Weiter rechtlich umstritten und damit in der Praxis ein wichtiges Beratungsthema ist die Frage, ob Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern die private Nutzung des betrieblichen E-Mail-Postfaches oder des Internets am Arbeitsplatz gestatten oder dies zumindest dulden, als „Anbieter von Telekommunikationsdiensten“ gelten. Die Folge wäre, dass für Arbeitgeber nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 TDDDG das Fernmeldegeheimnis zu beachten wäre. Inklusive des strafrechtlichen Verbots nach § 206 Abs. 1 StGB.
Kurzer Rückblick
Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 TDDDG sind zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses
- Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten sowie natürliche und juristische Personen, die an der Erbringung solcher Dienste mitwirken, oder auch
- Anbieter von ganz oder teilweise geschäftsmäßig angebotenen Telekommunikationsdiensten sowie natürliche und juristische Personen, die an der Erbringung solcher Dienste mitwirken, verpflichtet.
Im Juli 2024 hatte ich hier im Blog zuletzt zu dem Thema geschrieben. Dort habe ich auch auf die (alte) Ansicht der DSK verwiesen, wonach für Arbeitgeber bei erlaubter oder geduldeter Privatnutzung des Internets oder von E-Mail-Postfächern das Fernmeldegeheimnis gelten soll. Die DSK (und auch einige Gerichte in der Vergangenheit) gehen davon aus, dass Arbeitgeber in diesen Fällen als „Anbieter von Telekommunikationsdiensten“ anzusehen sind.
In dem Blogbeitrag habe ich auch die neue, abweichende Ansicht der LDI NRW dargestellt. Nach der LDI gilt das Fernmeldegeheimnis in diesen Fällen nicht.
Die DSK hat sich zu dem Thema bislang jedoch nicht neu geäußert.
Rechtlicher Hintergrund
Wie oben beschrieben, gibt § 3 Abs. 2 TDDDG vor, für wen das Fernmeldegeheimnis gilt. In beiden Varianten, die ggfs. für die Situation der privaten Nutzung von betrieblichen Arbeitsmitteln relevant sein könnten (Nr. 1 und Nr. 2), ist stets erforderlich, dass ein „Telekommunikationsdienst“ vorliegt.
„Anbieter von Telekommunikationsdiensten“ ist nach § 3 Nr. 1 TKG „jeder, der Telekommunikationsdienste erbringt“.
Und „Telekommunikationsdienste“ werden in § 3 Nr. 61 TKG legal definiert als „in der Regel gegen Entgelt über Telekommunikationsnetze erbrachte Dienste, die – mit der Ausnahme von Diensten, die Inhalte über Telekommunikationsnetze und -dienste anbieten oder eine redaktionelle Kontrolle über sie ausüben – folgende Dienste umfassen: a) Internetzugangsdienste, b) interpersonelle Telekommunikationsdienste und c) Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen bestehen, wie Übertragungsdienste, die für Maschine-Maschine-Kommunikation und für den Rundfunk genutzt werden“.
Die Definition verlangt also auch, dass der Dienst „in der Regel gegen Entgelt erbracht wird“.
Ansicht der BNetzA
Neuen Rückenwind erhält die Ansicht, dass auf Arbeitgeber das Fernmeldegeheimnis keine Anwendung findet, nun aber von der Bundesnetzagentur (BNetzA). Die Aufsichtsbehörde hat mit Stand Juli 2025 ein „Hinweispapier zur Einstufung von nummernunabhängigen interpersonellen Telekommunikationsdiensten (NI-ICS)“ (PDF) veröffentlicht.
Dort setzt sich die BNetzA auch mit dem Tatbestandsmerkmal „in der Regel gegen Entgelt erbracht wird“ auseinander (ab S. 11 ff.). Sie verweist für die Auslegung des Begriffs auf die Rechtsprechung des EuGH, der von einem weiten Entgeltbegriff ausgehe. Von einer Entgeltlichkeit der Dienstleistung kann bereits dann ausgegangen werden, wenn es sich um wirtschaftliche Tätigkeiten handelt, die einen Teil des Wirtschaftslebens ausmachen. Das Tatbestandsmerkmal „gewöhnlich bzw. in der Regel gegen Entgelt“ diene nach der Rechtsprechung des EuGH einer Abgrenzung von wirtschaftlichen zu rein privaten Sachverhalten.
Und hier kommt die BNetzA dann auch zu dem für uns wichtigen Fall: Arbeitgeber erlaubt oder duldet die private Nutzung von betrieblichem E-Mail-Postfach.
Die Ansicht der BNetzA: “Ebenfalls nicht erfasst sind in der Regel Angebote zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.“
Die BNetzA begründet ihre Auffassung damit, dass es sich regemäßig um ein Arbeitsmittel handele, welches der Arbeitnehmer auch privat nutzt. Dies stelle jedoch keine „eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit des Arbeitgebers“ dar.
„Auch die private Nutzungsmöglichkeit, zum Beispiel eines E-Mail-Dienstes durch den Arbeitnehmer führt nicht dazu, dass das Angebot des Arbeitgebers vorrangig auf einen geschäftlichen Vorteil oder eine andere Form der Entgeltung gerichtet wäre.“
Fazit
Die Tendenz in der rechtlichen Diskussion um die Anwendung des Fernmeldegeheimnisses auf Arbeitgeber entwickelt sich zurecht immer mehr in die Richtung, § 3 Abs. 2 TDDDG hier nicht als einschlägig anzusehen. Die Folge ist, dass „nur“ datenschutzrechtliche Vorgaben der DSGVO und z.B. des BDSG zu beachten sind. Jedoch keine Verbote nach § 3 Abs. 1 TDDDG oder nach § 206 StGB.