Deutsche Aufsichtsbehörden veröffentlichen Leitlinien zur Datenübertragung im Rahmen von Asset Deals

Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) hat sich per Beschluss (pdf) mit Stand vom 24.5.2019 auf einen Katalog von Fallgruppen verständigt, die im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f i.V.m. Abs. 4 DSGVO bei einem Asset Deal zu berücksichtigen sind.

Zu erwähnen ist, dass die Aufsichtsbehörden aus Berlin und Sachsen den Beschluss abgelehnt haben.

Die Frage um die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Übertragung von Kundendaten im Rahmen eines Asset Deal ist nicht neu. Bisher gab es aber noch keine veröffentlichte Position aller deutschen Behörden. Nun liegt ein solcher Mehrheitsbeschluss vor.

Nachfolgend möchte ich nur kurz auf ein paar Punkte des Beschlusses eingehen.

Kundendaten bei laufenden Verträgen

Die DSK stellt hierzu fest:

Hier bedarf der Vertragsübergang zivilrechtlich einer Genehmigung der Kundin oder des Kunden (§ 415 BGB / Schuldübernahme). In dieser zivilrechtlichen Genehmigung wird als Minus auch die datenschutzrechtliche Zustimmung zum Übergang der erforderlichen Daten gesehen. Damit sind die Gegeninteressen der Kundin oder des Kunden gewahrt.

Beim ersten Lesen könnte man meinen, die Behörden verlangen eine datenschutzrechtliche Einwilligung im Sinne von Art. 4 Nr. 11 DSGVO. Dies ist jedoch meines Erachtens nicht der Fall.

Zum einen verwenden die Behörden hier ausdrücklich den Begriff „Zustimmung“ und nicht „Einwilligung“. Auch die DSGVO kennt im Übrigen den Unterschied zwischen „Zustimmung“ und der „Einwilligung“, wie man an den Regelungen in Art. 8 Abs. 1 und 2 DSGVO sehen kann. In dem Beschluss wird daher meines Erachtens bewusst von einer „Zustimmung“ gesprochen und nicht von einer Einwilligung.

Zum anderen sprechen die Behörden davon, dass in diesem Fall die „Gegeninteressen“ der Kunden gewahrt sind. Eine Berücksichtigung der Interessen ist aber im Rahmen einer Einwilligung nach Art. 4 Nr. 11 DSGVO nicht erforderlich. Diese wird wirksam erteilt oder eben nicht. Zuletzt bezieht sich der gesamte Beschluss laut seiner Überschrift auf den Erlaubnistatbestand der Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO.

Ich halte es daher für gut vertretbar, die Aussage der Behörden so zu verstehen, dass Kundendaten innerhalb laufender Verträge datenschutzrechtlich ohne eine zusätzliche Einwilligung nach der DSGVO übertragen werden können. Leider geht der Beschluss nicht darauf ein, ob evtl. auch Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO als Erlaubnistatbestand in Betracht kommt, hierbei vor allem in der Variante der Vertragsdurchführung.

Daten von Kundinnen und Kunden bei fortgeschrittener Vertragsanbahnung; Bestandskundinnen und -kunden ohne laufende Verträge und letzter Vertragsbeziehung jünger als 3 Jahre

Wenn es um die Übertragung von Daten zu Bestandskunden geht, zieht die DSK eine, meiner Ansicht nach, gut vertretbare Grenze bei der regelmäßigen Verjährung nach § 195 BGB von 3 Jahren.

Daten von Kunden, die innerhalb dieses Zeitfensters fallen, werden nach Ansicht der Behörden nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f) DSGVO

im Wege der Widerspruchslösung (Opt-out-Modell) mit einer ausreichend bemessenen Widerspruchsfrist (z. B. 6 Wochen) übermittelt. Diese Vorgehensweise ist für die Unternehmen aufwandsschonend und berücksichtigt durch die großzügige Widerspruchsfrist auch die Interessen der Kundinnen und Kunden.

Interessant hieran ist die relativ lang bemessene Frist zum Widerspruch. Nach Ansicht der Behörden immerhin mehr als einen Monat. Natürlich wird deutlich, dass die DSK die 6 Wochen „nur“ als Beispiel nennt. Jedoch sollte man in der Praxis daran denken, eine „ausreichend bemessene“ Frist zu gewähren. Lediglich ein paar Tage dürften etwa zu kurz sein.

Kundendaten besonderer Kategorie nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO

Sollen bei einem Asset Deal Gesundheitsdaten übertragen wurden, geht die DSK offensichtlich von einem harten Einwilligungserfordernis aus.

Solche Daten können nur im Wege der informierten Einwilligung nach Art. 9 Abs. 2 lit. a), Art. 7 DS-GVO übergeleitet werden.

Leider geht die DSK hier nicht auf weitere Ausnahmetatbestände des Art. 9 Abs. 2 DSGVO ein, wie etwa lit. f) „Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen“ oder auch auf Art. 9 Abs. 2 lit. b) DSGVO, wenn es um Beschäftigtendaten geht. Dies dürfte aber damit zusammenhängen, dass sich der Beschluss auf „Kundendaten“ bezieht.

Tracking und DSGVO – Datenschutzbehörden: Pseudonymisierung soll nicht zugunsten von Unternehmen berücksichtigt werden

Die deutsche Datenschutzkonferenz (DSK) hat letzte Woche ihre lang erwartet Orientierungshilfe (pdf) zum Tracking und vor allem zu dem Verhältnis von TMG und DSGVO veröffentlicht. Auf das letztgenannte Thema möchte ich hier nicht näher eingehen.

Hinweisen möchte ich vielmehr auf eine meines Erachtens unhaltbare Position der DSK im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO. Dieser Erlaubnistatbestand bildet aus Sicht der DSK die wohl meist einschlägige Rechtsgrundlage, wenn es um ein Tracking von Personen im Internet über Webseiten oder Nutzern in Apps geht.

Die DSK stellt die drei erforderlichen Prüfungsschritte der Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO dar.

  1. Stufe: Vorliegen eines berechtigten Interesses der Verantwortlichen oder eines Dritten
  2. Stufe: Erforderlichkeit der Datenverarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen
  3. Stufe: Abwägung mit den Interessen, Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person im konkreten Einzelfall

Im Rahmen der dritten Stufe weist die DSK richtigerweise darauf hin, dass die ermittelten, sich gegenüberstehenden Interessen zu gewichten sin. Hierfür kann keine allgemeingültige Regel aufgestellt werden. Soweit kein Problem.

Doch dann stellt die DSK recht apodiktisch fest:

Zu beachten ist, dass im Rahmen der Abwägung ohnehin bestehende Pflichten aus der DSGVO, z.B.  Informationspflichten oder die Sicherheit der Verarbeitung durch Pseudonymisierung, nicht zugunsten des Verantwortlichen berücksichtigt werden können. 

Diese pauschale Ablehnung einer positiven Berücksichtigung von Pseudonymisierungsmaßnahmen ist meines Erachtens kontraproduktiv für eine wirksame Umsetzung der DSGVO in der Praxis und vor allem rechtlich auch so nicht haltbar. Im Grunde gibt die DSK hier zu verstehen, dass Unternehmen personenbezogene Daten zwingend pseudonymisieren müssten, da dies so in der DSGVO vorgegeben sei und diese, datenschutzfreundliche Maßnahme, dem Unternehmen nicht zum Vorteil gereichen darf. Ich einer solchen Situation verstehe ich jede datenverarbeitende Stelle, die sich fragt, warum man überhaupt pseudonymisieren sollte? Denn der Vorgang der Pseudonymisierung kann, je nach vorliegenden Datenarten und dem Umfang, recht aufwendig sein. Hierzu muss man nur einmal einen Blick in die Legaldefinition der Pseudonymisierung in Art. 4 Nr. 5 DSGVO werfen. Die Anforderungen sind recht hoch.

Daneben ist diese Ansicht meines Erachtens aber auch rechtlich nicht vertretbar. Die DSGVO kennt nämlich keine Pflicht zur Pseudonymisierung, ebenso wenig wie eine Pflicht zur Verschlüsselung. Beide Maßnahmen sind im hier relevanten Art. 32 Abs. 1 DSGVO (Sicherheit der personenbezogenen Daten) als Beispiele umzusetzenden Maßnahmen genannt. Art. 32 Abs. 1 lit. a) DSGVO gibt vor: „Maßnahmen schließen unter anderem Folgendes ein: die Pseudonymisierung und Verschlüsselung personenbezogener Daten“.

Die Formulierung „unter anderem Folgendes ein“ in der deutschen Version der DSGVO ist ein Übersetzungsfehler. Dies ergibt sich aus dem Vergleich mit der englischen Sprachversion. Dort wird die Aufzählung mit „including inter alia as appropriate“ eingeleitet. Anders als die deutsche Fassung, verweist der englische Text ausdrücklich auf die Erforderlichkeit bzw. Angemessenheit einer jeden Maßnahme. Die Übersetzung von „as appropriate“ wurde in der deutschen Sprachfassung schlicht vergessen. Zudem ist zu beachten, dass Art. 32 Abs. 1 DSGVO jegliche Sicherheitsmaßnahmen von verschiedensten Faktoren abhängig macht, wie etwa dem Stand der Technik und auch der Implementierungskosten.

Anders, als von der DSK dargestellt, handelt es sich bei der Maßnahme „Pseudonymisierung“ nicht um eine ohnehin bestehende Pflicht nach der DSGVO. Zwar verweist die DSK im Folgesatz darauf, dass durch „zusätzliche Schutzmaßmaßnahmen die Beeinträchtigungen durch die Verarbeitung derart reduziert werden“ können, dass die Interessenabwägung zugunsten des Verantwortlichen ausfallen kann. Es stellt sich hier aber die Frage, was diese zusätzlichen Schutzmaßnahmen sein sollen, wenn etwa Pseudonymisieurng aus Sicht der DSK bereits eine gesetzlich zwingend vorgegebene Maßnahme ist.

Insgesamt ist es aus meiner Sicht daher nicht begründbar, wenn die DSK mit der Aussage kommuniziert, dass von Unternehmen umgesetzte Schutzmaßnahmen in der Interessenabwägung keine Berücksichtugung finden könnten.

EU Kommission: Geltendmachung von Rechtsbehelfen Betroffener ist in der DSGVO abschließend geregelt

Im Rahmen einer schriftlichen Anfrage im Europäischen Parlament hat sich die Europäische Kommission, konkret Justizkommissarin Jourová, zu der abschließenden Wirkung der Regelungen der DSGVO zur Geltendmachung von Rechtsbehelfen (Art. 77 ff. DSGVO) für Betroffene geäußert.

Nach Art. 77 Abs. 1 DSGVO steht etwa jeder betroffenen Person das Recht zu, Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde einzulegen. Nach Art. 78 Abs. 1 und 2 DSGVO haben betroffene Personen das Recht auf einen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen Entscheidungen einer Aufsichtsbehörde oder bei deren Untätigkeit. Zudem steht betroffenen Personen nach Art. 79 Abs. 1 DSGVO ein Recht auf einen Rechtsbehelf gegen einen Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter zu, wenn die betroffene Person von einer Verletzung ihrer Rechte ausgeht.

Betroffene können diese Rechte entweder selbst geltend machen oder aber nach Art. 80 Abs. 1 DSGVO (in Verbindung mit nationalem Recht) Vereinigungen oder Organisationen beauftragen, in ihrem Namen die in Art. 77, 78 und 79 DSGVO genannten Rechte geltend zu machen. Zudem ist in Art. 80 Abs. 2 DSGVO die Möglichkeit vorgesehen, dass solche Vereinigungen auch ohne Beauftragung tätig werden können.

In ihrer Antwort auf die parlamentarische Anfrage stellt die Justizkommissarin klar, dass in anderen als den in Art. 80 DSGVO genannten Fällen, Dritte (also zB Vereine, Unternehmen oä) keine Klagebefugnis haben, um die Rechte, die Betroffenen in der DSGVO eingeräumt werden, geltend zu machen.

Except where this is allowed pursuant to Article 80 GDPR, other persons wishing to act independently of a data subject’s mandate do not have standing to exercise the rights granted to individuals under the GDPR”.

Interessant könnte diese Aussage eventuell auch für die derzeit in Deutschland stattfindende Diskussion sein, ob Unternehmen auf der Grundlage des UWG Verstöße gegen das Datenschutzrecht gegenüber Wettbewerbern abmahnen und etwa mit Unterlassungsansprüchen dagegen vorgehen dürfen. Zum einen könnte man, vor dem Hintergrund der Meinung der Kommission, vertreten, dass diese dafür spricht, dass das Rechtsbehelfssystem der DSGVO abschließend ist. Die Aussage der Kommission in ihrer Antwort ist diesbezüglich sehr klar. Andererseits muss wohl berücksichtigt werden, dass sich die Kommission hier konkret auf die Rechte der Betroffenen bezieht und sich nicht mit der Frage auseinandersetzt, ob auch Unternehmen Verstöße gegen die DSGVO (die ja nicht immer Betroffenenrechte betreffen müssen) auf der Grundlage des UWG, also außerhalb der DSGVO, abmahnen können.

Arbeitnehmerdatenschutz: Strenge Vorgaben zur Überwachung im Arbeitsverhältnis durch Änderungsvorschläge zur ePrivacy-VO

Heute hat der Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) im Europäischen Parlament den Vorschlag für eine neue ePrivacy-Verordnung durch die Europäische Kommission beraten. Der Entwurf des Berichts des LIBE-Ausschusses stammt vom 9. Juni 2017 (PDF). Im Entwurf werden teilweise umfassende Änderungen am ursprünglichen Entwurf der Kommission vorgeschlagen. Die Abstimmung über den Entwurf für den Bericht im Europäischen Parlament steht noch aus.

Ganz konkret möchte ich hier kurz auf einen interessanten Vorschlag des LIBE-Ausschusses hinweisen. Mit Änderungsantrag 82 soll der ursprüngliche Art. 8 Abs. 1 ePrivacy-VO um einen Buchstaben d b erweitert werden. In Art. 8 Abs. 1 geht es um den Schutz der Endeinrichtungen von Nutzern und in diesen Endeinrichtungen gespeicherten Informationen. Ganz praktisch geht es also insbesondere um Endgeräte, in denen sich entweder digital Information ablegen lassen oder die auch selbst Informationen erzeugen und aus diesen Informationen ausgelesen werden können. Beispielhaft seien hier etwa Mobiltelefone oder auch Computer, die ans Internet angeschlossen sind, genannt. In Art. 8 Abs. 1 ePrivacy-VO werden recht strenge Anforderungen daran gestellt, wann Informationen aus den Endeinrichtungen überhaupt erhoben werden dürfen. Nach Art. 8 Abs. 1 ist eine solche Erhebung von Informationen grundsätzlich untersagt, außer einer der in Abs. 1 genannten Gründe liegt vor.

Einleitend ist zudem darauf hinzuweisen, dass Art. 8 Abs. 1 einen sehr weiten Anwendungsbereich hat, da es in diesem nicht etwa (wie sonst überwiegend in der ePrivacy-VO) um Kommunikationsdaten geht, sondern ganz allgemein von „Informationen“ gesprochen wird. Einen ähnlich weiten Anwendungsbereich hat derzeit auch der Art. 5 Abs. 3 der noch geltenden ePrivacy-Richtlinie (sogenannte Cookie-Richtlinie).

Mit dem Änderungsantrag 82 schlägt nun der Entwurf des Berichts vor, dass eine neue gesetzliche Erlaubnis in Art. 8 Abs. 1 aufgenommen wird, wann Informationen aus Endgeräten erhoben werden dürfen. Nach Art. 8 Abs. 1 Buchstabe d b soll dies der Fall sein, wenn es im Rahmen von Arbeitsverhältnissen nötig ist, wenn erstens der Arbeitgeber bestimmte Einrichtungen bereitstellt, zweitens der Arbeitnehmer der Nutzer dieser Einrichtung ist und drittens der Eingriff für die Funktionsweise der Einrichtung für den Arbeitnehmer zwingend notwendig ist. Die Regelung gilt also nicht für „Bring Your Own Device“ Konstellationen.

Zunächst liest sich diese Ausnahme so, als ob sie Arbeitgebern grundsätzlich eine Überwachung der Tätigkeiten der Arbeitnehmer im Hinblick auf die Nutzung von bereitgestellten Endgeräten, wie etwa PCs und Mobiltelefon, erlauben würde. Betrachtet man sich diese vorgeschlagene Regelung jedoch genauer, ist zu beachten, dass der „Eingriff“ (gemeint ist hier wohl der Zugriff auf die Endeinrichtungen der Arbeitnehmer als Nutzer; vgl. diesbezüglich etwa Erwägungsgrund 20) für die Funktionsweise der Endeinrichtung für den Arbeitnehmer zwingend notwendig ist. Der Eingriff bzw. der Zugriff auf die Endeinrichtungen und dort gesammelte Informationen darf also ausschließlich dann erfolgen, wenn die so mögliche Erhebung von Informationen für die Funktionsweise der technischen Einrichtung zwingend notwendig ist und dies auch nur, wenn dies für den Arbeitnehmer zwingend notwendig ist. Es geht also hier nicht darum, dass der Arbeitgeber argumentieren könnte, er müsse Zugriff auf die Endeinrichtungen seine Arbeitnehmer haben, um etwa die Nutzung der von ihm bereitgestellten Endgeräte überprüfen zu können. Denn diesen Zugriff könnte man als nicht zwingend notwendig für die Funktionsweise der Einrichtung ansehen. Dies ist zumindest eine mögliche Auslegung des Änderungsantrags.

Sollte man den Änderungsantrag so lesen, so würde dies aber gleichzeitig bedeuten, dass andere Optionen zum Zugriff auf Informationen in Endgeräten im Arbeitsverhältnis ausgeschlossen sind (außer natürlich, ein anderer Erlaubnistatbestand in Art. 8 Abs. 1 wäre erfüllt, wie etwa die Einwilligung des Arbeitnehmers).

Insbesondere brisant ist die Aufnahme dieses Erlaubnistatbestandes zum Zugriff auf Endgeräte im Arbeitsverhältnis und der Erhebung von Informationen aus den Endgeräten auch deshalb, weil man sich noch vor Augen halten muss, dass die derzeit verhandelte die ePrivacy-VO Spezialregelungen gegenüber der 25 Mai 2018 unmittelbar anwendbaren Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bereithält. Soweit also ein Sachverhalt von den Regelungen der die ePrivacy-VO abgedeckt ist, wird die DSGVO verdrängt. Und hier noch einmal der Hinweis: Art. 8 Abs. 1 gilt schon bei der Erhebung von „Informationen“. Es müssen keine personenbezogenen Daten vorliegen (wie im Rahmen der DSGVO).

Nimmt man nun, wie in Änderungsantrag 82 vorgesehen, eine spezielle Situation aus dem Arbeitsverhältnis in die ePrivacy-VO auf und regelt dort, was in Bezug auf Informationen in Endgeräten für den Arbeitgeber gestattet ist, bedeutet dies gleichzeitig, dass ein Rückgriff auf Erlaubnistatbestände der DSGVO nicht mehr möglich ist. Dies betrifft insbesondere auch Art. 88 der DSGVO, in dem es um die Datenverarbeitung im Beschäftigungsverhältnis geht und der im Rahmen des neuen BDSG in Deutschland in ähnlicher Weise wie der bisher geltende § 32 BDSG umgesetzt werden soll. Art. 8 Abs. 1 lit. d b ePrivacy-VO würde Art. 88 DSGVO und damit auch dem BDSG vorgehen. Man könnte sich als Arbeitgeber also nicht auf eine Interessenabwägung zur Verarbeitung personenbezogener Daten von Arbeitnehmern berufen, wie dies in § 26 BDSG (neu) vorgesehen ist, soweit die ePrivacy-VO den Sachverhalt abschließend und spezieller regelt.

Man wird abwarten müssen, ob der hier dargestellte Änderungsantrag tatsächlich in dieser Form zum einen im in der finalen Stellungnahme des Europäischen Parlaments Niederschlag findet. Zum anderen wird dann auch noch der Rat der Europäischen Union seine Stellungnahme zum Entwurf der Verordnung verhandeln und beschließen. Inwiefern also tatsächlich die hier dargestellte Regelung zum Zugriff auf Informationen in Endgeräten im Arbeitsverhältnis am Ende Realität wird, lässt sich derzeit noch nicht mit absoluter Gewissheit abschätzen. Im Hinterkopf sollte man jedoch zumindest behalten, dass im Europäischen Parlament der Wunsch besteht, diese Situation in der ePrivacy-VO zu regeln.

Neue IT-Sicherheitspflichten für Cloud-Dienste und Online-Marktplätze

Heute verabschiedet der Bundestag den Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Union (BT Drs. 18/11242, pdf).

Mit dem Gesetz wird, wie der Titel bereits erahnen lässt, die sog. NIS-Richtlinie umgesetzt. Diese trat am 8. August 2016 in Kraft und muss bis zum 9. Mai 2018 in nationales Recht umgesetzt werden.

Viele der Pflichten der NIS-Richtlinie wurden bereits 2015 durch das deutsche IT-Sicherheitsgesetz umgesetzt. Nun werden noch einige wenige, jedoch nicht minder relevante, Anpassungen im nationalen Recht vorgenommen, um die letzten offenen Pflichten umzusetzen. Neu eingeführt werden nun insbesondere Regelungen (vgl. § 8c BSIG) für digitalen Dienste. Das sind: Online-Marktplätze, Online-Suchmaschinen und Cloud-Computing-Dienste.

Neu ist auch, dass die Begriffe „Online-Marktplatz“, „Online-Suchmaschine“ und „Cloud-Computing-Dienst“ nun in Deutschland legal definiert werden (vgl. § 2 Abs. 11 BSIG).

Von den Pflichten für digitale Dienste ausgenommen sind solche Dienste, die von einer natürlichen Person oder von Kleinstunternehmen oder kleinen Unternehmen im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission (pdf) angeboten werden. Hierunter fallen Unternehmen, die weniger als 250 Personen beschäftigen und entweder höchstens einen Jahresumsatz von 50 Mio. EUR erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Mio. EUR beläuft.

Neue Begriffsbestimmungen

Online-Marktplätze (Abs. 9 Nr. 1): Dienste, die es Verbrauchern oder Unternehmern ermöglichen, Kaufverträge oder Dienstleistungsverträge mit Unternehmern entweder auf der Website dieser Dienste oder auf der Website eines Unternehmers, die von diesen Diensten bereitgestellte Rechendienste verwendet, abzuschließen. Umfasst sind daher auch B2B-Plattformen. Nicht erfasst werden Online-Dienste, die lediglich den Zugang zu dritten Diensten vermitteln, bei denen ein Vertrag geschlossen werden kann. Der Online-Marktplatz muss also der endgültige Bestimmungsort für den Abschluss dieser Verträge sein und darf nicht als Vermittler agieren (so Erwägungsgrund 15 der NIS-Richtlinie). Nach der NIS-Richtlinie zählen zu den Online-Marktplätzen sls Online Stores tätige „Application Stores“, die den digitalen Vertrieb von Anwendungen oder Software-Programmen von Dritten ermöglichen (z. B. also die großen App-Stores).

Online-Suchmaschinen (Abs. 9 Nr. 2): Dienste, die es Nutzern ermöglichen, Suchen grundsätzlich auf allen Websites oder auf Websites in einer bestimmten Sprache anhand einer Abfrage zu einem beliebigen Thema in Form eines Stichworts, einer Wortgruppe oder einer anderen Eingabe vorzunehmen, die daraufhin Links anzeigen, über die der Abfrage entsprechende Inhalte abgerufen werden können. Nicht hiervon erfasst sind Online-Dienste und Funktionen in IT-Anwendungen, die Suchen jeweils nur auf bestimmte Websites oder Domains ermöglichen. Nach Erwägungsgrund 16 NIS-Richtlinie sind hier von auch nicht Online-Dienste erfasst, die die Preise für bestimmte Produkte oder Dienste bei verschiedenen Unternehmern miteinander vergleichen und den Nutzer anschließend an den bevorzugten Unternehmer weiterleiten, damit er das Produkt dort kauft.

Cloud-Computing-Dienste (Abs. 9 Nr. 3): Dienste, die den Zugang zu einem skalierbaren und elastischen Pool gemeinsam nutzbarer Rechenressourcen ermöglichen. „Rechenressourcen“ umfassen verschiedene Arten der Ressourcen, wie Netze, Server oder sonstige Infrastruktur, Speicher und Anwendungen. „Skalierbar“ bedeutet, dass Rechenressourcen unabhängig von ihrem geografischen Standort vom Anbieter des Cloud-Computing-Dienstes flexibel zugeteilt werden können, um Nachfrageschwankungen zu bewältigten.

Pflichten

Nach dem neuen § 8c Abs. 1 BSIG haben Anbieter digitaler Dienste geeignete und verhältnismäßige technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, um Risiken für die Sicherheit der Netz- und Informationssysteme, die sie zur Bereitstellung der digitalen Dienste innerhalb der Europäischen Union nutzen, zu bewältigen. Sie haben Maßnahmen zu treffen, um den Auswirkungen von Sicherheitsvorfällen auf innerhalb der Europäischen Union erbrachte digitale Dienste vorzubeugen oder die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten.

Die Schutzpflichten der Anbieter beziehen sich also etwa nicht auf Informationen oder in den Systemen gespeicherte Daten, sondern auf die „Sicherheit der Netz- und Informationssysteme“.

Nach § 8c Abs. 2 BSIG müssen diese Maßnahmen zur Bewältigung von Risiken für die Sicherheit der Netz- und Informationssysteme unter Berücksichtigung des Stands der Technik ein Sicherheitsniveau der Netz- und Informationssysteme gewährleisten, das dem bestehenden Risiko angemessen ist. Das erforderliche Sicherheitsniveau ist also nicht als absolut zu verstehen, sondern es hängt von einer Verhältnismäßigkeitsprüfung im konkreten Fall ab. Die notwendigen Maßnahmen sollen noch durch  Durchführungsrechtsakte der Kommission nach Art. 16 Abs. 8 der NIS-Richtlinie näher bestimmt werden.

Nach § 8c Abs. 3 S. 1 BSIG sind die Anbieter digitaler Dienste zudem verpflichtet, jeden Sicherheitsvorfall, der erhebliche Auswirkungen auf die Bereitstellung eines von ihnen innerhalb der Europäischen Union erbrachten digitalen Dienstes hat, unverzüglich dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu melden.

Bußgelder

Zudem wird auch der bestehende § 14 BSIG angepasst und damit die Bußgeldvorschriften auf die Anbieter digitaler Dienste ausgeweitet. Bußgeldbewehrt (bis zu 50.000 EUR) soll es in Zukunft sein, wenn gegen §§ 8c Abs. 1 S. 1, 8c Abs. 3 S. 1 oder 8c Abs. 4 Nr. 1 oder Nr. 2 BSIG verstoßen wird, also etwa eine Meldung nach § 8c Abs. 3 S. 1 BSIG nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vornimmt.

Die Bußgeldvorschriften gelten für alle Anbieter, die digitale Dienste innerhalb Deutschlands anbieten, sofern sie nicht ihre Hauptniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union haben oder, sofern sie nicht in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union niedergelassen sind, dort einen Vertreter benannt haben und in diesem Mitgliedstaat dieselben digitalen Dienste anbieten.

Die vorgenannten Änderungen sollen nach § 15 BSIG ab dem 10. Mai 2018 anwendbar sein.

Aufsichtsbehörde: Website-Hosting bedarf eines Vertrags zur Auftragsdatenverarbeitung

In seinem kürzlich vorgestellten Tätigkeitsbericht für die Jahre 2015/2016 (pdf) berichtet das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) über Anfragen von Unternehmen, wie Dienstleistungen von Website-Hostern datenschutzrechtlich einzuordnen sind und welche gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden müssen (S. 39).

Nach Ansicht des BayLDA handelt es sich etwa bei der Entgegennehme und Archivierung von E-Mails von Kunden oder Interessenten oder von Kontaktformulareintragungen auf der Website und bei einem Tracking des Verhaltens der Website-Nutzer im Auftrag um eine Verarbeitung personenbezogener Daten des Service-Providers im Auftrag für das jeweilige Unternehmen (z. B. Website- oder App-Betreiber). Dies bedeutet, dass die gesetzlichen Anforderungen des § 11 Abs. 2 S. 2 BDSG zu erfüllen sind und insbesondere ein Vertrag mit den dort benannten Regelungen zwischen Auftraggeber und Dienstleister abgeschlossen werden muss. Dieser Auftrag muss schriftlich erteilt werden. Das Fazit des BayLDA:

 Wenn ein Service-Provider zu einer solchen Vertragsregelung nicht bereit ist, kann er im geschäftlichen Bereich nicht datenschutzkonform eingesetzt werden.

Meiner Erfahrung nach ist der gesetzeskonforme Abschluss eines Vertrages zur Auftragsdatenverarbeitung in diesen Situationen in der Praxis eher die Ausnahme, als die Regel. Dies dürfte auch damit zusammenhängen, dass es heutzutage für Unternehmen sehr schnell und einfach möglich ist, online entsprechende Dienstleistungen eines Website-Hosters in Anspruch zu nehmen. An den schriftlichen Abschluss eines Vertrages zur Auftragsdatenverarbeitung wird dann oft nicht gedacht.

Für Unternehmen, die auf solche Dienstleister zurückgreifen, bedeutet dies, dass sie sich um den Abschluss entsprechender Verträge kümmern sollten, wenn dies nicht bereits geschehen ist. Erfolgt diese Auftragserteilung nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend, droht schlimmstenfalls ein Bußgeld. Das BayLDA berichtet in seinem Tätigkeitsbericht über einen Sachverhalt, in dem die Behörde eine Geldbuße in fünfstelliger Höhe gegen ein Unternehmen festgesetzt hat. Das Unternehmen hatte in seinen schriftlichen Aufträgen mit mehreren Auftragsdatenverarbeitern keine konkreten technisch-organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Daten festgelegt (S. 41).

In der Praxis stellt sich für Unternehmen, die einen solchen Dienstleister einsetzen und auch vertraglich verpflichten möchten, oft das Problem, dass der Dienstleister zum einen für die Erstellung und zum anderen für die Pflege des gesetzlich vorgeschriebenen Vertrages zur Auftragsdatenverarbeitung eine Gebühr verlangt. Auch hierüber berichtet das BayLDA (S. 41). Ob die Forderung nach einem Entgelt zulässig ist, dazu möchte sich das BayLDA in seinem Tätigkeitsbericht, mit Verweis auf die zivilrechtliche Implikation der Fragestellung, nicht äußern.

UN-Wirtschaftskommission für Europa: Datenschutz- und IT-Sicherheitsstandards für vernetzte Fahrzeuge

Eine informelle Arbeitsgruppe der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (kurz UNECE), die u.a. Vorschläge und Vorlagen für ECE-Regelungen für Kraftfahrzeuge entwickelt, hat einen Vorschlag für Leitlinien zur IT-/Netz-Sicherheit und zum Datenschutz bei vernetzten Fahrzeugen und Kraftfahrzeugen mit automatisierten Fahrfunktionen veröffentlicht („Proposal for draft guidelines on cyber security and data protection“, PDF).

Die Vorschläge, die im März 2017 bei der Sitzung des UN/ECE-Weltforums für die Harmonisierung der Regelungen für Kraftfahrzeuge angenommen werden sollen, sind von besonderer Relevanz, da hierdurch einheitliche internationale Vorgaben zur IT-Sicherheit und zum Datenschutz bei intelligenten Fahrzeugen eingeführt werden könnten.

In dem Entwurf wird einleitend auf die Notwendigkeit klarer Vorgaben zur IT-Sicherheit und zum Datenschutz in vernetzten Fahrzeugen und solchen mit automatisierten Fahrfunktionen hingewiesen. Es müsse sichergestellt werden, dass Fahrzeuge vor äußeren Störungen und Manipulationen geschützt sind.

Die Leitlinien sollen für Fahrzeughersteller, System- und Teilezulieferer und Anbieter von Diensten, die auf den Fahrzeugsystemen installiert werden, gelten und diesen Vorgaben machen, um ein hohes IT-Sicherheitsniveau zu erreichen. Zudem sollen diese Leitlinien als Grundlage für die Entwicklung von Vorgaben in UN-Richtlinien dienen.

Wichtig ist zudem der Hinweis, dass die Leitlinien keinen Einfluss auf geltendes Datenschutzrecht haben. Die Vorgaben gliedern sich in vier Themenkomplexe, die ein vernetztes Fahrzeug bzw. ein solches mit automatisierten Fahrfunktionen jeweils erfüllen muss:

–          Allgemeine Vorgaben.

–          Datenschutz.

–          Safety (iSv „Betriebssicherheit“).

–          Security (iSv „Angriffssicherheit“).

Generell dürfen personenbezogene Daten in Fahrzeugen nur auf rechtlich zulässige und insbesondere transparente Weise verarbeitet werden. Das Datenschutzrecht ist also zu beachten. Fahrzeughersteller, System- und Teilezulieferer sowie Diensteanbeiter sollen die Prinzipien „Datenschutz durch Technikgestaltung“ (Privacy by Design) und „Datenschutz durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen“ (Privacy by Default) beachten. Bereits auf der Ebene der Fertigung von Komponenten für vernetzte Fahrzeuge soll also der Datenschutz Beachtung finden. Diese Prinzipien finden sich etwa auch in der ab Mai 2018 unmittelbar anwendbaren EU Datenschutz-Grundverordnung. Zudem sollen die benannten Akteure sicherstellen, dass Datenverbindungen und –kommunikation nur verschlüsselt erfolgen.

Betroffene Personen sollen umfassend und klar darüber informiert werden, welche Daten von ihnen verarbeitet werden und für welche Zwecke dies geschieht. Dem Grundsatz der Datensparsamkeit folgend, sollen nur soviele Daten erhoben werden, wie für den konkreten Zweck erforderlich sind.

Auf Betriebssicherheitsebene sollen Standards, wie etwa ISO 26262, angewendet werden. Zudem werden gewisse Vorgaben an die Datenverbindung und –kommunikation selbst gemacht. Diese dürfen nicht andere Systeme beeinflussen, die Informationen erzeigen, die für die Kontrolle eines Fahrzeugs erforderlich sind. Zudem sollen die Verbindungen derart beschaffen sein, dass falsche Zugriffe oder auch Manipulationen am System über diese Verbindungen nicht möglich sind.

Zur erforderlichen Angriffssicherheit der Fahrzeuge und Systeme wird die Anforderung aufgestellt, dass Sicherheitsstandards, wie etwa nach ISO 27000 und ISO/IEC 15408, umgesetzt werden sollen. Zudem sollen vernetzte Fahrzeuge etwa mit der Fähigkeit ausgestattet sein, kryptographische Schlüssel verwalten zu können.

Man darf gespannt sein, in welcher Form diese Leitlinien am Ende durch das UN/ECE-Weltforum für die Harmonisierung der Regelungen für Kraftfahrzeuge beschlossen werden und in Zukunft die Mindeststandards für intelligente Fahrzeuge darstellen könnten. Auffällig ist, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen oder Prinzipien inhaltlich nicht neu sind und mit Blick auf EU-Gesetze wie die Datenschutz-Grundverordnung oder den Vorschlag für die ePrivacy-Verordnung, viele gesetzliche Vorgaben aufnehmen. Klar ist jedoch: ohne Maßnahmen zur IT-Sicherheit und zum Datenschutz geht es nicht mehr.

Aufsichtsbehörde: Unternehmen müssen Datenschutzrecht bei „Google Apps for Work“ beachten

Letzte Woche hat der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit seinen 25. Tätigkeitsbericht für die Jahre 2014/2015 veröffentlicht (pdf)

Ein Thema im Bereich der Telemedien stellt dabei die Frage der datenschutzrechtskonformen Nutzung der cloudbasierten Dienste von Google für Unternehmen im Rahmen von „Google Apps for Work“ dar (ab S. 127).

Vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils zu Safe Harbor und der weiterhin teilweise unklaren Rechtslage für Datenflüsse in Staaten außerhalb der EU, stellt der Datenschutzbeauftragte zunächst fest, dass eine abschließende Antwort auf die Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit dieses Angebotes seiner Ansicht nach nicht leicht falle.

Bereits diese Information sollte Unternehmen, die „Google Apps for Work“ nutzen, aufhorchen lassen und zumindest zu einer internen Prüfung bewegen, welche Dienste konkret zum Einsatz kommen und ob zumindest jene (nachfolgend benannten) Anforderungen eingehalten werden.

Nach Auffassung der Behörde verarbeitet, bei der Verwendung dieser Dienste, die jeweils verantwortliche Stelle ggfs. nicht nur personenbezogene Daten zur Erfüllung des eigenen Geschäftszwecks (z.B. für das Kundenmanagement).

Auch die Nutzungs- und Bestandsdaten von Beschäftigten werden durch Google verarbeitet, wenn die Mitarbeiter die Dienste nutzen.

Das datenschutzrechtliche Verhältnis zwischen dem Unternehmen (dem Kunden von Google) und Google selbst (als Dienstleister) stellt sich als Auftragsdatenverarbeitung (§ 11 BDSG) dar. Google agiert hierbei als Auftragnehmer und verarbeitet im Auftrag des Kunden personenbezogene Daten.

Als Folge ergibt sich hieraus, dass das Unternehmen, welches Google Apps professionell einsetzt, gegenüber den eigenen Mitarbeitern und sonstigen Betroffenen (wie Kunden) datenschutzrechtlich auch für den Umgang mit diesen Daten durch Google verantwortlich. Google wird durch das Konstrukt der Auftragsdatenverarbeitung sozusagen Teil der verantwortlichen Stelle. Die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit, auch für die Datenverarbeitungen durch Google, verbleibt damit bei dem Unternehmen.

Nach Ansicht der Behörde sind in diesem Zusammenhang zwei Themen problematisch.

Zum einen existiert die datenschutzrechtliche Privilegierung der Auftragsdatenverarbeitung bei Auftragnehmern mit Sitz außerhalb der EU nicht. „Auftragnehmer“ i. S. d. BDSG sind allein Stellen, die innerhalb des WER sitzen.
Dies führt dazu, dass die Weitergabe von Daten durch ein Unternehmen an Google eine datenschutzrechtliche Erlaubnis (Einwilligung oder gesetzliche Vorschrift) erfordert. Denn es liegt, anders als bei der Auftragsdatenverarbeitung innerhalb des EWR, eine „Übermittlung“ von Daten i.S.d. BDSG vor.

Zweitens weißt der Datenschutzbeauftragte darauf hin, dass in dem „letztlich entscheidenderen Schritt“ der Verwender der Dienstleistungen gemäß den §§ 4b und 4c BDSG sicherstellen müsse, dass Google bei dem Umgang mit den Daten ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet. Diese Voraussetzung ist nicht alternativ zu ersten zu erfüllen, sondern besteht daneben. Hintergrund ist, dass personenbezogene Daten in Drittstaaten grundsätzlich nur übermittelt werden dürfen, wenn dort ein angemessenes Schutzniveau für die Daten existiert. Für die USA hatte die, nun ungültige, Safe Harbor-Entscheidung der Europäischen Kommission dies für Unternehmen festgestellt, die sich gewissen Prinzipien verpflichtet hatten. Dieses Instrument existiert jedoch, nach dem Urteil des EuGH, nicht mehr. Doch es gibt auch Alternativen. Die bekanntesten dürften wohl die Standardvertragsklauseln der Europäischen Kommission sein. Daneben kann man aber z.B. auch die Einwilligung der Betroffenen einholen.

Die Aufsichtsbehörde betont, dass Google einen Vertrag auf Grundlage der sogenannten Standardvertragsklauseln anbiete, der durch die Unternehmen abzuschließen ist.

Jedoch weißt der Datenschutzbeauftragte auch darauf hin, dass fraglich sei, ob diese Losung nach dem Urteil des EuGH zu Safe Harbor Bestand haben kann. Es geht konkret um die Frage, ob auch die Standardvertragsklauseln von dem Urteil des EuGH beeinflusst sind und eventuell nicht mehr eingesetzt werden können. Nach Angaben der Behörde wird dies derzeit durch die europäischen und nationalen Aufsichtsbehörden geprüft.

OLG Frankfurt: Einsatz von Cookies für Werbezwecke erfordert kein Opt-in

Das OLG Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 17.12.2015 (Az.: 6 U 30/15) über die Wirksamkeit der im Rahmen eines Gewinnspiels im Internet eingeholten Einwilligung in die Datenverarbeitung für Werbezwecke mittels Cookies entschieden. (Hinweis: JBB Rechtsanwälte waren an dem Rechtsstreit als Verfahrensbevollmächtigte beteiligt).

Das Urteil ist insbesondere deshalb interessant, weil es sich unter anderem mit der Frage auseinandersetzt, ob die sogenannte ePrivacy- oder Cookie-Richtlinie (RL 2002/58/EG in der Fassung der RL 2009/136/EG, PDF) und deren Vorgaben zur Einwilligung beim Einsatz von Cookies in Deutschland unmittelbar anwendbar sind. Diese Frage ist seit Jahren umstritten.

Ausgangslage

Im ursprünglichen Verfahren hat ein Verbraucherschutzverband gegen den Veranstalter eines Gewinnspiels im Internet geklagt. Angegriffen wurde hierbei unter anderem eine Einwilligungserklärung, in der sich Teilnehmer des Gewinnspiels damit einverstanden erklärten, dass nach ihrer Registrierung ein Cookie gesetzt wird, über das eine Auswertung des Surf- und Nutzungsverhaltens auf Webseiten von Werbepartnern und eine Verwendung für interessengerechte Werbung ermöglicht werden.

In der Einwilligungserklärung, die mittels eines bereits angekreuzten Kästchens (opt-out) eingeholt wurde, fand sich zudem ein Link auf weitere Informationen zum Einsatz des  Cookies und der damit zusammenhängenden Datenverarbeitung.

Urteil

Der vom Verbraucherschutzverband geltend gemachte Unterlassungsanspruch (§ 1 UKlaG) gegen die Einwilligungserklärung wurde vom OLG zurückgewiesen.

Die Einwilligungserklärungen qualifizierte das Gericht als eine Allgemeine Geschäftsbedingung und war damit nach Auffassung des Senats auch einer Inhaltskontrolle (§ 307 BGB) zugänglich. Jedoch verstößt die Einwilligungserklärung gegen keine der insoweit maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben der §§ 4a, 28 Abs. 3a BDSG sowie §§ 13 Abs. 2, 15 Abs. 3 TMG).

Dies gilt, so das OLG, auch dann, wenn man diese Vorschriften nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Neuregelung des Artikel 5 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie richtlinienkonform auslegen möchte.

Opt-out ausreichend

Das Gericht stellt fest, dass den genannten datenschutzrechtlichen Vorschriften das Erfordernis einer ausdrücklich erteilten Einwilligung (opt-in) nicht zu entnehmen ist. Vielmehr kann die Einwilligung auch dadurch erklärt werden, dass der Nutzer einen bereits gesetzten Haken in einem Kästchen nicht entfernt (opt-out). Das Gericht verweist hierzu auf das sogenannte Payback-Urteil des Bundesgerichtshofs.

Ohne Erfolg berief sich der Verbraucherschutzverband darauf, dass nach Ablauf der Umsetzungsfrist der ePrivacy-Richtlinie das nationale Recht richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden müsste, dass ein solches Opt-Out Verfahren nicht ausreiche. Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie enthält nämlich keine Regelung, die ein Ort in Verfahren zwingend vorschreiben würde. Danach haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Speicherung von Informationen oder der Zugriff auf Informationen, die bereits im Endgerät eines Teilnehmers oder Nutzers gespeichert sind, nur gestattet ist, wenn der betreffende Teilnehmer oder Nutzer auf der Grundlage von klaren und umfassenden Informationen, die er gemäß der Richtlinie 95/46/EG u. a. über die Zwecke der Verarbeitung erhält, seine Einwilligung gegeben hat. Hierzu das Gericht:

Dort ist jeweils nur von der klaren und umfassenden bzw. verständlichen Information die Rede, die dem Nutzer vor Abgabe der Einwilligungserklärung gegeben werden muss. Dem steht ein „opt-out“-Verfahren nicht generell entgegen.

Zudem, lässt sich zusätzlich anführen, dass der Begriff der „Einwilligung“ in der ePrivacy-Richtlinie genau derselbe ist wie in der europäischen Datenschutzrichtlinie (RL 95/46/EG) (vgl. Art. 2 f) ePrivacy-Richtlinie).

Der Verbraucherschutzverband argumentierte zudem mit einer Stellungnahme der europäischen Art. 29 Datenschutzgruppe vom 8.12.2011. Dabei handelt es sich aber nach Auffassung des Gerichts

nur um eine unverbindliche Meinungsäußerung dieses Beratungsgremiums.

Dieser Meinungsäußerung folgt das OLG Frankfurt nicht. Zwar fordert die Art. 29 Datenschutzgruppe eine „bejahende Handlung“ des Nutzers, durch die das Setzen des Cookies und die danach erfolgende Datenverarbeitung akzeptiert werden müsse. Dies beziehe sich jedoch nicht auf die Frage, ob eine Einwilligungserklärung auch im Rahmen des Opt-Out-Verfahrens eingeholt werden kann.

Möglichkeit der Verweigerung

Zudem stellt das OLG fest, dass der durchschnittliche Internetnutzer heute weiß, dass er ein Häkchen in einem Kästchen durch Anklicken des Feldes entfernen und damit seine Einwilligung verweigern kann. Ein ausdrücklicher Hinweis auf diese Möglichkeit ist daher nicht erforderlich.

Hervorhebung der Einwilligungserklärung

Auch ist es nicht unzulässig, dass wesentliche Informationen zum Einsatz des Cookies unter Datenverarbeitung nicht schon in der Einwilligungserklärung selbst, sondern erst in der verlinkten Erläuterung erteilt werden. Zwar verlangt § 28 Abs. 3a S. 2 BDSG hier, dass die Einwilligung „in drucktechnisch deutlicher Gestaltung besonders hervorzuheben“ ist. Dies war jedoch der Fall. Denn die besondere Hervorhebung bezieht sich nur auf die Einwilligungserklärung selbst, und nicht auf die weiteren erläuternden Informationen, die durchaus (über einen deutlich gekennzeichneten Link) auf einer weiteren Informationsebene erteilt werden können.

Auch inhaltlich beanstandete das OLG Frankfurt die Einwilligungserklärung nicht. Insbesondere würden die Funktionen des Cookies richtig herausgestellt werden. Dabei müssen sich die Anforderungen an die erforderlichen Informationen für den Nutzer (wenn sie denn ihren Sinn erfüllen sollten) auch an der Fähigkeit und Bereitschaft des Nutzers orientieren, sich mit diesen Fragen überhaupt tatsächlich zu befassen.

Fazit

Die Frage, ob die ePrivacy-Richtlinie in Deutschland tatsächlich umgesetzt wurde oder nicht, stellt das OLG nicht. Selbst bei einer richtlinienkonform Auslegung der Richtlinie würde die Einholung einer Einwilligung für Werbezwecke im Rahmen eines Opt-Out-Verfahrens genügen. Die ausdrückliche Erteilung der Einwilligung (etwa durch aktives Ankreuzen eines Kästchens) ist also beim Einsatz von Cookies für Werbezwecke nicht erforderlich.

USA: Strafzahlung wegen falschen Informationen zur Datenverschlüsselung

Die amerikanische Federal Trade Commission (FTC) hat sich mit dem Anbieter einer Verwaltungssoftware für Zahnärzte auf eine Strafzahlung von 250.000 Dollar geeinigt. In einer Pressemitteilung vom 5. Januar 2016 gab die FTC bekannt, dass der Softwareanbieter sein Produkt, mit dem unter anderem auch Patientendaten verarbeitet werden können, für mehrere Jahre mit der Eigenschaft bewarb (u.a. in Broschüren und Newslettern), dem Industriestandard entsprechende Verschlüsselungsverfahren einzusetzen. Zudem sollten hierdurch gesetzliche Anforderungen an den Umgang mit Patientendaten des Health Insurance Portability and Accountability Act (HIPAA) eingehalten werden können.

Nach Auffassung der FTC war dem Softwareanbieter jedoch bekannt, dass in der Software ein weniger komplexes Verschlüsselungsverfahren als jenes des Advanced Encryption Standard (AES) zum Einsatz komme, welches jedoch durch das National Institute of Standards and Technology (NIST) (einer Bundesbehörde, die sich um Standardisierungsprozesse kümmert) gerade als Industriestandard empfohlen werde.

Auch in Deutschland verlangt etwa § 9 BDSG in Verbindung mit der Anlage zu § 9 Satz 1 BDSG, dass bei der Verarbeitung personenbezogener Daten Maßnahmen zu treffen sind, die je nach der Art der zu schützenden personenbezogenen Daten oder Datenkategorien geeignet sind, die Daten technisch etwa gegen unbefugten Zugriff oder eine unbefugte Weitergabe zu schützen. Das BDSG führt als Beispiel einer solchen Maßnahme insbesondere die Verwendung von dem Stand der Technik entsprechender Verschlüsselungsverfahren an. Speziell im Bereich des Internets oder von Apps findet sich eine ähnliche Regelung in § 13 Abs. 7 TMG. Zu beachten ist jedoch, dass diese Maßnahmen jeweils unter einer Verhältnismäßigkeitsvorbehalt stehen und die Verschlüsselung nicht gesetzlich verpflichtend (etwa als Minimumvoraussetzung) vorgeschrieben wird (hierzu auch ein Beitrag von Adrian Schneider).

Unabhängig davon könnte ein Verhalten, wie jenes des Softwareanbieters in den USA, in Deutschland durch Mitbewerber angegriffen werden, wenn der Anbieter Verbraucher (Zahnärzte würden im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit nicht hierunter fallen) bewusst über eine besondere Verschlüsselungseigenschaft seines Produkts täuscht. Nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG liegt z.B. eine sog. irreführende geschäftliche Handlung vor, wenn sie unwahre Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware wie Vorteile, Zwecktauglichkeit oder Beschaffenheit enthält. Dies würde eine unzulässige unlautere geschäftliche Handlung darstellen (§ 3 Abs. 1 UWG), die etwa mit einem Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG angegriffen werden kann.

Dem Grunde nach ist das Ergebnis ja einleuchtend: man darf nicht mit falschen Produkteigenschaften werben. Interessant ist in diesem Zusammenhang eher die Frage danach, was denn dem „Stand der Technik“ entsprechende Verschlüsselungsverfahren sind, mit denen ein Produkt beispielsweise beworben wird. Etwa allein AES? Sind in der Praxis bewährte Verfahren ausreichend? Diesbezüglich bestünde im Streitfall sicherlich Argumentationsspielraum.