Ein Grundrecht auf Verschlüsselung

Im Zuge der Enthüllungen der letzten Wochen um die großflächigen Überwachungstätigkeiten ausländischer Geheimdienste im Internet und die möglicherweise unterstützende Beteiligung deutscher Behörden, erfreuen sich sog. Cryptopartys immer größerer Beliebtheit. Dort geben fachkundig und technisch versierte Nutzer ihr Wissen zu Möglichkeiten der Verschlüsselung der eigenen digitalen Kommunikation an den „normalen“ Internetnutzer weiter (der FDP Bundestagsabgeordnete Jimmy Schulz denkt aufgrund des Intereses unter Kollegen sogar über eine Veranstaltung im Bundestag nach).

Digitale Selbstverteidigung?

Der Einsatz von entsprechender Software oder Diensten, welche zumindest einen höheren Schutz vor einer ungewollten, identifizierenden Überwachung durch den Staat bieten, wird derzeit vor allem mit den Schlagwörtern der digitalen Gegenwehr oder Selbstverteidigung umschrieben. Durch die Aussage von Innenminister Dr. Friedrich, die Bürger sollten selbst etwas tun und eben ihre Daten verschlüsseln, könnte man jedoch den Eindruck gewinnen, dass der deutsche Internetnutzer hier auf sich gestellt ist und keine Hilfe vom Staat erwarten könne oder dürfe. Doch dem ist nicht so!
Continue reading

Internationale Datenschutzabkommen – ein Überblick

Nachdem Bundeskanzlerin Merkel im Sommerinterview der ARD (Video) im Zusammenhang mit der Überwachungsaffäre, vor allem durch amerikanische Geheimdienste, sich sowohl für ein starkes, einheitliches europäisches Datenschutzrecht, als auch für die Arbeit an einem internationalen Datenschutzabkommen bzw. für ein Zusatzprotokoll zu bestehenden Abkommen aussprach, lohnt sich ein Blick auf die derzeitige Situation und die Vergangenheit zu Bemühungen um das internationale (außereuropäische) Datenschutzrecht.

Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Freiheiten

Von Bundeskanzlerin Merkel in dem Interview angesprochen wird der (von Deutschland im Jahre 1973 ratifizierte) Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR, PDF), in dessen Artikel 17 als Menschenrecht festgeschrieben wird, dass niemand „willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden“ darf.
Continue reading

OLG Hamburg: Abmahnung bei fehlenden Datenschutzhinweisen

Das OLG Hamburg hat mit Urteil vom 27.06.2013 (Az. 3 U 26/12) unter anderem entschieden, dass es einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß darstellt, wenn ein Webseitenbetreiber personenbezogene Daten von Nutzern erhebt, jedoch keine Informationen über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten in allgemein verständlicher Form zu Beginn des Nutzungsvorgangs (so die gesetzliche Pflicht aus § 13 Abs. 1 S. 1 TMG) erteilt. Fehlen diese notwendigen Informationen im Rahmen der Vorhaltung einer Eingabemöglichkeit von Nutzerdaten (hier um Informationen zu erhalten bzw. ein Blutzuckermessgerät testen zu können), so verstößt dieses Verhalten nicht nur gegen das Datenschutzrecht, sondern berechtigt Wettbewerber auch dazu, den Webseitenbetreiber abzumahnen.

Diese Entscheidung ist deshalb interessant, weil es in der Rechtsprechung und der Literatur allgemein umstritten ist, inwiefern und wenn ja welche datenschutzrechtlichen Vorschriften einen Wettbewerbsbezug aufweisen und bei einer Verletzung solcher Vorschriften der Diensteanbieter eventuell durch Wettbewerber abgemahnt werden kann.
Continue reading

EU Kommission prüft 180 Beschwerden gegen irische Datenschutzbehörde

Nach Aussage (PDF) der österreichischen Vereinigung „europe-v-facebook“ (evf) sind derzeit über 1.000 Beschwerden gegen Facebook bei der nationalen irischen Datenschutzbehörde anhängig. Es geht dabei um die Durchsetzung des Auskunftsrechts (Art. 12 der Datenschutzrichtlinie, RL 95/46/EG) gegenüber Facebook, zu den bei dem Anbieter über sie gespeicherten personenbezogenen Daten. Da die durch das Unternehmen bereitgestellten Informationen nur unvollständig seien, habe sich ein Teil der Betroffenen an die irischen Datenschützer gewendet.

Standard E-Mail und fehlender Aktenzugang

Da jedoch auch die Behörde zum Großteil nur mit Standardschreiben auf die Beschwerden der Betroffenen antworte und weitere Informationen zum Verfahrensstand und eine Einsicht in die Akten verweigere, sind einige Betroffene einen Schritt weiter gegangen und haben eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission über die Arbeitsweise der irischen Datenschutzbehörde eingereicht. Darin wird Irland eine mangelnde Umsetzung der Datenschutzrichtlinie vorgeworfen, indem die irische Datenschutzbehörde die Auskunftsersuchen der Betroffenen nicht konsequent bearbeite und durchsetze.
Continue reading

Google Glass: US-Senatoren sind über Antworten enttäuscht

Nachdem im Mai einige US-Senatoren einen Brief mit verschiedenen Fragen an Google zu dessen Datenbrille Glass und damit verbundenen datenschutzrechtlichen Problemen und Auswirkungen auf die Privatsphäre übersandt hatten, erhielten sie jüngst eine Antwort des Unternehmens. Aus Sicht des Senators Joe Barton stellen sich diese jedoch als „enttäuschend“ dar, da manche Fragen nur ungenügend und einige sogar gar nicht beantwortet worden seien.

Auch internationale Datenschützer hatten jüngst einen ähnlichen Brief in Bezug auf die rechtlichen Implikationen des geplanten Verkaufstartes von Google Glass versendet (hierzu mein Beitrag).
Continue reading

Die Linke stellt kleine Anfrage zu XBox One, Safe Harbor und Prism

Mit einer kleinen Anfrage (BT-Drs. 17/14116) vom 25.06.2013 möchten Abgeordnete der Partei „Die Linke“ im Bundestag Antworten der Bundesregierung auf verschiedene datenschutzrechtliche Fragen in Bezug auf die Datenverarbeitung durch Spielekonsolen, aber auch darüber hinausgehende Einschätzungen zu Datenverarbeitungen durch amerikanische Unternehmen, erhalten.

Zunächst muss man anmerken, dass die Diskussion (meine Beiträge hierzu finden sich hier und hier) um die geplante neue XBox von Microsoft und um die diesbezüglich bestehenden Pläne des Unternehmens, alleine auf vorläufigen Informationen aus der Presse, zum Teil auch von Microsoft selbst, beruhen. Auch wenn einige Funktionen, wie etwa die obligatorische Kinect-Kamera, wohl ziemlich sicher umgesetzt werden, so liegen derzeit noch keine Tatsachen vor, aufgrund derer eine abschließende rechtliche Prüfung möglich wäre.
Continue reading

Europe vs. Facebook erstattet Anzeige gegen Facebook, Microsoft, Apple, Skype und Yahoo

Wie europe-v-facebeook.org (evf) heute in einer Pressemitteilung bekannt gibt, hat die Vereinigung zusammen mit Nutzern mehrere Beschwerden bei verschiedenen nationalen Datenschutzbehörden eingereicht.

Inhalt der Beschwerden
Evf stützt sein Vorbringen auf eine mögliche Verletzung europäischen Datenschutzrechts durch europäische Tochtergesellschaften großer amerikanischer Unternehmen. Ziel der Beschwerden sind Facebook, Apple, Microsoft, Skype und Yahoo. Die Beschwerden gingen an die Datenschutzbehörden in Irland (für Facebook und Apple), Deutschland (für Yahoo) und Luxemburg (für Skype und Microsoft).

Evf sieht in dem Export von Nutzerdaten von europäischen Tochterfirmen an ihre amerikanischen Muttergesellschaften einen Verstoß gegen die Vorgaben der geltenden Datenschutzrichtlinie (RL 95/46 EG, DS-RL), wenn sich die Vermutungen in Bezug auf die aufgedeckten Informationen zu dem Überwachungsprogramm Prism des amerikanischen Geheimdienstes als wahr herausstellen sollten. Ein Export von personenbezogenen Daten in ein Drittland außerhalb der EU ist nach geltendem Recht nur zulässig, wenn in diesem Drittland ein „angemessenes Datenschutzniveau“ besteht. Diese Feststellung wir durch die Europäische Kommission getroffen.
Continue reading

Generalanwalt am EuGH: Für Google gilt spanisches Datenschutzrecht. Wirklich?

In dem Verfahren des Vorabentscheidungsersuchens des Audiencia Nacional (Spanien) zwischen der spanischen Datenschutzbehörde (AEPD) und Google vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) (Aktenzeichen C-131/12), hat der zuständige Generalanwalt Jääskinen heute seine Schlussanträge gestellt. Die Ausführungen zur Anwendbarkeit europäischen bzw. national-staatlich umgesetzten Datenschutzrechts, scheinen jedoch diskussionswürdig. Die Schlussanträge sollen dem EuGH als Leitlinien für seine Entscheidungen dienen. Gebunden ist er hieran freilich nicht.
Continue reading

Datenpanne bei Facebook öffnet Schatten-Profile

Das am vergangenen Freitag bei Facebook bekanntgewordene „Datenleck“, von dem die Kontaktinformationen (E-Mail-Adresse und Telefonnummern) von bis zu 6 Millionen Facebook-Nutzern betroffenen waren, könnte größer sein, als dies zunächst den Anschein hatte.

Was war geschehen?
Wie Facebook am Freitag in einem offiziellen Statement bekannt gab, wurde vergangene Woche ein technischer Fehler in dem Download-Tool, welches es Nutzern ermöglicht, die über sie gespeicherte Daten (u.a. auch die bei Kontaktinformationen ihrer Facebook-Freunde) herunterzuladen, entdeckt. Dieser Fehler erlaubte es Nutzern nicht nur die auf Facebook von ihren Freunden freiwillig eingegebenen Kontaktinformationen herunterzuladen.
Continue reading

Wir leben nicht in Nordkorea – Wie das Internet die Territorialität heraufbeschwört

Eigentlich ist es paradox. Das Internet, Sinnbild für ein weltumspannendes und offenes Netzwerk, grundsätzlich jedem zugänglich und plastisches Abbild der Internationalität, beschwört in der derzeitigen öffentlichen Debatte mehr und mehr die Rufe nach nationaler Abschottung, nach dem Einziehen von strikten einzelstaatlichen Grenzen herauf.

Nationale Überwacher zapfen die Kabel, über welche die Datenpakete im Internet versendet werden, entweder gleich direkt an oder nutzen als Anlaufstelle für Auskunftsbegehren weltweit agierende Unternehmen, die in den letzten Jahren durch ihre Internetangebote einen immensen Berg an Daten angehäuft haben. Meist sind diese Überwachungsmaßnahmen, wie etwa im Fall der Auskünfte unter dem amerikanischen Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA), auf die Daten von ausländischen Bürgern gerichtet.
Continue reading