zusammenführung von erhobenen Nutzerdaten. Eine wirksame datenschutzrechtliche Einwilligung nach den Vorgaben der geltenden Datenschutz-Richtlinie (DS-RL, 95/46/EG) könne hierdurch nicht erteilt werden.

Big Data und Ziele, die sich widersprechen

Durch die Einführung von Diensten wie Google Now wird deutlich, dass eine (für Nutzer grundsätzlich begrüßenswerte) Zentrierung, Vereinheitlichung und vereinfachte Informationen zum Umgang mit Daten mit den derzeit geltenden Voraussetzungen an eine datenschutzrechtliche Einwilligung (freiwillig, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage) kaum umzusetzen ist.

Des weiteren lässt sich erkennen, das etwa das Prinzip der Datenminimierung (Art. 6 Abs. 1 b) und e) DS-RL), also wirklich nur die erforderlichen Daten für genau festgelegte Zwecke zu erheben und zu verwenden, mit solchen Angeboten wie Google Now praktisch nicht vereinbar ist. Weder Google noch der Nutzer wissen bereits vorab, welche Daten und vor allem zu welchem bestimmten Zweck Google Now diese benötigt, um seine Arbeit leisten zu können. Denn wie soll bereits bei der Registrierung und damit Erteilung der Einwilligung festgelegt werden, welche Termine oder Reisen der Nutzer in Zukunft wahrnehmen wird? Sicher ist jedoch, dass es viele und möglichst genaue Daten sein müssen, damit eine solche App proaktiv Berechnung anstellen kann, um den Benutzer auf wichtige Ereignisse, für ihn interessante Sportergebnisse oder ähnliches hinweisen zu können. Diese Diskrepanz von tatsächlicher Entwicklung und massenhafter Datenverarbeitung und –analyse (Big Data) und engen, kaum praktikablen rechtlichen Vorgaben besteht derzeit und ist auch ein Diskussionspunkt in Bezug auf die geplante Datenschutz-Grundverordnung (dazu mein Beitrag).

Fazit

Würde man die europäischen Datenschutzbehörden fragen, so stünde Google Now und die Rechtmäßigkeit seiner Arbeitsweise auf äußerst wackligen Füßen. Die Verbraucherschützer würden erneut die Metapher der „Datenkrake“ verwenden. Doch wichtig erscheint es auch zu erkennen, dass unsere alt hergebrachten Konzepte des Datenschutzrechts mit neuen und auch sinnvollen Innovationen kaum konform gehen und am Ende entweder rechtliche Vorgaben zur unbeachteten Formalie verkommen oder aber technische Innovation abgebremst wird.

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