Geplante Änderung des BDSG – Neue Zuständigkeitsregelung für gemeinsam Verantwortliche

Derzeit befindet sich der Referentenentwurf zur Änderung des BDSG in der Verbändeanhörung. Der Referentenentwurf wurde über eine Anfrage bei FragDenStaat öffentlich gemacht.

Nachfolgend möchte ich einige Anmerkungen zu einem neuen § 40a (Artikel 1 Nr. 13 des Entwurfs) machen. 

Der Vorschlag für § 40a BDSG, der sich mit der Zuständigkeit im Fall der gemeinsamen Verantwortlichkeit befasst, ist wie folgt:

§ 40a Aufsichtsbehörde gemeinsam verantwortlicher Unternehmen

Sind Unternehmen gemeinsam Verantwortliche gemäß Artikel 26 der Verordnung (EU) 2016/679 und mehrere Aufsichtsbehörden für sie zuständig, können die Unternehmen gemeinsam anzeigen, dass sie gemeinsam verantwortliche Unternehmen sind und deshalb für die von ihnen gemeinsam verantwortete Datenverarbeitung allein die Aufsichtsbehörde zuständig sein soll, in deren Zuständigkeitsbereich das Unternehmen fällt, das in dem der Antragstellung vorangegangenen Geschäftsjahr den größten Jahresumsatz erzielt hat. Die gemeinsame Anzeige ist an alle Aufsichtsbehörden zu richten, die für die gemeinsam verantwortlichen Unternehmen zuständig sind, und muss die das umsatzstärkste Unternehmen nachweisenden Unterlagen enthalten. Ab dem Zeitpunkt, zu dem die Anzeige im Sinne der Sätze 1 und 2 bei der für das umsatzstärkste Unternehmen zuständigen Behörde eingegangen ist, wird diese die allein zuständige Aufsichtsbehörde. § 3 Absatz 3 und 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes findet entsprechende Anwendung.

In der Begründung (S. 17) wird betont, dass die gemeinsame Verantwortlichkeit ein Rechtsinstitut mit großen praktischen Auswirkungen ist. Zudem sei (nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs) der Anwendungsbereich der gemeinsamen Verantwortlichkeit sehr weit gefasst. 

„Als Anwendungsfälle gemeinsamer Verantwortlichkeit kommen zum Beispiel in Betracht: Datenplattformen, Unternehmenspräsenz in sozialen Medien (wie Facebook, Twitter, Instagram, XING), Stammdatenverwaltung im Unternehmensverbund, konzernweites Customer-Relationship-Management oder Nutzung eigener Datenbestände für Werbezwecke Dritter.“

Zweck des vorgeschlagenen § 40a BDSG ist laut der Begründung (S. 11), Unternehmen, die Möglichkeit zu geben, ihre gemeinsame Verantwortlichkeit anzuzeigen und „als Rechtsfolge der Anzeige per Gesetz die alleinige Zuständigkeit nur einer einzigen Aufsichtsbehörde herbeizuführen“. 

Die Rechtsänderung soll für die betroffenen Unternehmen auch eine entlastende Wirkung haben, da mögliche behördliche Vorgaben im Zusammenhang mit der Befolgung von Vorschriften der DSGVO nur noch zentral durch eine Stelle erfolgen. 

Anmerkungen

1.

Ganz interessant finde ich, dass der Entwurf mehrere Beispiele benennt, wann aus Sicht des Ministeriums eine gemeinsame Verantwortlichkeit vorliegen kann. Die Annahme, dass Art. 26 DSGVO große Praxisrelevanz hat, ist meiner Erachtens zutreffend. 

Kritisch bzw. mit dem BDSG inkonsistent sehe ich die Verwendung des Begriffs „Unternehmen“. Dieser wird im BDSG ansonsten nicht in dieser Weise genutzt, sondern vielmehr „nichtöffentliche Stellen“ (vgl. § 1 Abs. 4 BDSG). Hier stellt sich die Frage, ob mit „Unternehmen“ etwas anderes gemeint ist, als eine „nichtöffentliche Stelle“? In der Begründung wird auf Art. 4 Nr. 18 DSGVO verwiesen. Soll hier also auf den Begriff „Unternehmen“ nach der DSGVO abgestellt werden? Gibt es einen Unterschied zur „nichtöffentlichen Stelle“ iSd BDSG?

2.

Mir stellt sich auch die Frage, was mit „zuständig“ gemeint ist. Denn nach der DSGVO gibt es ja eine, wenn man so will, einfache Zuständigkeit und bei grenzüberschreitenden Verarbeitungen auch eine federführende Zuständigkeit. Welche ist hier mit „zuständig“ adressiert? Genügt es also für § 40a, wenn für gemeinsam Verantwortliche schlicht Aufsichtsbehörden zuständig sind, etwa allein aufgrund des Sitzes eines Unternehmens? Oder soll § 40a im Fall von eigentlich mehreren federführend zuständigen Aufsichtsbehörden eine Möglichkeit bieten, eine dieser Aufsichtsbehörden auszuwählen? Wenn dies nicht gemeint ist, könnte man ggfs. auch dazu kommen, dass eine „einfach“ zuständige Behörde auf einmal als Aufsichtsbehörde für die gemeinsame Verantwortlichkeit ausgewählt (bzw. „angezeigt“) wird. 

3.

Laut der Begründung soll die Anzeige tatsächlich eine Rechtsfolge auslösen, nämlich die Zuständigkeit festzulegen. Daher hielte ich es für sehr relevant, das Anzeigeverfahren klar und transparent zu regeln. In welcher Form kann die Anzeige zB erfolgen? Per Fax, E-Mail, elektronischem Behördenpostfach? Diesen Punkt halt ich besonders auch deshalb für wichtig, da nach § 40a ja Unterlagen mit gesendet werden soll. In der Praxis haben wir aber das Problem, dass Aufsichtsbehörden zum Teil E-Mail mit Anhängen nicht annehmen oder Anhänge zu groß sind. 

4.

Rechtsfolge der Anzeige ist laut Begründung „per Gesetz die alleinige Zuständigkeit nur einer einzigen Aufsichtsbehörde herbeizuführen“. Dies verstehe ich so, dass die Aufsichtsbehörde an diese Anzeige ebenfalls gebunden sein sollen. Zumindest wird keine Unterscheidung der Rechtsfolge für Verantwortliche und/oder Aufsichtsbehörden vorgenommen. 

Was geschieht aber, wenn eine beteiligte Aufsichtsbehörde nicht einverstanden ist bzw. die Angaben aus der Anzeige anzweifelt? Gibt es hier rechtliche Möglichkeiten der anderen Aufsichtsbehörden, gegen den Akt der Anzeige und/oder seine Rechtswirkung vorzugehen? 

Dasselbe Problem ergibt sich meines Erachtens auch für den Kreis der Verantwortlichen? Wenn ein Unternehmen mit anderen Partnern gemeinsamer Verantwortlicher ist, und dann ein Verantwortlicher voreilig die Anzeige versendet, bindet dies alle gemeinsam Verantwortlichen mit Eingang der Anzeige? Wenn ja, gibt es hiergegen eine Rechtsschutzmöglichkeit für andere Verantwortliche?

Zudem stellt sich mir die Frage, wie man die Rechtsfolge einer Anzeige zurücknehmen kann? Oder ist dies gar nicht vorgesehen. 

5.

Und noch zu dem entscheidenden Zuständigkeitskriterium des § 40a. Die Norm gibt vor, dass allein die Aufsichtsbehörde zuständig sein soll, in deren Zuständigkeitsbereich das Unternehmen fällt, das in dem der Antragstellung vorangegangenen Geschäftsjahr den größten Jahresumsatz erzielt hat. Das Anknüpfungskriterium des Umsatzes ist meines Erachtens für behördliche Zuständigkeitsfragen ungeeignet. Zum einen kann dies im Ergebnis bedeuten, dass eine Aufsichtsbehörde an dem Sitz eines Unternehmens allein (!) zuständig wird, an dem es keine Leitungspersonen gibt. Hierauf stellt die DSGVO aber gerade bei Fragen der Zuständigkeit, insbesondere bei der Hauptniederlassung, ab. Will man, was sich wohl auf der Begründung ableiten lässt, wegen möglicher Bußgelder die alleinige Zuständigkeit am Ort des höchsten Umsatzes begründen, bricht dies daher aus meiner Sicht mit der Systematik der DSGVO. 

6.

Zudem stellt sich mir die Frage, was es bedeutet, wenn eine Aufsichtsbehörde „allein … zuständig sein soll“? Gelten dann nicht mehr die Vorgaben der DSGVO (bzw. auch des BDSG) zur Zuständigkeit von allen betroffenen Behörden? Will § 40a BDSG also im Grunde das System der federführenden Behörde im Bereich der gemeinsamen Verantwortlichkeit nicht fortführen. Dafür könnte man vorbringen, dass nach Ansicht des EDSA die DSGVO für den Fall des Art. 26 DSGVO gerade keine Zuständigkeitsvorgaben enthält. 

Andererseits durchzieht die DSGVO ja gerade der Gedanke der Abstimmung zwischen zuständigen Aufsichtsbehörden, was gerade der einheitlichen Anwendung der DSGVO dienen soll. Mit dem Vorschlag in § 40a BDSG, wirklich eine komplett singuläre Zuständigkeit einzuführen, die auch nicht einmal mehr im Rahmen von Abstimmungen vor Entscheidungen unter den Aufsichtsbehörden „aufgemacht“ wird, schafft man im Grunde eine zuständige „Superbehörde“, auf deren Entscheidungen andere Aufsichtsbehörden nicht einmal mehr Einfluss nehmen könnten. 

Interessenkonflikt des internen Datenschutzbeauftragten: Belgische Datenschutzbehörde verhängt 75.000 EUR Bußgeld

NOYB berichtet in seinem GDPRhub über eine praxisrelevante Entscheidung (Englisch) der belgischen Datenschutzbehörde vom 16.12.2021.

Die belgische Datenschutzbehörde verhängte danach gegen eine Bank eine Geldbuße, weil ihr Datenschutzbeauftragter gleichzeitig Leiter von drei Abteilungen mit Entscheidungsbefugnissen über die Verarbeitung personenbezogener Daten war. Nach Ansicht der Aufsichtsbehörde führte dies zu einem Interessenkonflikt, der gegen Art. 38 Abs. 6 DSGVO verstieß.

Danach kann der Datenschutzbeauftragte andere Aufgaben und Pflichten wahrnehmen. Jedoch muss der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter sicherstellen, dass derartige Aufgaben und Pflichten nicht zu einem Interessenkonflikt führen.

In dem vorliegenden Fall war der interne Datenschutzbeauftragte gleichzeitig Leiter

  • des operativen Risikomanagements der Bank,
  • der Abteilung für Informationsrisikomanagement und
  • der Sonderermittlungsstelle.

Nach Auffassung der belgischen Datenschutzbehörde handelte es sich bei diesen Tätigkeiten nicht nur um eine rein beratende und überwachende Funktion. Ein Interessenkonflikt wird von Behörden oft angenommen, wenn der Datenschutzbeauftragte über die Verarbeitung personenbezogener Daten entscheiden kann.

Hier die Ansicht des EDSA (damals noch Art. 29 Gruppe) aus dem WP 243 (S. 19):


dass der DSB innerhalb einer Einrichtung keine Position innehaben kann, welche es mit sich bringt, dass er die Zwecke und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten festlegt. Aufgrund der jeder Einrichtung eigenen strukturellen Unterschiede ist diese Frage fallweise zu betrachten.“

Da der Datenschutzbeauftragte hier die endgültige Verantwortung für die genannten Abteilungen trug, war die Datenschutzbehörde der Ansicht, dass ein Interessenkonflikt vorlag, der gegen die DSGVO.

Auf dieser Grundlage verhängte die Datenschutzbehörde eine Geldbuße in Höhe von 75.000 Euro gegen die Bank.

Recht auf Berichtigung bei Angabe falscher Daten im Rahmen der Registrierung? – Hessische Aufsichtsbehörde: ja und nein

Auf der Webseite des EDSA wurde die Zusammenfassung (PDF) einer neuen Entscheidung der Hessischen Datenschutzbehörden vom 19.11.2021 im Wege des One Stop Shop Mechanismus veröffentlicht.

Sachverhalt

Der Fall betrifft eine Registrierung bei einem Dienst, in deren Zuge der Betroffene ein falsches Geburtsdatum eingab. Der Dienst durfte nach den Nutzungsbedingungen nur von Volljährigen genutzt werden. Daher gab der minderjährige Betroffene ein falsches Geburtsdatum an. Zudem wählte er noch ein Pseudonym als Account Namen.

Der Betroffene macht nun, nachdem er volljährig war, sein Recht nach Art 16 GDPR auf Berichtigung der, von ihm selbst, falsch angegeben Daten geltend. Das Unternehmen verweigerte die Berichtigung beider Daten.

Entscheidung

Die Aufsichtsbehörde lehnte die Beschwerde in Bezug auf die Berichtigung des Account Namens, also des Pseudonyms, ab.

„Ein von der betroffenen Person frei gewähltes Pseudonym kann nicht unrichtig im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 DSGVO sein, auch wenn es Namen oder andere Daten von Dritten enthalten kann.“

Jedoch geht die Behörde davon aus, dass das Geburtsdatum zu berichtigen sei. Auch wenn dies von dem betroffenen falsch angegeben wurde und selbst auch dann, wenn dies einen Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen der Plattform darstellt.

„Das Recht auf Berichtigung besteht unabhängig von möglichen zivilrechtlichen Folgen im Vertragsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem Anbieter. Dementsprechend müssen die Prozesse im Kundensupport angepasst werden, damit eine Berichtigung in zukünftigen, vergleichbaren Fällen nicht pauschal abgelehnt wird.“

Fazit

Die Entscheidung dürfte für Unternehmen relevant sein, die Nutzerkonten anbieten und hierzu bestimmte Vorgaben an Nutzer machen, etwa zu einer Altersgrenze. Hinsichtlich der absichtlichen Angabe des falschen Geburtsdatums erscheint mir die Ansicht der Behörde durchaus diskutabel. Denn mit der Begründung wäre es Betroffenen möglich, bewusst und missbräuchlich falsche Daten in Systeme bei Unternehmen zu geben, nur um dann im Nachgang Verstöße gegen die DSGVO geltend zu machen. Eventuell kann man in solchen Fällen aber den Einwand des Missbrauchs nach Art. 12 Abs. 5 GDPR erheben.

Der „Zugriff“ auf Endeinrichtungen nach § 25 TTDSG – ein historischer Blick auf den Schutzzweck der Norm

Mit der Neureglung des § 25 Abs. 1 TTDSG wird aktuell oft darüber diskutiert, wann eine tatbestandliche „Speicherung von Informationen“ oder ein „Zugriff auf Informationen, die bereits im Endgerät eines Teilnehmers oder Nutzers gespeichert sind“ vorliegt. Die Antwort auf diese Frage kann in der Praxis darüber entscheiden, ob ein bestimmter (technischer) Vorgang in den Anwendungsbereich des § 25 Abs. 1 TTDSG und damit dem Einwilligungsvorbehalt unterliegt.

Für das Verständnis dieser Begrifflichkeiten ist meines Erachtens elementar, den Sinn der europäischen Grundlage, Art. 5 Abs. 3 ePrivacy Richtlinie, und die dahinter liegende Intention des Gesetzgebers zu beleuchten. Nachfolgend möchte ich daher einen Überblick über die Entstehung der Vorschrift und die Begründungen des Gesetzgebers hierzu geben.

Ursprung – das Parlament

Im ursprünglichen Entwurf für die ePrivacy Richtlinie der EU Kommission war Abs. 3 des Artikel 5 noch gar nicht enthalten. In dem zweiten Bericht des LIBE-Ausschusses vom 24.10.2001 wurde mit Änderungsantrag 26 ein neuer Art. 5 Abs. 2a vorgeschlagen. Dieser lautete:

Die Mitgliedstaaten verbieten die Benutzung elektronischer Kommunikationsnetze für die Speicherung von Informationen oder den Zugriff auf Informationen, die auf dem Endgerät eines Teilnehmers oder Nutzers gespeichert sind, ohne die vorherige ausdrückliche Einwilligung des betreffenden Teilnehmers oder Nutzers. Dies gilt nicht für eine technische Speicherung oder den Zugang zum alleinigen Zweck der Durchführung oder Erleichterung der Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz.“

Für das Verständnis der Norm und vor allem ihres Schutzgedankens, ist die Begründung für diesen Vorschlag relevant. Danach sind Endgeräte der Nutzer elektronischer Kommunikationsnetze und etwaige dort gespeicherte Informationen Teil der Privatsphäre des Nutzers und schutzwürdig.

Weiter wird die Anpassung damit begründet, dass sogenannte cookies, spyware, web bugs, hidden identifiers (Software zum Ausspionieren im Internet) und ähnliche Systeme, die ohne ausdrückliches Wissen oder ausdrückliche Zustimmung des Nutzers in sein Endgerät eindringen, um Zugang zu Informationen zu bekommen, verborgene Informationen zu speichern oder die Aktivitäten des Nutzers zurückzuverfolgen, eine ernsthafte Verletzung der Privatsphäre darstellen können.

Daher, so die Begründung, sollte die Verwendung solcher Systeme deshalb verboten werden, es sei denn, der betreffende Benutzer hat ausdrücklich und in Kenntnis der Sachlage freiwillig seine Einwilligung gegeben.

Deutlich wird in dieser Begründung, dass der LIBE-Ausschuss die Privatsphäre der Nutzer vor „Software zum Ausspionieren“ schützen und eine Zurückverfolgung des Nutzers verhindern möchte. Gleichzeitig sieht Satz des Vorschlags aber bereits Ausnahmen von dem Einwilligungserfordernis vor.

Die Schutzrichtung des Vorschlags bezieht sich auf ein „Eindringen“ in das Endgerät. Man wollte hier also wohl die Privatsphäre nach außen schützen, jedoch nicht die Gegenrichtung, das Aussenden von Informationen von dem Endgerät selbst erfassen (vgl. „in sein Endgerät eindringen“).

Dieser Vorschlag wurde so auch durch das Parlament am 13.11.2001 angenommen.

Anpassungen im Rat

Am 30.11.2001 hat sich der Ausschuss der ständigen Vertreter (PDF) im Rat der Europäischen Union mit den Änderungsvorschlägen des Parlaments befasst. Dort wird zu dem neuen Art. 5 Abs. 2 a darüber informiert, dass nach Auffassung der Kommission diese Abänderung zwar neue und positiv zu bewertende Elemente, aber in ihrer Tragweite noch präzisiert werden müsste. Vor diesem Hintergrund hat der Ratsvorsitz zwei neue Erwägungsgründe 24 und 25 eingefügt, „um die unterschiedliche Behandlung einerseits von „Cookies – mit denen legitime Ziele verfolgt werden und die unter bestimmten Bedingungen verwendet werden dürfen – und andererseits von Spionageprogrammen – die ihrer Art nach den Benutzer nicht informieren und daher zu untersagen sind – klarzustellen“. Zudem sollte der neue Abs. 2 a entsprechend angepasst werden.

Auch hier wird deutlich, dass die vorgeschlagene Regelung zum einen eine Balance ermöglichen sollte, gewissen Zugriffe bzw. das Speichern von Informationen (konkret werden Cookies genannt) ohne Einwilligung zuzulassen. Zum anderen grenzt der Rat diese, wenn man so will „guten“ Zugriffe von Spionageprogrammen ab, „die ihrer Art nach den Benutzer nicht informieren und daher zu untersagen sind“. Vor allem die Heimlichkeit des Zugriffs scheint hier ein wichtiger Faktor aus Sicht des Rates zu sein.

Auch diese Begründung spricht für eine Auslegung, dass die Norm einen Schutz nach außen schaffen möchte, jedoch nicht dazu gedacht war, das Aussenden von Informationen aus Endgeräten, die ohne vorherigen Einfluss von außen erfolgen, zu untersagen.

Frankreich wird etwas konkreter

Noch konkreter wurde am 4.12.2001 die französische Delegation, die einen Vorschlag (PDF) für Anpassungen, sowohl der Erwägungsgründe als auch des Art. 5 selbst vorlegte. Die Vorschläge Frankreichs basieren auf den neuen Entwürfen des Ratsvorsitzes.

Zum einen fällt natürlich auf, dass der Rat (und ohne Änderung Frankreichs) das Einwilligungserfordernis des Parlaments in ein Widerspruchsrecht umwandelte. Schlussendlich wurde die Einwilligung mit der RL 2009/136/EG in Art. 5 Abs. 3 verankert.

Zum anderen zeigen auch die Vorschläge Frankreichs ziemlich deutlich, welche Schutzrichtung der damalige Art. 5 Abs. 3 bezweckte. So führte Frankreich in ErwG 25 den Satz ein: „Die Information über die Verwendung mehrerer derartiger Instrumente durch Installierung im Endgerät des Nutzers…“. Hieraus wird deutlich, dass das Endgerät nach außen hin („durch Installierung im Endgerät“) geschützt werden soll. Auch in dem Vorschlag des Ratsvorsitzes zu dem neuen ErwG 25 wird dies klar. So heißt es dort „der Betreiber einer Website, der solche Instrumente versendet oder Dritten erlaubt, diese über seine Website zu versenden“. Der neue Art. 5 Abs. 3 sollte mithin Schutz gegen das Versenden von Instrumenten von außen bieten. Es wird jedoch nie erwähnt, dass auch ein Aussenden aus dem Endgerät für die Norm von Relevanz wäre.

Fazit

Ich denke, es sprechen sowohl der Wortlaut der jetzt gültigen Norm als auch die Erwägungen ihrer Entstehung recht klar für ein Verständnis, dass Art. 5 Abs. 3 Zugriffe (zB „Eindringen“) von außen von der Einwilligung abhängig machen möchte, wenn nicht eine Ausnahme vorliegt. Existiert aber schon kein solcher tatbestandlicher Vorgang des Zugriffs oder Eindringens von außen in das Endgerät, sondern werden zB von diesem Daten und Informationen ausgesendet, dürfte der Anwendungsbereich von Art. 5 Abs. 3 ePrivacy Richtlinie und § 25 TTDSG nicht eröffnet sein.

Datenschutzbehörden (noch) nicht zuständig für TTDSG-Bußgelder? – Berlin plant Anpassungen

Die Frage, welche Aufsichtsbehörden für die Verhängung von Bußgeldern nach § 28 Abs. 1 und 2 TTDSG zuständig ist, wurde bereits in der Vergangenheit diskutiert. Diese Frage dürfte sich insbesondere auch bei möglichen Verstößen gegen § 25 TTDSG stellen.

Unklarheiten bei der Zuständigkeit für Bußgelder – gesetzliche Grundlage erforderlich

Hintergrund dieser Diskussion ist, dass die ePrivacy-RL, als europäische Grundlage des TTDSG, gerade nicht vorgibt, dass die Sanktionierung zwingend durch die nationalen Datenschutzbehörden erfolgen muss. Hierzu etwa der EDSA (Stellungnahme 5/2019, PDF): „Mitgliedstaaten können dieselbe Behörde mit der Zuständigkeit ausgestattet haben, die nationale Umsetzung der e-Datenschutz-Richtlinie (teilweise) durchzusetzen, aber sie können sich auch für eine oder mehrere andere Behörden entschieden haben,…“ (Rz. 63).

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 8 TTDSG bleiben bei Telemedien die Aufsicht durch die nach Landesrecht zuständigen Behörden und § 40 BDSG unberührt. Für das TTDSG bleibt es im Bereich der Telemedien bei der Durchführung des Gesetzes durch die Länder und damit bei datenschutzrechtlichen Regelungen bei der Zuständigkeit der Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder. Das bedeutet, dass die Bundesländer (wie übrigens auch zum alten TMG bisher) ausdrücklich festlegen, ob ihre jeweilige Landesdatenschutzbehörde auch zuständig ist, die Einhaltung der Vorgaben des TTDSG zu überwachen und Bußgelder zu verhängen.

Landesdatenschutzbehörden in Deutschland sind daher nicht per se auch zuständige Aufsichtsbehörden zur Überwachung der Einhaltung des TTDSG, insbesondere von § 25 TTDSG als Umsetzung von Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-RL. Nationale Datenschutzbehörden sind nur dann für eine Überwachung der Umsetzungsvorschriften der ePrivacy-RL zuständig, „wenn das nationale Gesetz ihnen diese Zuständigkeit überträgt“ (EDSA, Stellungnahme 5/2019, Rz. 68).

In der Vergangenheit haben diese Zuständigkeitsbestimmung für das TMG aF auch einige Bundesländer vorgenommen. So etwa in Berlin, in § 1 Nr. 16 ZustVO-OWiG.

In den letzten Monaten sind Aufsichtsbehörden in Deutschland aber oft davon ausgegangen, dass sie auch weiterhin für Bußgelder bei TTDSG-Verstößen zuständig sind, auch wenn dies nicht ausdrücklich geregelt ist.

Neue Entwicklung: Berliner Senat plant Anpassung der Zuständigkeitsregeln wegen des TTDSG

Nun veröffentlichte der Berliner Senat am 1.2.22 eine Pressemitteilung in der es heißt: „Der Senat von Berlin hat heute auf Vorlage der Senatorin für Inneres, Digitalisierung und Sport, Iris Spranger, den Entwurf einer Änderungsverordnung zur Kenntnis genommen. Damit soll die Verordnung über sachliche Zuständigkeiten für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten an die seit 1. Dezember 2021 geltende Rechtslage des Telemediengesetzes und des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes angepasst werden“.

Der Entwurf der Änderungen ist leider noch nicht öffentlich verfügbar. Jedoch wird in der Pressemitteilung erläutert: „Die oder der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit übernimmt die Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von Verstößen gegen das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz“.

Na nu, mag man meinen. Aber wenn doch die Datenschutzbehörden ohnehin schon jetzt zuständig wären, Bußgelder für TTDSG-Verstöße zu verhängen, warum muss dann die gesetzliche Grundlage dafür angepasst werden?

Natürlich zeigt diese geplante Anpassung in Berlin, dass wohl die Landesregierung mindestens Unsicherheiten bei der Frage sieht, welche Aufsichtsbehörde für die Verhängung von Bußgeldern (insbesondere auch bei Verstößen gegen § 25 TTDSG) zuständig ist. Man könnte also die Frage stellen, ob die Zuständigkeit in Berlin, bis zur finalen Anpassung der ZustVO-OWiG, noch nicht geregelt ist. Dies hätte Auswirkungen auf mögliche Bußgeldverfahren.

Zudem finde ich die Überlegung spannend, was diese öffentlich angekündigte Anpassung in Berlin für andere Länder und dortige Aufsichtsbehörden bedeutet? Stehen diese nun ebenfalls unter Zugzwang, entsprechende landesrechtliche Zuweisungen zu erhalten? Denn die Argumentation, dass eine landesrechtliche Anpassung notwendig scheint, dürfte übertragbar sein. Ich kenne bisher noch keine explizite Zuständigkeitsregelung für TTDSG-Verstöße in anderen Bundesländern.

Französischer Staatsrat: One-stop-shop gilt nicht für das Setzen von Cookies – Geteilte Zuständigkeit für Trackingverfahren?

Die französische Datenschutzbehörde (CNIL) hat eine Pressemitteilung zu einem Urteil des Conseil d’État veröffentlicht (Englisch). Das urteil betrifft ein Verfahren von Google gegen eine Entscheidung der CNIL zur Unzulässigkeit des Einsatzes von Cookies.

Spannend an der Entscheidung ist u.a. die Entscheidung zur Frage der Zuständigkeit der CNIL.

Hier einige Auszüge aus der Pressemitteilung (inoffizielle Übersetzung):

In seinem Urteil vom 28. Januar 2022 hat der Staatsrat anerkannt, dass die CNIL befugt ist, Sanktionen in Bezug auf Cookies außerhalb des in der DSGVO vorgesehenen „One-Stop-Shop“-Mechanismus zu verhängen, und hat daher die von der CNIL gegen die Unternehmen GOOGLE LLC und GOOGLE IRELAND LIMITED verhängte Sanktion bestätigt.“

Der Staatsrat hat bestätigt, dass der in der DSGVO vorgesehene „One-Stop-Shop“-Mechanismus nicht für die Hinterlegung von Cookies gilt, die durch das französische Datenschutzgesetz abgedeckt ist.

Diese Ansicht ist von praktischer Relevanz, da sie zu einer Situation führen könnte, in der die Zuständigkeit für das Platzieren von Cookies (Speicherung von Informationen iSd Art. 5 Abs. 3 ePrivacy Richtlinie) und den Zugriff auf Informationen gemäß Art. 5 Abs. 3 der ePrivacy Richtlinie bei den einzelnen nationalen Behörden liegt, die weitere Verarbeitung derselben (personenbezogenen) Daten (außerhalb des Anwendungsbereichs der ePrivacy Richtlinie) jedoch unter die DSGVO und den OSS Mechanismus fallen würde, so die Voraussetzungen erfüllt sind.

Im Grunde würde also ein technischer Prozess bzw. Lebenssachverhalt auf der Ebene der Zuständigkeit und damit auch auf der Ebene der Durchsetzung aufgeteilt werden. Die Grenze könnte dort verlaufen, wo der Anwendungsbereich der ePrivacy Richtlinie (in Deutschland, das TTDSG) verlassen wird und allein die DSGVO zu beachten ist. Aus Sicht von Unternehmen könnte dies bedeuten, dass man keiner einheitlichen behördlichen Aufsicht für einen Verarbeitungsprozess im Rahmen des Einsatzes von Trackingtechnologien unterliegt, sondern in einem Prüf- oder Sanktionsverfahren zwei europäische Aufsichtsbehörden auf den Plan treten. Und eventuell auch unterschiedliche Ansichten vertreten.

EDSA: Erfüllung der Rechenschaftspflicht unter anderem mit A/B Tests möglich

Die Rechenschaftspflicht der DSGVO, insbesondere in Art. 5 Abs. 2 DSGVO, ist quasi omnipräsent und gleichzeitig doch so wenig konkret und fassbar. Danach ist der Verantwortliche für die Einhaltung der Datenschutzgrundsätze des Art. 5 Abs. 1 DSGVO verantwortlich und muss dessen Einhaltung nachweisen können („Rechenschaftspflicht“).

Wie konkret diese Rechenschaftspflicht, in der Form als Nachweispflicht, zu erfüllen ist, wird nicht vorgegeben. Aus praktischer Sicht, bieten sich daher durchaus unkonventionelle Wege an.

Auch der EDSA sieht die Möglichkeit, die Rechenschaftspflicht nicht nur durch eine „klassische“ Datenschutzdokumentation zu erfüllen. In seinen Leitlinien zur Transparenz (WP 260 rev01, pdf) geht der EDSA davon aus, dass die Einhaltung der Vorgaben der Informationspflichten auch durch Anwendertests nachgewiesen werden können.

Rz. 25: „Als Hilfestellung zur Festlegung der geeignetsten Art und Weise für die Bereitstellung der Informationen können die Verantwortlichen vor dem „Going Live“ verschiedene Vorgehensweisen ausprobieren mit Anwendertests (d. h. Auditoriumtests oder sonstige Standardtests der Verständlichkeit oder Zugänglichkeit), um so Rückmeldungen zu erhalten, wie zugänglich, verständlich und komfortabel die vorgeschlagene Maßnahme für die Nutzer ist.

Und spezifisch zur Rechenschaftspflicht: „Eine Dokumentation dieses Ansatzes sollte für die Verantwortlichen auch im Hinblick auf die Erfordernisse der Rechenschaftspflicht hilfreich sein, denn so lässt sich zeigen, wieso das gewählte Instrument / die gewählte Herangehensweise zur Informationsübermittlung unter den gegebenen Umständen besonders zweckdienlich ist.

Der EDSA sieht hier klar die Möglichkeit, dass durch interne Tests mit dem potentiellen Zielpublikum die Rechenschaftspflicht der DSGVO auch (mit)erfüllt werden kann. Diese Überlegungen des EDSA kann man sicher auch auf andere Pflichten der DSGVO übertragen. Über eine Dokumentation der internen Tests kann ein Verantwortlicher nachweisen, wie er den Anforderungen der DSGVO nachgekommen ist.