Aufsichtsbehörde: Unternehmen müssen Datenschutzrecht bei „Google Apps for Work“ beachten

Letzte Woche hat der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit seinen 25. Tätigkeitsbericht für die Jahre 2014/2015 veröffentlicht (pdf)

Ein Thema im Bereich der Telemedien stellt dabei die Frage der datenschutzrechtskonformen Nutzung der cloudbasierten Dienste von Google für Unternehmen im Rahmen von „Google Apps for Work“ dar (ab S. 127).

Vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils zu Safe Harbor und der weiterhin teilweise unklaren Rechtslage für Datenflüsse in Staaten außerhalb der EU, stellt der Datenschutzbeauftragte zunächst fest, dass eine abschließende Antwort auf die Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit dieses Angebotes seiner Ansicht nach nicht leicht falle.

Bereits diese Information sollte Unternehmen, die „Google Apps for Work“ nutzen, aufhorchen lassen und zumindest zu einer internen Prüfung bewegen, welche Dienste konkret zum Einsatz kommen und ob zumindest jene (nachfolgend benannten) Anforderungen eingehalten werden.

Nach Auffassung der Behörde verarbeitet, bei der Verwendung dieser Dienste, die jeweils verantwortliche Stelle ggfs. nicht nur personenbezogene Daten zur Erfüllung des eigenen Geschäftszwecks (z.B. für das Kundenmanagement).

Auch die Nutzungs- und Bestandsdaten von Beschäftigten werden durch Google verarbeitet, wenn die Mitarbeiter die Dienste nutzen.

Das datenschutzrechtliche Verhältnis zwischen dem Unternehmen (dem Kunden von Google) und Google selbst (als Dienstleister) stellt sich als Auftragsdatenverarbeitung (§ 11 BDSG) dar. Google agiert hierbei als Auftragnehmer und verarbeitet im Auftrag des Kunden personenbezogene Daten.

Als Folge ergibt sich hieraus, dass das Unternehmen, welches Google Apps professionell einsetzt, gegenüber den eigenen Mitarbeitern und sonstigen Betroffenen (wie Kunden) datenschutzrechtlich auch für den Umgang mit diesen Daten durch Google verantwortlich. Google wird durch das Konstrukt der Auftragsdatenverarbeitung sozusagen Teil der verantwortlichen Stelle. Die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit, auch für die Datenverarbeitungen durch Google, verbleibt damit bei dem Unternehmen.

Nach Ansicht der Behörde sind in diesem Zusammenhang zwei Themen problematisch.

Zum einen existiert die datenschutzrechtliche Privilegierung der Auftragsdatenverarbeitung bei Auftragnehmern mit Sitz außerhalb der EU nicht. „Auftragnehmer“ i. S. d. BDSG sind allein Stellen, die innerhalb des WER sitzen.
Dies führt dazu, dass die Weitergabe von Daten durch ein Unternehmen an Google eine datenschutzrechtliche Erlaubnis (Einwilligung oder gesetzliche Vorschrift) erfordert. Denn es liegt, anders als bei der Auftragsdatenverarbeitung innerhalb des EWR, eine „Übermittlung“ von Daten i.S.d. BDSG vor.

Zweitens weißt der Datenschutzbeauftragte darauf hin, dass in dem „letztlich entscheidenderen Schritt“ der Verwender der Dienstleistungen gemäß den §§ 4b und 4c BDSG sicherstellen müsse, dass Google bei dem Umgang mit den Daten ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet. Diese Voraussetzung ist nicht alternativ zu ersten zu erfüllen, sondern besteht daneben. Hintergrund ist, dass personenbezogene Daten in Drittstaaten grundsätzlich nur übermittelt werden dürfen, wenn dort ein angemessenes Schutzniveau für die Daten existiert. Für die USA hatte die, nun ungültige, Safe Harbor-Entscheidung der Europäischen Kommission dies für Unternehmen festgestellt, die sich gewissen Prinzipien verpflichtet hatten. Dieses Instrument existiert jedoch, nach dem Urteil des EuGH, nicht mehr. Doch es gibt auch Alternativen. Die bekanntesten dürften wohl die Standardvertragsklauseln der Europäischen Kommission sein. Daneben kann man aber z.B. auch die Einwilligung der Betroffenen einholen.

Die Aufsichtsbehörde betont, dass Google einen Vertrag auf Grundlage der sogenannten Standardvertragsklauseln anbiete, der durch die Unternehmen abzuschließen ist.

Jedoch weißt der Datenschutzbeauftragte auch darauf hin, dass fraglich sei, ob diese Losung nach dem Urteil des EuGH zu Safe Harbor Bestand haben kann. Es geht konkret um die Frage, ob auch die Standardvertragsklauseln von dem Urteil des EuGH beeinflusst sind und eventuell nicht mehr eingesetzt werden können. Nach Angaben der Behörde wird dies derzeit durch die europäischen und nationalen Aufsichtsbehörden geprüft.

Französische Datenschutzbehörde prüft Facebook – Analyse und Kritik

Am 8. Februar 2016 hat die französische Datenschutzbehörde (CNIL) bekannt gegeben, dass sie den Betreiber des sozialen Online-Netzwerks Facebook am 26. Januar 2016 durch ein förmliches Anschreiben dazu aufgefordert hat, mehrere Verstöße gegen das französische Datenschutzrecht innerhalb von drei Monaten abzustellen. Sollten nicht alle in dem Anschreiben (pdf; Englisch) beanstandeten Datenschutzverstöße innerhalb dieses Zeitraums abgestellt werden, so weist die Behörde darauf hin, dass es am Ende möglicherweise zu Sanktionen kommen könnte. Nachfolgend möchte ich auf einige Aspekte der Feststellung der französischen Datenschutzbehörde näher eingehen.

Anwendbares Recht

Wenig überraschend geht die Behörde zunächst davon aus, dass auf die Datenverarbeitungen des Unternehmens französisches Datenschutzrecht anwendbar sei. „Wenig überraschend“ ist dies vor allem vor dem Hintergrund, dass der EuGH in seinen beiden Entscheidungen Google Spain (C-131/12) und Weltimmo (C-230/14) den Anwendungsbereich europäischen Datenschutzrechts sehr weit ausgedehnt hat.

In der Entscheidung „Weltimmo“, die aufgrund des eine Woche später gefällten Urteil zu Safe Harbor nur wenig Beachtung fand, konkretisierte EuGH die Anforderungen an das Vorliegen einer „Niederlassung“ im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Buchst a der Datenschutzrichtlinie (RL 95/46/EG). Meine Blogbeiträge sowohl zu dem Urteil als auch zu den entsprechenden Schlussanträgen findet man hier.

Mit dem ebenfalls für die Anwendbarkeit europäischen Datenschutzrechts relevanten Merkmal der Datenverarbeitung „im Rahmen der Tätigkeit“ eine Niederlassung, hat sich der EuGH in seinem „Google Spain“ Urteil auseinandergesetzt und auch dieses Tatbestandsmerkmal sehr weit ausgelegt.

Dem Grunde nach reicht dem Gericht für die Bejahung der Anwendbarkeit europäischen Datenschutzrechts (bzw. des jeweils nationalen Datenschutzrechts) eine untrennbare wirtschaftliche Verbundenheit zwischen der verantwortlichen Stelle und einer Niederlassung in einem Mitgliedstaat aus. Die Niederlassung muss nicht einmal selbst bei der untersuchten Datenverarbeitung mitwirken.

Vor allem stellte der EuGH auch darauf ab, dass eine nationale Niederlassung an der Generierung von Einnahmen für den Mutterkonzern beteiligt ist.

Hier stellt sich für mich die Frage, wie der Niederlassung zu beurteilen wären die überhaupt keine Einnahmen für ein Mutterkonzern in einem anderen Mitgliedstaat oder sogar außerhalb der EU generieren, sondern vielmehr nur Ausgaben produzieren. Man denke etwa an Repräsentanzen, die sich allein um die Öffentlichkeit Arbeit eines Unternehmens kümmern, zu Veranstaltungen einladen etc. da hier keine Einnahmen generiert werden, könnte man sich fragen, ob in einer solchen Situation das jeweils nationale Datenschutzrecht Anwendung findet.

Zurück zum Verfahren der französischen Datenschutzbehörde: aus einer gesamteuropäischen Betrachtungsweise lässt sich kritisch anmerken dass wir gerade in Deutschland völlig divergierende Gerichtsentscheidungen dazu haben, welches Datenschutzrecht nun konkret auf Facebook anwendbar ist (Kammergericht Berlin, Az. 5 U 42/12; Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein: Az. 4 MB 10/13). Kritisieren lässt sich zudem, dass sowohl in den dortigen deutschen Verfahren, als auch jetzt im Verfahren der CNIL (zumindest soweit dies aus den veröffentlichten Dokumenten hervorgeht) ganz allgemein auf Datenverarbeitungen abgestellt wird, ohne diese einzelnen zu konkretisieren und jede Datenverarbeitung für sich zu betrachten. Meines Erachtens ist genau dieser Prüfung Schritt jedoch erforderlich. Für die Frage der Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung prüft man ja auch nicht alle Datenverarbeitungen auf einmal, sondern muss sich auf jede einzelne Verarbeitung konzentrieren. Warum soll in Bezug auf die Frage des anwendbaren Datenschutzrechts etwas anderes?

Interessanterweise stellt die CNIL zudem in ihrem Schreiben fest dass sowohl die Facebook Inc. als auch Facebook Irland Ltd. gemeinsam für die Verarbeitung verantwortliche darstellen würden. Auch diese Feststellung laufend diametral zu jenen von deutschen Gerichten. Mir geht es hier vor allen Dingen darum das Problem aufzuzeigen, in dem sich international agierende Unternehmen befinden. Nimmt man die in den europäischen Mitgliedstaaten vorherrschenden verschiedenen Feststellungen von Gerichten und Datenschutzbehörden zusammen, erscheint ein recht sicheres Wirtschaften nur schwer möglich, selbst wenn man einen dementsprechenden Anspruch an seine Tätigkeiten hat (was meines Erachtens stets der Fall sein sollte).

Zuletzt möchte ich mit Blick auf die Frage des anwendbaren Datenschutzrechts noch auf die kürzlich veröffentlichte überarbeitete Stellungnahme 179 (pdf) der Art 29 Datenschutzgruppe verweisen. In dieser analysiert das Gremium die oben genannten Entscheidungen des EuGH.

Insbesondere gehen die Datenschützer darin begrüßenswerte weise auch davon aus, dass es ein Fehler wäre, wenn man die Entscheidungen des EuGH zu weit auslegen und zu dem Schluss kommen würde,  dass die Existenz jeglicher Niederlassung die nur im entferntesten mit einer Datenverarbeitung der verantwortlichen Stelle zu tun hat zur Anwendbarkeit europäischen Datenschutzrechts führen würde.

Insbesondere stellt die Art. 29 Datenschutzgruppe auch heraus, dass der EuGH in seiner “Google Spain” Entscheidung zu Begründung anführt, dass Betroffene in der EU ansonsten den durch die Datenschutzrichtlinie gewährten Schutz verlieren würden. Dieses Argument, so die Datenschützer, würde jedoch in dem Fall, in dem eine verantwortliche Stelle in einem EU Mitgliedstaat sitzt, nicht greifen. Denn in einem solchen Fall würde stets europäisches Datenschutzrecht anwendbar sein. Es käme nur auf die Frage an, welches nationale Recht.

Zuletzt noch der Hinweis auf eine weitere Feststellung der Art 29 Gruppe in ihrer neuen Stellungnahme: allein eine gesellschaftsrechtliche Verbundenheit zwischen einem Mutterunternehmen und einer Niederlassung in einem europäischen Mitgliedstaat reicht für sich betrachtet noch nicht aus, um das jeweilige Datenschutzrecht zur Anwendung zu bringen. Genau mit diesem Argument hatte jedoch das Kammergericht in Berlin das deutsche Datenschutzrecht für anwendbar erklärt.

Datenverarbeitung für Werbezwecke

Des Weiteren bemängelt die CNIL, dass Facebook personenbezogenen Daten von Mitgliedern für Werbezwecke verarbeitete und dafür keine Rechtsgrundlage vorliege. Eine vorherige Einwilligung der betroffenen Nutzer liege nicht vor. Damit kommen im Ergebnis als Grundlage der Verarbeitung nur ein Vertrag oder aber die berechtigten Interessen von Facebook in Betracht wenn die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen nicht überwiegen würden.

Hinsichtlich einer Verarbeitung für vertragliche Zwecke stellt die CNIL fest, dass die Nutzung der Daten für Werbezwecke gerade nicht der Durchführung des Vertrages mit den Betroffenen diene. Die Datenverarbeitung sei nur einen Nebenzweck, um vertragliche Pflichten zu erfüllen. Zudem führen die französischen Datenschützer an, dass Nutzer die Möglichkeit hätten der Verarbeitung ihrer Daten für Werbezwecke zu widersprechen (opt-out). Dies würde dafür sprechen, dass sie Datenverarbeitung für Werkezwecke nicht für die Durchführung des Nutzungsvertrages mit dem Betroffenen erforderlich ist.

Hier stellt sich freilich aus Praxis sich die Frage, ob man dann als Unternehmen in Zukunft einfach vertraglich die Verarbeitung für Werbezwecke gegenüber dem Nutzer regeln und diese zum Vertragsinhalt machen sollte. Zudem würde man dann eben keine Widerspruchsmöglichkeit anbieten. Nach der Argumentation der CNIL, könnte die Datenverarbeitung dann ja eventuell zulässig sein. Auf die Frage, wie dies dann mit Vorgaben wie jener des § 28 Abs. 4 BDSG in Einklang gebracht werden kann, möchte ich hier nicht näher eingehen.

Auch lehnt die CNIL die Datenverarbeitung auf der Grundlage berechtigter Interessen von Facebook ab. Dies soll nur möglich sein, wenn Nutzer Kontrolle darüber haben, wie personenbezogene Daten genutzt werden und sie ihre Rechte effektiv ausüben können. Dies sei hier jedoch nicht gegeben.

Besondere Arten personenbezogener Daten

Im Profil bei Facebook können Nutzer unter anderem Informationen über ihre religiöse Einstellung oder auch ihre sexuelle Orientierung angeben. Bei diesen Arten von Informationen handelt es sich umso genannte besondere Arten personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 9 BDSG), deren Verarbeitung nach den gesetzlichen Vorgaben nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen möglich ist.

Was man hierbei beachten sollte ist, dass Datenschutzbehörden den Begriff der besonderen Arten personenbezogenen Daten grundsätzlich sehr weit auslegen und hierunter viel mehr Informationen fallen, als vielen vielleicht bewusst ist. So geht etwa die Art. 29 Gruppe in einer Stellungnahme zur Verarbeitung von Gesundheitsdaten bei der Nutzung von Apps (pdf) davon aus, dass die Information, dass jemand einer Brille trägt ein solches besonderes Datum darstellt. Das bedeutet: ein Foto, auf dem jemand eine normale Brille trägt, würde auch unter diese Kategorie fallen. In der Stellungnahme kommen die Datenschützer der Art 29 Gruppe im Prinzip zu dem Ergebnis, dass eigentlich nur eine Einwilligung die Datenverarbeitung für solche Fälle (Apps, Internet, etc.) rechtfertigen kann. Meinen Beitrag zu der erwähnten Stellungnahme findet man hier und hier einen weiteren zu einer Einschätzung durch die Bundesregierung.

Die CNIL verlangt in ihrem Anschreiben, dass eine Einwilligung für die Verarbeitung dieser Arten von Daten überhaupt nur dann wirksam abgegeben werden könnte, wenn ein Kästchen durch den Nutzer angeklickt wird. Erst dann sei die Voraussetzung erfüllt, dass die betroffene Person „ausdrücklich in die Verarbeitung der genannten Daten eingewilligt“ (so in Art. 8 Abs. 2 Buchst a) Datenschutzrichtlinie) habe.

Ausdrücklich verneint die französische Datenschutzbehörde das Vorliegen einer Einwilligung durch den Nutzer, wenn dieser freiwillig die betroffenen Daten in seinem Profil eingegeben und dann zur Ansicht freigegeben bzw. hochgeladen hat. Warum es sich hierbei nicht um eine ausdrückliche Einwilligung handeln soll, kann ich jedoch nicht ganz nachvollziehen.

Natürliche stets Voraussetzung, dass der Nutzer zuvor weiß, in Wasser einwilligt, um welche Daten es sich handelt und für welche Zwecke diese Daten genutzt werden. Ist diese Voraussetzung jedoch gegeben, und gibt der Nutzer in Kenntnis dieser Informationen freiwillig derartige Daten an und führt dann noch aktiv eine entsprechende Handlung aus, wie etwa den Klick auf einen Button, um die Daten im Profil anzeigen zu lassen, lässt sich meines Erachtens durchaus argumentieren, dass eine ausdrückliche Einwilligung vorliegt. Hier zeigt sich leider einmal mehr ein in der Praxis bekanntes Problem bei dem Versuch, datenschutzrechtlich sicher zu handeln: die geltenden Vorgaben sind teilweise schlicht realitätsfern und werden in der Masse einfach nicht mehr beachtet. Ich persönlich kann mich zum Beispiel nicht entsinnen, dass sich eine den Anforderungen der französischen Datenschützer entsprechende Einwilligung abgeben musste, als ich mein Profilbild bei Twitter hochgeladen habe. Genau dieses Argument habe ich auch gegenüber der Abgeordneten im europäischen Parlament, Frau Birgit Sippel, im Rahmen einer Diskussion auf Twitter entgegengehalten. Nachfolgend Auszüge aus der Diskussion:

Zuletzt sei noch der Hinweis gestattet, dass die europäischen Datenschützer in ihrer Stellungnahme 187 (pdf) festgestellt haben, dass in der Online-Umgebung eine ausdrückliche Einwilligung durch die Verwendung elektronischer oder digitaler Signaturen gegeben werden. Sie kann abhängig vom Zusammenhang aber auch durch anklickbare Schaltflächen, das Versenden einer bestätigenden E-Mail, das Anklicken von Icons usw. erteilt werden.

Warum soll es aber dann nicht ausreichen, wenn man im Profil bei Facebook seine Daten ausfüllt und danach auf eine Schaltfläche klickt, um diese hochzuladen? Die Anforderung der französischen Datenschutzbehörde ist ja, dass zusätzlich zu diesem aktiven Verhalten noch in jedem Falle eine Checkbox vorgehalten werden muss die auch noch einmal aktiv angeklickt werden muss. Endeffekt verlangen die Datenschützer damit zwei aktive, ausdrückliche Handlungen.

Schwaches Passwort

Zudem kritisiert die französische Datenschutzbehörde die Vorgaben für das Passwort bei dem sozialen Netzwerk. Dieses muss dort aus mindestens 6 Zeichen, einer Zahl und einem Buchstaben bestehen. Diese Anforderung ist nach Auffassung der CNIL jedoch keine ausreichende Daten Sicherheitsmaßnahme und verstößt gegen Vorgaben französischen Rechts. Unweigerlich möchte man sich natürlich fragen, wie viele Unternehmen im Internet gegen diese Vorgabe wohl verstoßen. Hinsichtlich dieser Beanstandung verweist die französische Datenschutzbehörde zudem darauf, dass ein entsprechender Verstoß mit einer Strafe in Höhe von bis zu 1.5 Mio EUR geahndet werden kann.

Datentransfers in Drittstaaten

Auch bemängelt die CNIL, dass Facebook, zumindest nach eigener Aussage gegenüber der Behörde im Rahmen der Prüfung, immer noch personenbezogene Daten auf der Grundlage der Angemessenheitsentscheidung der Europäischen Kommission zu Safe Harbor übermitteln würde. Da diese Angemessenheitsentscheidung seit dem entsprechenden Urteil des EuGH jedoch nicht mehr existiert, kann dieses Instrument richtigerweise nicht mehr für Datentransfers genutzt werden. Des Weiteren nutze Facebook jedoch auch Standardvertragsklauseln als Grundlage einer Datenübermittlung in Drittstaaten. Im Ergebnis wird man hier eine genauere Untersuchung, die ja gerade auch im Land im Rahmen der Beschwerde von Max Schrems läuft, abwarten müssen.

Was mich persönlich jedoch verblüfft hat, ist, dass die Entscheidung der CNIL bzw. das vorliegende Anschreiben auf den 26. Januar 2016 datiert. Nach eigener Aussage (Pressemitteilung vom 16. Oktober 2015,  pdf) wollten die europäischen Datenschutzbehörden, deren Vorsitz gerade die Leiterin der CNIL inne hat, Unternehmen jedoch bis Ende Januar (also bis zum 31. Januar 2016) Zeit geben, Datentransfers in die USA auf entsprechende neue Grundlagen zu stützen. Auch der Hamburgische Beauftragte für den Datenschutz hatte im November 2015 informiert (pdf), dass Unternehmen, die Daten auf der Grundlage der ungültigen Angemessenheitsentscheidung zu Safe Harbor übermitteln, „ab Februar 2016 mit Maßnahmen durch die Aufsichtsbehörden rechnen“ müssen. Die damals aufgestellte Übergangsfrist scheint also daher eher eine grobe Richtschnur gewesen und von den Aufsichtsbehörden unterschiedlich in der Praxis umgesetzt worden zu sein.

Ausblick

Auch in Deutschland kämpft Facebook derzeit an mehreren Datenschutzfronten. In Hamburg ist vor dem Verwaltungsgericht ein Verfahren zur Frage der Klarnamenpflicht in dem sozialen Netzwerk anhängig. Am 25. Februar 2016 findet die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Frage statt, ob Fanpage Betreiber datenschutzrechtlich verantwortlich sind.

Europäische Kommission veröffentlicht ihre Analyse des Safe Harbor-Urteils

Heute hat die Europäische Kommission in einer Mitteilung (PDF) ihre Analyse des Safe Harbor-Urteils des europäischen Gerichtshofs veröffentlicht.

Neue Erkenntnisse oder Informationen zu den rechtlichen Möglichkeiten für Datentransfers in die USA finden sich in der Position kaum. Zumeist verweist die Kommission auf Stellungnahmen der Art. 29 Datenschutzgruppe. Einige Kernpunkte des Papiers möchte ich nachfolgend dennoch ansprechen:

Standardvertragsklauseln

Mit Blick auf den Einsatz von Standardvertragsklauseln (welche durch die Europäische Kommission auf der Grundlage von Art. 26 Abs. 4 der Datenschutzrichtlinie erlassen wurden und „ausreichende Garantien“ im Sinne von Art. 26 Abs. 2 der Datenschutzrichtlinie darstellen) stellt die Kommission fest, dass nationale Datenschutzbehörden dem Grunde nach verpflichtet sind, diese als rechtmäßige Möglichkeit eines Datentransfers in einen Drittstaat zu akzeptieren. Der Grund hierfür ist die rechtliche Verbindlichkeit von Kommissionsentscheidungen in den Mitgliedstaaten.

Weiterhin stellt die Kommission fest, dass Datenschutzbehörden Datentransfers auf der Grundlage von Standardvertragsklauseln nicht mit der Begründung untersagen dürfen, dass die Standardvertragsklauseln keine ausreichenden Garantien bieten würden. Denn genau dies hat die Europäische Kommission verbindlich festgestellt. Natürlich ist es den nationalen Datenschutzbehörden unbenommen, Datentransfers auf der Grundlage der Standardvertragsklauseln auf ihre Rechtmäßigkeit (gerade mit Blick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs) zu prüfen. Sollten seitens der Datenschutzbehörde Zweifel bestehen, legt die Kommission in ihrer Mitteilung nahe, dass die nationalen Behörden einen solchen Sachverhalt vor ein nationales Gericht zu Prüfung bringen sollten, damit dieses wiederum die Frage der Rechtmäßigkeit des Datentransfers und damit implizit auch der zugrunde liegenden Standardvertragsklauseln zum Europäischen Gerichtshof vorlegen kann.

Daneben weist die Europäische Kommission darauf hin, dass verantwortliche Stellen in der EU natürlich zusätzliche (auch vertragliche) Garantien vorsehen können. Dies gerade in den Fällen, wenn sie Informationen dazu erhalten, dass das Rechtssystem im Drittstaat die datenimportieren Stelle an der Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten aus den Standardvertragsklauseln hindern könnte.

Ausnahmeregelungen

Zudem befasst sich die Mitteilung der Europäischen Kommission mit den gesetzlichen Ausnahmeregelungen (Art. 26 Abs. 1 der Datenschutzrichtlinie). Hier weist die Europäische Kommission darauf hin, dass die datenexportierende Stelle gerade nicht dazu verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass die importierende Stelle ausreichende Garantien mit Blick auf den Schutz personenbezogener Daten bietet. Denn die Ausnahmeregelungen gelten ja gerade für den Fall, dass ausreichende Garantien nicht existieren.

Kompetenzen der nationalen Datenschutzbehörden

Auch wenn die Europäische Kommission mehrmals darauf hinweist, dass nationale Datenschutzbehörden in völliger Unabhängigkeit handeln können und auch müssen, so stellt sie in ihrer Mitteilung dennoch ausdrücklich fest, dass die Datenschutzbehörden Datentransfers auf der Grundlage einer Angemessenheitsentscheidung der Kommission oder einer Entscheidung über das Vorhandensein ausreichender Garantien (wie Standardvertragsklauseln), im Rahmen von Beschwerden nur auf ihre Rechtmäßigkeit hin nur überprüfen(!) dürfen. Jedoch, so die Kommission, dürfen die nationalen Datenschutzbehörden in einem solchen Fall keine verbindliche Entscheidung treffen, sondern die Mitgliedstaaten müssen in einem solchen Fall ein Klagerecht für Datenschutzbehörden vorsehen, damit das Verfahren vor ein nationales Gericht gebracht werden kann.

The DPAs remain competent to examine claims within the meaning of Article 28(4) of Directive 95/46/EC that the data transfer complies with the requirements laid down by the Directive (as interpreted by the Court of Justice), but cannot make a definitive finding. (S. 14)

Weitere Auswirkungen des Urteils

Zuletzt kündigt die Kommission an das sie vor dem Hintergrund des Urteils alle bestehenden Angemessenheitsbeschlüsse für Drittstaaten (unter anderem Argentinien, Kanada, Israel und Schweiz) überprüfen werde und insbesondere jene Klauseln in den Angemessenheitsentscheidung anpassen wird, die der europäische Gerichtshof im Rahmen des Safe Harbor-Urteils für ungültig erklärt hat. Hierbei bezieht sich die Kommission auf Vorschriften, die die Ausübung der Kompetenzen der nationalen Datenschutzbehörden unter bestimmte Voraussetzungen stellen.

Datenschutzbehörde: Wann Online-Händler Kundenaccounts löschen müssen

Gestern hat der Sächsische Datenschutzbeauftragte seinen 7. Tätigkeitsbericht (PDF) für den nicht-öffentlichen Bereich vorgestellt. Wie generell in anderen, so finden sich auch in diesem Tätigkeitsbericht der Aufsichtsbehörde einige interessante und für die Praxis relevante Problemaufrisse und teilweise auch Lösungsvorschläge aus dem Datenschutzrecht.

Für den Bereich des eCommerce nicht uninteressant dürfte die in dem Tätigkeitsbericht (S. 47 f.) angesprochene Thematik der Löschung von Kundenaccounts sein.

Nach § 35 Abs. 2 BDSG sind personenbezogene Daten verpflichtend von der verantwortlichen Stelle, also etwa dem Betreiber eines Online-Shops, zu löschen, wenn “ihre Speicherung unzulässig ist, es sich um Daten über die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit, Sexualleben, strafbare Handlungen oder Ordnungswidrigkeiten handelt und ihre Richtigkeit von der verantwortlichen Stelle nicht bewiesen werden kann, sie für eigene Zwecke verarbeitet werden, sobald ihre Kenntnis für die Erfüllung des Zwecks der Speicherung nicht mehr erforderlich ist, oder sie geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung verarbeitet werden und eine Prüfung jeweils am Ende des vierten, soweit es sich um Daten über erledigte Sachverhalte handelt und der Betroffene der Löschung nicht widerspricht, am Ende des dritten Kalenderjahres beginnend mit dem Kalenderjahr, das der erstmaligen Speicherung folgt, ergibt, dass eine längerwährende Speicherung nicht erforderlich ist“.

Der Datenschutzbeauftragte berichtet von Beschwerden, z. B. unzufriedener Kunden, die nichts mehr mit einem Online-Händler zu tun haben möchten, in denen eine mangelnde Löschung von Kundendaten beanstandet wird. Er weist jedoch auch gleichzeitig darauf hin, dass eine Löschung

regelmäßig nicht vollumfänglich gelingt bzw. auch nicht gelingen kann.

Man könnte noch ergänzen, „aus rechtlichen Gründen“. Insbesondere wegen der Vorgabe des § 35 Abs. 3 Nr. 1 BDSG. Danach tritt an die Stelle einer Löschung nämlich eine Sperrung der personenbezogenen Daten, soweit im Fall des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 3 einer Löschung gesetzliche, satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen. Daten müssen dann also nicht gelöscht, aber gesperrt werden. Das bedeutet, dass nur für eng begrenzte Zwecke auf sie Zugriff genommen werden darf.

Zu diesen Gründen kommt der Datenschutzbeauftragte dann auch direkt. Nach steuer- und handelsrechtlichen Vorschriften, insbesondere § 257 HGB und § 147 AO, sind nämlich Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, bestimmte Unterlagen, etwa Belege zu Buchungen, aufzubewahren. Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle zu einem Kundenaccount im Laufe gewisser Zeit hinzu gespeicherte Daten aufbewahrt und damit natürlich auch gespeichert werden dürfen.

Nach Auffassung des Datenschutzbeauftragten ist es

allein geboten, neben den Daten bisheriger Rechtsgeschäfte nur solche Daten zur Person des Kunden (in gesperrter Form) zu speichern, die seine (eindeutige) Identifizierung (mit dem Rechtsgeschäft) ermöglichen. Alle anderen Daten zur Person des Kunden sind nach Ende der Geschäftsbeziehung zu löschen, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 BDSG.

Grundsätzlich haben also Kunden einen Anspruch darauf, dass die sich auf ihre Person beziehenden Daten gelöscht werden. Dies gilt jedoch nicht für alle Daten, weil der Online-Händler bestimmte gesetzliche Aufbewahrungspflichten erfüllen muss. Auch der Datenschutzbeauftragte stellt fest, dass nach den steuer- und handelsrechtlichen Vorschriften die verantwortliche Stellen zwar verpflichtet ist, die Daten von Rechtsgeschäften weiter (in der Buchhaltung) zu speichern.

Wichtig ist der Hinweis des Datenschutzbeauftragten, dass diese Pflicht zur Aufbewahrung gewisser Daten seiner Ansicht nach nicht keine dauerhafte Unterhaltung eines Kundenkontos und

schon gar nicht die dauerhafte Bereitstellung einer darauf bezogenen Zugriffsmöglichkeit über das Internet. Wenn also ein Kunde keine dauerhafte Einrichtung eines Kundenkontos wünscht bzw. die Löschung eines eingerichteten Kundenkontos fordert, so ist diesem Wunsch zu entsprechen, d. h. die Zugangsdaten des Kunden sind zu löschen.

Aufzubewahrende und vorhandene Buchungsdaten sollten aus diesem Grund auch nur in der Buchhaltung bis zum Ablauf der steuer- und handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen weiter in gesperrter Form gespeichert werden.

Justizministerium zweifelt an einheitlichem Datenschutzstandard in Europa

Die Europäische Kommission hat in einer Stellungnahme (abrufbar bei netzpolitik.org) den Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz  (BMJV) zur „Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ (PDF) inhaltlich bemängelt.

Die Kommission stört sich insbesondere an der in § 113b des Entwurfs vorgesehenen Pflicht, Vorratsdaten allein im Inland zu speichern:

dass der betreffende Entwurf einer Verordnung eine Verletzung von Artikel 56 AEUV sowie Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 95/46/EG darstellen würde.

Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 95/46/EG (die geltende Datenschutzrichtlinie) gibt vor, dass Mitgliedstaaten nicht den freien Verkehr personenbezogener Daten zwischen Mitgliedstaaten aus Gründen des Schutzes der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten beschränken oder untersagen dürfen. Noch deutlicher ist die Vorgabe in Erwägungsgrund 9 der Datenschutzrichtlinie. Danach dürfen die Mitgliedstaaten aufgrund des gleichwertigen Schutzes, der sich aus der Angleichung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften ergibt, den freien Verkehr personenbezogener Daten zwischen ihnen nicht mehr aus Gründen behindern, die den Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen und insbesondere das Recht auf die Privatsphäre betreffen.

Die Pflicht zur Inlandsspeicherung in § 113b des Entwurfs würde aber den freien Verkehr personenbezogener Daten nicht nur behindern, sondern in Bezug auf die Speicherung Vorratsdaten schlicht untersagen.

Zweck der Datenschutzrichtlinie ist es zum einen, die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen und insbesondere das Recht auf die Privatsphäre bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zu schützen und zum anderen den freien Verkehr von personenbezogenen Daten innerhalb der EU nicht zu behindern.

Gleichwertiger Schutz innerhalb der EU?

Die Datenschutzrichtlinie gibt also auf europäischer Ebene für die Mitgliedstaaten verbindlich vor, dass in ihrem Anwendungsbereich ein gleichwertiges Schutzniveau für personenbezogene Daten existiert. Personenbezogene Daten dürfen innerhalb der EU übermittelt werden, wenn für die Datenverarbeitung (hier die Übermittlung) selbst eine Einwilligung oder gesetzliche Grundlage (z.B. ein Vertrag) existiert.

Das BMJV sieht dies jedoch anders. Die Gesetzesbegründung verweist zur Beschränkung der ebenfalls beeinträchtigten Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) auf die Notwendigkeit,

um  die  grundrechtlichen  Erfordernisse  des  Datenschutzes  und der  Datensicherheit zu gewährleisten.

Also nutzt die Begründung genau jene Argumente, auf die man ausweislich des Wortlauts der Datenschutzrichtlinie eine Beschränkung des freien Flusses personenbezogener Daten eben gerade nicht stützen darf. Das BMJV zweifelt damit freilich auch ein einheitliches Schutzniveau für personenbezogene Daten innerhalb der EU insgesamt an.

Kein Vertrauen in die Arbeit von Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten

Die Gesetzesbegründung sägt jedoch sogar noch weiter an den eigentlich existierenden europäischen Standards:

Zudem hätten die mit der Überprüfung der Einhaltung der Sicherheitsstandards und des Datenschutzes befassten deutschen öffentlichen Stellen in anderen Mitgliedstaaten der EU  keine unmittelbaren und gleich wirksamen Möglichkeiten zur Prüfung.

Das stimmt. Deutsche Datenschutzbehörden könnten nicht in anderen EU-Ländern tätig werden und die Einhaltung des Datenschutzrechts prüfen. Zuständig wäre vielmehr die jeweilige nationale Aufsichtsbehörde. Doch scheint das BMJV auch kein Vertrauen in die Kompetenz und Prüfungen durch andere europäische Aufsichtsbehörden zu besitzen:

Angesichts des Umfangs der Prüfpflichten und der Tatsache, dass es sich nicht um eine einmalige Überprüfung eines Anbieters sondern um die Wahrnehmung dauerhafter Aufgaben (zum Beispiel bei der Anpassung der Sicherheitskonzepte an den jeweiligen Stand der Technik) handelt, erscheint dies aber zu wenig wirksam.

Mit „dies“ bezieht sich die Gesetzesbegründung auf die in der Datenschutzrichtlinie ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit, dass eine Aufsichtsbehörde (etwa in Deutschland) eine andere Behörde in einem EU-Mitgliedstaat um Amtshilfe ersuchen kann, um hoheitliche Maßnahmen vorzunehmen oder die Einhaltung des Datenschutzrechts zu prüfen. Auch mit dieser Begründung verkehrt das BMJV die geltenden Prinzipien der Datenschutzrichtlinie in ihr Gegenteil. Das Instrument der Amtshilfe wird dort ja gerade vorgesehen, weil es eben möglich ist, dass eine nationale Aufsichtsbehörde nicht zuständig ist. Ein gleichwertiges Schutzniveau für personenbezogene Daten existiert aber dennoch (bzw. gerade auch deshalb) innerhalb der EU.

Zudem fragt man sich, welcher „Umfang“ hier für die besondere Notwendigkeit einer Inlandsspeicherung und alleinigen Kontrolle durch deutsche Behörden spricht? Denn der in dem Gesetzesentwurf beschriebene Umfang an Pflichten in Bezug auf den Umgangt mit Daten und einzusetzende Datensicherheitsmaßnahmen ist kein anderer als jener, der für jedes normale Unternehmen gilt, wenn es personenbezogene Daten im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit verarbeitet.

Mögliche Folgen?

Denkt man die Argumentation im Gesetzesentwurf zu Ende, so würde dies bedeuten, dass kein einheitliches Schutzniveau für personenbezogene Daten innerhalb der EU besteht. Personenbezogene Daten dürften dann auch grundsätzlich nicht in andere Mitgliedstaaten übermittelt werden bzw. nur dann, wenn besondere Anforderungen erfüllt sind. Im Prinzip würde man, überspitzt formuliert, jeden Staat außerhalb Deutschlands zum „unsicheren Drittstaat“ deklarieren.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seiner Entscheidung zur Richtlinie zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung (C-293/12) bemängelt, dass die fraglichen Daten nicht „im Unionsgebiet auf Vorrat gespeichert werden“. Eine Pflicht zur Speicherung allein in einem Mitgliedstaat, hat der EuGH jedoch nicht aufgestellt.

Hessischer Datenschutzbeauftragter: Dynamische IP-Adresse ist nicht per se ein personenbezogenes Datum

Heute hat der Hessische Landesdatenschutzbeauftragte, Prof. Ronellenfitsch, seinen Tätigkeitsbericht für das Jahr 2014 vorgestellt.

Unter anderem behandelt der Tätigkeitsbericht ein Prüfverfahren hinsichtlich der „Fraport App“, die von der Fraport AG als eine Hilfe für Flugreisende und andere Besucher des Flughafens in Frankfurt am Main angeboten wird. Mit der App ist es u.a. möglich, sich den eigenen Standort auf dem Flughafen anzeigen zu lassen. Beabsichtigt war zunächst, mobile Geräte durch auf dem Gelände verteilte WLAN-Hotspots mit MAC- und IP-Adressen zu erfassen, sofern ihre WLAN-Schnittstelle aktiv war.

Der Datenschutzbeauftragte stellt in seinem Bericht drei Szenarien dar, wie die MAC- und IP-Adresse von Besuchern des Flughafens über WLAN-Hotspots erhoben werden können. Hierzu gehört gerade auch die Situation, dass die Fraport App nicht auf einem Gerät installiert ist und genutzt wird, sondern Besucher sich direkt mit einem WLAN-Hotspot verbinden. Dann bekommt der Nutzer eine dynamische IP-Adresse zugeteilt. Die Erfassung der dynamischen IP-Adresse stellt nach Auffassung des hessischen Datenschutzbeauftragten

kein datenschutzrechtliches Problem dar.

Diese Ansicht dürfte einige Beobachter zumindest überraschen. Denn eigentlich gehen die deutschen Datenschutzbehörden schon lange und beständig davon aus, dass IP-Adressen grundsätzlich einen Personenbezug aufweisen (vgl. etwa die Orientierungshilfe des Düsseldorfer Kreises zu Apps, PDF) und bei ihrem Umgang daher die Vorgaben des Datenschutzrechts zu beachten sind (z.B. Informationen zum Datenumgang bereitstellen oder eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der IP-Adresse vorweisen zu können). Erst kürzlich hat etwa die bayerische Aufsichtsbehörde klargestellt, dass jeder Webseiten- oder App-Betreiber aufgrund des Personenbezugs von IP-Adressen eine Datenschutzerklärung vorhalten muss, um über den Umgang mit der IP-Adresse aufzuklären (hierzu mein Beitrag).

Die Auffassung des hessischen Landesdatenschützers scheint (erfreulicherweise) nun zumindest aber von einer pauschalen „Vorverurteilung“ einer IP-Adresse als personenbezogenes oder personenbeziehbares Datum abzurücken.

In seinem Tätigkeitsbericht führt der Landesdatenschützer aus, dass WLAN-Netzwerkbetreiber eine unmittelbare Identifikation anhand der IP-Adresse grundsätzlich nur bei statischen IP-Adressen vornehmen können. Die am Flughafen Frankfurt bereitgestellten WLAN-Hotspots werden aber über die Vergabe von dynamischen IP-Adressen betrieben.

Der Landesdatenschutzbeauftragte:

Eine Identifikation ist nur möglich, wenn die Nutzer während einer Sitzung selbst personenbezogene oder personenbeziehbare Daten hinterlassen. Dies ist nach den vorliegenden Dokumenten nicht der Fall. Deshalb sind dynamische IP-Adressen in diesem Szenario keine personenbeziehbaren Daten.

Die Auffassung des Landesdatenschützers verdient Zustimmung. Zum einen, weil sie von einer pauschalen Einordnung von IP-Adressen als personenbezogenes oder –beziehbares Daten abrückt. Zum anderen, weil sie eben gerade auf den Kontext und die konkrete Situation abstellt. Natürlich kann sich eine IP-Adresse zu einem personenbezogenen Datum „verwandeln“, wenn zu ihr personenbezogene Daten hinzugespeichert werden (z. B. wenn der Nutzer weitere Informationen eingibt). Dann muss selbstverständlich auch das Datenschutzrecht für den Umgang mit der IP-Adresse gelten.

EuGH-Generalanwalt zur Frage des anwendbaren Datenschutzrechts und der Zuständigkeit von Datenschutzbehörden

Heute hat der Generalanwalt („GA“) am Europäischen Gerichtshof, Pedro Cruz Villalón, seine Schlussanträge in der Sache „Weltimmo“ (C-230/14) vorgelegt. In diesem Vorabentscheidungsersuchen geht es um zwei wichtige Fragen des europäischen Datenschutzrechts:

  1. Welches Recht ist innerhalb der EU anwendbar auf ein Unternehmen, mit alleinigem Sitz in einem Mitgliedstaat, das jedoch über Internetseiten Dienstleistungen auch in anderen Ländern anbietet?
  2. Welche Kompetenzen besitzen Datenschutzbehörden, wenn es darum geht, gegen Unternehmen vorzugehen, die nicht im Mitgliedstaat der Behörde niedergelassen sind und wenn nicht das Datenschutzrecht des Mitgliedstaates dieser Behörde anwendbar ist?

Zu der Vorlagefrage selbst und auch zu dem Sachverhalt habe ich bereits ausführlich berichtet. Ich möchte mich daher nachfolgend auf eine kurze Zusammenfassung der Feststellungen des Generalanwalts beschränken.

Zum anwendbaren Recht und zum Begriff der Niederlassung (Nr. 1)

In dem Verfahren geht es hinsichtlich des anwendbaren Rechts um Art. 4 Abs. 1 lit. a) der Datenschutz-Richtlinie (RL 95/46/EG, „DS-RL“) in dem es heißt:

Jeder Mitgliedstaat wendet die Vorschriften, die er zur Umsetzung dieser Richtlinie erlässt, auf alle Verarbeitungen personenbezogener Daten an: a) die im Rahmen der Tätigkeiten einer Niederlassung ausgeführt werden, die der für die Verarbeitung Verantwortliche im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats besitzt.

Zunächst stellt der GA fest, dass diese Vorschrift als Norm fungiert, die im Verhältnis der Mitgliedstaaten zueinander das anwendbare Recht bestimmt. Art. 4 Abs. 1 lit. a ist daher die entscheidende Vorschrift, die als Kollisionsnorm zwischen den Rechtsordnungen der verschiedenen Mitgliedstaaten das anwendbare Recht bestimmt. Mit dieser Aussage des GA wird meines Erachtens auch deutlich, dass eine Rechtswahl des Datenschutzrechts derzeit gerade nicht möglich ist. Welches nationale Datenschutzrecht bindend gilt, ergibt sich eben gerade aus der oben bezeichneten Kollisionsnorm.

Für die korrekte Anwendung von Art. 4 Abs. 1 lit. a DS-RL kommt es entscheidend darauf an, wie der Begriff der „Niederlassung“ ausgelegt wird. So prüft dann auch der GA zunächst, ob Weltimmo eine Niederlassung auf ungarischem Staatsgebiet besitzt. In einem zweiten Schritt wird es um das Merkmal „im Rahmen der Tätigkeit“ gehen und die Frage zu beantworten sein, ob die Datenverarbeitung im Bereich der Tätigkeit dieser Niederlassung stattgefunden hat.

Zunächst geht der GA darauf ein, dass das Unionsrecht besonderen Wert auf einen Begriff der Niederlassung legt, die sich auf die effektive Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeiten und auf einen gewissen Grad an Beständigkeit stützt. Der GA schlägt vor, den Grad an Beständigkeit der Einrichtung als auch die effektive Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeiten unter Beachtung des besonderen Charakters dieser Tätigkeiten und der in Rede stehenden Dienstleistungen auszulegen.

Danach geht der GA speziell auf die Situation eines ausschließlich über das Internet tätigen Unternehmens ein.

Nach Ansicht des GA kann unter bestimmten Umständen ein Vertreter eines Unternehmens mit dauerhafter Präsenz und wenig mehr als einem tragbaren Computer eine ausreichende Struktur darstellen, um eine effektive, tatsächliche Tätigkeit mit einem ausreichenden Grad an Beständigkeit in einem anderen Mitgliedstaat durchzuführen, als jenem der Hauptniederlassung des Unternehmens. Daher sei es, laut dem GA, notwendig, bei der Bewertung dieser personellen und technischen Mittel sorgfältig die Eigenheiten von Unternehmen zu berücksichtigen, die Leistungen über das Internet anbieten, wobei auf die Besonderheiten der jeweiligen konkreten Situation einzugehen ist.

Zudem macht der GA weitere wichtige Anmerkungen, zu den gerade nicht mit in die Prüfung des anwendbaren Rechts einzubeziehenden Faktoren. So haben, meines Erachtens richtigerweise,

„der Ort, von dem aus die Daten eingegeben wurden, der Mitgliedstaat, auf den die Dienstleistungen ausgerichtet sind, die Staatsangehörigkeit der Betroffenen oder der Ort, an dem die Eigentümer des Unternehmens ihren Wohnsitz haben“

keinen direkten und entscheidenden Einfluss auf die Bestimmung des anzuwendenden Rechts.

Hinsichtlich des weiteren Merkmals von Art. 4 Abs. 1 lit. a DS-RL („im Rahmen der Tätigkeit“), verweist der AG vor allem auf das Urteil des EuGH in Sachen „Google Spain“ (C-131/12).

Für den GA ist jedoch klar, dass wenn die tatsächlichen Feststellungen ergeben sollten, dass Weltimmo ausschließlich in der Slowakei niedergelassen ist, auch nicht ungarisches Datenschutzrecht gelten kann. Selbst wenn Dienstleistungen in der Slowakei angeboten werden. Der GA dazu:

… in dem Sinne zu beantworten, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46 es der ungarischen Datenschutzbehörde verwehrt, das ungarische Recht auf einen für die Datenverarbeitung Verantwortlichen anzuwenden, der ausschließlich in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist.

Diese Aussage, so sie denn der EuGH in seinem späteren Urteil bestätigen sollte, wäre für in der EU niedergelassene Unternehmen, die ihre relevante Hauptniederlassung in einem Land konzentrieren, besonders relevant.

Zur zuständigen Aufsichtsbehörde und zu den möglichen Aufsichtsmaßnahmen (Nr. 2)

Sodann geht der GA auf die Vorlagefrage ein, ob es denn möglich wäre, dass zwar slowakisches Datenschutzrecht anwendbar wäre, die ungarische Datenschutzbehörde dennoch Sanktionen verhängen oder die Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung feststellen könnte.

Bereits vorweg: der GA verneint diese Möglichkeit.

Der Kern der Frage, welche Kompetenzen mitgliedstaatliche Aufsichtsbehörden innerhalb der EU über Landesgrenzen hinweg ausüben können, ist von besonderer Praxisrelevanz und spielt auch im Rahmen der finalen Verhandlungen zur Datenschutz-Grundverordnung und dem sog. One stop shop eine wichtige Rolle. Immerhin geht es um das Handeln staatlicher Institutionen und die Ausübung hoheitlicher Befugnisse in anderen Mitgliedstaaten. So führt auch der GA aus:

In der Tat ist im Zusammenhang mit der Zuständigkeit öffentlicher Stellen und folglich mit der Ausübung öffentlich-rechtlicher Hoheitsbefugnisse, insbesondere der Sanktionsbefugnis, unbedingt von den Anforderungen auszugehen, die sich aus den Grundsätzen der territorialen Souveränität des Staates, der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und damit letztlich dem Begriff des Rechtsstaats ergeben.

Die Ausübung von Sanktionsgewalt kann, so der GA, grundsätzlich nicht außerhalb der gesetzlichen Grenzen stattfinden, in denen eine Behörde nach ihrem nationalen Recht ermächtigt ist. Eine Abweichung von dieser Regel scheint zumindest eine spezielle gesetzliche Grundlage zu erfordern, die die Anwendung des öffentlichen Rechts eines anderen Mitgliedstaats erlaubt und abgrenzt. Eine solche gesetzliche Regelung existiert derzeit jedoch nicht. Zu untersuchen ist hier insbesondere Art. 28 Abs. 6 S. 1 DS-RL. Dieser lautet:

Jede Kontrollstelle ist im Hoheitsgebiet ihres Mitgliedstaats für die Ausübung der ihr gemäß Absatz 3 übertragenen Befugnisse zuständig, unabhängig vom einzelstaatlichen Recht, das auf die jeweilige Verarbeitung anwendbar ist.

Der referenzierte Art. 28 Abs. 3 DS-RL listet verschiedene Rechte der Aufsichtsbehörde auf (Untersuchungsbefugnis, Einwirkungsbefugnis und Klagebefugnis). Jedoch gerade nicht die Sanktionsbefugnis. Zwar erlauben die Vorschriften der DS-RL nach Ansicht des GA, dass die Behörde eines Mitgliedstaats die in ihrem Hoheitsgebiet ausgeübten Tätigkeiten überwacht, und zwar auch dann, wenn das Recht eines anderen Mitgliedstaats anwendbar ist. Letztlich besitzen die Aufsichtsbehörden unabhängig vom im Einzelfall anzuwendenden Recht die Untersuchungs- und Einwirkungsbefugnisse, die in Art. 28 Abs. 3 DS-RL genannt sind, allerdings allein in der in ihrem nationalen Recht geregelten Form, im Bereich ihrer geografischen Zuständigkeit.

Möchte also eine Aufsichtsbehörde eines Mitgliedstaates, dessen Datenschutzrecht auf die betreffende Datenverarbeitung nicht anwendbar ist, auch Sanktionen gegen den Verantwortlichen verhängen, so kann sie dies nicht selbst tun. Jedoch hat sie die Möglichkeit, unter Berücksichtigung der Verpflichtung zur Zusammenarbeit der Datenschutzbehörden nach Art. 28 Abs. 6 DS-RL die Behörde des Mitgliedstaats, dessen Recht auf die Datenverarbeitung anwendbar ist, zu ersuchen, die eventuelle Feststellung eines Verstoßes gegen das anwendbare Recht und die eventuelle Verhängung von Sanktionen auf der Grundlage der eingeholten Informationen vorzunehmen. Die unzuständige Behörde besitzt nach Ansicht des GA also durchaus ein Grundgerüst an möglichen Handlungen, jedoch steht ihr nicht die Befugnis zu, eine Datenverarbeitung eines Verantwortlichen aus einem anderen Mitgliedstaat offiziell als rechtswidrig zu bescheiden oder etwa ein Bußgeld zu verhängen.

In Deutschland dürften diese Ausführungen insbesondere für Verfahren gegen Facebook interessant sein. Denn wenn irisches Datenschutzrecht gilt (also keine relevante Niederlassung in Deutschland existiert), so ist die irische Datenschutzbehörde nach Ansicht des GA zumindest für Sanktionen und die Feststellung von rechtswidrigen Verarbeitungen allein verantwortlich.

Der GA führt abschließend aus:

Insbesondere müssen eine eventuelle Feststellung der Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung und die gleichfalls eventuelle Verhängung von Sanktionen, die sich daraus ergibt, in jedem Fall durch die Behörde des Staates erfolgen, dessen materielles Recht nach dem Anknüpfungskriterium von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie auf die Datenverarbeitung anwendbar ist.

All diese Fragen sind hiermit freilich nicht final entschieden. Das Urteil des EuGH steht noch aus. Die Thematik ist jedoch, wie erwähnt, von besonderer Praxisrelevanz und dürfte gerade auch im Trilog zur Datenschutz-Grundverordnung auf den Tisch kommen.

Cookie-Richtlinie in Deutschland doch nicht umgesetzt?

Es ist eine Neverending Story. Die Frage der (Nicht-)Umsetzung der sog. Cookie-Richtlinie (RL 2002/58/ EG, in der Fassung der RL 2009/136/EG) in Deutschland.

Im Februar 2015 kritisierten die deutschen Datenschutzbehörden die Bundesregierung wegen einer, ihrer Ansicht nach, mangelnden Umsetzung der europäischen Vorgaben im deutschen Recht (hierzu mein Blogbeitrag). Das Erfordernis der vorherigen Einwilligung nach Art. 5 Abs. 3 Cookie-Richtlinie sei nach Ansicht der Behörden im deutschen Datenschutzrecht (namentlich im TMG) nicht richtlinienkonform implementiert.

Ganz anders sah dies sowohl die Europäische Kommission und auch das Bundeswirtschaftsministerium. Im Februar 2014 erhielten die Kollegen bei Telemedicus die Information, dass die Cookie-Richtlinie sehrwohl umgesetzt sei. Über die Ungereimtheiten berichtete der Kollege Adrian Schneider.

Nun ist eine aus dem Januar 2015 stammende Studie für die Europäische Kommission zur Umsetzung der Cookie-Richtlinie in den Mitgliedstaaten veröffentlicht worden (PDF). Die Aussage dort:

When looking at the way Article 5.3 has been transposed by the Member States, a first observation to make is that this provision has not been transposed by the German legislature.

Also doch keine Umsetzung in Deutschland? Dieses Hin und Her um die Cookie-Richtlinie grenzt schon langsam an ein komödiantisches Schauspiel, wenn es dabei nicht um für die Internetwirtschaft durchaus wichtige Fragen gehen würde.

Verhältnis zur geplanten Datenschutz-Grundverordnung
Die erwähnte Studie befasst sich daneben auch mit der Frage, in welchem Verhältnis die Vorgaben der Cookie-Richtlinie zu der geplanten Datenschutz-Grundverordnung (DS-GV) stehen werden. Im Mai 2015 hatte ich bereits berichtet, dass die Europäische Kommission davon auszugehen scheint, dass die Cookie-Richtlinie (in ihrem Anwendungsbereich) der DS-GVO als Spezialgesetz (lex specialis) vorgeht.

Diese Auffassung scheint auch die veröffentlichte Studie zu stützen (ab S. 112). Jedoch wird dort darauf hingewiesen, dass eine EU-Richtlinie die zukünftige DS-GVO als EU-Verordnung nicht detaillieren oder ergänzen kann. Denn die Verordnung steht als Rechtsakt sozusagen über der Richtlinie. Aus diesem Grund soll auch durch die DS-GVO, in Art. 89 vorgeschrieben werden, dass Art. 1 Abs. 2 der Cookie-Richtlinie gestrichen wird. Dieser besagt:

Die Bestimmungen dieser Richtlinie stellen eine Detaillierung und Ergänzung der Richtlinie 95/46/EG…dar.

Eine solche Detaillierung der DS-GVO durch die Cookie-Richtlinie ist jedoch nicht möglich. Mitgliedstaaten könnten nicht durch Vorgaben einer Richtlinie dazu verpflichtet werden, von den Regelungen einer Verordnung abzuweichen. Aufgrund dessen auch die Streichung in der Cookie-Richtlinie.

Für die Zukunft schlägt die Studie vor, dass die Cookie-Richtlinie in eine Verordnung umgewandelt wird. Dies könnte das Zusammenspiel der beiden Instrumente vereinfachen, da sie dann auf einer gesetzlichen Ebene stehen.

Datenschutzbehörde: Jede Webseite und Online-App benötigt eine Datenschutzerklärung

Jedem Webseitenbetreiber oder App-Anbieter dürfte heutzutage klar sein, dass zu einem rechtskonformen Angebot auch eine Datenschutzerklärung gehört. Also ein Hinweis und Informationen darüber, wie personenbezogene Daten verwendet werden. Für die Nutzung von Analysediensten oder das Angebot von Newslettern dürfte dies sofort einleuchten. Dort wird aus der Sicht des Anbieters aktiv mit personenbezogenen Daten umgegangen. Doch wie sieht es aus, wenn man „nur“ eine Webseite betreibt. Ohne Analysedienst, ohne Newsletter, ohne Bestellmöglichkeit?

Indirekt hat sich zu dieser Frage das Landesamt für Datenschutzaufsicht in Bayern (BayLDA) (die Aufsichtsbehörde für den nicht-öffentlichen Bereich) in ihrem Tätigkeitsbericht für 2013/2014 (PDF) geäußert. Mit nicht zu unterschätzenden Folgen für die Praxis und jeden, der eine Online-App oder Internetseite betreibt.

Die allgemeine Informationspflicht im TMG
Nach § 13 Abs. 1 S. 1 TMG gehört zu der Informationspflicht eines Webseiten- oder App-Betreibers, dass er Nutzer „zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten … in allgemein verständlicher Form“ unterrichtet. Soweit so gut. Werden also personenbezogene Daten verarbeitet, muss hierüber unterrichtet werden.

Die Neverending Story: IP-Adresse
Nun gilt es jedoch zu beachten, dass insbesondere die Aufsichtsbehörden die IP-Adresse als personenbezogenes Datum i. S. d. § 3 Abs. 1 BDSG ansehen (hierauf verweist auch das BayLDA, S. 56). Diese Ansicht ist freilich nicht unumstritten, wird aber von den Behörden (i.Ü. auch einigen Gerichten und Ansichten in der juristischen Literatur) so vertreten. Nun muss man sich jedoch gleichzeitig vergegenwärtigen, dass die Erhebung und eventuell auch Verwendung der IP-Adresse eines Endgerätes als technische Steuerungsinformation zur Übertragung von Informationen im Internet zwischen dem Diensteanbieter und seinem Nutzer schlicht erforderlich ist. Sie dient als Ziel von Datenpaketen. Um im Netz zu kommunizieren, bedarf es also einer IP-Adresse.

Hinweise in der Datenschutzerklärung erforderlich
Man ahnt was nun folgt. Das BayLDA weist nun (konsequent) in seinem Tätigkeitsbericht darauf hin, dass sich

jeder Diensteanbieter … mit der Thematik einer Datenschutzerklärung im Internetauftritt bzw. in der mobilen (Online-)Applikation zu beschäftigen hat, selbst wenn ein Nutzer nicht aktiv Daten eingeben kann und auch keine Cookies o. ä. Verfahren genutzt werden.

Nach dem BayLDA muss daher eine Datenschutzerklärung zumindest zu der Erhebung und möglichen Verwendung der IP-Adresse (etwa einer Speicherung in den Log-Dateien) selbst dann entsprechende Informationen beinhalten, wenn ansonsten keine personenbezogenen Daten erhoben oder genutzt werden. Kurz gesagt: jede Internetseite oder (Online-)App bedarf zumindest einer „Mini-Datenschutzerklärung“ mit Blick auf die IP-Adresse.

Mögliche Folgen bei Nichtbeachtung
Was geschieht, wenn man diese Hinweise der Behörde nicht beachtet? Möglicherweise nichts. Zumindest solange eine Datenschutzbehörde auf das Fehlen der Datenschutzerklärung nicht aufmerksam (gemacht) wird. Nach dem Gesetz handelt es sich bei einem fehlenden oder aber fehlerhaften Hinweis zum Umgang mit personenbezogenen Daten jedoch grundsätzlich um eine Ordnungswidrigkeit. Das BayLDA weißt in seinem Tätigkeitsbericht darauf hin, dass gem. § 16 Abs. 2 Nr. 2 TMG eine Ordnungswidrigkeit begeht, wer entgegen § 13 Abs. 1 S. 1 oder 2 TMG den Nutzer vorsätzlich oder fahrlässig nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig informiert.

Zudem besteht das theoretische Risiko, von Wettbewerbern abgemahnt zu werden. Das Oberlandesgericht Hamburg hat bereits 2013 (Az. 3 U 26/12) entschieden, dass es einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß darstellt, wenn ein Webseitenbetreiber personenbezogene Daten von Nutzern erhebt, jedoch keine Informationen über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten in allgemein verständlicher Form zu Beginn des Nutzungsvorgangs erteilt (hierzu mein Blogbeitrag).

Fazit
Potential für eine Abmahnwelle? Ich denke nicht. Auch wenn die Auffassung des BayLDA, bei Annahme des Personenbezugs der IP-Adresse von einer Informationspflicht auszugehen, konsequent erscheint, so existieren ebenfalls veritable Gegenauffassungen, die eine IP-Adresse nicht generell als personenbezogen einstufen. Zudem hatte ich erst letzte Woche im Rahmen der Abmahnung wegen Verwendung des Like-Buttons auf Webseiten darauf hingewiesen, dass absolut datenschutzrechtlich konformes Handeln heutzutage im Internet nur schwer erreichbar ist. Dies gilt im Zweifel auch für einen abmahnenden Wettbewerber.

Unabhängig hiervon fragt man sich freilich, was diese Information am Ende dem Webseitenbesucher oder App-Nutzer an Mehrwert und mit Blick auf den Schutz personenbezogener Daten tatsächlich bringt? Die Aussage ist z. B. allein: „Die IP-Adresse wird erhoben und auf unseren Servern gespeichert, weil es aufgrund der technischen Gegebenheiten des Internets einfach nicht anders geht“. Ein Gewinn an informationeller Selbstbestimmung geht damit meines Erachtens nicht einher. Außer die Alternative, Offline zu bleiben. Datenschutz im Jahre 2015.

Europäische Datenschutzbehörden fordern mehr Mittel und praxistaugliche Gesetze

Vom 18. – 20. Mai 2015 trafen sich Vertreter der Datenschutzbehörden der EU-Mitgliedstaaten und des Europarates zu einer Frühjahrskonferenz in Manchester. Diskutiert wurde über Themen von gemeinsamem Interesse. Besonders im Vordergrund stand dieses Jahr die mangelnde finanzielle als auch personelle Ausstattung staatlicher Aufsichtsbehörden und ihre Wahrnehmung in der Öffentlichkeit.

Die Vertreter der Datenschutzbehörden verabschiedeten vor diesem Hintergrund eine Resolution („Meeting data protection expectations in the digital future“, PDF), die sich eindringlich an die Mitgliedstaaten wendet und für die Tätigkeit der Aufsichtsbehörden, vor allem die Kontrolle und Durchsetzung des Grundrechts auf Schutz personenbezogener Daten in Europa, mehr finanzielle und personelle Mittel verlangt. Andernfalls könnten die Datenschützer die ihnen obliegenden Aufgaben nicht mehr wahrnehmen.

Forderung nach mehr Mitteln
Direkt an die europäischen Regierungen wendet sich die Forderung der Datenschützer, sicherzustellen, dass die finanzielle Unterstützung der Behörden ausreicht, um die weiter an ihre Arbeit gestiegenen Anforderungen erfüllen zu können. Hierzu gehöre auch eine Förderung der internationalen Zusammenarbeit von Behörden, wobei die Unabhängigkeit der Aufsichtsstellen nicht gefährdet werden dürfe. Die Datenschützer verweisen zur Untermauerung ihrer Forderung auf drei Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union (C-518/07; C-614/10; C-288/12), in denen die Unabhängigkeit und die finanzielle und personelle Ausstattung der Behörden als erforderliches Mittel zur Gewährleistung des Datenschutzes in Europa als Grundrecht bekräftigt wurde.

Einfaches Datenschutzrecht
Zudem wenden sich die Datenschützer an den europäischen Gesetzgeber. Dieser müsse sicherstellen, dass die nächste Generation von Datenschutzgesetzen in einer klaren und einfachen Sprache verfasst werden, so dass sie von denjenigen Adressaten verstanden und auch umgesetzt werden können, für die sich gedacht sind: Unternehmen, Betroffene und Aufsichtsbehörden. Nur so könne ein hohes Datenschutzniveau auch in der Praxis tatsächlich durchgesetzt werden.