Herausgabe von Daten an US-Behörden: Irische Regierung bittet EU-Kommission um Hilfe

Im April 2014 hatte ein US-Gericht entschieden (PDF), dass Microsoft dazu verpflichtet sei, Kundendaten die auf Servern in Irland gespeichert sind, an amerikanische Behörden herauszugeben. Gegen diesen Beschluss wehrte sich Microsoft, wurde jedoch auch durch ein Bundesgericht angewiesen, dem Durchsuchungsbefehl der US-Behörden nachzukommen. Für das Berufungsverfahren wurde der Vollzug ausgesetzt und Microsoft möchte die Daten auch nicht herausgeben. Andere Konzerne wie Apple und Cisco unterstützen die Position von Microsoft.

Zum einen besitzt das Verfahren eine mögliche wirtschaftliche Brisanz. Amerikanische Unternehmen müssten sich stets dem Risiko ausgesetzt sehen, dass Kundendaten, egal wo sie gespeichert sind, dem Zugriff von US-Behörden unterliegen.

Vor allem aber ist der Fall rechtlich interessant. Denn die amerikanischen Behörden haben nicht etwa die offiziellen Kanäle (Rechtshilfeabkommen zwischen der EU und den USA) genutzt, sondern sich direkt an das Unternehmen gewandt. Die ehemalige EU-Kommissarin für Justiz, Viviane Reding, hatte bereits im Juli 2014 die Befürchtung geäußert, „dass die extraterritoriale Anwendung ausländischer Gesetze (und darauf basierende gerichtliche Anweisungen gegen Unternehmen) gegen internationales Recht verstoßen“.

Nun hat der Irische Minister für Europaangelegenheiten und für den Datenschutz offiziell die EU-Kommission um ihre Unterstützung in diesem Gerichtsverfahren gebeten. Nach Aussage des Ministers könnte der Ausgang dieses Verfahrens möglicherweise schwerwiegende Folgen für den Datenschutz in der Europäischen Union besitzen. Durch den Versuch, die Herausgabe von Daten durch direkte Anordnungen gegenüber den Unternehmen zu erlangen, könnten die bestehenden Rechtshilfeabkommen praktisch umgangen werden.

Für international agierende Unternehmen besteht das sowohl schlichte als auch kaum zu lösende Problem, dass sie zwischen mehreren Rechtssystemen gefangen sind und nur zwischen den Rechtsverletzungen und den zu erwartenden Folgen wählen können. Dass sich eine solche Situation in einer digitalen Welt, in der immer mehr Wirtschaftszweige auf den ungehinderten Fluss von Daten angewiesen sind, als absolut unbefriedigend und revisionsbedürftig darstellt, dürfte wohl jedem einleuchten.

USA: Automobilhersteller einigen sich auf Datenschutzprinzipien

Das intelligente Auto als Teil des „Internets der Dinge“ wird in der Öffentlichkeit mit gemischten Gefühlen betrachtet. Einige sehen die Entwicklungsmöglichkeiten und Chancen, die Datenverarbeitungen im Zusammenhang mit Autos bieten, andere wiederum warnen vor dem „gläsernen Autofahrer“.

Viele der neu entwickelten Technologien und Dienstleistungen rund um das „Smart Car“ beruhen auf bzw. sind auf Informationen aus einer Vielzahl von Fahrzeugsystemen angewiesen und ihnen ist das Sammeln von Informationen, etwa über den Standort eines Fahrzeugs oder das Fahrverhalten, immanent.

In Amerika hat die “Alliance of Automobile Manufacturers (Auto Alliance)”, die viele wichtige Automobilhersteller (u.a. auch BMW of North America, Mercedes-Benz USA, Volkswagen Group of America und Ford Motor Company) zu ihren Mitgliedern zählt, nun Datenschutzprinzipien entwickelt und verabschiedet, die für den Umgang mit personenbezogenen Daten gelten.

Das Vertrauen der Verbraucher ist nach Ansicht der Auto Alliance entscheidend für den Erfolg von Fahrzeugtechnologien und Dienstleistungen. Den Mitgliedern ist zudem bewusst, dass Verbraucher wissen möchten, wie diese Fahrzeugtechnologien und Dienstleistungen funktionieren und ihnen selbst Vorteile bringen können, während sie gleichzeitig ihre Privatsphäre respektieren.

Die Datenschutzprinzipien

Die Datenschutzprinzipien (PDF) stellen nach Aussage der Auto Alliance einen Ansatz dar, um die Privatsphäre der Kunden zu schützen. Diese Prinzipien gelten für die Erfassung, Verwendung und Weitergabe von Informationen in Verbindung mit Fahrzeugtechnologien und -dienstleistungen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge, die an Verbraucher in den Vereinigten Staaten von Amerika verkauft oder von diesen geleased werden.

Die Datenschutzprinzipien enthalten unter anderem Regelungen zur Transparenz, der Datensparsamkeit oder auch der Datensicherheit. Interessant ist die allgemeine Definition des Anwendungsbereichs der Prinzipien. Diese gelten für sog. abgedeckte Informationen („covered information“), also solche Daten, die von den Prinzipien selbst definiert werden. Dabei handelt es sich um identifizierbare Informationen, die Fahrzeuge in elektronischer Form sammeln, erzeugen oder aufnehmen und die aus den Fahrzeugen durch einen teilnehmenden Automobilhersteller ausgelesen werden.

Was sind nun die „identifizierbaren Informationen“ (man denkt hierbei direkt an den Streit um den Personenbezug von IP-Adressen)? Auch dieser Begriff wird in den Prinzipien definiert. Es handelt sich um Informationen, die verknüpft sind oder vernünftigerweise verknüpfbar sind i) mit dem Fahrzeug aus dem die Daten abgerufen werden, ii) mit dem Eigentümer oder Leasingnehmer des Fahrzeugs oder iii) mit dem registrierten Benutzer einer Dienstleistung, die mit dem Fahrzeug verbunden ist. Der Anwendungsbereich scheint also durchaus weit gefasst zu sein, da eine Verknüpfung mit dem Fahrzeug selbst genügt.

Definiert werden im Übrigen etwa auch was „biometrische Daten“ und „Ortungsdaten“ sind.

Praktisch stellt sich für Automobilhersteller häufig die Frage, wie man den gesetzlich vorgegeben Informationspflichten im Datenschutzrecht nachkommen kann, ohne den Kunden jedes Mal mehrere ausgedruckte Papiere in die Hand drücken zu müssen. Dies mag im zu unterschreibenden Kauf- oder Leasingvertrag noch möglich sein. Doch was geschieht, wenn neue Dienste in Anspruch genommen und neue Datenverarbeitungsprozesse initiiert werden? Diesbezüglich geben die Datenschutzprinzipien einen pragmatischen und praktikablen Weg vor. Nach Ansicht der Automobilhersteller gibt es keinen one-size-fits-all-Ansatz. Die Unterzeichner der Prinzipien sollen vielmehr situationsbedingt und –angemessen entscheiden, wie sie ihre Kunden im konkreten Kontext am besten informieren können. Möglichkeiten sind Hinweise in der Betriebsanleitung, auf Papier oder auch in elektronischen Anmeldeformularen und/oder Nutzungsvereinbarungen. Möglich ist es jedoch auch, die Informationen über das bordeigene Display darzustellen. Die unterzeichnenden Autohersteller verpflichten sich zudem mindestens dazu, Informationen zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten öffentlich zugänglich im Internet bereit zu halten.

Fazit
Die Initiative der Auto Alliance ist definitiv zu begrüßen. Zwar stellen die Datenschutzprinzipien kein bindendes Recht dar. Jedoch bieten Sie für die beteiligten Mitglieder die Chance, den Kunden zu zeigen, wie wichtig ihnen der Datenschutz und die Privatsphäre sind. Zudem lässt sich dieser Initiative ebenfalls entnehmen, dass es in der Zukunft durchaus möglich sein wird (und meines Erachtens auch möglich sein muss), Innovation und technologischen Fortschritt zu gewährleisten und zu fördern, ohne den Schutz personenbezogener Daten zu vernachlässigen. Derartige selbstverpflichtende Initiativen der Wirtschaft sind insoweit ein wirksames Mittel, um gerade in dem sich stets und ständig entwickelnden Bereich der datenverarbeitenden Technologien für Vertrauen und Sicherheit zu sorgen, wenn gesetzliche Vorgaben nur noch überholte oder unzureichende Vorgaben machen können.

Big Data Report des Weißen Hauses – ein Überblick

Am 1. Mai 2014 hat eine durch den amerikanischen Präsidenten eingesetzte Arbeitsgruppe zu den Auswirkungen und möglichen Regulierungsansätzen rund um das Thema Big Data und Privatsphäre ihren Bericht vorgestellt („Big Data:
Seizing Opportunities, Preserving Values“
, PDF). Gleichzeitig hat auch ein Beratergremium des Präsidenten für Technologie und Wissenschaft (President’s Council of Advisors on Science and Technology (PCAST)) einen eigenen Bericht zum Thema Big Data vorgelegt („Big Data: A Technological Perspective„, PDF). Im nachfolgenden möchte ich einen kurzen (sicherlich nicht vollständigen) Überblick über einige der Ergebnisse des erstgenannten Berichtes geben. Für Informationen zu dem Bericht des PCAST sei das offizielle Fact Sheet (PDF) empfohlen.

Der Grundtenor des Berichts ist sicherlich zu begrüßen: die massenhafte Analyse und Auswertung von Daten, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich, schaffen die Grundlage für zukünftiges wirtschaftliches Wachstum und gesellschaftlichen Nutzen und sollte daher unterstützt und gefördert werden. Dabei dürfe jedoch nicht übersehen werden, dass die derzeitigen gesetzlichen Vorgaben entweder überholt oder noch gar nicht vorhanden sind, um einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen den betroffenen Interessen aller Beteiligten zu schaffen.

Zunächst geht der Bericht auf den Begriff „Big Data“, die diesem zugrunde liegende massenhafte Erzeugung von Daten und wie er sich in Zukunft entwickeln wird, ein. Stichworte sind hier insbesondere das Internet der Dinge, tragbare Technologie oder intelligente Autos. Eines ist gewiss: es werden täglich mehr und mehr Daten erzeugt.

Die Frage, die man sich bei einer Untersuchung des Phänomens „Big Data“ stellen muss, sind seine Einsatzmöglichkeiten und Auswirkungen. Sowohl rechtlich, ethisch als auch gesellschaftlich und ob die bestehenden Vorgaben ausreichen. Die Möglichkeit, immer mehr Daten zu speichern und auszuwerten birgt die Gefahr eine „Daten-Asymmetrie“ zu erzeugen, aus der notwendigerweise eine Macht-Asymmetrie hervorgeht. Daten und Informationen sind Macht.

Danach geht der Bericht auf einige Bereiche ein, in denen Big Data bereits heute erfolgreich eingesetzt wird (industrielle Produktion, Gesundheitswesen, Energieversorgung).

Bei Big Data geht es darum, die bekannte Nadel im Heuhaufen zu suchen, wobei der Heuhaufen die Daten sind und die Nadel ein bestimmtes Muster oder eine Anomalie. Datenschutzrechtlich ist freilich der Heuhaufen relevant, wenn es also darum geht, eine gewisse Masse an Daten zu sammeln.

Big Data betrifft häufig Techniken, an deren Ende es um die möglichst genaue Individualisierung von Betroffenen geht. Der Bericht zeigt sowohl die Vorteile (bessere Werbung; bessere Gesundheitsvorsorge) als auch die Nachteile (Ungleichbehandlung bestimmter Personen oder Gruppen) auf. Problematisch seien insofern auch die sog. „filter bubbles“, wenn also einer Person einer bestimmten Gruppe zugeordnet wird und dann entsprechend nur noch mit auf diese Gruppe zugeschnitten Informationen versorgt wird.

Techniken der Anonymisierung von Daten helfen bereits heute, datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen. Die Betroffenen sind dann nicht mehr erkennbar. Diese Techniken der „De-Identifizierung“ bewirken andererseits jedoch, dass die Möglichkeiten von Datenanalysen und ihr Potential teilweise nicht voll ausgeschöpft werden kann. Zudem lässt sich nicht vorhersagen, wie sich die Methoden zur „Re-Identifizierung“ in Zukunft entwickeln werden. Hierdurch entsteht jedoch Unsicherheit darüber, wie Betroffene in Zukunft die auf sie bezogenen Informationen kontrollieren können und wie sie etwa aus Datenanalysen abgeleiteten Entscheidungen widersprechen können.

Der Bericht analysiert im folgenden die derzeit bestehenden gesetzlichen Vorgaben und politischen Initiativen in den USA im Bereich von Open Data und der Nutzung von Big Data im öffentlichen Bereich. Essentiell wird hierbei in der Zukunft die Schaffung von Vertrauen in das Handeln der Regierung und der öffentlichen Stellen sein. Auch der Zugang zu Informationen, die über die eigene Person gespeichert sind, muss eine wichtige Rolle spielen. Gerade in diesem Bereich lässt sich die Gefahr eines Machtungleichgewichts aufgrund von gesammelten Daten und ihrer Analyse durch staatliche Stellen erkennen. Wichtig seien hier für die Zukunft Regelungen, die eine effiziente Überwachung des staatlichen Handelns garantieren.

Ein möglicher Lösungsansatz zur Etablierung datenschutzrechtlicher Sicherungen beim Umgang mit Daten könnten dabei „Datenmarkierungen“ darstellen. Hierbei werden Informationen nach einem festgelegten Schema markierte („tagged“), woraus sich verschiedene Verwendungsmöglichkeiten und Zugriffsrechte für die Behörden ergeben. Manche Behörden benötigen etwa nur den Namen, die Anschrift und das Geburtsdatum, andere öffentliche Stellen jedoch zusätzlich etwa Zugriff auf Steuerinformationen. Die Tags bestimmen, wer auf die Daten Zugriff hat und für welche Zwecke sie verwendet werden können. Dieses System wird derzeit bereits beim amerikanischen Heimatschutzministerium verwendet.

Ein weiterer Untersuchungsbereich betrifft die Datenanalyse durch Strafverfolgungsbehörden. Hier geht der Bericht etwa auf die Möglichkeit der Vorhersage von Verbrechen in besonders gefährdeten Gebieten ein. Zudem untersucht er die Frage, wann staatliche Stellen auf Daten zugreifen können, die durch Betroffene an Dritte preisgegeben und von diesen gespeichert werden („third-party-doctrine“). Ob also etwa Strafverfolgungsbehörden ohne richterliche Anordnung auf Daten bei einem Telekommunikationsunternehmen zugreifen können, wie die Verbindungsdaten von Telefonaten. Hierbei geht es vor allem um die Frage der technischen Entwicklung und wie historische Schutzbereiche (private Wohnung) auf diese Übertragen werden können (Speicherung in der Cloud). Der Schutz von Metadaten wird in dem Bericht speziell angesprochen und es wird geraten, diesen Schutz zu stärken, da auch diese Daten sensible Informationen über Betroffene preisgeben können.

Danach untersucht der Bericht Big Data im privat-wirtschaftlichen Bereich. Auch hier bestehe die Gefahr einer Machtasymmetrie zwischen Verbrauchern und Unternehmen, wobei der Einsatz von Big Data freilich auch hier immense Vorteile bereit halte. Etwas genauer untersucht der Bericht den Bereich der Online-Werbung. Internetdienste sind auf diese Art der Einnahmequellen angewiesen. Dabei spielen viele Parteien eine Rolle bei der Darbietung von Werbung. Problematisch hierbei ist aus der Sicht des Berichts, dass die Verbraucher meist nur mit dem Webseitenbetreiber selbst in Kontakt kommen, jedoch nicht mit den dahinter stehenden Werbenetzwerken und anderen Beteiligten, die eventuell auch Informationen über sie speichern. Dadurch verstehen sie auch zumeist nicht, welche Rolle sie und ihre Daten in diesen Verarbeitungsprozessen spielen.

In Zukunft wird es besonders wichtig sein, den Verbrauchern mit der erforderlichen Transparenz in Bezug auf Datenverarbeitung zu begegnen und sinnvolle Wahlmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Der Bericht zeigt dabei auch, dass allein ein „Mehr“ an Informationen nicht unbedingt der beste Weg ist. Denn obwohl die Werbeindustrie teilweise freiwillig Maßnahmen ergriffen hat, um Nutzer besser zu informieren (Icons auf der Webseite), wurden diese Hinweise von Verbrauchern kaum verstanden oder genutzt.

Danach befasst sich der Bericht mit Datendiensteanbietern, den sog. data brokers. Diese Unternehmen sammeln und analysieren Daten aus verschiedenen Quellen und bieten ihre Dienste (z. B. Nutzerprofile, Produktmarketing) anderen Unternehmen an, ohne jedoch meist direkten Kontakt mit den Verbrauchern zu besitzen. Vorteil ihrer Arbeit ist etwa die möglichst genaue Ausspielung von Werbung oder Anpassung von Angeboten auf die Bedürfnisse des Verbrauchers, was jedoch zugleich die machtvolle Möglichkeit bietet, Daten der Nutzer ohne ihr Wissen algorithmisch zu analysieren.

In diesem Zusammenhang geht der Bericht auf den Einsatz von Algorithmen und die Gefahr einer Diskriminierung der Betroffenen durch automatische Entscheidungen ein. Hier bestehe noch der Bedarf nach weiterer Offenheit der Analysemethoden und auch die Frage der Verantwortlichkeit für Entscheidungen von Algorithmen müsse untersucht werden. Betroffene sollten Zugang zu gespeicherten Informationen erhalten, um so etwa falsche Daten korrigieren zu können.

Durch den Trend, dass immer mehr Geräte Daten erzeugen und miteinander kommunizieren, wird das Prinzip der Datenminimierung an die Grenze seiner Belastbarkeit geführt, ja wenn nicht sogar obsolet. Daten, ob sie nun analog oder digital entstehen, werden analysiert und kombiniert. Aufgrund der geringen Kosten für Speicherplatz ist diese Entwicklung auch nicht unbedingt überraschend.

Der Bericht regt vor diesem Hintergrund dazu an, über die Wertigkeit der Einwilligung und vorheriger Informationen nachzudenken. Sich auf die Kontrolle der Datenerhebung und die Umstände der Speicherung zu fokussieren könnte für einen wirksamen Schutz der Privatsphäre nicht mehr ausreichend sein. Das Konstrukt der Einwilligung mag noch in der Beziehung zwischen dem Verbraucher und z. B. dem Webseitenbetreiber den nötigen Nutzen bringen, da hier eine direkte Verbindung besteht. Da Daten jedoch immer mehr von Dritten analysiert und gespeichert werden, sollte man darüber nachdenken, sich regelungstechnisch auf die Kontrolle des Datenumgangs fokussieren. Der Vorteil hiervon wäre unter anderem, dass die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung dann von dem Betroffenen (der heutzutage sowieso allenfalls eine deklaratorische Einwilligung abgibt, da er die Informationen der Datenverarbeitung erst gar nicht lies oder nicht versteht) auf die verarbeitende Stelle übergeht.

Fazit
Dies sind nur einige der in dem wirklich lesenswerten Bericht angesprochenen Themenfelder. Am Ende listet der Bericht seine konkreten Empfehlungen noch einmal auf. Darunter findet sich auch der Vorschlag, Ausländern in den USA dieselben oder zumindest ähnliche Rechte in Bezug auf ihre Daten einzuräumen, wie den amerikanischen Bürgern. Dieser Vorschlag ist gerade vor dem Hintergrund der andauernden Verhandlungen der EU mit den USA um ein Rahmenabkommen beim Datenschutz im Bereich der Strafverfolgung interessant. Denn dort war und ist bisher immer noch die Frage strittig, ob europäische Bürger Rechtsschutzmöglichkeiten in den USA erhalten sollen, wenn ihre Daten rechtswidrig verarbeitet wurden. Vielleicht zeichnet sich hier also ein Umdenken ab. Insgesamt stellt der Big Data Bericht sicherlich einen wichtigen Beitrag zur Diskussion um eine Regulierungsnotwendigkeit vor dem Hintergrund neuer technologischer Entwicklungen dar und sollte auch in Deutschland und Europa gelesen und berücksichtigt werden.

Europarat: Abgeordnete fordern besseren Schutz der Bürger im Internet

Am 11. März hat der Ausschuss für Kultur, Wissenschaft, Bildung und Medien der Parlamentarischen Versammlung des Europarates einen Bericht des deutschen Bundestagsabgeordneten Axel Fischer zur Verbesserung des Schutzes der Nutzer und der Sicherheit im Internet angenommen („Improving user protection and security in cyberspace“ PDF).

Der Bericht enthält sowohl den Entwurf eines Entschlusses als auch den Entwurf einer Empfehlung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Über beide Entwürfe werden am 9. April in Straßburg verhandelt.

Entwurf eines Entschlusses

Mit der Verabschiedung des Entschlusses würde die Parlamentarische Vollversammlung kein bindendes Recht schaffen, jedoch ihre Position in Bezug auf das Thema Datenschutz, Überwachung und Privatheit im Internet zum Ausdruck bringen. Einige Kernpunkte, die in dem Entschluss angeprangert und auch gefordert werden:

  • Das Vertrauen der Bürger in Internetdienste wurde durch die Enthüllungen und Informationen über Eingriffe in ihre privaten Daten durch europäische und amerikanische Behörden und auch private Unternehmen erschüttert
  • Alle Mitgliedstaaten sind aufgefordert in Zusammenarbeit mit der Internetwirtschaft eine weltweite Initiative zur Verbesserung des Schutzes der Nutzer und der Sicherheit des Internets zu starten
  • Mitgliedstaaten sollen unter anderem folgende Prinzipien effektiv umsetzen und achten:
  1. das Privatleben, die Korrespondenz und die persönlichen Daten müssen auch online geschützt sein
  2. das Abfangen, die Überwachung, die Profilbildung und das Speichern persönlicher Daten durch öffentliche Stellen und Unternehmen ist nur aufgrund einer gesetzlichen Grundlage erlaubt und verstößt nicht gegen Art. 8 EMRK
  3. Mitgliedstaaten besitzen eine positive Rechtspflicht gegenüber ihren Bürgern, diese vor dem Abfangen, Überwachen der Profilbildung und der Speicherung ihrer persönlichen Daten zu schützen
  • Internetzugangs- und Diensteanbieter sollten automatisch Verschlüsselungstechniken einsetzen
  • Gesetzestreue Internetnutzer haben das Recht auf Anonymität
  • Cloud-Computing-Anbieter sollten die Schutzstandards für Nutzer nicht dadurch umgehen, dass sie ihre Datenzentren in „schwächere“ Rechtssysteme verlagern
  • Mitgliedstaaten sollten gesetzliche Grundlagen zur Regulierung von Online-Spiele-Anbietern schaffen; hierbei sollte dasjenige Recht anwendbar sein, in dem sich der Nutzer befindet, auf den der Dienst ausgerichtet ist
  • Betroffene müssen die Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes besitzen

Entwurf einer Empfehlung

Der Entwurf für eine Empfehlung enthält konkrete Forderungen der Parlamentarischen Versammlung an das Ministerkomitee, die von jenem auch beantwortet werden müssen. Einige der Kernpunkte sind hier:

  • Als besonders dringliche Angelegenheit die derzeit stattfindende Überarbeitung des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (Übereinkommen 108) abzuschließen
  • Über-europäische Bestrebungen zur Internationalisierung der ICANN zu unterstützen und zu koordinieren
  • Beobachterstaaten einzuladen, mit den Mitgliedstaaten aktiv bei der Verbesserung des Schutzes der Nutzer und der Sicherheit des Internets mitzuwirken

Die beiden Entwürfe, die noch durch eine Begründung des Berichterstatters Fischer begleitet werden, finden teilweise sehr deutliche und klare Worte, wenn es um die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Internetnutzer geht. Insbesondere der klare Hinweis auf eine staatliche Schutzpflicht oder ein Recht auf Anonymität sind durchaus bemerkenswert. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die Parlamentarische Versammlung im April die Entwürfe auch ohne Änderungen übernimmt.

Twitter’s Börsengang – Datenschutz als Investorenrisiko?

Aus dem vorläufigen Börsenprospekt von Twitter, der auf der Internetseite der amerikanischen Börsenaufsicht (SEC) abrufbar ist, lassen sich einige interessante Informationen zu dem Unternehmen selbst und seinem geplanten Börsengang entnehmen. Betrachtet man die dortigen Angaben allein aus dem Blickwinkel des Datenschutzrechts fällt auf, dass Bezugnahmen hierzu meist im Rahmen von möglichen Risiken erwähnt werden.

Grundsätzlich stellt Twitter klar, dass zu den Risiken, welche sich auf das Geschäft von Twitter und sein wirtschaftliches Wachstum auswirken können, vor allem auch Bedenken der Nutzer in Bezug auf den Datenschutz zählen:

A number of factors could potentially negatively affect user growth and engagement, including if: … there are user concerns related to privacy and communication, safety, security or other factors

Insbesondere negative öffentliche Berichterstattung über das Unternehmen, auch in Bezug auf den Datenschutz, könnten dem Ansehen von Twitter und dem Vertrauen in seine Produkte schaden:

Negative publicity about our company, including about … privacy and security practices … even if inaccurate, could adversely affect our reputation and the confidence in and the use of our products and services.

Auch die Einhaltung ausländischer Daten- und Verbraucherschutzgesetze und die Möglichkeit, gegen diese Gesetze zu verstoßen, sind ein Faktor, der zu einem Risiko für die zukünftige Entwicklung und das Wachstum des Unternehmens werden könnte.
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Prism – besserer Rechtsschutz für Europäer?

Nach dem Treffen der Justiz- und Innenminister der EU und der USA am 13./14.06. in Dublin, bei dem es vor allem auch um die Enthüllungen und öffentlichen Diskussionen zu dem Überwachungsprogramm „Prism“ der amerikanischen Geheimdienste ging, forderte die EU-Kommissarin für Justiz, Viviane Reding, in ihrer Presseerklärung die Gleichstellung der Rechtsschutzmöglichkeiten von EU-Bürgern bei einer rechtswidrigen Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten durch ausländische Geheimdienste.

In der Tat stellt sich etwa in Bezug auf staatliche Überwachungsmaßnahmen im Rahmen des amerikanischen Patriot Act und ergänzender gesetzlicher Befugnisse durch den FISA und den FAA 2008 (hierzu mein Blogbeitrag) das Problem, dass nicht-amerikanische Bürger, auf die sich diese Überwachungsmaßnahmen gerade beziehen, keine rechtliche Möglichkeit besitzen, etwa in den USA einen Eingriff und eine Verletzung ihres Grundrechts auf Schutz der personenbezogenen Daten (in Europa durch Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) geltend zu machen. Denn auf amerikanische Grundrechte können sich etwa EU-Bürger nicht berufen und teilweise sind einfach-gesetzlich schon keine Rechtsschutzmöglichkeiten vorgesehen. Hinzu kommt freilich, dass Auskunftsersuchen und Überwachungsmaßnehmen der staatlichen Behörden meist schon gar nicht bekannt werden, da Unternehmen hierüber keine Auskunft geben dürfen.
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EUDataP – P wie Populismus

Die Verhandlungen zur Datenschutz-Grundverordnung (DS-GV) gehen in die heiße Phase. Vor der Sommerpause (Ende Juli) soll im federführenden LIBE Ausschuss des Europäischen Parlaments die Orientierungsabstimmung über mehr als 3000 Änderungsanträge zum Entwurf der Europäischen Kommission durchgeführt werden. Naturgemäß werfen die von dem neuen Datenschutzrecht betroffenen Wirtschaftskreise, ebenso wie die den Datenschutz verteidigenden Bürgerrechtler, noch einmal alles in die mediale Waagschale, um für ihre Position Stimmung zu machen. Grundsätzlich ist ein offener Schlagabtausch richtig und auch wichtig, um so das Interesse der Bevölkerung für das „trockene“ und dennoch zukunftsträchtige Thema Datenschutz zu wecken. Doch als externer Beobachter und zwischen den Stühlen sitzender Bürger fragt man sich natürlich, „wem soll ich nun glauben?“. Wird in Brüssel also gerade das Datenschutzrecht unaufhaltsam aufgeweicht und kommen infolge wirtschaftsbasierter Einflussnahme die Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu kurz oder versucht die Kommission einen realitätsnäheren Rechtsrahmen zu schaffen, bei dem wirtschaftliche Belange auch zu berücksichtigen sind?
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„Ich vertraue Dir. Hier sind meine Daten.“

Es gibt viele Schlagworte zur Umschreibung des erklärten Ziels von Datenschützern, Verbraucherorganisationen oder auch nationalen und internationalen Gesetzgebern, welches bei dem zukünftigen Umgang mit persönlichen Informationen in unserer digitalen Welt als oberste, schützenswerte Maxime ausgegeben wird: Datenschutz, Privatsphäre, Privacy u. a.

In mehr oder minder starker Ausprägung soll es darum gehen, die Bürger und Nutzer von (digitalen) Angeboten vor einer völligen ungewollten oder unbewussten Offenlegung und Weitergabe ihrer Informationen zu schützen. Ein, meist gesetzlich determiniertes, Schutzschild (wie etwa die neue Datenschutz-Grundverordnung) oder hierauf basierende Verteidigungswerkzeuge (Recht auf Vergessenwerden, hohe Geldstrafen etc.) zwischen den schwachen und ahnungslosen Nutzern und den mächtigen und allwissenden Unternehmen. Überspitzt formuliert: David gegen Goliat auf dem Schlachtfeld der Daten und die Steinschleuder soll optimiert oder sogar von Dritten geschwungen werden.
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