Irische Datenschutzbehörde veröffentlicht Jahresbericht 2015

Am 21. Juni 2016 hat die irische Datenschutzbeauftragte, Helen Dixon, den Tätigkeitsbericht der Aufsichtsbehörde für das Jahr 2015 vorgestellt.

Insbesondere, weil Irland der Standort europäischer Zentralen vieler „digital player“ darstellt, ist der Bericht der Behörde durchaus lesenswert. So wird unter anderem Über Prüfungen bei LinkedIn oder Facebook berichtet.

So berichtet die Behörde, dass man sich, nach einem Audit in 2013, oft mit Vertretern von LinkedIn im Jahre 2015 traf, um gemeinsam über mögliche Anpassungen der Plattform des beruflichen Online-Netzwerks zu reden. Konkrete Ergebnisse dieser Gespräche waren unter anderem Anpassungen bei den Kontrollmöglichkeiten für Mitglieder über die von ihnen bereit gestellten Informationen in dem sozialen Netzwerk.

Ein weiterer interessanter Aspekt sind internationale Datentransfers. Natürlich wird auch kurz das Urteil des EuGH zu Safe Harbor angesprochen. Nach dem Wegfall der betreffenden Kommissionsentscheidung als Grundlage für Datenübermittlungen in die USA, war (und ist es immer noch) für Unternehmen wichtig, alternative Instrumente zu finden. Für Datentransfers innerhalb eines Konzerns bieten sich insbesondere die Binding Corporate Rules (BCR) an. Hierbei handelt es sich um verbindliche, unternehmensinterne Richtlinien, die in Zusammenarbeit mit den europäischen Aufsichtsbehörden erstellt und von diesen genehmigt werden müssen.

Die irische Datenschutzbeauftragte berichtet, dass bereits im Jahr 2015 in vier Verfahren als federführende Aufsichtsbehörde für das Genehmigungsverfahren von BCR agierte. In den ersten Monaten des Jahres 2016 habe die Behörde zudem weitere Anträge von Unternehmen zur Prüfung von BCR erhalten. Diese Zunahme an beantragten Genehmigungsverfahren für BCR, insbesondere im Jahr 2016, dürfte auch mit dem Wegfall von Safe Harbor zusammenhängen. Wobei darauf hinzuweisen ist, dass BCR eben nur konzerninterne Datentransfers abdecken können und damit nicht für Datenübermittlungen an konzernfremde Unternehmen geeignet sind.

Hamburger Datenschützer: Safe Harbor-Urteil wirkt sich auf Einsatz von Analysetools aus

Seit Jahren herrschte in Deutschland bei der Einbindung von Analysetools durch Webseitenbetreiber, z.B. auch von Google Analytics, eine bewährte und durch die Datenschutzbehörden akzeptierte Praxis. Im Jahre 2009 hatten sich die deutschen Datenschutzbehörden auf Vorgaben für eine datenschutzkonforme Ausgestaltung von „Analyseverfahren zur Reichweitenmessung bei Internet-Angeboten“ (PDF) geeinigt. Auf Betreiben der Datenschutzbehörde in Hamburg hin hat zudem Ende 2009 auch Google verschiedene Anpassungen an seinem Produkt Google Analytics vorgenommen, um einen aus Sicht der Datenschutzbehörden beanstandungsfreien Betrieb durch Webseitenbetreiber gewährleisten zu können.

Webseitenbetreiber mussten den von Google vorbereiteten Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung schriftlich abschließen. Zudem mussten Nutzer der Webseite in der Datenschutzerklärung über die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen von Google Analytics aufgeklärt und auf die Widerspruchsmöglichkeiten gegen die Erhebung personenbezogener Daten durch Google Analytics hingewiesen werden. Hierbei sollte auf die entsprechende Seite „http://tools.google.com/dlpage/gaoptout?hl=de“ verlinkt werden. Durch entsprechende Einstellungen im Google-Analytics-Programmcode musste die Kürzung von IP-Adressen in Auftrag gegeben werden (Funktion „_anonymizeIp()). Zuvor erhobene Altdaten mussten gelöscht werden. Diese Anforderung finden sich etwa noch auf der Webseite der Datenschutzbehörde in Nordrhein-Westfalen. Von der Webseite des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz wurden sie entfernt.

Der Grund: nach einer Mitteilung des Datenschutzbeauftragten aus Hamburg (Stand: Juni 2016) unterliegt die bisher veröffentlichte Handreichung zu den datenschutzrechtlichen Anforderungen an Webseitenbetreiber mit Sitz in Hamburg beim Einsatz von Google Analytics unter anderem wegen des Urteils des EuGH vom 06.10.2015 (C-362/14- Schrems) zur Ungültigkeit der Entscheidung der Kommission zum sogenannten Safe-Harbor-Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika zur Herstellung eines angemessenes Schutzniveaus einer datenschutzrechtlichen Überprüfung und gegebenenfalls einer Überarbeitung.

Der Hamburger Datenschützer weist in seiner Mitteilung darauf hin, dass nach Ziffer 4.7 der Anlage 1 „Regelungen zur Auftragsdatenverarbeitung“ der Google Analytics-Bedingungen zur Herstellung der Angemessenheit des Datenschutzniveaus für Datenübermittlungen in die USA auf die für ungültig erklärte Safe-Harbor-Entscheidung verwiesen wird. Die Angemessenheit des Datenschutzniveaus kann auf dieser Grundlage rechtlich jedoch nicht mehr sichergestellt werden. Die Schlussfolgerung des Datenschutzbeauftragten:

Dies wirkt sich unmittelbar auf den Einsatz des Dienstes aus. Eine Überprüfung der von uns empfohlenen Maßnahmen ist eingeleitet, allerdings noch nicht abgeschlossen. Wir stehen dabei auch im Gespräch mit dem Unternehmen Google.

Man wird nun abwarten müssen, welches Ergebnis nach der Überprüfung durch die Behörde und auch nach den Gesprächen mit Google selbst am Ende herauskommt. Eventuell wird die Behörde von Google fordern, dass Kunden ab sofort die EU-Standardvertragsklauseln abschließen müssen. Diese alternativen Übermittlungsinstrumente werden, so der Hamburgische Datenschutzbeauftragte in einer Pressemitteilung vom 6. Juni 2016, „derzeit nicht beanstandet“.

Datenschutz-Grundverordnung: Bayerische Behörde veröffentlicht Hinweise zu Schwerpunktthemen

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist in Kraft. Bis zum 25 Mai 2018, dann ist sie anwendbar, müssen Unternehmen in Europa die eigenen Datenverarbeitungsprozesse auf ihre Konformität mit den neuen Regelungen prüfen.

Das bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) ist, wie andere Aufsichtsbehörden in Europa, derzeit bemüht, eine einheitliche Sichtweise und Interpretationen zu den neuen Gesetzesvorgaben zu erarbeiten. In diesem Zusammenhang kündigte die Behörde letzte Woche an, dass man in regelmäßigen Abständen (wohl zweimal im Monat) kurze Übersichtspapiere zu ausgewählten Schwerpunkten der DSGVO veröffentlichen wird. Hierbei soll es sich um Informationen zur gegenwärtigen Auslegung verschiedener Vorschriften der DSGVO handeln. Die Behörde weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei diesen Übersichtspapieren noch nicht um verbindliche Auffassungen handelt.
Auch wenn es sich nur um eine erste Auslegungs- und Interpretationshilfe durch eine Aufsichtsbehörde handelt, ist der Schritt des BayLDA, derartige Hinweise zu veröffentlichen, meines Erachtens uneingeschränkt zu begrüßen.

Das erste Übersichtspapier (PDF) widmet sich der „Sicherheit der Verarbeitung“ (Art. 32 DSGVO). Nach Art 32. Abs. 1 1. HS DSGVO haben der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter, unter Berücksichtigung des Stands der Technik, der Implementierungskosten und der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung sowie der unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere des Risikos für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen, geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, um ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten.

Das BayLDA nennt als klassische Schutzziele der IT-Sicherheit die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit, die sich auch in der DSGVO an zentraler Stelle in Art. 32 Abs. 1 DSGVO finden. Jedoch führt die DSGVO auch ein neues Schutzziel ein: die Belastbarkeit. Nach Auffassung des BayLDA müssen Verantwortliche (ich möchte ergänzen: und auch Auftragsverarbeiter) künftig auch die Belastbarkeit der Systeme und Dienste, die in Zusammenhang mit der Verarbeitung stehen, gewährleisten. Welche Maßnahmen jedoch konkret zur Belastbarkeit positiv beitragen, wird in der DSGVO nicht erwähnt.

Des Weiteren weist das BayLDA darauf hin, dass Art. 32 Abs. 1 DSGVO von geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen spricht, die der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter unter Berücksichtigung u. a. des Stands der Technik und der Implementierungskosten zu treffen haben. Nach Ansicht der Behörde wird einerseits stets zu prüfen bleiben, was beim jeweiligen Verfahren als Stand der Technik angesehen wird. Anderseits wird auch die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme hinsichtlich des Aufwands zu diskutieren sein. Die Gewährleistung der Sicherheit der Verarbeitung muss zudem nachgewiesen werden können (Rechenschaftspflicht, Art. 5 Abs. 2 DSGVO). Nach Ansicht der Behörde werden in diesem Zusammenhang in Zukunft genehmigte Verhaltensregeln und Zertifizierungen an Bedeutung gewinnen.

Hamburg Authority Reviews Recommendations For The Implementation Of Google Analytics

The previously published handout by the Data Protection Commissioner of Hamburg (“Commissioner”) about the data protection requirements for website operators based in Hamburg and their use of Google Analytics is subject to a review and possibly revision. According to a statement (German) by the Commissioner, this review is necessary inter alia because of the judgment of the European Court of Justice of 6.10.2016 (Case C-362/14 – Schrems) in which the court invalidated the adequacy decision of the European Commission for so-called Safe Harbor Agreement with the United States of America.

Paragraph 4.7 of Appendix 1 of the „Data Processing Agreement“ for the Google Analytics terms (PDF, German) refers to the now invalidated Safe Harbor Decision in order to create an adequate level of protection for personal data when it is transferred to the USA.

The adequacy of the level of data protection can no longer be guaranteed on this basis. According to the Commissioner, this “directly affects the use of the service”. A review of the recommendations has been initiated, but is not yet completed. The Commissioner is also in contact with Google.

In the past, the Data Protection Authority of Hamburg negotiated a solution for website operators in Hamburg to lawfully use Google Analytics. This solution was also acknowledged by the other German Data Protection Authorities. In the view of the authorities, the implementation of the tool required the following measures:

  • Conclusion of a data processing agreement (PDF, German) with Google
  • Activation of anonymization of the IP address (IP masking)
  • Information and link to an opt-out Add-on for Browsers and link to an opt-out Cookie
  • Amendment of the privacy policy with additional information about Google Analytics and the possibility to opt-out

This whole process was necessary because the authorities are of the opinion that an IP address must be considered “personal data”. This week, the Commissioner clarified that the use of alternative instruments for data transfers to third countries, especially the EU Model Clauses, will currently not be challenged. Perhaps the Commissioner will require Google to offer such EU Model Clauses for Google Analytics.

Hamburg Data Protection Watchdog Fines International Companies For Illegal Data Transfers

Today, the Data Protection Authority of Hamburg (“authority”) informed in a press statement (German) that, in the past months, it reviewed the data transfers of 35 international organizations based in Hamburg.

After the Schrems judgment in October 2015 by the European Court of Justice, declaring the former Safe Harbor-decision by the European Commission invalid, the authority contacted organizations in Hamburg operating also in the USA and reviewed the legality of the transfer of personal data to America, especially if other instruments than the Safe Harbor-decision was used. According to the press statement, the tests have shown that the vast majority of the companies had changed the legal basis of their transfers of data, implementing the so-called standard contractual clauses which are also based on a decision by the European Commission.

However, the authority informs that a few companies had not switched to a valid alternative within half a year after the judgement. The data transfers of these companies were therefore considered unlawful.
While some of the initiated proceedings could until now not be completed and other reviews are still running, three administrative fines issued due to illegal transfers of personal data of customers and employees have become legally binding now.

With regard to the new EU-US Privacy Shield, the designated successor of the Safe Harbor-decision, the Data Protection Commissioner of Hamburg, Prof. Caspar, calls on the European Commission and the US government to revise the draft decision in several key areas. Against this background, Prof. Caspar also wants to put the question of the legality of the EU standard contractual clauses on the table. But the commissioner also highlights that the use of these alterative instruments for data transfers to third countries is currently not objected.

Update:
According to a report by Spiegel Online (German), the three fined companies are Adobe (fine: 8.000 Euros), Punica (fine: 9.000 Euros) and Unilever (fine: 11.000 Euros). Since all three companies have changed the legal basis for data transfers during the proceeding, the fine was significantly smaller than the theoretical maximum of 300.000 Euros.

Datenschutz-Grundverordnung: Deutsche Datenschutzbehörden fordern mehr Personal und finanzielle Mittel

Am 24. Mai 2016 ist die Datenschutz-Grundverordnung in Kraft getreten. Ab dem 25. Mai 2018 wird sie in allen europäischen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar sein. Nicht nur Unternehmen oder Behörden haben also nun zwei Jahre Zeit, ihre Datenverarbeitungsprozesse den zukünftigen Vorgaben anzupassen. Auch die jeweiligen nationalen Gesetzgeber müssen die geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen in ihrem Mitgliedstaat auf Konformität mit den zukünftigen Regelungen prüfen.

Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordert vor diesem Hintergrund in einer Entschließung vom 25. Mai 2016 den deutschen Landes und Bundesgesetzgeber auf, den Datenschutzaufsichtsbehörden mehr Personal und auch finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, damit die Behörden die ihnen zugedachten Aufgaben wirksam erfüllen können.

Die deutschen Aufsichtsbehörden weisen in ihrer Entschließung darauf hin, dass die Datenschutz-Grundverordnung die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Aufsichtsbehörden zur Gewährleistung ihrer Unabhängigkeit mit den erforderlichen personellen, finanziellen und technischen Ressourcen auszustatten (Art. 52 Abs. 4 DSGVO). Aus Sicht der deutschen Behörden ist es

für die Bewältigung der neuen Aufgaben zwingend erforderlich, für die Datenschutzbehörden in Deutschland erweiterte personelle und finanzielle Ressourcen vorzusehen. Dies gilt bereits für die jetzt laufende Vorbereitungsphase, in der die Weichen für eine funktionierende Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung gestellt werden.

Dieser Forderung der deutschen Aufsichtsbehörden wird man sich, wenn man bereits die aktuelle Situation betrachtet, durchaus anschließen können. Interessant würde es natürlich werden, wenn die deutschen Aufsichtsbehörden nicht mit den erforderlichen Mitteln und dem nötigen Personal ausgestattet werden und bei Anwendbarkeit der Datenschutz-Grundverordnung dann eventuell ein Mitgliedstaat durch die Europäische Kommission im Wege einer Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV verklagt wird. Derartige Klagen gab es ja bereits unter der geltenden Datenschutzrichtlinie (z.B. in der Rechtssache C?614/10).

Ein weiterer interessanter Aspekt der Entschließung ist, dass sich die bayerischen Behörden bei der Abstimmung zur Annahme dieser Entschließung enthalten haben. Sowohl der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz als auch das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht scheinen also die Positionen der übrigen Aufsichtsbehörden zumindest nicht in Gänze zu teilen. Man darf gespannt sein, inwieweit der Gesetzgeber auf Landes- und Bundesebene der Forderung der Aufsichtsbehörden nachkommt.

Google challenges fine by French Data Protection Authority: a „right to be forgotten“ for the entire world?

Yesterday Google announced in a blog post that the company will legally challenge a decision and fine imposed by the French Data Protection Authority (CNIL). Information about the procedure is available on the CNIL website. There is also an unofficial translation of the relevant decision (PDF) available on the website.

In particular, the CNIL considers that it is not sufficient under the current European data protection law and in light of the judgment of the European Court of Justice (ECJ) in its Google decision (C-131/12), if after a complaint from a data subject, links to search result are solely suppressed on websites with European extensions (.de, .es or .fr) and also for searches originating from the Member State of the complainant on all sites of the search engine (so also on Google.com). This approach was recently chosen by Google. The French Authority in fact requires that links from search results must be suppressed on all sites of the search engine and also irrespective of the Member State where the complainant is located and from where the search is made.

As a result, the question arises whether European data protection law and in particular its enforcement by Data Protection Authorities (DPAs) take global validity and know no territorial borders. So whether, on the grounds of a decision of the French authorities, a user of the search engine located in the other Member States (for example in Germany or Spain) and, secondly, in countries outside the EEA such as the US (Google.com) or Japan (Google.co.jp), may only see the changed search result list.

Please find some food for thought below, which is certainly not exhaustive, but may foster the discussion.

In principle, one can determine that the ECJ in its Google decision made no concrete statement on the territorial scope of the so-called „Right to be forgotten“. But what the ECJ always emphasizes (not only in this ruling), is the importance of possible enforcement and full effect the guarantees and established safeguards of the Data Protection Directive (DPD) for data subjects.

In its Google judgment, the ECJ held that

the operator of the search engine as the controller in respect of that processing must ensure, within the framework of its responsibilities, powers and capabilities, that that processing meets the requirements of Directive 95/46, in order that the guarantees laid down by the directive may have full effect. (Margin No 83)

Of course, a major role in achieving the objective of enforcement of European law and its full effect is played by the DPAs. That’s also emphasized by the ECJ in its judgment:

In this connection, it is to be noted that it is clear from Article 28(3) and (4) of Directive 95/46 that each supervisory authority is to hear claims lodged by any person concerning the protection of his rights and freedoms in regard to the processing of personal data and that it has investigative powers and effective powers of intervention enabling it to order in particular the blocking, erasure or destruction of data or to impose a temporary or definitive ban on such processing. (Margin No 78)

From this, one can already conclude that the question of whether European data protection law should “govern the world” or at least countries outside of the EEA, must always be seen in connection with its enforcement by supervisory authorities. Because the applicability of European data protection law alone has nothing to do with the realization of the guarantees provided by the DPD and, in the words of the ECJ, its full effect, or also the guarantees provided by the Charter of Fundamental Rights of the European Union for the individuals concerned.

I want to support this view with a reference to the well-known judgment of the ECJ repealing the data retention directive (C-293/12 and C-594/12). There, the Court criticized that the directive

does not require the data in question to be retained within the European Union, with the result that it cannot be held that the control, explicitly required by Article 8(3) of the Charter, by an independent authority of compliance with the requirements of protection and security, as referred to in the two previous paragraphs, is fully ensured. Such a control, carried out on the basis of EU law, is an essential component of the protection of individuals with regard to the processing of personal data. (Margin No 68)

So the ECJ assumes that when the possibility for a DPA to control compliance with the rules of the DPD and, in the worst case, also enforce these rules exists, only then can the requirements of the Charter of Fundamental Rights and also the corresponding guarantees for the protection of personal data in the DPD be fully fulfilled and ensured. But this possibility of control and especially enforcement by a public authority is only possible within the Union.

Assuming therefore that in addition to pure applicability of European data protection law also the possibility of monitoring its compliance and in particular its enforcement must always be considered as an inherent guarantee, this inevitably raises the question of how far the powers of European DPAs, particularly from a territorial perspective, reach.

To this end, I would like to refer to a further decision of the ECJ, the Weltimmo decision (C-230/14). In that judgment, the Court addressed the question of how far the competences of the European DPAs reach.

It follows from Article 28(1) DPD that each supervisory authority established by a Member State is to ensure compliance, within the territory of that Member State, with the provisions adopted by the Member States pursuant to the DPD (Margin No 47; emphasizes added). Furthermore, according to the ECJ, it is apparent from Article 28(1) and (3) DPD that each supervisory authority is to exercise all of the powers conferred on it on the territory of its own Member State in order to ensure, on that territory, compliance with data protection rules (Margin No 51, emphasizes added). Additionally, the ECJ held that it follows from the requirements derived from the territorial sovereignty of the Member State concerned, the principle of legality and the concept of the rule of law that the exercise of the power to impose penalties cannot take place, as a matter of principle, outside the legal limits within which an administrative authority is authorised to act subject to the law of its own Member State (Margin No 56, emphasizes added).

Weltimmo concerned an intra-European issue and the question of the extent to which the DPA of one Member State may exercise its powers on the territory of another Member State. This is rejected by the court with the above reasoning. The sanctioning power of a DPA may not be exercised outside the legal limits of its own Member State.

Transferred to the dispute between Google and the French DPA now the question arises whether it would be consistent with the aforementioned ECJ case law, to concede the power to a European supervisory authority to regulate, on the one hand, data processing operations initiated by and targeted to persons in other European Member States (the respective user of the search engine, who searches for a name of an affected person) or, on the other hand, also such processing operations initiated by persons on the territory of countries outside the European Union, and, in the end, also to influence such data processing operations with a relevant administrative decision.

The measure of a European authority would have a direct impact in other States. Already for the first constellation that a decision by the French DPA would affect persons on the territory of Germany or Spain, I have my doubts. This is of course even more valid in the second constellation, outside the European Union and thus also outside the competences of European authorities.

Now one surely can cite as a counter-argument that the territorial scope of European data protection law is interpreted in a very broad way, also by the ECJ, and European data protection law applies to the activities of Google Inc., with headquarters in the USA. That is correct. But in my view, as described above, it is inevitably necessary in order to achieve the objectives laid down in the DPD and in the Charter of Fundamental Rights of the European Union that a DPA is able to monitor the compliance with these rules and enforce the rights and guarantees (I refer again to the ECJ judgment regarding the Data retention directive). Such enforcement, however, due to the principle of territorial sovereignty of States, is not always possible.

The European DPAs seem to be aware of this situation. If one looks at the official guidelines on the implementation of the Google decision (WP 225,  PDF), one can find on page 8 in paragraph 19 the following statement: “In practice, DPAs will focus on claims where there is a clear link between the data subject and the EU, for instance where the data subject is a citizen or resident of an EU Member State”. So the DPAs propose only to focus on situations where a clear connecting factor to a European Member State exists.

In the end, one must observe that that the territorial enforcement European data protection law is certainly not an easy and also a disputatious topic. It will be interesting to see how this case moves further in France. Perhaps the ECJ has to decide again.

Google wehrt sich gegen französische Behörde: gilt das „Recht auf Vergessenwerden“ weltweit?

Heute hat Google in einem Blogpost bekannt gegeben, dass sich das Unternehmen gegen eine durch die französische Datenschutzbehörde (CNIL) verhängte Geldstrafe in Höhe von 100.000 EUR juristisch zur Wehr setzen wird. Informationen zu dem Verfahren gibt es auf der Seite der CNIL. Dort ist auch eine inoffizielle Übersetzung des entsprechenden Beschlusses (PDF) ins Englische verfügbar.

Insbesondere vertritt die CNIL die Auffassung, dass es unter dem geltenden europäischen Datenschutzrecht und mit Blick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in seinem Google-Urteil (C-131/12) nicht ausreicht, wenn nach einer Beschwerde einer betroffenen Person Links aus Suchergebnislisten allein auf Webseiten mit europäischen Endungen (z.B. .de, .es oder .fr) und auch bei Suchanfragen aus dem jeweiligen Mitgliedstaat des Beschwerdeführers auf allen Webseiten der Suchmaschine (also auch auf Google.com) unterdrückt werden. Dieses Vorgehen hatte Google zuletzt gewählt. Die französische Behörde verlangt vielmehr, dass Links aus Ergebnislisten von allen Webseiten der Suchmaschine entfernt werden müssen und zudem unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat der Beschwerdeführer sitzt und von wo aus die Suchanfrage gestellt wird.

Im Ergebnis stellt sich die Frage, ob das europäische Datenschutzrecht und insbesondere seine Durchsetzung durch die Datenschutzbehörden globale Geltung beanspruchen. Ob also etwa auf Anweisung einer französischen Behörde zum einen Nutzer der Suchmaschine in anderen Mitgliedstaaten (z.B. in Deutschland oder Spanien) und zum anderen in Staaten außerhalb des EWR wie z.B. den USA (Google.com) oder Japan (Google.co.jp) nur die veränderte Ergebnisliste angezeigt bekommen dürfen.

Dazu nachfolgend einige Gedanken, die sicherlich nicht abschließend sind, jedoch eventuell zur Diskussion anregen.

Grundsätzlich lässt sich die Feststellung treffen, dass der EuGH in seinem Google-Urteil keine konkreten Aussagen zur territorialen Reichweite des sog. „Recht auf Vergessenwerden“ getroffen hat. Was er in seinem Urteil jedoch stets betont, ist die Bedeutung, die der Durchsetzung und vollen Entfaltung der in der Datenschutzrichtlinie (DS-RL) aufgestellten Garantien für betroffene Personen zukommt.

Der EuGH führt in seinem Google Urteil aus, dass der für Verarbeitung Verantwortliche (also etwa der Suchmaschinenbetreiber)

in seinem Verantwortungsbereich im Rahmen seiner Befugnisse und Möglichkeiten dafür zu sorgen [hat], dass die Verarbeitung den Anforderungen der Richtlinie 95/46 genügt, so dass die von dieser vorgesehenen Garantien ihre volle Wirkung entfalten können (Rz. 83)

Eine wichtige Rolle bei der Erreichung dieses Ziels der Durchsetzung des europäischen Rechts spielen natürlich die Aufsichtsbehörden. Hierauf weist auch der EuGH in seinem Urteil hin:

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich nach Art. 28 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 95/46 jede Person zum Schutz ihrer Rechte und Freiheiten bei der Verarbeitung personenbezogener Daten an jede Kontrollstelle mit einer Eingabe wenden kann und jede Kontrollstelle über Untersuchungsbefugnisse und wirksame Einwirkungsbefugnisse verfügt, aufgrund deren sie u. a. die Sperrung, Löschung oder Vernichtung von Daten oder das vorläufige oder endgültige Verbot einer Verarbeitung personenbezogener Daten anordnen kann. (Rz. 78)

Hieraus lässt sich bereits der Schluss ziehen, dass die Frage, ob europäisches Datenschutzrecht weltweit gelten soll, stets auch im Zusammenhang mit seiner Durchsetzung durch die Aufsichtsbehörden zu sehen ist. Denn allein die Anwendbarkeit europäischen Datenschutzrechts hat noch nichts mit der Verwirklichung der vorgesehenen Garantien aus der DS-RL oder auch aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union für die betroffenen Personen zu tun.

Ich möchte, zur Untermauerung dieser Ansicht, auf das bekannte Urteil des EuGH zur Aufhebung der Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie hinweisen (C?293/12 und C?594/12). Dort kritisiert das Gericht nämlich, dass die betreffende Richtlinie keine Pflicht vorsieht,

dass die fraglichen Daten im Unionsgebiet auf Vorrat gespeichert werden, so dass es nicht als vollumfänglich gewährleistet angesehen werden kann, dass die Einhaltung der in den beiden vorstehenden Randnummern angesprochenen Erfordernisse des Datenschutzes und der Datensicherheit, wie in Art. 8 Abs. 3 der Charta ausdrücklich gefordert, durch eine unabhängige Stelle überwacht wird. Eine solche Überwachung auf der Grundlage des Unionsrechts ist aber ein wesentlicher Bestandteil der Wahrung des Schutzes der Betroffenen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Österreich, C 614/10, EU:C:2012:631, Rn. 37) (Rz. 68).

Der EuGH geht also selbst davon aus, dass überhaupt nur dann eine den Anforderungen der Charta der Grundrechte und auch der DS-RL entsprechende Garantie für den Schutz personenbezogener Daten möglich ist, wenn die Einhaltung der Vorschriften durch die jeweils zuständigen europäischen Datenschutzbehörden überwacht und gegebenenfalls auch durchgesetzt werden kann. Dies kann allein im Unionsgebiet möglich sein.

Geht man also, mit der vorstehenden Argumentation davon aus, dass neben der reinen Anwendbarkeit europäischen Datenschutzrechts auch immer die Möglichkeit seiner Einhaltung und insbesondere Durchsetzung als inhärente Garantie zu sehen ist, stellt sich unweigerlich die Frage, wie weit die Befugnisse europäischer Datenschutzbehörden, insbesondere territorial, reichen.

Hierzu möchte ich auf eine weitere Entscheidung des EuGH, die sog. Weltimmo-Entscheidung (C-230/14) hinweisen. In diesem Urteil befasst sich das Gericht mit der Frage, wie weit die Kompetenzen der europäischen Aufsichtsbehörden reichen.

So hat nach Art. 28 Abs. 1 DS-RL jede von einem Mitgliedstaat eingeführte Kontrollstelle dafür Sorge zu tragen hat, dass die von den Mitgliedstaaten zur Umsetzung der DS-RL erlassenen Vorschriften im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats eingehalten werden (Rz. 47; Hervorhebung durch mich). Zudem, so der EuGH, ergibt sich aus Art. 28 Abs. 1 und 3 DS-RL, dass jede Kontrollstelle sämtliche Befugnisse ausübt, die ihr im Hoheitsgebiet ihres Mitgliedstaats übertragen wurden, um in diesem Hoheitsgebiet die Einhaltung der Datenschutzvorschriften sicherzustellen (Rz. 51; Hervorhebung durch mich). Auch stellt der EuGH klar, dass aus den Anforderungen, die sich aus der territorialen Souveränität des betreffenden Mitgliedstaats, der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und dem Begriff des Rechtsstaats ergeben, folgt, dass die Sanktionsgewalt grundsätzlich nicht außerhalb der gesetzlichen Grenzen stattfinden kann, in denen eine Behörde nach dem Recht ihres Mitgliedstaats ermächtigt ist (Rz. 56; Hervorhebung durch mich).

In dem Fall Weltimmo ging es um einen innereuropäischen Sachverhalt, also die Frage, inwieweit die Aufsichtsbehörde eines Mitgliedstaates im Territorium eines anderen Mitgliedstaates Sanktionsgewalt ausüben darf. Dies lehnt das Gericht mit obiger Begründung ab. Die Sanktionsgewalt darf nicht außerhalb der gesetzlichen Grenzen des eigenen Mitgliedstaates ausgeübt werden.

Übertragen auf die Auseinandersetzung zwischen Google und der französischen Behörde stellt sich nun die Frage, ob es mit der vorgenannten Rechtsprechung des EuGH konform wäre, einer europäischen Aufsichtsbehörde die Befugnis zuzugestehen, Datenverarbeitungen, die zum einen entweder von Personen in anderen europäischen Mitgliedstaaten (der jeweilige Nutzer der Suchmaschine, der nach einem Namen einer betroffenen Person sucht) oder die zum anderen von Personen auf einem Territorium eines Staates außerhalb der Europäischen Union durchgeführt werden, zu regulieren und am Ende mit einem entsprechenden verwaltungsrechtlichen Beschluss, der von seinem Anwendungsbereich her eigentlich nur auf das Territorium des jeweiligen Mitgliedstaates begrenzt ist, zu beeinflussen. Die Maßnahme einer europäischen Behörde hätte dann direkte Auswirkungen in anderen Staaten. Bereits für die erste Konstellation, dass sich ein entsprechender französischer Beschluss etwa auf deutsches oder spanisches Territorium bzw. die dortigen Personen auswirkt, hätte ich meine Zweifel. Dies gilt freilich erst recht in der zweiten Konstellation, also außerhalb der Europäischen Union und damit auch des Kompetenzbereichs der europäischen Datenschutzbehörden.

Nun wird man sicher als Gegenargument anführen können, dass der territoriale Anwendungsbereich europäischen Datenschutzrechts aber doch auch durch den EuGH sehr weit interpretiert wird und eben auch europäisches Datenschutzrecht für die Tätigkeiten einer Google Inc. mit Sitz in den USA gilt. Das ist korrekt. Doch meiner Ansicht nach ist, wie oben beschrieben, für die Verwirklichung der in der europäischen Datenschutzrichtlinie und auch in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgelegten Rechte und Garantien unweigerlich erforderlich, dass diese durchgesetzt werden (ich verweise noch einmal auf das Urteil des EuGH zur Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie). Eine solche Durchsetzung ist aber, aufgrund des Prinzips der territorialen Souveränität von Staaten, nicht immer möglich. Im Ergebnis scheint mir der aktuelle Ansatz von Google zumindest nicht außerhalb der Vorgaben europäischen Rechts zu liegen.

Dieser Problematik scheinen sich im Prinzip auch die europäischen Datenschutzbehörden bewusst zu sein. Wenn man sich die Leitlinien der europäischen Behörden zur Umsetzung des Google-Urteils anschaut (WP 225, PDF), so findet sich auf Seite 8 unter Ziffer 19 der Hinweis, dass die Behörden sich in der Praxis auf solche Fälle „fokussieren“ werden, die einen deutlichen Bezug zum Territorium eines europäischen Mitgliedstaates aufweisen, insbesondere, wenn es sich um ein EU-Bürger handelt.

Am Ende bleibt wohl nur festzustellen, dass die territoriale Durchsetzung europäischen Datenschutzrechts sicherlich kein einfaches und auch ein streitbares Thema darstellt. Man darf gespannt sein, wie dieses Verfahren in Frankreich weitergeht. Am Ende könnte erneut eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs stehen.

Generalanwalt: Datenschutzvorschriften des deutschen Telemediengesetzes verstoßen gegen EU-Recht

Heute hat der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Campos Sánchez-Bordona, seine Schlussanträge in dem Verfahren „Breyer“ (C-582/14) vorgelegt. In dem diesem Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs zugrundeliegenden Rechtsstreit geht es, sehr vereinfacht formuliert, um zwei Fragen:

1. Sind dynamische IP-Adressen, die ein Webseitenbetreiber über Seitenbesucher erhebt und verarbeitet personenbezogene Daten i. S. d. europäischen Datenschutzrechts (konkret: Art. 2 lit. a Datenschutzrichtlinie 95/46/EG), wenn ein Dritter (hier der Internetzugangsanbieter über Wissen verfügt, um die IP-Adresse einer natürlichen Person zuzuordnen)?

2. Sind die Vorgaben der Vorschrift des § 15 Abs. 1 TMG, wonach Diensteanbieter (z.B. Webseitenbetreiber oder App-Anbieter) personenbezogene Daten eines Nutzers nur erheben und verwenden dürfen, soweit dies erforderlich ist, um die Inanspruchnahme des Telemediums zu ermöglichen und abzurechnen, mit Art. 7 lit. f der Datenschutzrichtlinie vereinbar?

Das Ergebnis des Generalanwalts. Zu 1: ja. Zu 2: nein.

Nachfolgende einige Anmerkungen zu den Schlussanträgen.
Auf die Frage, ob eine dynamische IP-Adresse ein personenbezogenes Datum ist, möchte ich nicht weiter eingehen. Der Streit über diese Frage wird seit Jahren geführt und es gibt meines Erachtens Argumente für und gegen eine Einordnung der Adressen als personenbezogenes Datum. Dem Grunde nach kommt es für das Ergebnis darauf an, ob man bei der Bestimmbarkeit einer natürlichen Person anhand eines Datums allein auf die verantwortliche Stelle, z.B. den Webseitenbetreiber und die ihm zur Verfügung stehen Mittel abstellt. Oder aber man legt eine weitergehende Auffassung zugrunde, wonach es für die Einordnung einer Information als personenbezogenes Datum nicht nur auf die Stelle ankommt, die dieses Datum gerade verarbeitet, sondern auch auf Zusatzwissen von Dritten, im vorliegenden Fall des Access-Providers, ankommt. Der Generalanwalt vertritt die Letztere Auffassung, zumindest soweit er das Wissen Dritter berücksichtigen möchte, an die sich die verantwortliche Stelle „vernünftigerweise“ wenden könnte, um den Personenbezug herzustellen. Der Generalanwalt nimmt hierbei eine durchaus streitbare Auslegung des Erwägungsgrundes 26 der Datenschutzrichtlinie vor. Dort wird von „einem Dritten“ gesprochen. Der Generalanwalt möchte dies jedoch einschränkend auf „bestimmte Dritte“, worunter der Internetzugangsanbieter fällt, auslegen. Hinweisen möchte ich auch noch auf Rz. 50 der Schlussanträge, in denen klargestellt wird, dass hier nicht die Frage behandelt wird, ob dynamische IP Adressen grundsätzlich als personenbezogene Daten einzustufen sind.
Weitaus gravierender für die deutsche Rechtslage und die gesetzlichen Vorgaben zum Umgang mit personenbezogenen Daten im Internet oder in Apps (dafür gelten die §§ 13 ff. TMG), dürften die Ausführungen des Generalanwalts zur zweiten Frage sein.

Nach den Vorgaben des deutschen § 12 Abs. 1 TMG dürfen Diensteanbieter personenbezogene Daten zur Bereitstellung von Telemedien nur erheben und verwenden, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdrücklich auf Telemedien bezieht, es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat. Unterfallen personenbezogene Daten (als sog. Bestandsdaten, § 14 oder Nutzungsdaten, § 15) dem TMG, ist ihre Erhebung und Verwendung nur sehr eingeschränkt möglich, wenn keine Einwilligung des Betroffenen vorliegt. Außerhalb des Anwendungsbereichs des TMG ist das anders. So können personenbezogene Daten z.B. nach § 28 BDSG auch auf der Grundlage eines berechtigten Interesses der verantwortlichen Stelle oder zur Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung verarbeitet werden. Das entspricht auch den europäischen Vorgaben des Art. 7 der Datenschutzrichtlinie. Die §§ 12, 14 und 15 TMG schränken den Umgang mit personenbezogenen Daten also (soweit keine Einwilligung vorliegt) sehr stark ein.

In dem vorliegenden Verfahren ging es in der zweiten Frage darum, ob diese gesetzliche Beschränkung im TMG (hier ging es konkret um § 15 Abs. 1 und Abs. 4 TMG) und quasi der Ausschluss von gesetzlichen Verarbeitungsgrundlagen, die europarechtlich vorgegeben sind, zulässig ist. Vorliegend wollte der Webseitenbetreiber (ich meine, dass es sich hierbei um das BMJV handelte) personenbezogene Daten für den Zweck, die Funktionsfähigkeit des Telemediums zu gewährleisten, verwenden. Ein solcher Verarbeitungszweck ist nach Auffassung des Generalanwalts auch grundsätzlich als ein berechtigtes Interesse anzusehen. Das Problem: § 15 Abs. 1 und Abs. 4 TMG erlauben die Verwendung der Daten für diesen Zweck dem Wortlaut nach wohl nicht. In jedem Fall aber nicht, wenn die Daten über den Nutzungsvorgang hinaus gespeichert werden sollen.

Diese Beschränkung der Verarbeitungsmöglichkeit und damit das gesetzliche Verbot einer Datenverarbeitung, die europarechtlich eigentlich nach Art. 7 lit. f Datenschutzrichtlinie zulässig sein kann, ist nach Ansicht des Generalanwalts nicht mit dem EU-Recht zu vereinbaren.

Die Argumentation des Generalanwalts lässt sich meines Erachtens auf alle Paragraphen des TMG übertragen, die eine Datenverarbeitung nur für ganz bestimmt Zwecke zulassen und vor allem das berechtigte Interesse des Diensteanbieters nicht berücksichtigen. Also auch die §§ 12 und 14 TMG.

Man darf gespannt die Entscheidung des EuGH in dieser Sache erwarten. Das Gericht ist an die Schlussanträge nicht gebunden, folgt diesen jedoch sehr häufig. Sollte der EuGH ebenfalls der Auffassung sein, dass § 15 Abs. 1 TMG nicht mit Art. 7 lit. f Datenschutzrichtlinie vereinbar ist, so dürfte die deutsche Vorschrift nur noch europarechtskonform angewendet werden, mit der Folge, dass Nutzungsdaten nach dem TMG auch durch Diensteanbeiter (hierbei handelt es sich um die bekannten verantwortlichen Stellen i. S. d. BDSG) verarbeitet werden dürfen, wenn diese zur Verwirklichung des berechtigten Interesses, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, erforderlich ist, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen.

Bundesrat: Gesetzesvorschlag für ein neues Klagerecht der Datenschutzbehörden gegen Privacy Shield

In meinem Beitrag vom 19. April 2016 habe ich berichtet, dass das Land Hamburg (das Land Brandenburg hat sich dem angeschlossen) im Bundesrat einen Vorschlag für einen Antrag an die Bundesregierung eingebracht hat, mit dem die Bundesregierung aufgefordert werden soll, ein Klaggerecht für deutsche Datenschutzbehörden gegen sog. Angemessenheitsentscheidungen der Europäischen Kommission (wie vormals Safe Harbor und in Zukunft wohl das EU-US Privacy Shield) zu schaffen. Es solle eine entsprechende Gesetzesänderung auf Bundesebene im Verwaltungsrecht vorgenommen werden. Der Antrag ist auf der Webseite des Bundesrates abrufbar (PDF).

Hintergrund dieses Vorschlags ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Sache „Schrems“ (C-362/14), mit dem die Safe Harbor-Entscheidung der Kommission für ungültig erklärt wurde. In dem Urteil verlangt das Gericht unter anderem, dass den nationalen Aufsichtsbehörden für den Datenschutz ein Klagerecht für den Fall zustehen muss, wenn ein Betroffener sich gegen eine Datenübermittlung in einen Drittstaat (wie die USA) wendet, die auf einer Angemessenheitsentscheidung der Europäischen Kommission (basierend auf Art. 25 Abs. 6 der Datenschutzrichtlinie (RL 95/46/EG) beruht. Dann müsse, so der EuGH, die Aufsichtsbehörde die Möglichkeit haben, vor den nationalen Gerichten von sich aus mit dem Ziel zu klagen, dass das angerufene Gericht die Frage der Gültigkeit eines Angemessenheitsbeschlusses (wie vormals Safe Harbor) dem EuGH vorlegt. Am 20. April 2016 (Pressemitteilung) haben sich auch die deutschen Datenschutzbehörden hinter den Vorschlag gestellt und die „rasche Schaffung eines Klagerechtes auch für die deutschen Datenschutzbehörden gefordert“.

Nun liegt ein entsprechender Gesetzesvorschlag (PDF) zur Einführung eines neuen „§ 38b BDSG – Verfahren zur Überprüfung von Rechtsakten nach Artikel 25 Absatz 6 der Richtlinie 95/46/EG“ vor, der von dem Innenausschuss des Bundesrates erarbeitet und vom federführenden Rechtsausschuss angenommen wurde. Am 13. Mai 2016 soll der Bundesrat über diesen Antrag und den darin enthaltenen Gesetzesvorschlag beraten. Der Wortlaut des Vorschlags:

(1) Jede Aufsichtsbehörde ist im Rahmen ihrer Prüfung von Beschwerden eines Betroffenen über den Schutz seiner Rechte und Freiheiten bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, die aus der Bundesrepublik Deutschland an ausländische, nicht in § 4b Absatz 1 Satz 1 erfasste Stellen übermittelt werden, befugt, das Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung im ersten und letzten Rechtszug mit den Antrag anzurufen, festzustellen, dass ein zur Rechtfertigung der Übermittlung angewendeter Rechtsakt der Kommission nach Artikel 25 Absatz 6 der Richtlinie 95/46/EG ungültig ist, weil das Recht und die Praxis dieses Landes kein angemessenes Schutzniveau gewährleisten.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für den Bundesbeauftragten oder die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und die nach Landesrecht für die Kontrolle des Datenschutzes bei öffentlichen Stellen der Länder zuständigen Behörden.

Nachfolgend einige kurze Anmerkungen zu dem Vorschlag.

Nach Abs. 1 wären nur Prüfungen der Behörden hinsichtlich der „Verarbeitung“ personenbezogener Daten erfasst. Die Phase der Erhebung (§ 3 Abs. 3 BDSG) und auch ein „Nutzen“ (§ 3 Abs. 5 BDSG) personenbezogener Daten würden nicht dem Anwendungsbereich des neuen § 38b Abs. 1 BDSG unterfallen, selbst wenn eine Übermittlung der Daten stattfindet.

Aufsichtsbehörden könnten eine Feststellungsklage beim Bundesverwaltungsgericht erheben. Hierzu sollen sie „befugt“ sein. Nicht aus dem Urteil des EuGH wurde jedoch die Voraussetzung übernommen, dass die Aufsichtsbehörde die Beschwerde eines Betroffenen für „begründet“ erachten muss. (Rz. 64 des EuGH-Urteils: Insoweit ist es Sache des nationalen Gesetzgebers, Rechtsbehelfe vorzusehen, die es der betreffenden nationalen Kontrollstelle ermöglichen, die von ihr für begründet erachteten Rügen vor den nationalen Gerichten geltend zu machen). § 38b Abs. 1 BDSG lässt die Klagemöglichkeit zum Bundesverwaltungsgericht ganz generell zu.

Der Klageantrag soll darauf gerichtet sein, festzustellen, dass „ein zur Rechtfertigung der Übermittlung angewendeter Rechtsakt der Kommission nach Artikel 25 Absatz 6 der Richtlinie 95/46/EG ungültig ist“. Eine solche Feststellung kann ein nationales Gericht, ebenso wie eine nationale Aufsichtsbehörde, jedoch nicht treffen. Dies hat der EuGH in seinem Urteil ausdrücklich betont (Rz. 61 des EuGH-Urteils): „Gleichwohl ist allein der Gerichtshof befugt, die Ungültigkeit eines Unionsrechtsakts wie einer nach Art. 25 Abs. 6 der Richtlinie 95/46 ergangenen Entscheidung der Kommission festzustellen“. Nach dem EuGH dürfen nationale Gerichte diesem nur ein Ersuchen um Vorabentscheidung über die Gültigkeit solcher Entscheidungen vorlegen. Zudem sind die nationalen Gerichte berechtigt, die Gültigkeit eines Unionsrechtsakts wie einer nach Art. 25 Abs. 6 der Richtlinie 95/46 ergangenen Entscheidung der Kommission zu prüfen. Die Feststellung ihrer Ungültigkeit, ist jedoch nicht möglich.
Selbst wenn also in Zukunft z.B. die dem EU-US Privacy Shield zugrundeliegende Entscheidung durch den EuGH für ungültig erklärt werden sollte, so dürfte, wenn das Verfahren nach der Entscheidung des EuGH zurück an das Bundesverwaltungsgericht kommt, dieses nicht die Ungültigkeit der Angemessenheitsentscheidung feststellen. Im Ergebnis müsste es vor dem Bundesverwaltungsgericht wohl eher um die Feststellung gehen, dass eine auf einer Angemessenheitsentscheidung beruhende Übermittlung unzulässig ist. Im Rahmen einer erforderlichen Inzidentprüfung könnte dann dem EuGH die Frage der Gültigkeit der zugrundeliegenden Entscheidung der Europäischen Kommission vorgelegt werden.

Mit Blick auf die Klagemöglichkeit der Aufsichtsbehörden bei Datenübermittlungen in Drittstaaten bleibt es also weiter spannend. Man muss nun abwarten, inwiefern der Bundesrat den nun vorliegenden Antrag und Gesetzesvorschlag annimmt und im Rahmen der Entschließung die Bundesregierung zum Handeln auffordert.