Abkommen, Vertrag, Beschluss – Was ist Safe-Harbor? (Update)

Nach der Ankündigung der deutschen Datenschutzbehörden, neue Genehmigungen für Datenübermittlungen in die USA nicht mehr erteilen zu wollen, da mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen die Grundsätze von Safe-Harbor verstoßen wird, mehren sich in der Öffentlichkeit die Stimmen, die eine „Kündigung“ von Safe-Harbor fordern oder die „Safe-Harbor-Klausel“ auf Eis legen wollen. Inwiefern die nationalen Datenschutzbehörden hier tatsächlich tätig werden können, hat Adrian Schneider bei Telemedicus näher untersucht.

Nachfolgend soll es vor allem um den Versuch gehen eine Antwort auf die Frage zu finden, was Safe-Harbor rechtlich darstellt und wie und wenn ja wer sich davon lösen kann.

Entstehung
Die Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission und der amerikanischen Regierung, vertreten durch das Handelsministerium, begannen 1998. Die Praxis bestand darin, dass in Form eines Briefwechsels Vorschläge, für die Grundsätze einer Datenübermittlung mit angemessenem Schutznievau aus Europa in die USA, gegenseitig ausgetauscht und kommentiert wurden (viele Dokumente und Briefe finden sich auf der Seite des amerikanischen Handelsministeriums). Auf europäischer Seite wurde zudem die Art. 29 Datenschutzgruppe über die Verhandlungen informiert und diese gab mehrere Stellungnahmen im Laufe des Prozesses ab (WP 15, WP 19, WP 21, WP 23, WP 27, WP 31, WP 32, alle abrufbar über die Internetseite der Datenschutzgruppe).
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Irische Datenschutzbehörde: PRISM von Safe-Harbor gedeckt

Die österreichische Initiative europe-v-facebook (evf) berichtet in einer Pressemitteilung, dass die irische Datenschutzbehörde keinen Handlungsbedarf hinsichtlich einer möglichen Unzulässigkeit des massenhaften Abgreifens und der Weitergabe von personenbezogenen Daten europäischer Bürger durch amerikanische Unternehmen an ausländische Behörden und Geheimdienste sieht.

Safe-Harbor eingehalten
Evf veröffentlicht ein Antwortschreiben der irischen Datenschutzbehörde, in welchem die Behörde ausführt, dass nach ihrer Meinung die Europäische Kommission bei ihrer Entscheidung über das Safe-Harbor-Abkommen im Jahre 2000 die Weitergabe von personenbezogenen Daten europäischer Bürger durch in Amerika ansässige Datenverarbeiter bereits vorhergesehen habe. Solange sich ein amerikanisches Unternehmen an dem Safe-Harbor-Programm beteilige, geht die Behörde davon aus, dass dieses Unternehmen auch seine Pflichten in Bezug auf eine Datenübertragung von Europa in die USA ausreichend erfüllt habe.
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Deutsche Datenschützer: keine neuen Genehmigungen für Datenübermittlungen

Kommt der Datenfluss zwischen deutschen und amerikanischen Unternehmen bald zum erliegen? Wohl nicht. Dennoch könnten sich für international tätige, in Deutschland ansässige Unternehmen in den nächsten Monaten erhebliche Probleme bei der Übermittlung von personenbezogenen Daten in die USA ergeben. Denn: In einer Presseerklärung stellt die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder (der sog. Düsseldorfer Kreis) fest, dass

„die Aufsichtsbehörden für den Datenschutz keine neuen Genehmigungen für die Datenübermittlung in Drittstaaten (zum Beispiel auch zur Nutzung bestimmter Cloud-Dienste) erteilen und prüfen, ob solche Datenübermittlungen auf der Grundlage des Safe-Harbor-Abkommens und der Standardvertragsklauseln auszusetzen sind“.
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Ein Grundrecht auf Verschlüsselung

Im Zuge der Enthüllungen der letzten Wochen um die großflächigen Überwachungstätigkeiten ausländischer Geheimdienste im Internet und die möglicherweise unterstützende Beteiligung deutscher Behörden, erfreuen sich sog. Cryptopartys immer größerer Beliebtheit. Dort geben fachkundig und technisch versierte Nutzer ihr Wissen zu Möglichkeiten der Verschlüsselung der eigenen digitalen Kommunikation an den „normalen“ Internetnutzer weiter (der FDP Bundestagsabgeordnete Jimmy Schulz denkt aufgrund des Intereses unter Kollegen sogar über eine Veranstaltung im Bundestag nach).

Digitale Selbstverteidigung?

Der Einsatz von entsprechender Software oder Diensten, welche zumindest einen höheren Schutz vor einer ungewollten, identifizierenden Überwachung durch den Staat bieten, wird derzeit vor allem mit den Schlagwörtern der digitalen Gegenwehr oder Selbstverteidigung umschrieben. Durch die Aussage von Innenminister Dr. Friedrich, die Bürger sollten selbst etwas tun und eben ihre Daten verschlüsseln, könnte man jedoch den Eindruck gewinnen, dass der deutsche Internetnutzer hier auf sich gestellt ist und keine Hilfe vom Staat erwarten könne oder dürfe. Doch dem ist nicht so!
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1995: Die Überwachungswunschliste der europäischen Behörden

Die Diskussion der letzten Wochen, um die aufgedeckten Überwachungsprogramme der USA (PRISM) und auch etwa des britischen Geheimdienstes (TEMPORA), haben uns gezeigt, dass in dieser digitalen Welt aus Einsen und Nullen, in der wir (ob wir nun wollen oder nicht) leben, ein Großteil staatlicher (Überwachungs-)Tätigkeit unter einem Deckmantel des Schweigens und hinter einer intransparenten Mauer abläuft. Das Bild von der Spitze des Eisberges, dessen gesamter Körper unsichtbar unter der Wasseroberfläche schwimmt, mag hier bemüht werden.

Sicher ist die Empörung der Europäer und auch der Deutschen, als meist überwachtes europäisches Land, gerechtfertigt. Doch zeigt ein Blick in die Geschichte, dass der Wunsch nach umfangreicher Überwachung der internationalen Kommunikation kein rein amerikanischer oder angel-sächsischer, von dem Ziel der Terrorismusbekämpfung getragener, Ausdruck nationalen Sicherheitsdenkens ist. Auch bei uns, in der Europäischen Union, wurde vor über 15 Jahren dieser Wunsch (und das ganz offen) auf höchster Ebene zum Ausdruck gebracht.
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Internationale Datenschutzabkommen – ein Überblick

Nachdem Bundeskanzlerin Merkel im Sommerinterview der ARD (Video) im Zusammenhang mit der Überwachungsaffäre, vor allem durch amerikanische Geheimdienste, sich sowohl für ein starkes, einheitliches europäisches Datenschutzrecht, als auch für die Arbeit an einem internationalen Datenschutzabkommen bzw. für ein Zusatzprotokoll zu bestehenden Abkommen aussprach, lohnt sich ein Blick auf die derzeitige Situation und die Vergangenheit zu Bemühungen um das internationale (außereuropäische) Datenschutzrecht.

Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Freiheiten

Von Bundeskanzlerin Merkel in dem Interview angesprochen wird der (von Deutschland im Jahre 1973 ratifizierte) Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR, PDF), in dessen Artikel 17 als Menschenrecht festgeschrieben wird, dass niemand „willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden“ darf.
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Die Linke stellt kleine Anfrage zu XBox One, Safe Harbor und Prism

Mit einer kleinen Anfrage (BT-Drs. 17/14116) vom 25.06.2013 möchten Abgeordnete der Partei „Die Linke“ im Bundestag Antworten der Bundesregierung auf verschiedene datenschutzrechtliche Fragen in Bezug auf die Datenverarbeitung durch Spielekonsolen, aber auch darüber hinausgehende Einschätzungen zu Datenverarbeitungen durch amerikanische Unternehmen, erhalten.

Zunächst muss man anmerken, dass die Diskussion (meine Beiträge hierzu finden sich hier und hier) um die geplante neue XBox von Microsoft und um die diesbezüglich bestehenden Pläne des Unternehmens, alleine auf vorläufigen Informationen aus der Presse, zum Teil auch von Microsoft selbst, beruhen. Auch wenn einige Funktionen, wie etwa die obligatorische Kinect-Kamera, wohl ziemlich sicher umgesetzt werden, so liegen derzeit noch keine Tatsachen vor, aufgrund derer eine abschließende rechtliche Prüfung möglich wäre.
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Europe vs. Facebook erstattet Anzeige gegen Facebook, Microsoft, Apple, Skype und Yahoo

Wie europe-v-facebeook.org (evf) heute in einer Pressemitteilung bekannt gibt, hat die Vereinigung zusammen mit Nutzern mehrere Beschwerden bei verschiedenen nationalen Datenschutzbehörden eingereicht.

Inhalt der Beschwerden
Evf stützt sein Vorbringen auf eine mögliche Verletzung europäischen Datenschutzrechts durch europäische Tochtergesellschaften großer amerikanischer Unternehmen. Ziel der Beschwerden sind Facebook, Apple, Microsoft, Skype und Yahoo. Die Beschwerden gingen an die Datenschutzbehörden in Irland (für Facebook und Apple), Deutschland (für Yahoo) und Luxemburg (für Skype und Microsoft).

Evf sieht in dem Export von Nutzerdaten von europäischen Tochterfirmen an ihre amerikanischen Muttergesellschaften einen Verstoß gegen die Vorgaben der geltenden Datenschutzrichtlinie (RL 95/46 EG, DS-RL), wenn sich die Vermutungen in Bezug auf die aufgedeckten Informationen zu dem Überwachungsprogramm Prism des amerikanischen Geheimdienstes als wahr herausstellen sollten. Ein Export von personenbezogenen Daten in ein Drittland außerhalb der EU ist nach geltendem Recht nur zulässig, wenn in diesem Drittland ein „angemessenes Datenschutzniveau“ besteht. Diese Feststellung wir durch die Europäische Kommission getroffen.
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