Abmahnung wegen Like-Button? Verbraucherschützer verstoßen selbst gegen das Datenschutzrecht

Heute vermeldete die Verbraucherzentrale NRW, dass sie insgesamt 6 Unternehmen wegen der Verwendung des Like-Buttons von Facebook und angeblicher datenschutzrechtlicher Verstöße der Webseitenbetreiber gegen das Telemediengesetz (TMG) abgemahnt habe. Gegen Peek & Cloppenburg (Landgericht Düsseldorf) und Payback (Landgericht München) habe man inzwischen Klage eingereicht.

Was wird bemängelt?
Das wird aus den öffentlichen Informationen nicht völlig deutlich. Die Verbraucherzentrale stört sich daran, dass „schon allein durch die Einbindung des Like-Buttons“ Facebook „automatisch bei jedem bloßen Aufruf dieser Seiten“ mitlesen würde. „Darüber werden Besucher jedoch vorher weder ausdrücklich informiert noch können sie der Datenweitergabe widersprechen“.

Nach Ansicht der Verbraucherschützer stellt das Verhalten der Webseitenbetreiber

unlauteres Geschäftsgebahren sowie ein Verstoß gegen das Telemediengesetz

dar. Weiter führt die Verbraucherzentrale aus, dass ein „bloßer Hinweis der Anbieter in ihren Datenschutzbestimmungen, dass eine solche Weiterleitung der Daten an Facebook erfolgt“ nicht genüge. Auch den Hinweis in Datenschutzerklärungen, dass der Webseitenbetreiber „keinen Einfluss auf den Umfang der Daten hat“, sei nicht ausreichend. Die Verbraucherschützer fordern: „Notwendig ist eine echte Aufklärung über die Datensammlung und –verwertung“.

Im Kern scheint den Verbraucherschützern also die Übertragung von Daten an Facebook und Datenverarbeitungsvorgänge zu missfallen, die im Verantwortungsbereich des sozialen Netzwerkbetreibers liegen könnten. Da diesbezügliche Gerichtsverfahren in Schleswig-Holstein durch die Datenschutzbehörde jedoch bisher recht erfolglos verliefen (vgl. die Mitteilung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) zu den Beschlüssen des OVG Schleswig aus den Jahren 2013), versucht man in NRW nun wohl die Unternehmen anzugehen, die Social Plugins einsetzen.

Ich möchte hier nicht in die tiefere juristische Bewertung einsteigen. Das Thema war bereits vor ca. 4 Jahren aktuell (vgl. etwa den Blogbeitrag von Thomas Stadler, u.a. mit einem Verweis auf meinen Aufsatz in der Zeitschrift Computer und Recht). Es geht vor allem um die Frage der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit der Webseitenbetreiber und die Pflicht, Informationen über eingebundene Dienste Dritter zu erteilen, obwohl man als Webseitenbetreiber für die Datenverarbeitung über diese Dienste nicht verantwortlich ist. Auch die Frage nach einer „Störerhaftung“ im Datenschutzrecht könnte insofern auftauchen (hierzu mein Aufsatz in der Kommunikation und Recht aus 2014). Diese Thematik ist derzeit unter anderem Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens zum Einsatz von Facebook Fanpages zwischen dem ULD und der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein GmbH (vgl. die Pressemitteilung des ULD), welches derzeit vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängig ist.

Verbraucherschützer verstoßen selbst gegen das Datenschutzrecht
In gewisser Weise ironisch wenn nicht gar humoristische mutet jedoch folgende Tatsache an: Die Verbraucherzentrale NRW verstößt selbst gegen datenschutzrechtliche Vorgaben. Und zwar gegen eben jene Pflichten, deren Umsetzung von den Unternehmen verlangt wird.

Auf ihrer Webseite bewerben die Verbraucherschützer im Zusammenhang mit den Abmahnungen ihr Jugendportal „checked4you“. Die Verbraucherzentrale hierzu: „Einen Favoriten setzen in Sachen Datenschutz sollten sich Internetnutzer derweil bei Webseiten, die es so wie die Verbraucherzentrale NRW machen“.

Und was findet man auf dieser Webseite?

Zum einen das Analysetool Piwik. Wie dieses kostenlose Statistiktool datenschutzrechtlich konform, zumindest aus Sicht des ULD, einzusetzen ist, hat die Datenschutzbehörde 2011 in einem Gutachten dargestellt (PDF). Vor allem geht das ULD davon aus, dass auch bei einer eingeschalteten Anonymisierungsfunktion im Ergebnis nur Pseudonyme für eine statistische Auswertung erstellt werden. Dann gilt § 15 Abs. 3 TMG. Danach dürfen für Zwecke der Werbung, der Marktforschung oder zur bedarfsgerechten Gestaltung von Telemedien Nutzungsprofile bei Verwendung von Pseudonymen erstellet werden, sofern der Nutzer dem nicht widerspricht. Eine Aussage in dem Gutachten hierzu:

Der Einsatz von Reichweitenanalysediensten ohne Widerspruchsmöglichkeit stellt einen Verstoß gegen § 15 Abs. 3 TMG dar. Der Einsatz des Analysedienstes ohne die angebotene Widerpruchsmöglichkeit ist datenschutzrechtlich unzulässig.

Man ahnt, was nun folgt. Die Webseite „checked4you“ der Verbrauchzentrale NRW weist zwar in einem kleinen Abschnitt „Datenschutzhinweise“ auf den Einsatz von Piwik hin. Auf die nach dem TMG einzuräumende Widerspruchsmöglichkeit (sei es nun per Browser-Plugin oder etwa durch einen Opt-out Cookie) wird zwar in Textform hingewiesen: “können Sie die Analyse durch das Statistiktool auf der folgenden Seite blockieren“. Jedoch gibt es keinen Link zu einer „folgenden Seite“, kein Hinweis auf ein Opt-out Cookie oder ähnliches. Also, der derzeitige Einsatz von Piwik auf der Webseite der Verbrauchzentrale wäre (zumindest nach Ansicht der Datenschutzbehörde aus Schleswig-Holstein) datenschutzrechtlich unzulässig. Der von der Verbraucherzentrale NRW erhobene Vorwurf könnte also genauso zurückgespielt werden: „unlauteres Geschäftsgebahren sowie ein Verstoß gegen das Telemediengesetz“.

Und ein weiteres Schmankerl. Bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, dass „checked4you“ drei Cookies setzt.

cookie NRW

Wozu werden diese Cookies genutzt? Welche Informationen sind in diesen Cookies gespeichert? Etwa IP-Adressen? Oder werden zumindest Cookie-IDs erzeugt, um einen Besucher wiederzuerkennen? Mindestens in diesen beiden Fällen müssten Informationen zum Einsatz der Cookies gegeben werden. Hierzu fehlt in den Datenschutzhinweisen der Verbraucherzentrale aber jegliche Angabe. Interessant ist auch, dass ein Cookie nicht nur für eine Sitzung gesetzt wird, sondern für über 1 Jahr.

blog cookie lang

Wozu? Keine Informationen.

Fazit
Was möchte ich mit diesem Beitrag zeigen? Datenschutzrechtlich absolut konformes Handeln ist in der heutigen Zeit mit schnellen technologischen Entwicklungen, neuen Features für Webseiten und Analysediensten nur schwer möglich. Sowohl für Unternehmen, als auch für Verbraucherschützer. Eine gerichtliche Klärung der Frage des datenschutzkonformen Einsatzes von social Plugins wäre aus praktischer Sicht indes sicherlich zu begrüßen.

Update vom 22. Mai 2015:
Die Verbraucherzentrale NRW hat schnell reagiert und in den Datenschutzhinweisen auf der Webseite „checked4you“ nun einen Link eingefügt, der Nutzer auf eine Webseite führt, auf der man seinen Widerspruch zur Analyse durch Piwik erklären kann.

Datenschutzreform: Wer haftet für rechtswidrige Datenverarbeitungen?

Die Verhandlungen zur Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) nähern sich einem wichtigen Zwischenstopp- Bei dem nächsten Treffen der Justiz- und Innenminister in Brüssel (15.16. Juni 2015), will der Rat der Europäischen Union seine gemeinsame Position zur DS-GVO verabschieden. Danach würden die Verhandlungen zwischen Kommission, Parlament und dem Rat beginnen.

Dies bedeutet gleichzeitig auch noch einmal Hochbetrieb bei den Delegationen der Mitgliedstaaten im Rat, um letzte Vorschläge für Textänderungen einzubringen.

Auch die deutsche Delegation erhöht noch einmal die Schlagzahl. In einem Dokument vom 21. April 2015 (PDF) schlägt Deutschland Anpassungen bei der Frage vor, wer unter welchen Umständen für Verstöße gegen die Vorgaben der DS-GVO haftet. Deutschland geht es, aufgrund der hohen praktischen Relevanz dieses Themas, vor allem darum, klare und verständliche Vorgaben für Unternehmen, Behörden und auch Betroffene zu schaffen.

Immaterieller Schaden

Die deutsche Delegation schlägt eine Anpassung des Artikels 77 der DS-GVO dergestalt vor, dass zunächst klar geregelt wird, dass Schadenersatzansprüche von Betroffenen sowohl materielle als auch immaterielle Schadenspositionen umfassen. Dieser Vorschlag wird vor allem das Parlament freuen, da auch dessen Position eine solche Klarstellung vorsieht. Gerade bei einem möglichen immateriellen Schaden wird sich das praktische Problem der Beweisbarkeit stellen. Wer muss also den Schaden nachweisen? Nach Ansicht der EU-Kommission obliegt es dem Betroffenen zu beweisen, dass ein materieller oder auch immaterieller Schaden vorliegt (vgl. in diesem Dokument mit einer Gegenüberstellung der Positionen aus Kommission, Parlament und Rat, S. 564, Fn. 426, PDF).

Grundsatz: Haftung des für die Verarbeitung Verantwortlichen
Nach dem Vorschlag der deutschen Delegation soll grundsätzlich der für die Verarbeitung Verantwortliche für Rechtsverstöße gegen die DS-GVO haften. Wie bereits von Kommission und auch Parlament vorgeschlagen, soll der für die Verarbeitung Verantwortliche jedoch die Möglichkeit der Exkulpation besitzen. Er kann also nachweisen, dass der entstandene Schaden nicht aufgrund seines Fehlverhaltens entstanden ist.

Haftung des Auftragsdatenverarbeiters
Ein Auftragsdatenverarbeiter soll nur dann haften, wenn er gegen direkt an ihn gerichtete Pflichten aus der DS-GVO verstoßen hat oder aber wenn er entgegen den Anweisungen des für die Verarbeitung Verantwortlichen gehandelt hat. Auch der Auftragsdatenverarbeiter hat in diesen Fällen die Möglichkeit nachzuweisen, dass der Schaden nicht auf seinem Fehlverhalten beruht. Der deutschen Delegation geht es vor allem darum, dass der für die Verarbeitung Verantwortliche sich nicht einer Haftung entziehen kann, nur weil er einen Dienstleister als Auftragsdatenverarbeiter einsetzt.

Gemeinsame Verantwortlichkeiten
Sollte die Situation eintreten, dass mehrere Verantwortliche eine Datenverarbeitung durchführen oder auch mehrere Auftragsdatenverarbeiter gemeinsam handeln, gegen Pflichten aus der DS-GVO verstoßen, die konkret sie betreffen und sie sich nicht exkulpieren können, dann sind die gemeinsam handelnden für die Verarbeitung Verantwortlichen als auch die gemeinsam handelnden Auftragsdatenverarbeiter sowohl gemeinsam als auch jeder einzeln für den entstandenen Schaden verantwortlich.

Datenschutzbehörde: Verhängung von Geldbuße bei offenem E-Mail-Verteiler

Die Problematik ist rasch erläutert: ein Unternehmen, ein Verein oder auch eine Privatperson möchten einen besonderen Hinweis auf eine Veranstaltung oder Informationen zur Unternehmensentwicklung an einen bestimmten Empfängerkreis versenden. Das ganze per Mail.

Die Mail-Adressen sind vorhanden und ein paar hundert Empfänger kommen schnell zusammen. Danach kopiert man einfach alle Mail-Adressen in das „An“-Feld des Mailprogramms und versendet die Mail.

Die Folge: jeder Empfänger kann jede Mail-Adresse im Klartext in der Adresszeile der empfangen E-Mail lesen.

Beachtung des Datenschutzrechts
E-Mail-Adressen, die sich oft aus Vornamen und Nachnamen zusammensetzen, sind als personenbezogene Daten im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) anzusehen. Dies bedeutet, dass sie nach § 4 Abs. 1 BDSG nur genutzt werden dürfen, soweit dies ein Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift erlaubt oder aber der Betroffene eingewilligt hat. Im oben beschriebenen Fall des „offenen“ E-Mail-Verteilers, findet zudem eine Übermittlung der Mail-Adressen an Dritte statt. Auch eine solche Übermittlung muss gesetzlich oder durch eine Einwilligung legitimiert sein.

Behörden berichten von Bußgeldverfahren
Bereits im Juni 2013 hat das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) auf ein Verfahren hingewiesen, in dem eine Mitarbeiterin eines Handelsunternehmens auf diese Art und Weise eine E-Mail an Kunden verschickt hat. Im Ergebnis lag eine Verletzung des Datenschutzrechts vor und die Behörde verhängte gegen die Mitarbeiterin ein Bußgeld.

Die Landesdatenschutzbeauftragte in Bremen berichtet in ihrem kürzlich veröffentlichten neuen Jahresbericht 2014 (PDF) von einem ähnlichen Verfahren. Im konkreten Fall hat ein Unternehmensgeschäftsführer eine E-Mail zwecks Einladung zu einer Unternehmensveranstaltung an mehrere hundert Empfänger über das Adressfeld „An…“ versandt (S. 86 des Berichts). Die Behörde verhängte eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen eine Bußgeldvorschrift des BDSG, berücksichtigte bei der Höhe des Bußgeldes jedoch mindernd, dass der Geschäftsführer seinen Fehler selbst bemerkt und sich bei den Empfängern der Mail entschuldigt hatte.

Fazit
Beide Beispielsfälle zeigen, dass datenschutzrechtlich verantwortliche Stellen (wie Unternehmen oder Vereine) also darauf achten sollten, dass Mitarbeiter beim Umgang mit personenbezogenen Daten die erforderliche Umsicht walten lassen. Das BayLDA hatte in seiner Mitteilung zudem darauf verwiesen, dass in manchen Unternehmen diese Fragestellung offensichtlich nicht die entsprechende Bedeutung beigemessen wird. Von Seiten der Unternehmensleitung würden die Mitarbeiter entweder nicht entsprechend angewiesen oder überwacht. Daher werde das BayLDA in einem vergleichbaren Fall in Kürze einen Bußgeldbescheid nicht gegen den konkreten Mitarbeiter, sondern gegen die Unternehmensleitung erlassen.

Referentenentwurf des BMWi: Haftung von Host-Providern soll verschärft werden

Heute hat das Bundeswirtschaftsministerium den Referentenentwurf für ein Gesetz Änderung des Telemediengesetzes (TMG) veröffentlicht (PDF). Dabei geht es vor allem um den Versuch, die Störerhaftung beim öffentlichen Betrieb von WLANs zu regeln. Diesbezüglich hat der Entwurf sehr deutliche Kritik erfahren, u.a. im Blog bei dem Kollegen Thomas Stadler (Verschlimmbesserung: Der Gesetzesentwurf zur Störerhaftung von W-LAN-Betreibern) oder auf LTO durch den Kollegen Härting.

Der Referentenentwurf befasst sich jedoch nicht nur allein mit einer Anpassung des § 8 TMG und der Frage, welcher Anbieter wann für Rechtsverletzung haftet, die über den Zugang eines freien WLANs begangen werden, sondern geht darüber hinaus. Auch § 10 TMG (der die Haftungsprivilegierung für die Speicherung von fremden Informationen, also die typischen „Cloud“-Konstellationen, regelt) soll angepasst werden. Nach § 10 TMG sind Diensteanbieter, wie etwa Hosting-Anbieter, für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern nicht verantwortlich, sofern sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben. Im Falle von Schadenersatzansprüchen müssen dem Anbieter Tatsachen oder Umstände bekannt sein, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird. Vorgeschlagen wird nun die Schaffung eines neuen § 10 Abs. 2 TMG-E mit folgendem Wortlaut:

(2) Die Kenntnis von Tatsachen oder Umständen nach Absatz 1, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, wird vermutet, wenn es sich bei dem angebotenen Dienst um einen besonders gefahrgeneigten Dienst handelt. Ein besonders gefahrgeneigter Dienst liegt in der Regel dann vor, wenn:

a) die Speicherung oder Verwendung der weit überwiegenden Zahl der gespeicherten Informationen rechtswidrig erfolgt oder

b) der Diensteanbieter durch eigene Maßnahmen gezielt die Gefahr einer rechtsverletzenden Nutzung fördert oder

c) in vom Diensteanbieter veranlassten Werbeauftritten mit der Nichtverfolgbarkeit bei Rechtsverstößen geworben wird oder

d) keine Möglichkeit besteht, rechtswidrige Inhalte durch den Berechtigten entfernen zu lassen.

Der Gedanke hinter der Neuregelung nach der Gesetzesbegründung:

Bei bestimmten Diensten kann nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass dem Diensteanbieter ausreichend viele Tatsachen oder Informationen bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird.

Bestimmte Fallkonstellationen, in denen aus Sicht des Gesetzgebers die Vermutung besteht, dass der Diensteanbieter eine entsprechende Kenntnis besitzt, sollen nun im § 10 Abs. 2 TMG-E festgeschrieben werden. Es geht im Prinzip also um eine gesetzliche Vermutung für eine Haftung des Hosting-Providers. Diese gesetzliche Vermutung (§ 292 ZPO) müsste im Fall des Falles der Anbieter dann entkräften können, indem er etwa beweist, dass er keine Kenntnis hatte. Dem Grundsatz möchte die Bundesregierung aber festlegen, dass Hosting-Anbieter, bei denen eine der oben aufgezählten Voraussetzungen (a) bis b)) vorliegt, für auf ihrer Plattform gespeicherte rechtswidrige Informationen haften. Die derzeit geltende Vermutung (keine Haftung für fremde Inhalte) soll also, zumindest für bestimmte Fälle um 180 Grad gedreht werden.

IT-Sicherheitsgesetz: Bundesrat übt Kritik und sieht Gefahr der Vorratsdatenspeicherung

Im Dezember 2014 hat die Bundesregierung den Entwurf für das sog. IT-Sicherheitsgesetz beschlossen. Der Gesetzesentwurf (PDF) sieht vor allem Änderungen im BSI-Gesetz vor und möchte den Betreibern „kritischer Infrastrukturen“ gewisse Pflichten zum Schutz der informationstechnischen Systeme auferlegen. In diesem Zuge werden jedoch auch Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes (TKG) und des Telemediengesetzes (TMG) geändert. Zu den möglichen Änderungen für Webseitenbetreiber hatte ich bereits einen Beitrag geschrieben.

Nun hat der für das IT-Sicherheitsgesetz im Bundesrat federführend zuständige Ausschuss für Innere Angelegenheiten seine Empfehlungen zu möglichen Anpassungen des Gesetzesentwurfs vorgelegt (PDF).

Präzisierung für mehr Rechtssicherheit
Laut der Beschlussempfehlung begrüßt der Bundesrat die „Initiative der Bundesregierung zur Verbesserung der IT-Sicherheit von Unternehmen und zum verstärkten Schutz der Bürgerinnen und Bürger im Internet“. Jedoch sieht die Empfehlung des Ausschusses auch vor, dass der Bundesrat im weiteren Gesetzgebungsverfahren dafür Sorge tragen soll, dass zur Schaffung von Planungs- und auch Rechtssicherheit eine weitere Konkretisierung von unbestimmten Rechtsbegriffen erfolgt. Laut der Empfehlung gilt dies vor allem für die Begriffe „Kritische Infrastrukturen“, die Definition der Meldeschwelle für Telekommunikationsunternehmen und den Begriff „Stand der Technik“. Gerade eine Einstufung als Betreiber einer kritischen Infrastruktur könne nämlich gravierend wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen.

Regelungen zum Schutz der Meldedaten

Zudem sieht die Empfehlung vor, dass der Bundesrat darauf achten möge, „dass eindeutige und transparente Regelungen getroffen werden, die einen angemessenen Schutz und eine sinnvolle Verwendung der umfangreichen Datenmengen sicherstellen“, die das BSI aufgrund der vorgesehenen Meldepflicht erhält. Laut der vorgeschlagenen Begründung des Ausschusses zu seiner Empfehlung beantwortet der Gesetzentwurf nicht die Frage, wie das BSI mit diesen Datenmengen in Zukunft umgehen will.

Gefahr der Vorratsdatenspeicherung
Nach dem im Gesetzentwurf vorgeschlagenen § 100 Abs. 1 TKG-E sollen Telekommunikationsanbieter die gesetzliche Erlaubnis erhalten, Nutzungsdaten „zum Erkennen, Eingrenzen und Beseitigen von Störungen sowie von Missbrauch seiner für Zwecke seines Telemedienangebots genutzten technischen Einrichtungen“ zu erheben und zu verwenden. Der federführende Ausschuss ist hier in seiner Empfehlung klar:

Bei der damit eingeführten Speicherbefugnis handelt es sich im Kern um eine weitreichende Vorratsdatenspeicherung, für die unter anderem das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof enge Grenzen gesetzt haben.

(Hervorhebung durch mich)

Der Ausschuss erkennt in dieser Möglichkeit der Speicherung von Nutzungsdaten jedoch keine Verbesserung der Informationssicherheit. Vielmehr geht er davon aus, dass die Speicherung

zu einer weiteren Gefahrenquelle werden

könnte.

Bundesregierung: Geltende Datenschutzvorgaben für Werbung & Marketing sind ausreichend

Die Bundesregierung hat mit Datum vom 6. Januar 2015 einen Bericht „über die Auswirkungen der Änderungen der §§ 28 und 29 des Bundesdatenschutzgesetzes (BSDG) im Rahmen der zweiten BDSG-Novelle“ veröffentlicht (PDF) (BT-Drs. 18/3707).

Novellierung des BDSG
Die §§ 28 und 29 BDSG wurden in der Novelle des Jahres 2009, vor allem mit Blick auf die Neureglung des Datenumgangs im Adresshandel und bei Werbung, angepasst und nach § 48 BDSG hat die Bundesregierung den Auftrag, bis zum 31. Dezember 2014 über die Auswirkungen der Gesetzesänderungen zu unterrichten. Der nun vorliegende Bericht gibt zum einen Überblick darüber, wie aus Sicht der Aufsichtsbehörden die Vorgaben der §§ 28 und 29 BDSG eingehalten werden und wo diese noch Defizite sehen. Auch wird auf Stellungnahmen aus der Wirtschaft eingegangen.

Häufigste Verstöße
Laut den Angaben der deutschen Datenschutzbehörden finden die meisten Verstöße gegen das Datenschutzrecht (bzw. teilweise auch die Vorgaben des § 7 UWG) aufgrund folgender Konstellationen statt:

Interessant ist vor allem das durch die Bundesregierung gezogene Fazit in dem Bericht. Danach wurde das Ziel der zweiten BDSG-Novelle grundsätzlich erreicht. Die strukturellen Veränderungen im Rahmen der Novelle haben, so die Bundesregierung

den Anfall von Daten gesenkt, ihren Schutz, soweit sie anfallen, gesteigert und die Transparenz für die Betroffenen sowie ihre Widerrufsrechte gestärkt.

Zwar verneint die Bundesregierung nicht, dass es auch noch Probleme bei der Einhaltung der Vorgaben der §§ 28, 29 BDSG in der Praxis gebe. Diese Probleme beziehen sich jedoch vor allem auf Rechtsverstöße. Man könnte also auch sagen, dass eine Gesetzesänderung nicht daran ändert wird, dass auch in Zukunft gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen werde. Daher schlägt auch die Bundesregierung vor, dass diese noch bestehenden Probleme vor allem durch stärkere Kontrollen und Sanktionierungen der Aufsichtsbehörden verringert werden sollen. „Legislative Abhilfemöglichkeiten“ sieht die Bundesregierung als wenig zielführend an.

Auch geht der Bericht auf die Auswirkungen der geplanten europäischen Datenschutz-Grundverordnung ein. Die klare Aussage der Bundesregierung:

Unabhängig von seinem Inhalt wird dieser EU-Rechtsakt erhebliche Auswirkungen auf das nationale Datenschutzrecht haben.

Fazit
Datenschutzrecht und Werbung schließen sich sicherlich nicht aus. Dennoch gilt es gerade in diesem Bereich besonderen Wert auf die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen zu legen. Die bayerische Datenschutzbehörde hatte erst im November 2014 angekündigt, dass sie in Zukunft wird das BayLDA ihre eher zurückhaltende Praxis bei der Ahndung dieser Verstöße durch Bußgeldverfahren aufgeben und schwerpunktmäßig in der nächsten Zeit die „Missachtung von Werbewidersprüchen“ und die unzulässige „E-Mail-Werbung zur Neukundengewinnung“ mit Bußgeldern sanktionieren werde. Erste Hinweise und Hilfestellungen zum Thema „Werbung und Datenschutz“ lassen sich etwa den „Anwendungshinweisen der Datenschutzaufsichtsbehörden zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten für werbliche Zwecke“ (PDF) entnehmen.

IT-Sicherheitsgesetz: Geplante Änderungen und Auswirkungen für Webseitenbetreiber

Am 17.12.2014 hat die Bundesregierung den Entwurf für ein Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme (IT-Sicherheitsgesetz, PDF) beschlossen. Nach der Pressemitteilung des federführend zuständigen Bundesinnenministeriums, werden in den Entwurf, zur Steigerung der IT-Sicherheit im Internet, die Anforderungen an Diensteanbieter im Telekommunikations- und Telemedienbereich erhöht. Sie sollen künftig Sicherheit nach dem jeweiligen Stand der Technik bieten.

Geplant sind auch Änderungen des Telemediengesetzes (TMG), welches im Grundsatz für alle Webseiten oder andere Internetangebote, aber etwa auch Apps gilt. Die Begründung des Gesetzentwurfes führt einleitend zu den vorgeschlagenen Anpassungen des TMG aus, dass wegen der zunehmenden Verbreitung von Schadsoftware über Telemediendienste, die bestehenden Pflichten für Telemediendiensteanbieter, die ihre Telemedien geschäftsmäßig anbieten, um technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz vor unerlaubten Zugriffen, der personenbezogenen Daten und vor Störungen ergänzt werden.

Nach dem Entwurf des IT-Sicherheitsgesetzes wird in § 13 TMG ein neuer Absatz 7 eingefügt (nachfolgend § 13 Abs. 7 TMG-E), der folgenden Wortlaut hat:

(7) Diensteanbieter haben, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, im Rahmen ihrer jeweiligen Verantwortlichkeit für geschäftsmäßig angebotene Telemedien durch technische und organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass

1. kein unerlaubter Zugriff auf die für ihre Telemedienangebote genutzten technischen Einrichtungen möglich ist und

2. diese
a) gegen Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten und
b) gegen Störungen, auch soweit sie durch äußere Angriffe bedingt sind,

gesichert sind. Vorkehrungen nach Satz 1 müssen den Stand der Technik berücksichtigen. Eine Maßnahme nach Satz 1 ist insbesondere die Anwendung eines als sicher anerkannten Verschlüsselungsverfahrens.

„Geschäftsmäßig“
Die neuen Verpflichtungen zur Implementierung technischer und organisatorischen Maßnahmen sollen nur für „geschäftsmäßig angebotene Telemedien“ gelten. Nach der Gesetzesbegründung ist ein Angebot dann geschäftsmäßig, „wenn es auf einer nachhaltigen Tätigkeit beruht, es sich also um eine planmäßige und dauerhafte Tätigkeit handelt“. Bei gegen Entgelt angebotenen Telemedien ist diese Voraussetzung regelmäßig erfüllt. Die Begründung führt beispielhaft „werbefinanzierte Webseiten“ an. Ausdrücklich ausgeschlossen von dem Anwendungsbereich des neuen § 13 Abs. 7 TMG-E soll jedoch das „nicht-kommerzielle Angebot von Telemedien durch Private und Idealvereine“ sein. Daher dürfte etwa ein privat betriebener Blog nicht der neuen Pflicht unterliegen, selbst wenn dieser mit gewisser Nachhaltigkeit und auch planmäßig betrieben wird. Denn nach der Gesetzesbegründung reicht es für die Nicht-Anwendbarkeit des neuen Abs. 7 aus, dass das Angebot nicht-kommerziell durch einen Privaten betrieben wird.

Zumutbarkeit von Schutzmaßnahmen
Nach dem geplanten Abs. 7 müssen Diensteanbieter (also etwa Webseitenbetreiber von Onlineshops) kumulativ (!) sicherstellen, dass 1) kein unerlaubter Zugriff auf die für ihre Telemedienangebote genutzten technischen Einrichtungen möglich ist, 2) diese gegen Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten und 3) gegen Störungen, auch soweit sie durch äußere Angriffe bedingt sind, gesichert sind. Die drei Schutzpflichten sind mit dem Wort „und“ verbunden, woraus sich eine notwendige Erfüllung aller drei Voraussetzungen ergibt. Ein Diensteanbieter wird sich also grundsätzlich nicht darauf berufen können, er habe seinen Dienst doch besonders gegen unerlaubte Zugriffe geschützt und dass dies ausreichen müsse.

Da der damit einhergehende tatsächliche Aufwand für Diensteanbieter, je nach den bereits implementierten Schutzmaßnahmen, nicht unerheblich sein dürfte, sieht Abs. 7 jedoch als Tatbestandsvoraussetzung ebenso das Kriterium der „Zumutbarkeit“ für den Diensteanbieter vor. Die entsprechenden Vorkehrungen müssen für den konkreten Diensteanbieter technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar sind. Zu hohe Umsetzungskosten stellen daher etwa ein Kriterium dar, welcher der Webseitenbetreiber rechtmäßigerweise anführen darf, um nur diejenigen technischen und organisatorischen Maßnahmen umzusetzen, die er sich auch wirklich leisten kann. Der Betreiber einer Webseite oder eine anderen Internetdienstes ist also nicht dazu verpflichtet, sein Unternehmen mit finanziellen Verlusten zu belasten, die das Angebot selbst unrentabel machen würde oder gar seine Existenz gefährden. Laut der Begründung des Gesetzentwurfes müssen die „Kosten in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen“.

Pflicht zur Anpassung von Kooperationsverträgen?
Im Hinblick auf Webseiten führt die Begründung des Gesetzentwurfes aus, dass es ein wesentliches Ziel des neuen Abs. 7 ist, das unbemerkte Herunterladen von Schadsoftware beim Besuch einer präparierten Webseite zu unterbinden. Webseitenbetreiber sollten daher regelmäßig die für die Erstellung und den Betrieb der Webseite verwendete Software aktualisieren, da hierdurch die Sicherheit erhöht werde.

Häufig finanzieren Webseitenbetreiber ihr Angebot mit Werbeanzeigen. Der Inhalt der Werbebanner ist jedoch meist nicht ein originär eigener. Vielmehr wird dieser über Dritte, etwa die Betreiber von Werbenetzwerken, bezogen. Der Webseitenbetreiber hat also auf den Inhalt der Werbebanner meist keinen direkten, insbesondere technischen Einfluss (außer das Banner komplett zu entfernen). Es besteht jedoch technisch die Möglichkeit, dass über die Werbeanzeigen schädliche Inhalte geladen werden. Auch in dieser Konstellation sieht der Gesetzesentwurf den Webseitenbetreiber jedoch zumindest in einer Teilpflicht. Gegen das Laden und Einspeisen schädlicher Skripte oder von Software über Drittinhalte innerhalb des eigenen Angebotes, sind nach der Begründung des Gesetzesentwurfs „organisatorische Vorkehrungen zu treffen“. Nach Auffassung der Bundesregierung gehört hierzu beispielsweise, dass Werbedienstleister, denen Werbefläche eingeräumt wird, vertraglich zu notwendigen Schutzmaßnahmen verpflichtet werden.

Bußgeldbewährung
Ein fahrlässiger oder vorsätzlicher Verstoß gegen § 13 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 a) TMG-E (nicht die Nr. 2 b)) soll zudem eine Ordnungswidrigkeit darstellen (§ 16 Abs. 2 Nr. 3 TMG) und nach § 16 Abs. 3 TMG die Möglichkeit eines Bußgeldes in Höhe von 50.000 EUR nach sich ziehen. Beachtlich ist insofern, dass damit nicht nur das komplette Fehlen von technischen und organisatorischen Maßnahmen eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Die Begründung des Gesetzesentwurfs spricht ausdrücklich davon, dass „damit auch der Einsatz technischer und organisatorischer Maßnahmen durch den Diensteanbieter, die nicht den Stand der Technik berücksichtigen“ bußgeldbewährt sein soll.

Europäischer Gerichtshof zur Haftung eines Zeitungsverlages für Online-Artikel

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 11. September 2014 (C-291/13, derzeit nicht auf Deutsch verfügbar) entschieden, dass ein Zeitungsverlag, der eine Webseite betreibt, über die eine Online-Version der herausgegebenen Zeitung abrufbar ist, sich unter gewissen Voraussetzungen nicht auf die Haftungsprivilegierungen der Art. 12 bis 14 der Richtlinie 2000/31/EG (sog. eCommerce-Richtlinie) (in Deutschland umgesetzt in den §§ 7 – 10 TMG) berufen kann.

Der Entscheidung lagen mehrere Vorlagefragen eines zypriotischen Gerichts zugrunde. Der dortige Kläger wandte sich mit Schadenersatz- und Unterlassungsklagen gegen einen online abrufbaren Zeitungsartikel, in dem er seiner Ansicht nach diffamiert wurde.

Entgeltlichkeit bei Online-Werbung
In seiner Entscheidung legt der EuGH zunächst dar, dass der Anwendungsbereich der eCommerce-Richtlinie dann eröffnet ist, wenn es sich um Tätigkeiten eines „Dienstes der Informationsgesellschaft“ handelt. Nach Erwägungsgrund 18 umfassen diese Dienste der Informationsgesellschaft einen weiten Bereich von wirtschaftlichen Tätigkeiten, die online vonstattengehen. Art. 2 a) eCommerce-Richtlinie verweist für die Definition des Begriffs zudem auf Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34/EG (PDF). Danach ist ein „Dienst“ eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft, d. h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung. Der EuGH stellt in seinem Urteil klar, dass das Entgelt nicht von dem Empfänger des Dienstes selbst stammen muss. Es reichen hierfür auch Einnahmen aus Werbeanzeigen aus, die auf einer Webseite vom Betreiber eingesetzt werden.

Keine Haftungsprivilegierung
Zudem befasste sich der EuGH mit der Frage, inwieweit sich der Zeitungsverlag auf die Haftungsprivilegierungen der Art. 12 bis 14 eCommerce-Richtlinie berufen kann, wenn er eine Webseite betreibt, auf der Zeitungsartikel erscheinen, die von angestellten oder freiberuflichen Journalisten verfasst wurden und der Verlag seine Vergütung auch aus den Einnahmen der Einbindung von Online-Werbeanzeigen auf der Webseite generiert.

Der EuGH verweist zunächst auf seine frühere Rechtsprechung (u.a. C-236/08), wonach sich aus Erwägungsgrund 42 der eCommerce-Richtlinie ergibt, dass die hinsichtlich der Verantwortlichkeit festgelegten Ausnahmen nur Fälle erfassen, in denen die Tätigkeit des Anbieters von Diensten der Informationsgesellschaft „rein technischer, automatischer und passiver Art“ ist. Dies bedeutet, dass der Anbieter „weder Kenntnis noch Kontrolle über die weitergeleitete oder gespeicherte Information besitzt“. Erforderlich für eine Antwort auf die Frage, ob ein Diensteanbieter sich auf die Haftungsprivilegierung des Art. 14 eCommerce-Richtlinie, also die reine Speicherung von fremden Informationen (umgesetzt in § 10 TMG), berufen kann, ist nach dem EuGH die Feststellung, ob die Rolle dieses Anbieters insofern neutral ist, als sein Verhalten rein technischer, automatischer und passiver Art ist und er weder Kenntnis noch Kontrolle über die weitergeleitete oder gespeicherte Information besitzt.

Für den hier vorliegenden Sachverhalt begründet der EuGH die mangelnde Haftungsprivilegierung wie folgt: Da der Zeitungsverlag grundsätzlich Kenntnis von denjenigen Informationen besitzt, die im Rahmen des Online-Angebotes in Form der Artikel bereitgestellt werden und über die Artikel und die in ihnen enthaltenen Informationen auch eine faktische Kontrolle ausübt, kann der Verlag hier nicht als „Vermittler“ im Sinne der eCommerce-Richtlinie angesehen werden. Dies unabhängig davon, ob der Zugang zu der Webseite kostenlos oder kostenpflichtig ausgestaltet ist.

Internet der Dinge und Datenschutz: Anforderungen an die Einwilligung

Industrie 4.0, Internet der Dinge, Smart Car und mehr. Die Schlagworte, unter denen der Trend beschrieben wird, dass immer mehr Alltagsgegenstände einen Anschluss an das Internet erhalten und damit selbst „online sein können“, sind mannigfaltig. Daten- und Verbraucherschützer betrachten diese Entwicklung zum Teil kritisch. Die Nutzer von intelligenten Lampen, Kühlschränken oder Rauchmeldern wüssten nämlich häufig gar nicht, ob und wenn ja, welche Daten erhoben, gespeichert und womöglich übertragen werden.

Vor dem Hintergrund dieses, der technischen Entwicklung nun einmal geschuldeten Fehlens von Informationsmöglichkeiten an jedem vernetzten Haushaltsgerät (man denke an einen mehrseitigen Papierzettel, der von einem an der Decke hängenden intelligenten Rauchmelder baumelt), stellt sich aus datenschutzrechtlicher Sicht die Frage, wie man als verantwortliche Stelle, also etwa Gerätehersteller und -vertreiber, bei einer Verarbeitung personenbezogener Daten seinen Informationspflichten (§ 33 Abs. 1 BDSG oder § 13 Abs. 1 TMG) gerecht werden kann.

Fehlende Informationen für Nutzer
Die Problematik, dass sich auch in diesem Bereich rechtliche Anforderungen von den tatsächlichen Entwicklungen am Markt immer mehr entfernen, haben zuletzt die europäischen Datenschützer (versammelt in der sog. Artikel 29 Datenschutzgruppe) erkannt und in einer Stellungnahme zum „Internet der Dinge“ (WP 223, PDF) erste Einschätzungen zum Thema Datenschutz und vernetzte Geräte gegeben (hierzu bereits mein Blogbeitrag).

Nach Ansicht der Datenschützer besteht für Betroffene etwa die Gefahr, dass sie durch die für sie unsichtbare und nicht beherrschbare Datenverarbeitung die Kontrolle über ihre Daten verlieren. Zudem wüssten viele Nutzer nicht, dass die intelligenten Geräte auch untereinander kommunizieren und sich möglicherweise gegenseitig Daten zusenden. Die Artikel 29 Datenschutzgruppe befürchtet daher, dass die Betroffenen an der effektiven Ausübung ihrer Rechte gehindert werden könnten (vgl. S. 6, WP 223).

Unwirksamkeit der Einwilligung?
Dieser Mangel an Informationen darüber, dass personenbezogene Daten verarbeitet werden und wie die geschieht, würde im Falle des Erfordernisses einer Einwilligung, wenn also die Datenverarbeitung z. B. nicht auf ein Vertragsverhältnis gestützt werden könnte, möglicherweise zu deren Unwirksamkeit führen. Denn eine Einwilligung, etwa nach § 13 Abs. 2 TMG, setzt voraus, dass der Nutzer Kenntnis davon hat, worin er einwilligt. Er muss also zumindest darüber informiert werden, auf welche Daten sich die Einwilligung bezieht und welche Verwendungszwecke sie umfasst.

Die Artikel 29 Datenschutzgruppe folgert in ihrer Stellungnahme deshalb, dass in solchen Fällen die Einwilligung keine wirksame Grundlage für eine Datenverarbeitung darstellen könne (S. 7, WP 223).

Ein alternativer Ansatz
Interessanterweise stellt die Artikel 29 Datenschutzgruppe jedoch in einem anderen, kürzlich veröffentlichten Dokument (welches sich per se gar nicht auf das Internet der Dinge bezieht) dar, wie ihrer Ansicht nach eine Einwilligung möglicherweise doch wirksam eingeholt werden könnte. Es handelt sich um das „Hausaufgabenheft“ zur Datenschutzerklärung von Google (PDF). Dort führen die Datenschützer aus, wie ihrer Ansicht nach eine Datenschutzerklärung aufgebaut und präsentiert werden kann, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen.

Die Artikel 29 Datenschutzgruppe verweist in dem Dokument darauf, dass für die verantwortliche Stelle datenschutzrechtliche Informationspflichten bestehen und diese auch dann eingehalten werden müssen, der Betroffene verschiedene Arten von Endgeräten nutzt, wie etwa einen PC, ein Handy oder ein Tablet. Wenn jedoch das Endgerät aufgrund seiner Konstruktion nicht die Möglichkeit bietet, die erforderlichen Informationen zur Datenverarbeitung anzuzeigen (etwa aufgrund eines fehlenden Monitors), so sehen es die europäischen Datenschützer durchaus als gangbare Alternative an, wenn die Informationen auf demjenigen Endgerät angezeigt werden und abrufbar sind, auf dem der Nutzer das intelligente Gerät konfigurieren kann (S. 3).

Die Datenschützer erwähnen explizit Geräte des Unternehmens Nest, welches intelligente Rauchmelder oder Thermostate vertreibt. Auf diese Weise böte sich damit natürlich auch die Möglichkeit, auf dem „Konfigurationsgerät“ die Einwilligung der Nutzer für eine Datenverarbeitung einzuholen. Die so vorgeschlagene Vorgehensweise lässt sich in jedem Fall begrüßen und bietet für Unternehmen, die Produkte für das Internet der Dinge herstellen und vertreiben eine interessante Alternative, um ihren datenschutzrechtlichen Pflichten nachzukommen.

Datenschutz-Grundverordnung: Gefährlicher Einfluss des Google-Urteils

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Mai 2014 in Sachen Google (C-131/12), haben sich selbstverständlich auf die Mitgliedstaaten im Rat der Europäischen Union mit den möglichen Konsequenzen der Entscheidung für die in Planung befindliche Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) befasst.

In der letzten Woche wurden mehrere Dokumente aus der zuständigen Ratsarbeitsgruppe (Dapix) zu dem Thema veröffentlicht (diese und viele andere Dokumente finden sich auf einer Übersichtsseite hier im Blog). Aus den Papieren geht zum Teil hervor, wie die verschiedenen Mitgliedstaat den Einfluss der Entscheidung des EuGH auf die DS-GVO bewerten und welche Änderungen die derzeitige italienische Ratspräsidentschaft an dem Gesetzesentwurf vorschlägt.

Gesetzliche Festschreibung des Vorrangs des Datenschutzes
In einem Arbeitsdokument (11289/1/14 REV 1, PDF) vom 3. September 2014, welches sich direkt mit dem Urteil des EuGH befasst, geht es vor allem um mögliche Änderungen des geplanten Art. 17 DS-GVO (dem sog. Recht auf Vergessenwerden). Die Ratspräsidentschaft schlägt in diesem Dokument neue Änderungen am Gesetzestext vor. Aus meiner Sicht völlig unverständlich ist die Idee, einen neuen Erwägungsgrund 53a) in die DS-GVO einzufügen. Inhalt dieses Erwägungsgrundes (Seite 6 des PDF) soll die Klarstellung sein, dass es, im Fall der Ausübung des „Rechts auf Vergessenwerden“, eines angemessenen Ausgleichs bedarf, zwischen den Grundrechten aus Art. 7 und 8 der Grundrechtecharta der Betroffenen und den Interesse der Internetnutzer an einem freiem Informationszugang. Soweit so gut. Jedoch möchte die Ratspräsidentschaft, unter wörtlicher Übernahme der Ausführungen des EuGH in seinem Urteil, in Erwägungsgrund 53a) festschreiben, dass „im Allgemeinen“ die Grundrechte der Betroffenen den Interessen der Internetnutzer an einem freien Informationszugang vorgehen. Im Zweifel also pro Datenschutz. Im Zweifel müssen Suchmaschinenbetreiber also Löschen.

Dass ich diese Aussage des EuGH für falsch, ja mit den Vorgaben der Grundrechtecharta nicht für vereinbar, halte, habe ich bereits in meinem Beitrag zu dem Urteil dargelegt. Allein bin ich mit dieser Ansicht auch nicht (eine Übersicht von Beiträgen gibt es bei Thomas Stadler im Blog). Sollte dieser generelle Vorrang des Datenschutzes nun auch noch gesetzlich festgeschrieben werden und eine Abwägung der Rechte und Interessen nur in Ausnahmefällen zu Gunsten der Internet- und Suchmaschinennutzer ausfallen, so würde man meines Erachtens eine gefährliche Tendenz in der Rechtsprechung, nämlich dem Datenschutz als eine Art „Supergrundrecht“ den Vorrang einzuräumen, für die Zukunft zementieren. Hier besteht sicherlich die Gefahr, dass bei einer zukünftigen Gesetzesanwendung und –auslegung Gerichte nicht nur bei der Abwägung von Datenschutz und Informationsfreiheit, sondern auch bei der Kollision anderer Grundrechte mit dem Datenschutz auf den neuen Erwägungsgrund 53a) mit dem Argument referenzieren würden „Da steht es doch. Der Datenschutz überwiegt im Allgemeinen“.

Stellungnahmen der Mitgliedstaaten
In einem weiteren Dokument (12274/2/14 REV 2, PDF) vom 3. September 2014, sind die Stellungnahmen von verschiedenen Mitgliedstaaten in der Ratsarbeitsgruppe zu den möglichen Auswirkungen des Google-Urteils und zu konkreten Fragen der Ratspräsidentschaft zusammengefasst. Die Lektüre des Arbeitspapiers und der Kommentare der einzelnen Delegationen ist durchaus lesenswert, da man hier erkennt, dass die gezogenen Schlüsse teilweise doch stark voneinander abweichen. So stellt etwa die Delegation des Vereinigten Königreichs grundsätzlich klar, dass ihrer Ansicht nach die Entscheidung des EuGH nicht den Inhalt und die Arbeit an der DS-GVO bestimmen dürfe. Das Urteil biete hilfreiche Anhaltspunkte für die gemeinsame Arbeit. Jedoch befürchtet die Delegation, dass der Richterspruch (der zur derzeit geltenden Datenschutz-Richtlinie 95/46/EG ergangen ist), als eine Art Leitlinie für die Arbeit an der DS-GVO genutzt werden könnte. Dies sollte nicht der Fall sein.

Relativ einig sind sich die Mitgliedstaaten darin, dass es grundsätzlich den nationalen Gesetzgebern überlassen sein muss, die Leitlinien für erforderliche Abwägung des Rechts auf den Schutz personenbezogener Daten mit dem Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit vorzugeben. Dies kann nicht in der DS-GVO erfolgen. Ebenfalls weitgehend einig ist man sich darin, dass es in Zukunft nicht eine Art „Zweit-Verantwortlichen“ geben soll, wenn öffentlich zugängliche Informationen weiterverbreitet werden, etwa durch einen Suchmaschinenbetreiber. Aus älteren Ratsdokumenten geht hervor, dass über eine Art abgestufte Verantwortlichkeit nachgedacht wurde und der Betroffene sich zunächst immer an den Erst-Verantwortlichen mit seinen Löschansprüchen wenden müsse. Dieser Gedanke scheint nach den Kommentaren der Delegationen nicht weiter verfolgt werden zu sollen.

Man wird abwarten müssen, welche Folgen das Google-Urteil tatsächlich für den Entwurf der DS-GVO des Rates haben wird. Es zeigt sich, dass die Diskussionen hier im vollen Gange sind und wenig überraschend nicht immer einheitlich sind. Die Stellungnahme der deutschen Delegation ist in dem zuletzt erwähnten Dokument leider nicht enthalten.