Recht auf Vergessen – wie geht es weiter?

Nach dem Google-Urteil des EuGH vom 13.5.2014 (Az. C-131/12) und der anschließenden, in der Öffentlichkeit teilweise kritisierten Umsetzung durch Google, stellte sich für europäische Datenschutzbehörden die Frage, wie man mit der Entscheidung und Beschwerden von Betroffenen umgeht, die dieses Recht ausüben möchten. Doch auch der Rat der Europäischen Union hat sich, vor dem Hintergrund der möglichen Auswirkungen des Urteils auf die andauernden Verhandlungen zur Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), mit dem Thema befasst.

Treffen mit den Datenschutzbehörden
Am gestrigen Donnerstag trafen sich Vertreter von verschiedenen europäischen Datenschutzbehörden mit Anbietern von Internetsuchmaschinen in Brüssel. Wie die Artikel 29 Datenschutzgruppe (der Zusammenschluss der europäischen Aufsichtsbehörden) zuvor in einer Pressemitteilung bekannt gab (PDF), war dieses Treffen ein Teil der Initiative der Datenschützer, bis zum Herbst diesen Jahres gemeinsame Richtlinien für Datenschutzbehörden zu entwerfen, wie diese mit Beschwerden umgehen sollen, die im Anschluss an einen abgelehnten Löschantrag bei ihnen eingehen. Eine offizielle Mitteilung zu den Ergebnissen des Treffens liegt noch nicht vor. Jedoch berichtet Reuters, unter Berufung auf einen nicht genannten Teilnehmer, einige Details:

  • So haben die Datenschützer Google insbesondere dazu befragt, warum Einträge in Ergebnislisten nur auf den europäischen Angeboten gelöscht (bzw. gesperrt) werden, jedoch nicht unter der .com-Adresse. Aus Sicht der Datenschützer greife diese Umsetzung des Urteils zu kurz.
  • Bis zum Ende des Monats sollen die Suchmaschinenbetreiber weitere Informationen zur Umsetzung des Urteils bereitstellen. Diese würden in den Prozess der Entwicklung von Richtlinien für Datenschutzbehörden einfließen. Ein erster Entwurf solcher Richtlinien für Aufsichtsbehörden könnte bis Mitte September fertig gestellt sein.

Auch Bloomberg berichtet zu dem Treffen und einigen statistischen Informationen. Danach habe Google bisher mehr als 91.000 Löschanfragen erhalten, die sich auf 328.000 Internetadressen beziehen. Unter Berufung auf einen ebenfalls nicht genannten Teilnehmer des Treffens wird weiter berichtet, dass Google 30% der Anträge zurückweise und in 15% der Fälle zusätzliche Informationen zu dem Sachverhalt anfordere.

Auswirkungen auf die Datenschutz-Grundverordnung
Doch nicht nur die Datenschützer treibt die Umsetzung des Google-Urteils um. Auch in der Arbeitsgruppe Dapix des Rates der Europäischen Union, in der die DS-GVO verhandelt wird, hat man sich die Entscheidung des EuGH näher angesehen. In einem nun veröffentlichten Dokument (PDF) der Präsidentschaft an die Delegationen wird das Urteil näher erläutert und seine möglichen Folgen für die Verhandlungen analysiert. Nachfolgend einige der in dem Papier angesprochenen Themen:

Der EuGH hatte festgestellt, dass der Löschanspruch dann geltend gemacht werden kann, wenn die Verarbeitung der personenbezogenen Daten nicht mehr erforderlich ist. Dies insbesondere dann, wenn die verarbeiteten Daten den ursprünglichen Zwecken in Anbetracht der verstrichenen Zeit nicht entsprechen, dafür nicht oder nicht mehr erheblich sind oder darüber hinausgehen. Die Präsidentschaft ist sich jedoch nicht sicher, ob der derzeitige Wortlaut (es geht dabei um Art. 17 DS-GVO in der Fassung des Textes im Rat nach der griechischen Ratspräsidentschaft, abrufbar hier, PDF) deutlich genug zum Ausdruck bringt, dass bei der Frage, ob die Daten den ursprünglichen Zwecken nicht mehr entsprechen, dafür nicht oder nicht mehr erheblich sind oder darüber hinausgehen, nicht auf den Betreiber der Originalwebseite, sondern auf den Betreiber der Suchmaschine abzustellen ist. Dies betrifft insbesondere auch die Frage des berechtigten Interessen bei einer vorzunehmenden Abwägung im Rahmen der Prüfung eines Erlaubnistatbestandes für die Verarbeitung.

Zudem stelle sich die Frage nach dem Verhältnis von Meinungsfreiheit und dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten. Der EuGH hatte entschieden, dass sich allein der Betreiber der Originalwebseite auf die (sowohl in der derzeit geltenden Datenschutz-Richtlinie als auch in der DS-GVO vorgesehene) Ausnahme für die Verarbeitung von Daten zu ausschließlich journalistischen Zwecken berufen könne. Die Präsidentschaft stellt hierzu die Frage in den Raum, ob dies nicht auch für die nachfolgenden Datenverarbeiter (wie z.B. den Suchmaschinenbetreiber) gelten solle. Zu beachten ist hierbei, dass Fragen des Rechts auf freie Meinungsäußerung (aus kompetenzrechtlichen Gründen) nicht detailliert innerhalb der DS-GVO geregelt werden können.

Eine weiterer offener Punkt sei, ob es bei der Ausübung des Löschanspruchs eine gesetzlich festgelegte Reihenfolge geben soll, die der Betroffene zu beachten habe. Dass er sich also zunächst immer an den Betreiber der Originalwebseite wenden müsse und nur dann an den nachfolgenden Verarbeiter herantreten könne, wenn der Betreiber der Originalwebseite nicht mehr existiere oder nicht dem EU-Recht unterfalle. Dieser Vorschlag sei in der Vergangenheit von einigen Delegationen im Rat vorgebracht worden. Jedoch gibt die Präsidentschaft zu bedenken, dass ein solches System vom EuGH als nicht ausreichend erachtet wurde, um den Rechten des Betroffenen ausreichend Geltung zu verschaffen.

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