Generalanwalt am EuGH: Für Google gilt spanisches Datenschutzrecht. Wirklich?

In dem Verfahren des Vorabentscheidungsersuchens des Audiencia Nacional (Spanien) zwischen der spanischen Datenschutzbehörde (AEPD) und Google vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) (Aktenzeichen C-131/12), hat der zuständige Generalanwalt Jääskinen heute seine Schlussanträge gestellt. Die Ausführungen zur Anwendbarkeit europäischen bzw. national-staatlich umgesetzten Datenschutzrechts, scheinen jedoch diskussionswürdig. Die Schlussanträge sollen dem EuGH als Leitlinien für seine Entscheidungen dienen. Gebunden ist er hieran freilich nicht.
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Wir leben nicht in Nordkorea – Wie das Internet die Territorialität heraufbeschwört

Eigentlich ist es paradox. Das Internet, Sinnbild für ein weltumspannendes und offenes Netzwerk, grundsätzlich jedem zugänglich und plastisches Abbild der Internationalität, beschwört in der derzeitigen öffentlichen Debatte mehr und mehr die Rufe nach nationaler Abschottung, nach dem Einziehen von strikten einzelstaatlichen Grenzen herauf.

Nationale Überwacher zapfen die Kabel, über welche die Datenpakete im Internet versendet werden, entweder gleich direkt an oder nutzen als Anlaufstelle für Auskunftsbegehren weltweit agierende Unternehmen, die in den letzten Jahren durch ihre Internetangebote einen immensen Berg an Daten angehäuft haben. Meist sind diese Überwachungsmaßnahmen, wie etwa im Fall der Auskünfte unter dem amerikanischen Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA), auf die Daten von ausländischen Bürgern gerichtet.
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Spanische Datenschützer prüfen Sanktionen gegen Google

Die spanische Datenschutzbehörde (AEPD) teilt in einer Presseerklärung mit, dass sie gegenüber Google ein Sanktionsverfahren, hinsichtlich seiner neuen einheitlichen Datenschutzbestimmungen, eröffnet habe.

Dieses Verfahren soll im Detail klären, ob unter anderem die Zusammenführung und Kombination von personenbezogenen Daten aus verschiedenen Diensten des Anbieters in Einklang mit dem spanischen Datenschutzrecht steht, ob bei der Datenverarbeitung die Verhältnis- und Zweckmäßigkeit gewahrt bleibt und ob die gesetzlich gewährleisteten Rechte der Betroffenen auf Löschung und Berichtigung ihrer Daten wirksam ausgeübt und die Speicherfristen eingehalten werden.

Das Verfahren schließt sich an eine erste Untersuchung durch die AEPD an, nach deren Ergebnis sie 5 schwere Verstöße und einen leichten Verstoß gegen spanisches Datenschutzrecht für möglich hält.
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Bayerischer Datenschützer prüft rechtskonformen Einsatz von Adobe Omniture

Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) kündigt heute auf seiner Homepage an, dass man Webseiten von Betreibern mit Sitz in Bayern auf die rechtskonforme Integration des Analysetools Omniture von Adobe überprüft hat bzw. derzeit überprüft. Sollte ein gesetzeskonformer Einsatz nach Ansicht der Datenschützer eventuell nicht gewährleistet sein, so wird man Post der Aufsichtsbehörde erhalten. Dies stellt jedoch noch nicht die Feststellung eines definitiven Verstoßes gegen Datenschutzgesetze dar, wie die Behörde erklärt. Vielmehr wird das angeschriebene Unternehmen darum gebeten darzulegen, wie es das Analysetool nutzt.

Rechtliche Anforderungen
Auf der Seite des BayLDA werden für Webseitenbetreiber die, aus der Sicht der Datenschützer erforderlichen Voraussetzungen für einen rechtskonformen Einsatz des Analysetools genannt.

Abschluss eines schriftlichen Auftragsdatenverarbeitungsvertrages mit Adobe

Der Webseitenbetreiber agiert hier als „verantwortliche Stelle“ im Sinne des § 3 Abs. 7 BDSG. Adobe verarbeitet die erhaltenen Daten für den Webseitenbetreiber und für dessen Analysezwecke. Daher handelt Adobe als Auftragsdatenverarbeiter. Nach § 11 BDSG ist eine solche Verarbeitung jedoch an gewisse Voraussetzungen geknüpft, unter anderen auch an den Abschluss eines Vertrages. Der entsprechende Vertrag für Omniture wird von Adobe bereitgehalten und kann auch nach Aussage des BayLDA genutzt werden.
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Europarat warnt vor den Gefahren staatlicher Überwachung

Just im zeitlichen Zusammenhang mit den Veröffentlichung um das Projekt Prism des amerikanischen Geheimdienstes und des darauffolgenden und anhaltenden großen Medienechos, hat das Ministerkomitee des Europarates am 11. Juni eine Erklärung zu den Risiken für Grundrechte, die sich aus dem digitalen Tracking und anderen Überwachungstechnologien ergeben, abgegeben.

Die Auswirkungen von Überwachung
Die Außenminister der 47 Mitgliedstaaten stellen unter anderem fest, dass breit angelegte (auch gesetzlich erlaubte) Überwachungsmaßnahmen eine abschreckende Wirkung auf die Beteiligung der Bürger am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben und negative Auswirkungen auf die Demokratie haben können. Einerseits können Überwachungstechnologien bei der Verfolgung berechtigter Interessen verwendet werden, z. B. um neue Dienstleistungen zu entwickeln oder für ein besseres Netzwerk-Management, sowie der Strafverfolgung. Auf der anderen Seite können sie aber auch für rechtswidrige Zwecke, die zu einem illegalen Zugang, zum Abfangen von Daten oder einer Systemüberwachung führen, genutzt werden.
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Problem Project Prism: Welche europäischen Lösungsansätze gibt es?

Nach dem Bekanntwerden des umfassenden Überwachungsprogrammes, Project Prism, des amerikanischen Geheimdienstes (einen Überblick über die Nachrichtenlage und die Entwicklungen gibt es bei Spiegel-Online und der SZ) erheben sich die politischen Stimmen in Europa. So wurde heute im Europäischen Parlament über das Thema diskutiert (Video), die für die Datenschutz-Grundverordnung zuständige EU-Justizkommissarin Viviane Reding erhofft sich durch den Skandal einen neuen Schub für die Verhandlungen zur Reform des Datenschutzrechts.

Doch können durch verschärfte Änderungen der geplanten Grundverordnung in Bezug auf die Übermittlung von personenbezogenen Daten europäischer Bürger an Unternehmen in Drittländer wirklich eine Lösung des Problems erwartet werden? Wohl nur zum Teil. Möchte man das europäische Grundrecht auf den Schutz personenbezogener Daten wirklich verteidigen, so bliebe nur eine Alternative, die niemand ernsthaft in Erwägung ziehen kann, nämlich die völlige digitale Trennung von den USA.
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Datenschutz-Grundverordnung: Gerne auch von der langen Bank

Nach der heutigen Sitzung der europäischen Innen- und Justizminister im Rat der Europäischen Union, in der erneut deutlich wurde, wie sehr die Ansichten über ein reformiertes europäisches Datenschutzrecht zwischen den Mitgliedstaaten teilweise auseinander gehen, wird in den Medien bereits darüber berichtet, dass ein Scheitern dieses Reformprozesses möglich sei.
Die zuständige Vize-Präsidenten der Europäischen Kommission, Viviane Reding, fordert in ihrer Presseerklärung den Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament dazu auf, nun einen Gang hoch zu schalten, wenn sie die Reform eher früher als später umgesetzt wissen wollen. Dennoch scheint es bei dem derzeit herrschenden Aktionismus und den Aufrufen nach schnellem Handeln, sowohl in Brüssel als etwa auch auf Seiten der Bürgerrechtsorganisationen, geboten darüber nachzudenken, ob nicht durch einen übereilten und auf die Findung eines gemeinsamen Konsenses getrimmten Verhandlungsmarathon, Chancen vertan und nicht so einfach revidierbare Tatsachen geschaffen werden.
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EUDataP – P wie Populismus

Die Verhandlungen zur Datenschutz-Grundverordnung (DS-GV) gehen in die heiße Phase. Vor der Sommerpause (Ende Juli) soll im federführenden LIBE Ausschuss des Europäischen Parlaments die Orientierungsabstimmung über mehr als 3000 Änderungsanträge zum Entwurf der Europäischen Kommission durchgeführt werden. Naturgemäß werfen die von dem neuen Datenschutzrecht betroffenen Wirtschaftskreise, ebenso wie die den Datenschutz verteidigenden Bürgerrechtler, noch einmal alles in die mediale Waagschale, um für ihre Position Stimmung zu machen. Grundsätzlich ist ein offener Schlagabtausch richtig und auch wichtig, um so das Interesse der Bevölkerung für das „trockene“ und dennoch zukunftsträchtige Thema Datenschutz zu wecken. Doch als externer Beobachter und zwischen den Stühlen sitzender Bürger fragt man sich natürlich, „wem soll ich nun glauben?“. Wird in Brüssel also gerade das Datenschutzrecht unaufhaltsam aufgeweicht und kommen infolge wirtschaftsbasierter Einflussnahme die Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu kurz oder versucht die Kommission einen realitätsnäheren Rechtsrahmen zu schaffen, bei dem wirtschaftliche Belange auch zu berücksichtigen sind?
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Schadenersatz bei unerlaubter Verarbeitung personenbezogener Daten?

Eine kürzlich veröffentlichte Studie der OECD hat die Berechnungsmethoden und offiziellen wie auch inoffiziellen Marktpreise für verschiedene Arten personenbezogener Daten untersucht. Danach liege der Preis für die Daten zur Insolvenzauskunft eines US-Bürgers etwa bei 26.5 US-Dollar, für eine unveröffentlichte Telefonnummer müsste man 10 US-Dollar zahlen.

Schadenersatz bei rechtwidriger Datenverarbeitung?

Häufig wird der Betroffene von derlei Datenhandel überhaupt nichts mitbekommen. Welche rechtliche Möglichkeit besteht aber, wenn er dennoch Kenntnis erlangt? Kann er dann von dem Verantwortlichen Schadenersatz in Höhe des wirtschaftlichen „Wertes“ seiner Daten verlangen? Sollte es sich um besonders sensible Informationen handeln, kann er dann auch einen immateriellen, also finanziell nicht messbaren, Schaden geltend machen?
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Datenschutz-Grundverordnung: Einwilligung – warum der „Abbau“ ein „Aufbau“ ist

„Ausdrücklich“, „eindeutig“, „explizit“… In der Diskussion um die geplanten gesetzlichen Änderungen des europäischen Datenschutzrechts und Datenschutz-Grundverordnung (DS-GV) zielt die Kritik der Bürgerrechtler und Verteidiger eines hohen datenschutzrechtlichen Standards häufig auf eine angeblich beabsichtigte Aufweichung der Anforderungen an die datenschutzrechtliche Einwilligung ab.

Im ursprünglichen Entwurf zur DS-GV sollte in Art. 4 Abs. 8 die Einwilligung als „jede ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgte explizite Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist“ definiert werden.

Ergänzend wird in Erwägungsgrund 25 angeführt: „Die Einwilligung sollte explizit mittels einer geeigneten Methode erfolgen, die eine ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage abgegebene Willensbekundung der betroffenen Person in Form einer Erklärung oder einer eindeutigen Handlung ermöglicht.“ Dies bedeutet „etwa durch Anklicken eines Kästchens beim Besuch einer Internetseite und durch jede sonstige Erklärung oder Verhaltensweise, mit der die betroffene Person in dem jeweiligen Kontext klar und deutlich ihr Einverständnis mit der beabsichtigten Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten signalisiert“.
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