Die Rolle von „Übereinkommen Nr. 108+“ im Rahmen der Prüfung des Datenschutzniveaus in Drittländern nach der DSGVO

Nach der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Schrems II (C-311/18) wird vermehrt deutlich, dass der Inhalt dieses Urteils bei weitem nicht nur Auswirkungen auf Datenübermittlungen in die USA hat. Wenn kein Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission existiert, fordert der EuGH von datenexportierenden Verantwortlichen, dass sie vor der Übermittlung prüfen, ob in dem jeweiligen Drittland ein gleichwertiges Schutzniveau für personenbezogene Daten existiert.

Es stellt sich die Frage, welche Bedeutung das Übereinkommen Nr. 108+ (man spricht von „Nr. 108+“, da das alte Übereinkommen im Jahre 2018 angepasst wurde) des Europarates zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (Übereinkommen Nr. 108) bei der Prüfung des Schutzniveaus in Drittländer spielt, die Vertragspartei dieses völkerrechtlichen Übereinkommens sind. Mein Kollege Philipp Quiel und ich haben uns hierzu ein paar tiefergehende Gedanken gemacht und die Vorgaben der DSGVO für ein „gleichwertiges Schutzniveau“ den Regelungen des Übereinkommen Nr. 108+ gegenübergestellt. Den Beitrag kann man hier herunterladen (PDF).

Ergänzung vom 31.8.2020: aufgrund des Feedbacks auf Twitter haben wir die gegenüberstellende Analyse um die Regelungen des Übereinkommens 108 und Informationen zum Gültigkeitsstatus ergänzt. Danke.

Das SchremsII-Urteil des EuGH: Folgen für die Praxis des Einsatzes von Standarddatenschutzklauseln

Was sind die Konsequenzen des Schrems II-Urteils des EuGH (C-311/18)? Was ist bei Datentransfers in die USA und auch andere Drittländer zu beachten? Diese Fragen stellen sich aktuell natürlich viele Unternehmen und allgemein datenverarbeitende Stellen. Ich habe nicht den Anspruch, hierauf abschließende Antworten zu geben.

Gerne möchte ich aber in diesem Beitrag versuchen, das Urteil zum einen systematisch einzuordnen und etwas „aufzudröseln“. Zum anderen auch mögliche (!) praktische Konsequenzen für datenverarbeitende Stellen abzuleiten. Im Blick sollen hierbei die Standardvertragsklauseln (jetzt: Standarddatenschutzklauseln, „SDK“) stehen. Das andere Interpretation des Urteils sicherlich ebenso vertretbar sind, versteht sich meines Erachtens von selbst.

Ich verzichte hier bewusst auf eine Darstellung, was Hintergrund des Verfahrens war und auch auf Erläuterungen, was das EU US Privacy Shield oder die SDK sind.

Da dieser Beitrag relativ lang ist, stelle ich ihn auch in einem PDF-Dokument zum Download bereit.

A. Systematik des Urteils

Meines Erachtens bietet sich zunächst an, den Prüfaufbau des EuGH in den Blick zu nehmen. Dies ist, gerade aufgrund der Länge des Urteils relevant. Denn man kann sich gut in der Begründung verlieren, nur um dann die Frage zu stellen, was denn eigentlich gerade geprüft wird. Hierzu habe ich eine kleine Gliederung erstellt:

1. Das erforderliche Schutzniveau nach Art. 46 Abs. 1 und Art. 46 Abs. 2 lit. c DSGVO, wenn Daten auf der Grundlage von Standarddatenschutzklauseln in ein Drittland übermittelt werden? (ab Rz. 90)

2. Aussetzungspflicht der Datenschutzbehörde, wenn die Klauseln in diesem Drittland nicht eingehalten werden oder nicht eingehalten werden können? (ab Rz. 106)

3. Gültigkeit des Standarddatenschutzklausel-Beschlusses im Hinblick auf die Art. 7, 8 und 47 der Charta („angemessenes Schutzniveau“)? (ab Rz. 122)

4. Ob und inwieweit eine Datenschutzbehörde („DSB“) eines Mitgliedstaats an die Feststellungen im Privacy Shield-Beschluss gebunden ist // ob die auf die Standarddatenschutzklauseln gestützte Übermittlung personenbezogener Daten in die USA die durch die Art. 7, 8 und 47 der Charta verbürgten Rechte verletzt? (ab Rz. 150)

a. Zum Inhalt des Privacy Shield-Beschlusses (ab Rz. 163)

b. Zur Feststellung eines angemessenen Schutzniveaus (ab Rz. 168)

B. Einheitliches Schutzniveau für Kapitel V der DSGVO

Aus der Gliederung wird bereits deutlich, dass der EuGH in dem Urteil zunächst prüft, was denn überhaupt für ein Schutzniveau zu erreichen ist, wenn Daten auf der Grundlage von Art. 46 DSGVO übermittelt werden. In der Prüfung im ersten Abschnitt befasst sich der EuGH ganz allgemein mit der Frage, welches Schutzniveau „geeignete Garantien“ erreichen müssen.

Also ganz abstrakt: gibt es einen Unterschied des zu erreichenden Schutzniveaus bei den Transfermechanismen nach Kapitel V DSGVO?

Nein. Nach dem EuGH gilt für die ganze DSGVO und damit auch Kapitel V ein einheitliches Schutzniveau. Das bedeutet, dass die in Art. 46 Abs. 1 DSGVO genannten „geeigneten Garantien“ so beschaffen sein müssen, dass sie für Personen, deren personenbezogene Daten auf der Grundlage von SDK in ein Drittland übermittelt werden – wie im Rahmen einer auf einen Angemessenheitsbeschluss gestützten Übermittlung – ein Schutzniveau gewährleisten, das dem in der Union garantierten Schutzniveau der Sache nach gleichwertig ist (Rz. 96).

In den Rz. 90-105 geht es noch gar nicht spezifisch um die aktuell geltenden SDK, sondern allgemein um dieses Transferinstrument an sich. Das Gericht betrachtet den allgemeinen Prüfungsmaßstab, der an Datentransfers nach Art. 46 DSGVO zu stellen ist. Die SDK stellen dabei ein Beispiel dar.

C. Anforderungen an Datentransfers ohne Angemessenheitsbeschluss

Nach dem EuGH (und der Vorgaben in Art. 46 Abs. 1 DSGVO) dürfen, bei fehlendem Angemessenheitsbeschluss, personenbezogene Daten an ein Drittland übermitteln werden, wenn der Exporteur folgende drei Ziele erreicht:

  • er „geeignete Garantien“ vorgesehen hat (diese können u.a. in den SDK bestehen)
  • den betroffenen Personen „durchsetzbare Rechte“ und
  • wirksame Rechtsbehelfe“ zur Verfügung stehen (Rz. 91)

Dies sind, für Art. 46 DSGVO, die maßgeblichen drei Kriterien des angemessenen Schutzniveaus.

Wichtig: im Rahmen des Art. 46 DSGVO (und damit auch der SDK) muss aber nicht das Zielland und die dortige Rechtsordnung ein der Sache nach gleichwertiges Schutzniveau aufweisen. Sondern die „geeigneten Garantien“ selbst, also zB die SDK, sollen für Personen ein Schutzniveau gewährleisten, das dem in der Union garantierten Schutzniveau der Sache nach gleichwertig (Rz. 96).

Das bedeutet dann auch, dass der Prüfungsmaßstab für das Schutzniveau inhaltlich ein anderer ist, als im Fall des Angemessenheitsbeschlusses nach Art. 45 DSGVO (vgl. auch Rz. 129 und 130). Das zu erreichende Ziel (Gleichwertigkeit) ist aber dasselbe.

Meine verbildlichte Darstellung: im Fall des Angemessenheitsbeschlusses ist das ganze Drittland eine schöne grüne Datenschutzwiese. Im Fall des Art. 46 DGSVO (also etwa des Einsatzes von SDK) ist das Drittland aber eine böse Vulkanlandschaft, in der Daten nicht sicher sind und mit den SDK wollen wir nun einen Tunnel zu einem bestimmten Empfänger schaffen. Es existiert also, quasi als Voraussetzung, ein Mangel an Datenschutz, der durch den Tunnel für eine Übermittlung ausgeglichen werden muss (Rz. 95). Dieser Tunnel muss die Daten entsprechend den Anforderungen des Art. 46 DSGVO gegen die Vulkanlandschaft schützen.

D. Schutzniveau beim Einsatz von SDK

Das vorlegende Gericht wollte vom EuGH auch wissen, welche Gesichtspunkte denn konkret zu berücksichtigen sind, um festzustellen, ob ein angemessenes Schutzniveau besteht, wenn personenbezogene Daten auf der Grundlage der SDK übermittelt werden (Rz. 102).

Die Antwort des EuGH hierauf ist wenig spezifisch und praxistauglich. Er orientiert sich natürlich an dem oben aufgestellten Schutzniveau für Art. 46 DSGVO. Hinsichtlich seiner bereits zuvor herausgestellten drei Kriterien, erläutert er aber in Rz. 104 zusätzlich, dass in Bezug auf eine Übermittlung auf Grundlage der SDK folgende Punkte zu berücksichtigen sind:

  • insbesondere die vertraglichen Regelungen, die zwischen dem in der Union ansässigen Verantwortlichen und dem im betreffenden Drittland ansässigen Empfänger der Übermittlung vereinbart wurden, sowie,
  • was einen etwaigen Zugriff der Behörden dieses Drittlands auf die übermittelten personenbezogenen Daten betrifft, die maßgeblichen Elemente der Rechtsordnung dieses Landes.

Und hier vollzieht der EuGH einen wichtigen vergleichenden Schwenk zu den Voraussetzungen für einen Angemessenheitsbeschluss: hinsichtlich des Zugriffs von Behörden des Drittlands auf die übermittelten personenbezogenen Daten entsprechen die Elemente, die im Kontext von Art. 46 DSGVO zu berücksichtigen sind, jenen, die in Art. 45 Abs. 2 DSGVO in nicht abschließender Weise aufgezählt werden.

E. Bewertung der aktuell geltenden SDK (2010/87/EU)

Erfüllen die aktuell geltenden SDK diese Anforderungen? Und was ist konkret bei ihrem Einsatz zu beachten? Mit den aktuell geltenden SDK (bzw. genauer, mit dem zugrundliegenden Beschluss der Kommission) befasst sich der EuGH ab Rz. 122.

Die erste wichtig Feststellung des EuGH ist, dass es Situationen geben kann, in denen die SDK unverändert genutzt werden können, da sie selbst das angemessene Schutzniveau schaffen. Der EuGH unterscheidet zwei Szenarien (Rz. 126):

  • Szenario 1: Der Empfänger einer Übermittlung kann, in Anbetracht der Rechtslage und der Praxis im betreffenden Drittland, den erforderlichen Datenschutz allein auf der Grundlage der SDK garantieren kann.
  • Szenario 2: Situationen, in denen die in den SDK enthaltenen Regelungen möglicherweise kein ausreichendes Mittel darstellen, um in der Praxis den effektiven Schutz der in das betreffende Drittland übermittelten personenbezogenen Daten zu gewährleisten.

Zu Szenario 2 nennt das Gericht ein Beispiel: wenn das Recht dieses Drittlands dessen Behörden bezüglicher dieser Daten Eingriffe in die Rechte der betroffenen Personen erlaubt.

Achtung: nur weil Eingriffe in die Rechte der Betroffenen möglich und durch die nicht angepasste Form der SDK nicht ausgeschlossen werden können, sind die SDK aber nicht untauglich. Das ist meines Erachtens wichtig zu erkennen.

Denn Art. 46 Abs. 2 DSGVO verlangt laut dem EuGH nicht, dass sämtliche Garantien zwangsläufig in einem Beschluss der Kommission wie dem SDK-Beschluss vorgesehen sind (Rz. 128). Dies ist auch gar nicht möglich, denn die SDK sind nur allgemein erstellt und gelten für alle Drittländer (Rz. 130, 133).

Ab Rz. 137 befasst sich der EuGH dann mit dem Beschluss der Kommission zu den aktuell geltenden SDK. Die Ausführungen sind also eher abstrakt wertender Natur. Jedoch geht der EuGH in seiner Prüfung der Gültigkeit des Beschlusses auch auf Pflichten ein, die für Verantwortliche gelten und er erläutert, wie diese auszuüben sind.

F. Pflichten des Verantwortlichen (Exporteur) und des Auftragsverarbeiters (Importeur)

Und nun nähern wir uns auch praktischen Vorgaben. Nach dem EuGH kann es, aufgrund dieses allgemeinen Charakters der SDK, in dem oben erwähnten Szenario 2, je nach der in einem bestimmten Drittland gegebenen Lage erforderlich sein, dass der Verantwortliche zusätzliche Maßnahmen ergreift, um die Einhaltung des Schutzniveaus der SDK zu gewährleisten (Rz. 133).

Noch einmal zur Erinnerung: Schutzniveau der SDK ist nach EuGH ein der Sache nach gleichwertiges Schutzniveau wie in der EU.

Und der EuGH geht noch weiter: es obliege vor allem Verantwortlichen, in jedem Einzelfall – gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit dem Empfänger der Übermittlung – zu prüfen, ob das Recht des Bestimmungsdrittlands nach Maßgabe des Unionsrechts einen angemessenen Schutz der auf der Grundlage von SDK übermittelten personenbezogenen Daten gewährleistet, und erforderlichenfalls mehr Garantien als die durch diese Klauseln gebotenen zu gewähren (Rz. 134).

Achtung: das bedeutet, dass der exportierende Verantwortliche zumindest vor der Übermittlung validieren muss, ob die unveränderte Form der SDK zum Einsatz kommen kann, um das Schutzniveau (das sie per se schaffen) zu halten. Es geht bei dieser Prüfung nicht um das komplette Recht des Drittlandes. Der EuGH verweist klar auf die konkret übermittelten Daten: „einen angemessenen Schutz der auf der Grundlage von Standarddatenschutzklauseln übermittelten personenbezogenen Daten gewährleistet“ (Rz. 134). Zudem wäre eine Prüfung der gesamten Rechtsordnung nicht mit der vorherigen Begründung des EuGH zu dem Unterschied zwischen Angemessenheitsbeschluss und SDK vereinbar.

Kann der Exporteur oder der Empfänger der Daten keine zusätzlichen Maßnahmen ergreifen, um den Standard der SCC zu halten, ist er verpflichtet, die Übermittlung personenbezogener Daten in das betreffende Drittland auszusetzen oder zu beenden (Rz. 135). Der EuGH nennt auch ein Beispiel: wenn das Recht des Drittlands dem Empfänger Verpflichtungen auferlegt, die den SDK widersprechen und daher geeignet sind, die vertragliche Garantie zu untergraben.

1. Umfang der Prüfpflicht des Verantwortlichen

Und es stellt sich dann natürlich die Frage, was konkret der Verantwortliche vor der Übermittlung zu prüfen hat? Reicht der Nachweis durch den Importeur, dass er sich an die SDK halten kann? Muss der Verantwortliche eigene Untersuchungen anstellen?

Die Antwort hierauf ergibt sich nach dem EuGH (Rz. 141) aus den Klauseln der SDK, konkret Klausel 4 Buchst. a sowie Klausel 5 Buchst. a und b. Diese verpflichten den in der Union ansässigen Verantwortlichen und den Empfänger, sich vor der Übermittlung personenbezogener Daten in ein Drittland zu vergewissern, dass das Recht des Bestimmungsdrittlands es dem Empfänger erlaubt, die SDK einzuhalten.

Das bedeutet, dass die Prüfungsfrage hier auf erster Stufe lautet: kann der Empfänger die SDK auf Basis des für ihn geltenden Rechts einhalten?

Daraus ergeben sich direkt einige wertvolle Erkenntnisse:

  • Es geht immer um die in den SDK festgelegte Übermittlung; nicht generell um Übermittlungen in das Drittland.
  • Das bedeutet, die Einhaltung der SDK ist grundsätzlich vertragsspezifisch zu prüfen.
  • Die Einhaltung der SDK im Hinblick auf das Recht im Drittland, muss daher wohl auch konkret anhand der zu übermittelnden Daten und des spezifischen Empfängers geprüft werden (und nicht allgemein).
  • Sowohl der Verantwortliche als auch der Empfänger sind verpflichtet, sich entsprechend zu vergewissern (natürlich insbesondere in Form der Zusammenarbeit).

2. Inhalt der Prüfpflicht

Und der EuGH gibt zudem noch einen Hinweis darauf, was die Vertragsparteien bei dieser Prüfung als Bewertungskriterien zu berücksichtigen haben, wovon sie sich also „vergewissern“ müssen.

In der Fußnote zu Klausel 5 der SDK wird klargestellt, dass zwingende Erfordernisse des Rechts im Drittland, die nicht über das hinausgehen, was in einer demokratischen Gesellschaft zur Gewährleistung u. a. der Sicherheit des Staates, der Landesverteidigung und der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist, nicht den Standarddatenschutzklauseln widersprechen.

Das heißt: ein angemessenes Schutzniveau kann auf Basis der SDK auch dann bestehen, wenn Behörden des Drittlandes Zugriff auf die übermittelnden Daten nehmen. Das ist eine wichtige Klarstellung des EuGH, die auch in der Praxis Relevanz hat.

Nur muss dieser Zugriff legislativ so ausgestaltet sein, dass er den Anforderungen des vormaligen Art. 13 Abs. 1 RL 95/46/EG genügt. Dort wurden Ziele aufgeführt, die einschränkende Gesetzesmaßnahmen verfolgen müssen, damit sie zulässig sind.

Art. 13 RL 95/46/EG existiert jedoch nicht mehr. Da nach Art. 94 Abs. 2 DSGVO Verweise auf die RL 95/46/EG als Verweise auf die DSGVO zu verstehen sind, muss man hier meines Erachtens an die Stelle des Art. 13 Abs. 1 RL 95/46/EG nun Art. 23 Abs. 1 DSGVO und die dort benannten Ziele setzen (die jenen des Art. 13 Abs. 1 RL 95/46/EG sehr ähnlich sind. Hierzu gehören:

  • die nationale Sicherheit;
  • die Landesverteidigung;
  • die öffentliche Sicherheit;
  • die Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder die Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit;
  • den Schutz der Unabhängigkeit der Justiz und den Schutz von Gerichtsverfahren;
  • den Schutz der betroffenen Person oder der Rechte und Freiheiten anderer Personen;
  • die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche.

Aber: es reicht nicht, dass das Recht des Drittlandes bei dem Zugriff auf die Daten ein solches Ziel verfolgt. Der Zugriff muss auch zur Verfolgung dieses Ziels erforderlich sein. Verlangt wird also eine Verhältnismäßigkeitsprüfung. Und hier wird es meines Erachtens für europäische Unternehmen alleine sehr schwer, diese Prüfung valide vornehmen zu können. Insbesondere sollten hierbei daher die Empfänger im Drittland unterstützen.

Der EuGH stellt klar, dass es als Verstoß gegen die SDK anzusehen ist, wenn einer aus dem Recht des Bestimmungsdrittlands folgenden Verpflichtung nachgekommen wird, die über das hinausgeht, was für Zwecke wie die oben genannten erforderlich ist.

3. Umsetzung in der Praxis?

In der Praxis könnte der Verantwortliche etwa über einen vorgefertigten Fragenkatalog an den Empfänger validieren, ob Zugriffe möglich sind und wenn ja, zu welchem Zweck. Sind Zugriffe auf die Daten möglich, so muss dieser Zugriff auf seine Erforderlichkeit hin geprüft werden. Meines Erachtens ergibt sich aus dem Urteil nicht, dass der Verantwortliche selbst diese Prüfung vorzunehmen hat. Es dürfte auch in Ordnung sein, wenn der Importeur (etwa über ein rechtliches Gutachten) dem Verantwortlichen nachweisen kann, dass die Zugriffe durch Behörden die europäischen Anforderungen erfüllen.

Die Prüfung erfolgt also grob wie folgt:

Stufe 1: Einsatz der unveränderten SDK. Kann der Empfänger alle SDK Pflichten einhalten?

  • Verantwortlicher muss sich hiervon „vergewissern“ (ggfs. in Zusammenarbeit mit dem Empfänger).
  • „Vergewissern“ umfasst die Prüfung, ob Zugriffe von Behörden auf die Daten möglich sind.
  • Wenn ja, dann muss geprüft werden, ob die Zugriffe erforderlich sind, um einem in Art. 23 Abs. 1 DSGVO erwähnten Ziel zu dienen und erforderlich sind.

Stufe 2: Pflichten der SDK reichen allein nicht aus. Zusätzliche Maßnahmen sind umzusetzen (Rz. 146).

  • Diese Maßnahmen können sowohl vertraglicher als auch technischer Natur sein.
  • Achtung: Risiko für den Importeur, gegen nationales Recht zu verstoßen.

Meines Erachtens ist noch einmal wichtig klarzustellen, dass die fehlende Möglichkeit, die SDK Pflichten einzuhalten, nach Ansicht des EuGH nicht direkt zur Unzulässigkeit der Übermittlung führt. Nur wenn dann auch zusätzliche Mittel bzw. Garantien nicht helfen, muss die Aufsichtsbehörde den Transfer untersagen bzw. vorher schon der Exporteur. Dies ergibt sich aus Rz. 146: „…,dass die Klauseln in diesem Drittland nicht eingehalten werden oder nicht eingehalten werden können und dass der nach dem Unionsrecht erforderliche Schutz der übermittelten Daten nicht mit anderen Mitteln gewährleistet werden kann“.

Der EuGH endet dann in Rz. 149 mit der Feststellung, dass die SDK in ihrer aktuellen Fassung und durch die dort enthaltenen Garantien grundsätzlich das erforderliche Schutzniveau (Rz. 96, „gleichwertig“) bieten. Ist die Einhaltung der SDK nicht möglich, müsste man mit der oben genannten Stufe 2 der Prüfung und Umsetzung weiterer Garantien fortfahren.

Covid-19 als „höhere Gewalt“ im Datenschutzrecht? Unternehmen sind nicht in der Haftung

In mehreren europäischen Ländern wurden aufgrund des sich verbreitenden Corona-Virus bereits Ausgangssperren verhängt. In Bayern wurde der Katastrophenfall ausgerufen. Bürger sind zudem angehalten, im Home-Office zu arbeiten. Für viele Unternehmen bedeutet dies, dass interne (Verwaltungs)Prozesse nicht mehr uneingeschränkt oder, bei einer Schließung des Unternehmens, sogar gar nicht mehr funktionieren.

Die Folge im Datenschutzrecht ist, dass Betroffenenanfragen nach der DSGVO, etwa auf Auskunft nach Art. 15 DSGVO, entweder nur stark verzögert oder in nächster Zeit gar nicht adäquat bearbeitet werden können. So kann es sein, dass aufgrund von Home-Office nicht alle internen Dokumente auf personenbezogene Daten geprüft werden können. Eventuell ist Unternehmen auch generell die Erfüllung von Pflichten nach der DSGVO aufgrund der aktuellen Umstände nicht (mehr) vollumfänglich möglich.

Aus Sicht der Praxis stellt sich für datenverarbeitende Stellen die Frage, wie sie mit dieser Situation umgehen können. Gestattet es die DSGVO etwa, dass vorgegebene Fristen nach Art. 12 Abs. 3 DSGVO (max. 3 Monate zur Beantwortung von Betroffenenanfragen) noch weiter verlängert oder nicht beachtet werden müssen? Kann sich ein Unternehmen im Fall eines Verstoßes gegen die DSGVO, der auf der aktuellen Ausnahmesituation beruht, irgendwie entlasten oder besteht die Gefahr, dass Verwaltungsverfahren oder Bußgelder durch Behörden verhängt (Art. 83 DSGVO) oder Schadensersatzansprüche von Betroffenen geltende gemacht (Art. 82 DSGVO) werden?

Aktuelle Ansichten von Datenschutzbehörden

Die englische Behörde, ICO, wird nach eigenen Angaben bei Verzögerungen der Erfüllung von datenschutzrechtlichen Pflichten die derzeitigen Umstände berücksichtigen (ICO, Data protection and coronavirus: what you need to know). Insoweit nimmt die Behörde an, dass die gesetzlichen Fristen nicht verlängert werden können, aber Verzögerungen in der Bearbeitung der Betroffenenrechte aufgrund des Corona-Virus jedoch nicht geahndet würden.

Der EDSA äußert sich zur (Nicht-)Geltung der Fristen nicht. Allerdings ist der EDSA der Ansicht, dass die besonderen Umstände nichts an den bestehenden Pflichten der Verantwortlichen ändern würden (EDSA, Statement of the EDPB Chair on the processing of personal data in the context of the COVID-19 outbreak, pdf).

Nach Ansicht der irischen Datenschutzbehörde DPC ist eine Änderung der Fristenregelungen der DSGVO nicht möglich. Jedoch spricht die DPC einige praktische Empfehlungen aus (DPC, Data Protection and COVID-19). Die DPC verweist darauf, dass unter Darlegung der entsprechenden Gründe die Frist zur Bearbeitung des Betroffenenrechts um bis zu zwei Monate verlängert werden. Die Pflicht zur Information über die Fristverlängerung obliegt dabei nach Art. 12 Abs. 3 S. 3 DSGVO dem Verantwortlichen. Zudem ist auch ein gestuftes Vorgehen bei der Beantwortung von Betroffenenanfragen denkbar. So könnte der Verantwortliche elektronisch verfügbare Dokumente, auf die die Mitarbeiter auch im Home-Office zugreifen können, zuerst bearbeiten.

Ausnahmen nach der Fristen-Verordnung?

Die für die Berechnung europarechtlich vorgegebener Fristen (also auch jener nach Art. 12 Abs. 3 DSGVO oder Art. 33 Abs. 1 DSGVO) unmittelbar anwendbare Fristen-Verordnung (Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71) sieht keine Ausnahme von bestehenden Fristen im Ausnahmefall vor.

Ausnahmen in der DSGVO?

Art. 12 DSGVO sieht keine Ausnahmen von den dort geregelten Fristen vor. Hinsichtlich der allgemeinen Pflichten nach der DSGVO finden sich in einzelnen Artikel zum Teil Ausnahmevorschriften. So etwa in Art. 14 Abs. 5 lit. b DSGVO, für den Fall, dass die Erteilung dieser Informationen sich als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Jedoch gilt diese Ausnahme nur für die Vorgaben des Art. 14 DSGVO. Im Rahmen der Löschpflicht wird etwa in Art. 17 Abs. 3 lit. c DSGVO als Ausnahme auf Gründe des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit nach Art. 9 Abs. 2 lit. i DSGVO verwiesen. Auch hierbei handelt es sich aber nur um eine spezielle Ausnahme zu Art. 17 DSGVO.

Höhere Gewalt: keine Haftung der Unternehmen

In der aktuellen Situation ist meines Erachtens über eine, in der DSGVO zwar nicht ausdrücklich benannte, dem Sinn und Zweck nach jedoch angelegte, allgemeine Ausnahme bzw. Privilegierung nachzudenken: das Vorliegen „höherer Gewalt“.

Wichtig ist hierbei, die europarechtlichen Vorgaben zu dieser Ausnahme heranzuziehen, da die DSGVO als europäisches Recht auf europarechtsautonom anzuwenden ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sind unter „höherer Gewalt“ ungewöhnliche und unvorhersehbare Ereignisse zu verstehen, auf die derjenige, der sich auf höhere Gewalt beruft, keinen Einfluss hat und deren Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können (vgl. etwa EuGH, Urt. v. 18.3.2010, Rs. C?218/09). Zu beachten ist, dass es ebenfalls ständiger Rechtsprechung entspricht, dass die Bedeutung des Begriffs der höheren Gewalt, da er auf den verschiedenen Anwendungsgebieten des Unionsrechts nicht den gleichen Inhalt hat, anhand des rechtlichen Rahmens zu bestimmen ist, innerhalb dessen er seine Wirkungen entfalten soll (EuGH, Urt. v. 25.1.2017, Rs. C?640/15). Maßgebend für seine Anwendung ist insofern die Zweckbestimmung der jeweiligen Verordnung (vgl. EuGH, Urt. v. 17.10.2002). Die Besonderheit des jeweiligen Rechtsgebiets beeinflusst vor allem die Auslegung des Begriffs im Einzelfall (vgl. EuGH, Urt. v. 22.1.1986).

Es ist daher zu prüfen, ob auch die DSGVO eine solche Ausnahme vorsieht, auf die sich eventuell datenverarbeitende Stellen in den aktuellen Zeiten berufen können. Bezogen auf die DSGVO fällt zunächst auf, dass diese den Begriff „höhere Gewalt“ nicht kennt. Zumindest nicht in der finalen Fassung. Betrachtet man den ersten Entwurf der EU Kommission und auch die Vorschläge des EU Parlaments im Gesetzgebungsverfahren, wird deutlich, dass der Umstand höherer Gewalt sehrwohl eine Rolle spielte: konkret im Rahmen der Haftung von Unternehmen auf Schadensersatz gegenüber Betroffenen.

ErwG 146 DSGVO lautet: „Der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter sollte Schäden, die einer Person aufgrund einer Verarbeitung entstehen, die mit dieser Verordnung nicht im Einklang steht, ersetzen. Der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter sollte von seiner Haftung befreit werden, wenn er nachweist, dass er in keiner Weise für den Schaden verantwortlich ist.“ (Hervorhebung durch mich)

In den früheren Fassungen der DSGVO war dieser Erwägungsgrund aber noch mit konkretem Verweis auf „höhere Gewalt“ formuliert. ErwG 118 (Ratsdokument 9398/15, 1.6.2015, pdf):

„Schäden, die einer Person aufgrund einer rechtswidrigen Verarbeitung entstehen, sollten von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder dem Auftragsverarbeiter ersetzt werden, die von ihrer Haftung befreit werden sollten, wenn sie nachweisen, dass ihnen der Schaden nicht angelastet werden kann, insbesondere weil ein Fehlverhalten der betroffenen Person oder ein Fall höherer Gewalt vorliegt.“ (Hervorhebungen durch mich)

Die beispielhafte Aufzählung von Umständen („insbesondere“), wann keine Haftung vorliegen soll, wurde auf Vorschlag des Rates gestrichen und durch eine generelle und umfassende Formulierung („in keiner Weise…verantwortlich ist“) ersetzt.

Zwar fehlt der konkrete Begriff „höhere Gewalt“. Jedoch meiner Meinung nach nicht, weil eine Berufung hierauf nicht mehr möglich sein soll, sondern vielmehr, weil der Gesetzgeber die Möglichkeit der (Ent)Nichthaftung allgemeiner umschreiben wollte, ohne spezielle Beispiele zu nennen.

Daher halte ich es auf jeden Fall für vertretbar, dass Unternehmen sich im Rahmen von Verstößen gegen die DSGVO, die ihren nachweisbaren Grund in den aktuellen Umständen des Corona-Virus und damit einhergehenden staatlichen Maßnahmen haben, auf den Umstand „höhere Gewalt“ berufen können. In diesem Fall haften Unternehmen dann Betroffenen nicht auf Schadensersatz.

Ich würde zudem auch vertreten, dass dieser, in der DSGVO klar angelegte Gedanke der Enthaftung in Ausnahmesituationen, nicht nur in Bezug auf Schadensersatzansprüche nach Art. 82 DSGVO greift, sondern auch hinsichtlich der Einhaltung von Fristen (zB Art. 12 Abs. 3 DSGVO oder Art. 33 Abs. 1 DSGVO) oder gegebenenfalls sogar anderen Pflichten. Denn, wenn schon keine Haftung angenommen wird, wenn ein Schaden eingetreten ist, dann muss es erst recht möglich sein, mit dieser Ausnahme einer Verlängerung gesetzlicher Fristen zu begründen. Es geht Unternehmen ja aktuell nicht darum, dass man Pflichten gar nicht mehr erfüllen möchte. Man kann es derzeit nur nicht in den regulatorisch vorgegebenen Parametern. Dies ist meine (in einer etwas längeren Nachsitzung entstandene) Meinung zur Auslegung und Anwendung der DSGVO in aktuellen Zeiten ist. Das bedeutet aber auch, wie oben schon angemerkt, dass andere Rechtsauffassungen (gerade auch von Aufsichtsbehörden) möglich sind.

Für die hier gefundene Lösung spricht meines Erachtens auch das Verständnis des Bundesverwaltungsgerichts zu diesem Begriff: „Der Begriff der höheren Gewalt ist ein allgemeiner Begriff des Gemeinschaftsrechts, dessen Funktion es ist, Härten aus der Anwendung von Präklusions- und Sanktionsvorschriften in besonders gelagerten Fällen zu vermeiden und damit dem Gebot der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall zu entsprechen“ (BVerwG, Urt. v. 29.4.2004 – BVerwG 3 C 27.03; Hervorhebung durch mich)

Zuletzt sei im Hinblick auf mögliche Bußgelder wegen Verstößen gegen die DSGVO darauf verwiesen, dass nach Art. 82 Abs. 2 lit. k DSGVO von den Aufsichtsbehörden zwingend „jegliche anderen erschwerenden oder mildernden Umstände im jeweiligen Fall“ beachtet werden müssen. Hierzu zählt meines Erachtens auch ein Fall „höherer Gewalt“.

Wichtig ist jedoch, dass die Anforderungen des EuGH an die Anwendbarkeit der Ausnahme „höhere Gewalt“ beachtet werden und, dass Unternehmen nachweisbar dokumentieren, warum diese Voraussetzungen vorliegen. Es muss also ein ungewöhnliches und unvorhersehbares Ereignisse vorliegen, auf das derjenige, der sich darauf beruft, keinen Einfluss hat und deren Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können.

Generalanwalt am EuGH: hohe Anforderungen an eine wirksame Einwilligung und ihre Nachweisbarkeit

Im Rahmen der am 4.3.2020 veröffentlichten Schlussanträge in der Rechtssache C?61/19, hat Generalwalt (GA) Szpunar seine Interpretation zu den Anforderungen an eine datenschutzrechtliche Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO dargelegt. Die Ausführungen des GA sind für den EuGH (wie immer) nicht bindend. Dennoch lohnt sich ein Blick in die Begründung.

Nachfolgend möchte ich auf einige „Highlights“ der Schlussanträge eingehen.

Was bedeutet der Grundsatz des Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO?

Nach Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO müssen personenbezogene Daten auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden („Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz“).

Zu der entsprechenden Vorgängernorm in der RL 95/46/EG (Art. 6 Abs. 1 lit. a) stellt der GA fest, dass in den Erlaubnistatbeständen (jetzt in Art. 6 Abs. 1 DSGVO) der in Art. 6 Abs. 1 lit. a der Richtlinie niedergelegte Grundsatz zum Ausdruck, dass personenbezogene Daten nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise verarbeitet werden müssen. Hieraus lässt sich mit Blick auf die DSGVO ableiten, dass mit der Erfüllung eines Erlaubnistatbestandes somit auch die Anforderungen der Datenschutzgrundätze „Rechtmäßigkeit sowie Verarbeitung nach Treu und Glauben“ erfüllt sind.

Freiwilligkeit der Einwilligung

Hinsichtlich des Merkmals der „Willensbekundung“ der betroffenen Person führt der GA aus, dass dies klar auf ein aktives und nicht passives Verhalten hindeute und erfordere, dass die betroffene Person über ein hohes Maß an Autonomie verfügt, wenn sie sich entscheidet, ihre Einwilligung zu erteilen oder nicht zu erteilen. Der GA verweist insoweit auf das Urteil des EuGH in Sachen Planet49.

Nach Ansicht des GA gelten die dort getroffenen Feststellungen auch gleichermaßen für die analoge Welt.

Wenn es schon zu hohe Anforderungen an den Kunden stellt, das in einem Ankreuzkästchen auf einer Website voreingestellte Häkchen zu entfernen, dann kann von einem Kunden vernünftigerweise erst recht nicht erwartet werden, dass er seine Verweigerung der Einwilligung in handschriftlicher Form erklärt.

In einer solchen Situation wisse man nämlich nicht, ob ein solcher vorformulierter Text gelesen und verstanden wurde. Die Situation sei nicht frei von Zweifeln. Der Text mag gelesen worden sein oder auch nicht. Der „Leser“ mag dies aus reiner Nachlässigkeit vergessen haben; es sei daher unmöglich, klar festzustellen, ob die Einwilligung freiwillig erteilt wurde.

„in informierter Weise“

Dieses Merkmal legt der GA so aus, dass völlig außer Zweifel stehen muss, dass die betroffene Person ausreichend informiert wurde.

Er fordert:

Die betroffene Person muss über alle die Datenverarbeitung und deren Folgen betreffenden Umstände informiert werden. Insbesondere muss sie wissen, welche Daten verarbeitet werden, wie lange die Verarbeitung andauert, in welcher Weise und zu welchem spezifischen Zweck sie erfolgt.

Leider wird nicht deutlich, ob der GA hier den Inhalt der Einwilligung selbst anspricht oder ob diese Information nicht auch über die Erfüllung der Informationspflichten entsprechend Art. 13 DSGVO erfolgen kann. Denn sollte es zu einer Dopplung von Informationen kommen, einmal in der Erklärung, einmal in den Datenschutzinformationen, dürfte man wohl die Frage stellen, welchen Sinn eine doppelte Informationserteilung hat.

Doch die Anforderungen gehen weiter:

Die betroffene Person muss außerdem wissen, wer die Daten verarbeitet und ob die Daten dazu bestimmt sind, an Dritte übermittelt zu werden.

Zudem sei entscheidend, dass der Betroffene darüber informiert wird, welche Folgen es hat, wenn er die Einwilligung verweigert, d. h., ob die Einwilligung in die Datenverarbeitung Voraussetzung für den Vertragsabschluss ist oder nicht. Dem Betroffenen wurde hier im konkreten Fall jedoch nicht unmissverständlich erklärt, dass der Vertragsabschluss dadurch, dass er die Anfertigung und Aufbewahrung einer Kopie seines Personalausweises verweigert, nicht unmöglich wird.

Wenn man die Anforderungen des GA allesamt in dem Text der Einwilligungserklärung selbst abbilden wollen würde, müsste diese folgende Informationen beinhalten:

  • alle die Datenverarbeitung betreffenden Umstände
  • deren Folgen betreffenden Umstände (Anm: was immer mit den Folgen gemeint ist)
  • welche Daten verarbeitet werden
  • wie lange die Verarbeitung andauert
  • in welcher Weise sie erfolgt
  • zu welchem spezifischen Zweck sie erfolgt
  • wer die Daten verarbeitet
  • ob die Daten dazu bestimmt sind, an Dritte übermittelt zu werden
  • welche Folgen es hat, wenn sie die Einwilligung verweigert

Ich persönlich bin auf transparente und verständliche Einwilligungserklärungen gespannt, die diesen Anforderungen gerecht werden. Zudem muss beachtet werden, dass der Text der Einwilligung ja eine statische Momentaufnahme ist. Was geschieht, wenn sich die „Folgen“ der Datenverarbeitung ändern oder Daten nun etwa nicht mehr an Dritte übermittelt werden sollen? Ist die Einwilligung dann unwirksam?

Beweislast und Nachweispflicht

Zudem geht der GA auf die praktisch sehr relevante Frage ein, was konkret durch den Verantwortlichen nachzuweisen ist, wenn er darlegen will oder muss, dass eine Einwilligung vorliegt.

Der GA bezieht sich ganz konkret auf Art. 7 Abs. 1 DSGVO. Danach muss der Verantwortliche nachweisen können, dass die betroffene Person in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hat. Nach Ansicht des GA ist Art. 7 Abs. 1 DSGVO eindeutig und lässt keinen Raum für Zweifel:

Beruht die Verarbeitung auf einer Einwilligung, so muss der Verantwortliche nachweisen, dass die betroffene Person in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hat. Diese Bestimmung stellt einen besonderen Ausdruck des in Art. 5 Abs. 2 der Verordnung 2016/679 verankerten Grundsatzes der Rechenschaftspflicht dar.

Der GA verknüpft hier also die Rechenschaftspflicht, die ja ansonsten oft doch recht alleine in der DSGVO steht bzw. sich „nur“ auf die Grundsätze nach Art. 5 Abs. 1 DSGVO bezieht, nicht mit einem solchen Grundsatz, sondern mit einem anderen Artikel der DSGVO, der auf einen Nachweis abstellt.

Und nun eine entscheidende Aussage:

Meines Erachtens erfordert der Zweck dieser Bestimmung eine weite Auslegung, da der Verantwortliche nicht nur nachweisen muss, dass die betroffene Person ihre Einwilligung erteilt hat, sondern auch nachweisen muss, dass sämtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen vorliegen.

Das bedeutet, dass Verantwortliche nicht nur das Vorliegen der Einwilligung nachweisen müssen. Also etwa den abgehakten Text. Zudem muss der Verantwortliche die Erfüllung aller gesetzlichen Anforderungen nach der DSGVO nachweisen, die sich auf die Einwilligung beziehen.

Und wenn es zum Streit kommt? Auch hier ist der GA klar.

Jegliche Zweifel an der Erteilung der Einwilligung durch die betroffene Person müssen durch vom Verantwortlichen zu erbringenden Beweis ausgeräumt werden. Die Beweislast dafür, dass die betroffene Person in die Lage versetzt wurde, ihre Einwilligung ohne Zwang, auf den konkreten Fall bezogen und in voller Kenntnis der Sachlage zu erteilen, liegt daher eindeutig bei der Stelle, die die Verarbeitung durchführt.

Meines Erachtens legt der GA hier strenge Anforderungen an. Sollte der EuGH dieser Argumentation folgen, würde dies bedeuten, dass Verantwortliche also nicht nur den einzelnen Text der Einwilligung, sondern tatsächlich alle Umstände der Abgabe bzw. Einholung der Einwilligung nachweisen können müssen. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass für einen solchen Nachweis wohl zusätzlich personenbezogene Daten (etwa eine Klickstrecke, Screenshots, usw.) verarbeitet werden müssen.

Die Europäisierung des Datenschutzrechts – ein alternativer Kommentar zu dem Planet49-Urteil des EuGH

Nach dem EuGH-Urteil in der Sache Planet49 (C?673/17), haben viele Kolleginnen und Kollegen lesenswerte Besprechungen der Entscheidung veröffentlicht. Z.B. Simon Assion, Stephan Hansen-Oest, Thomas Schwenke oder Nina Diercks.

In diesem Beitrag möchte ich mich mit ein paar „Randthemen“ des Urteils befassen, die jedoch meiner Ansicht nach nicht minder relevant sind. Es soll hier also nicht um die konkreten Anforderungen einer Einwilligung gehen, sondern um Aussagen des EuGH, die das Gericht daneben getroffen hat, die für die Praxis im Datenschutzrecht aber meines Erachtens über den Themenkomplex „Cookies und Einwilligung“ Relevanz haben.

Findet bei dem Einsatz von Cookies immer auch eine Verarbeitung personenbezogener Daten statt?

Der EuGH geht in seiner Prüfung, aufgrund der durch den BGH vorgegebenen und auch durch Planet49 bestätigten Sachverhaltsangaben davon aus, dass in dem zu beurteilenden Fall personenbezogene Daten verarbeitet wurden (Rz. 45 und 67). Dieser Personenbezug wird über eine Zuordnung von Registrierungsdaten der Nutzer (Name und Adresse im Teilnahmeformular) zu der Nummer des Cookies hergestellt (Rz. 45).

Für die Frage der Anwendbarkeit des Art. 5 Abs. 3 RL 2002/58 ist die Unterscheidung, ob personenbezogene Daten verarbeitet werden oder nicht, irrelevant (vgl. Rz. 70).

Aus der reinen „Datenschutz-Brille“ betrachtet, sind die Erwägungen des EuGH aber durchaus interessant. Denn insbesondere die Begründung in Rz. 45, warum in den Cookies auch personenbezogene Daten verarbeitet werden, lässt argumentativen Spielraum für Konstellationen, in denen durch Cookies keine personenbezogenen Daten verarbeitet bzw. den Cookies keine personenbezogenen Daten zugeordnet werden. Man stelle sich eine Situation vor, in der „nur“ ein Cookie gesetzt wird und in diesem Cookie statistische Daten gespeichert werden (z.B. Browserversion, Herkunftsland, Bildschirmauflösung o.ä.). Ob auch in diesem Fall per se ein Personenbezug vorliegen würde, hat der EuGH nicht entschieden (da er es auch nicht entscheiden musste). Oder anders ausgedrückt: nicht jeder Einsatz von Cookies ist gleichbedeutend mit der Verarbeitung personenbezogener Daten.

Die Erwägungen des EuGH lassen sich meines Erachtens durchaus so verstehen, dass im Fall des Setzens eines Cookie auf dem Gerät eines Nutzers, dies noch nicht zwangsläufig bedeutet, dass damit auch personenbezogene Daten im Spiel sind und die DSGVO Anwendung findet.

Warum ist dies relevant? Meines Erachtens insbesondere mit Blick auf die vielen Folgepflichten, die sich aus der DSGVO ergeben würden. Man denke etwa an die Rechenschaftspflicht nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO oder die Pflicht, Verarbeitungen in ein Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten aufzunehmen oder auch die Betroffenenrechte. Ist die DSGVO nicht anwendbar, würde auch kein Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO bestehen. Dies ist am Ende natürlich nur folgerichtig, denn wenn keine personenbezogenen Daten verarbeitet werden, kann ein Unternehmen auch keine Person identifizieren und dieser Person Auskunft zu ihren Daten erteilen.

Zur Auslegung und Anwendung europäischen (Datenschutz)Rechts

Bevor der EuGH in seinem Urteil in die Prüfung der einzelnen Merkmale einer Einwilligung einsteigt, legt er den Rahmen und die Methoden dar, innerhalb dessen und wie die europäischen Vorgaben auszulegen sind. Die Ausführungen des EuGH in den Rz. 47 und 48 haben daher ganz generelle Bedeutung für die Anwendung der RL 2002/58 und auch der DSGVO. Gerade in der deutschen Literatur und Diskussion findet man häufig sehr national geprägte Interpretation des europäischen Rechts.

Der EuGH macht zunächst deutlich, dass „Begriffe einer Vorschrift des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen“. Das Gericht begründet dies mit den Anforderungen sowohl der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts als auch des Gleichheitsgrundsatzes.

Dies bedeutet für die Datenschutzpraxis, dass Begriffe der DSGVO gerade nicht aus einem rein nationalen Blickwinkel betrachtet und ausgelegt werden dürfen. Diese müssen, nach dem EuGH, vielmehr in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten.

Plastische Bespiele für solche Begriffe finden sich in der DSGVO an vielen Stellen. Hier ein paar Beispiele:

Art. 12 Abs. 1 DSGVO: „Die Übermittlung der Informationen erfolgt schriftlich oder in anderer Form, gegebenenfalls auch elektronisch“. Was „schriftlich“ oder „elektronisch“ bedeutet, kann daher nicht allein mit Blick auf nationales Recht beantwortet werden. Ein Verweis, etwa auf Vorgaben des BGB, wäre mithin verfehlt.

Art. 32 Abs. 1 DSGVO: „Unter Berücksichtigung des Stands der Technik, …“. Man ist sicherlich geneigt, den „Stand der Technik“ in Deutschland im Sinne der Interpretation dieses Begriffs z.B. durch die deutsche Rechtsprechung zu verstehen. Auch hier ist jedoch Vorsicht geboten. Der „Stand der Technik“ im Sinne der DSGVO muss nicht gleichbedeutend mit dem Verständnis des BVerfG (BVerfG, Beschl. v. 08.08.1978 – 2 BvL 8/77, Kalkar I) sein. Nach den Vorgaben des EuGH in dem aktuellen Urteil, wäre dieser nationale Blick in jedem Fall zu eng.

Art. 33 Abs. 2 DSGVO: „Wenn dem Auftragsverarbeiter eine Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten bekannt wird, meldet er diese dem Verantwortlichen unverzüglich“. Die Frage, was „unverzüglich“ bedeutet (vgl. auch Art. 34 Abs. 1 DSGVO), kann daher ebenfalls nicht allein aus Sicht des deutschen Zivilrechts und der zu diesem Begriff ergangenen Rechtsprechung beantwortet werden.

Zudem verweist der EuGH in Rz. 48 darauf, welche verschiedenen Auslegungsmethoden bei der Anwendung europäischen Rechts zu berücksichtigen sind.

Bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts sind:

  • der Wortlaut,
  • die mit ihr verfolgten Ziele,
  • ihr Kontext und
  • das gesamte Unionsrecht zu berücksichtigen.

Daneben kann auch die Entstehungsgeschichte einer Vorschrift relevante Anhaltspunkte für ihre Auslegung liefern. Oder um es anders zu formulieren: die Vorschriften der DSGVO und ihr Verständnis sind aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten.

Keine Entscheidung zur Zulässigkeit der Kopplung einer Einwilligung

Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass der EuGH in seinem Urteil alle Tatbestandsmerkmale der datenschutzrechtlichen Einwilligung auslegt. Bis auf eines: die Freiwilligkeit.

Art. 4 Nr. 11 DSGVO definiert die Einwilligung u.a. als „jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung“. Der EuGH musste hierzu auch nichts sagen, da der BGH ihn nicht danach gefragt hatte. In Rz. 64 des Urteils stellt der EuGH ausdrücklich heraus, dass er sich nicht mit der Frage befasst hat, ob es mit dem Erfordernis einer „freiwillig“ (Art. 4 Nr. 11 und Art. 7 Abs. 4 DSGVO) erteilten Einwilligung vereinbar ist, „wenn ein Nutzer – wie es hier nach den Angaben in der Vorlageentscheidung zumindest für das erste Ankreuzkästchen der Fall zu sein scheint – nur dann an einem Gewinnspiel teilnehmen kann, wenn er in die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten zu Werbezwecken einwilligt“.

Die angesprochene Situation ist jene, die das sog. „Kopplungsverbot“ nach Art. 7 Abs. 4 DSGVO avisiert. Auf die entsprechende Vorschrift verweist der EuGH sogar. Ob oder wann es jedoch europarechtlich unter der DSGVO (un)zulässig ist, die Teilnahme an einem Gewinnspiel davon abhängig zu machen, dass man in die werbliche Nutzung seiner Daten einwilligt, hat der EuGH nicht entschieden. Die Antwort auf diese Frage (nicht nur speziell in Bezug auf Gewinnspiele), dürfte also zunächst weiter national umstritten bleiben.

Bayerisches Landesamt für Datenschutzaufsicht zu Facebook Custom Audience: Einwilligung nicht zwingend erforderlich?

Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht hat am 30.08.2019 eine Pressemitteilung (pdf) zur aktuellen Prüfung der Website des Blutspendedienstes des Bayerischen Roten Kreuzes. Anlass der Prüfung war der Einsatz von Tracking-Tools auf der Website des Blutspendedientes.

Dass diese Prüfung stattfindet, wurde bereits letzte Woche bekannt. Daher ist die Mitteilung meines Erachtens auch nicht überraschend.

Interessant sind jedoch meines Erachtens zwei Aussagen des BayLDA bzw. seines Präsidenten zum Einsatz von Tracking-Tools und den datenschutzrechtlichen Anforderungen.

Zum einen wird in der der Pressemitteilung zu den datenschutzrechtlichen Pflichten von Webseiten-Betreibern ausgeführt:

Der Website-Betreiber muss auch sicherstellen, dass er die Tracking-Tools rechtmäßig einbindet, d. h. dass eine Rechtsgrundlage die Einbindung erlaubt oder der Nutzer vorab seine Einwilligung erklärt hat.

Interessant hierbei ist, dass das BayLDA ausdrücklich alternativ neben der Einwilligung auch andere Rechtsgrundlagen (also etwa eine Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) als möglichen Erlaubnistatbestand für eine Datenverarbeitung anspricht. Die Behörde geht anscheinend nicht davon aus, dass werbliche Tracking-Tools (wie in dieser Prüfung wohl Facebook Custom Audience) nur mit Einwilligung der Besucher genutzt werden können.

Diese Aussage bedeutet wohl nicht, dass der Einsatz werblicher Tracking-Tools per se auch auf der Grundlage einer Interessenabwägung zulässig wäre. Jedoch lassen die Ausführungen des BayLDA erkennen, dass man sich nicht vorab allein auf die Einwilligung der Betroffenen als einzig mögliche Rechtsgrundlage festlegen möchte. Zudem ist noch zu bemerken, dass das BayLDA ganz allgemein auf „eine Rechtsgrundlage“ verweist, also auch nicht allein nur auf die Interessenabwägung.

Zudem wird Herr Kranig, der Präsident des BayLDA wie folgt zitiert:

Was vielen nicht klar ist: nicht der Website-Betreiber, der ein Tracking-Tool auf der Website einbindet, übermittelt Daten an den Anbieter des Tracking-Tools, sondern der Anbieter selbst erhebt die Daten direkt vom Nutzer. Nichtsdestotrotz wird dies erst durch die Einbindung auf der Website ermöglicht.

Diese Aussage ist insbesondere vor dem Hintergrund des aktuellen EuGH-Urteils in Sachen Like-Button (FashionID, Urt. v. 29. Juli 2019, C-40/17) interessant. Dort hatte der EuGH ausgeführt, dass „der Betreiber einer Website, der in diese Website ein Social Plugin einbindet, das den Browser des Besuchers dieser Website veranlasst, Inhalte des Anbieters dieses Plugins anzufordern und hierzu personenbezogene Daten dieses Besuchers an diesen Anbieter zu übermitteln, als für die Verarbeitung Verantwortlicher im Sinne von Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 95/46 angesehen werden“ kann. Das BayLDA geht also wohl davon aus, dass der Webseiten-Betreiber selbst nicht die Übermittlung durchführt. Jedoch wird für die Verantwortlichkeit des Betreibers, anders als im Urteil des EuGH, auch gar nicht auf die Übermittlung (hier stellt sich die Frage, von wem? Dem Besucher selbst? Seinem Browser / dem Browser-Hersteller?) abgestellt, sondern allein auf die Ermöglichung der Erhebung von Daten der Besucher durch den Anbieter des Tools.

Zum Schluss fügt Herr Kranig einen, meines Erachtens zutreffenden und bei vielen Unternehmen immer noch nicht ausreichend gewürdigten Hinweis an:

Dieser Fall zeigt, dass nicht nur die Aufsichtsbehörden Websites prüfen, sondern im Prinzip jedermann mit wenig Aufwand über den Browser testen kann, welche Tracking-Tools auf einer Website eingebunden sind. Das Risiko, dass Nutzer auf einen Verstoß aufmerksam werden und dieses der Aufsichtsbehörde melden, ist bei Websites besonders hoch.

Update zu Fanpages: Facebook stellt erforderliche Vereinbarung zur Verfügung

Gestern habe ich über den aktuellen Beschluss der deutschen Datenschutzbehörden zum Betrieb von Fanpages berichtet. Die deutschen Behörden haben darin u.a. festgestellt, dass der Betrieb einer Fanpage rechtswidrig ist, wenn nicht mit Facebook die erforderliche Vereinbarung nach Art. 26 DSGVO zur gemeinsamen Verantwortlichkeit geschlossen wird.

Facebook hat, praktisch über Nacht, reagiert und stellt nun ein Dokument mit dem Titel „Seiten-Insights-Ergänzung bezüglich des Verantwortlichen“ zur Verfügung. Zwar wird nicht ausdrücklich darauf verwiesen, dass es sich hierbei um die Vereinbarung zur gemeinsamen Verantwortlichkeit nach der DSGVO handelt. Jedoch ergibt sich dies aus dem Text. Art. 26 DSGVO verlangt auch per se keine spezielle Benennung der Vereinbarung.

Das Addendum gilt für den Fall, dass ein Seitenbetreiber die Funktion „Seiten-Insights“ nutzt. Hierbei handelt es sich um die Möglichkeit, statistische Auswertungen der Nutzung der Fanpage anzuzeigen.

Viel wichtiger für Seitenbetreiber ist natürlich, ob die Vereinbarung nun genutzt werden kann, um damit den Anforderungen der DSGVO gerecht zu werden. Die gesetzlichen Anforderungen an die Vereinbarung stellt Art. 26 Abs. 1 DSGVO auf. In der Vereinbarung muss

  • in transparenter Form festgelegt werden,
  • wer von den gemeinsam Verantwortlichen welche Verpflichtung gemäß der DSGVO erfüllt.

Insbesondere, was die Wahrnehmung der Rechte der betroffenen Person angeht, und wer welchen Informationspflichten gemäß den Art. 13 und 14 DSGVO nachkommt. Zudem kann in der Vereinbarung eine Anlaufstelle für die betroffenen Personen angegeben werden.

Laut der Vereinbarung sind der Seitenbetreiber mit Facebook Ireland gemeinsam Verantwortliche für die Verarbeitung von Insights-Daten. Das Addendum bezieht sich also nicht auf jegliche Datenverarbeitung über eine Fanpage, sondern nur auf jene Daten, die zur statistischen Auswertung genutzt werden.

Zudem wird festgelegt, dass Facebook Ireland die primäre Verantwortung gemäß der DSGVO für die Verarbeitung von Insights-Daten übernimmt.

Im Hinblick auf die nach der DSGVO zu erfüllenden Pflichten, insbesondere der Rechte der Betroffenen nach den Art. 12 bis 22 DSGVO, stimmt Facebook Ireland zu

sämtliche ihr gemäß DSGVO obliegenden Pflichten im Hinblick auf die Verarbeitung von Insights-Daten zu erfüllen (u. a. Artikel 12 und 13 DSGVO, Artikel 15 bis 22 DSGVO und Artikel 32 bis 34 DSGVO)“.

Facebook wird sich also um die Erfüllung der Rechte der Betroffenen kümmern, soweit es die Insights Daten betrifft. Meines Erachtens ist dieser Passus aber leider noch nicht ganz deutlich. Denn es wird auf die „ihr…obliegenden Pflichten“ verwiesen, also die Pflichten der Facebook Ireland. Dann stellt sich natürlich unweigerlich die Frage, was mit den gesetzlichen Pflichten der Seitenbetreiber nach den Art. 12 bis 22 DSGVO passiert? Denn Informationspflichten obliegen den Seitenbetreibern auch. In der Vereinbarung nach Art. 26 DSGVO kann geregelt werden, wer sich um die Erfüllung dieser Pflichten für beide Verantwortliche kümmert. Den obigen Passus kann man wohl einerseits so lesen, dass er sich nur auf die Pflichten bezieht, die Facebook treffen, oder doch auch die Pflichten umfasst, die für die Seitenbetreiber gelten und im Innenverhältnis dann von Facebook erfüllt werden. Sinn macht für dieses Addendum eigentlich nur die letztgenannte Auslegung. Eine etwas klarere Formulierung wäre hier sicher hilfreich. UPDATE: Facebook hat das Addendum in genau diesem Punkt angepasst. Es wird nun auf „sämtliche Pflichten aus der DSGVO im Hinblick auf die Verarbeitung von Insights-Daten“ verwiesen, also nicht mehr nur auf die Facebook Ireland treffenden Pflichten.

Zu beachten ist, dass jeder Seitenbetreiber daneben selbst dafür Sorge tragen muss, dass die Verarbeitung der Insights-Daten auf einer Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO beruht. Unternehmen müssen sich also Gedanken dazu machen, welcher Erlaubnistatbestand für die Erhebung personenbezogener Daten für den Zweck der statistischen Auswertung genutzt werden kann. In Betracht dürfte hier vor allem die Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO kommen.

Nach Art. 26 Abs. 2 DSGVO muss die Vereinbarung die jeweiligen tatsächlichen Funktionen und Beziehungen der gemeinsam Verantwortlichen gegenüber betroffenen Personen gebührend widerspiegeln. Das wesentliche der Vereinbarung muss der betroffenen Person zur Verfügung gestellt werden.

In dem Addendum verpflichtet sich Facebook dazu, das Wesentliche der Seiten-Insights-Ergänzung den betroffenen Personen zur Verfügung stellen. Damit ist die gesetzliche Vorgabe auch erfüllt. Jedoch ist aktuell noch kein Link oder Hinweis vorhanden, wo man als betroffene Person diese Informationen findet.

Das Addendum enthält keine Regelungen zur Haftung im Innenverhältnis zwischen Seitenbetreiber und Facebook. Eine solche Regelung ist auch nicht zwingend in Art. 26 DSGVO vorgesehen, wäre aber zwischen den Parteien durchaus möglich.

Interessant an der Ergänzung ist, dass in dem Addendum vereinbart wird, dass Facebook Ireland in der EU die Hauptniederlassung für die Verarbeitung von Insights-Daten für sämtliche Verantwortliche ist. Diese Formulierung bezieht sich auf die in Art. 4 Nr. 16 DSGVO definierte „Hauptniederlassung“ von der im Rahmen des One-Stop-Shop Prinzips der DSGVO abhängig gemacht wird, welche Datenschutzbehörde in Europa bei grenzüberschreitenden Verarbeitungen als „federführende Behörde“ agiert (Art. 56 DSGVO). Für die Datenverarbeitung der Insights-Daten ist, nach der vorliegenden Regelung, dann die Datenschutzbehörde in Irland europaweit zuständig.

Wie dieses Addendum Bestandteil von Verträgen zwischen Facebook und Seitenbetreibern wird, ist in der Ergänzung nicht konkret beschrieben. Im Grunde kann man sich folgende Szenarien vorstellen:

  • Existierende Kunden (Unternehmen mit Fanpages) werden über die Ergänzung informiert und diese wird, durch weitere Nutzung, Teil des Vertrages (so wohl auch die Information von Facebook im Unternehmensblog).
  • Neue Kunden schließen dieses Addendum bei der Registrierung der Fanpage mit ab.

Jetzt muss man sehen, wie und ob die Aufsichtsbehörden reagieren werden. Unternehmen sollten auf jeden Fall beachten, dass der in dem neuen Beschluss der DSK enthaltene Fragenkatalog noch weitere Fragen enthält, die ein Seitenbetreiber im Zweifel beantworten können sollte.

Verordnung über den freien Verkehr nicht personenbezogener Daten in der Europäischen Union kurz vor Verabschiedung – Abgrenzungsfragen zur DSGVO

Durch die Arbeiten an der DSGVO und vor allem auch der Umsetzung ihrer Vorgaben in der Praxis, wurde in den letzten Monaten recht wenig über ein anderes, für das Datenschutzrecht aber durchaus relevantes, Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene berichtet. Die im September 2017 von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Verordnung über einen Rahmen für den freien Verkehr nicht personenbezogener Daten in der Europäischen Union (COM(2017) 495, pdf).

Der Gesetzesentwurf wurde im letzten halben Jahr im Rat der Europäischen Union und auch im Europäischen Parlament geprüft und bearbeitet. Am 6. Juni 2018 hat der federführende Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz im EU-Parlament seinen Bericht vorgelegt (pdf). Mit Datum vom 25. Juni 2018 hat die Ratspräsidentschaft einen Kompromisstext der Verordnung an die ständigen Vertreter im Rat übersendet (pdf). Dieser Text ist das Ergebnis der Trilogverhandlungen zwischen Kommission, Parlament und Rat, auf den sich die Parteien am 19. Juni 2018 geeinigt haben.

Ziel des Vorschlags ist es, durch Maßnahmen zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Mobilität nicht personenbezogener Daten im Binnenmarkt und zur Erleichterung des Anbieterwechsels und der Übertragung von Daten für die beruflichen Nutzer von Datenspeicherungs- und sonstigen Datenverarbeitungsdiensten einen stärker vom Wettbewerb geprägten und integrierten Binnenmarkt für Datenspeicherungs- und sonstige Datenverarbeitungsdienste und -tätigkeiten aufzubauen. Es sollen Datenverarbeitung in unterschiedlichen Intensitätsstufen erfasst werden, von der Datenspeicherung (Infrastructure-as-a-Service – IaaS) bis zur Verarbeitung von Daten auf Plattformen (Platform-as-a-Service – PaaS) oder in Anwendungen (Software-as-a-Service – SaaS).

Die Verordnung soll sich, in Abgrenzung zur DSGVO und auch der noch geltenden ePrivacy Richtlinie, nur auf elektronischen Daten beziehen, die keine personenbezogenen Daten sind. Aus Sicht der Praxis kann der so umrissene Anwendungsbereich bereits kritisch hinterfragt werden, denn inwiefern Unternehmen heutzutage noch (umfangreich) mit nicht personenbezogenen Daten umgehen, ist fraglich. Gerade aufgrund der extensiven Auslegung des Begriffs, sei es durch die DSGVO selbst oder auch die Rechtsprechung des EuGH und die Ansichten der Datenschutzaufsichtsbehörden.

Gerade diese Abgrenzungsfrage stellt dann aber gleichzeitig auch aus datenschutzrechtlicher Sicht, also dem Blickwinkel der personenbezogenen Daten, einen relevanten Aspekt dar. Denn für die Praxis wird es von Relevanz sein, wie sich die Anwendungsbereiche der beiden Verordnungen, DSVGO auf der einen, Verordnung zum freien Verkehr nicht personenbezogener Daten auf der anderen Seite, abgrenzen und ob es trennscharfe Grenzlinien gibt. Die Frage der Abgrenzung der Anwendungsbereich soll daher nachfolgend kurz beleuchtet werden (ich beziehe mich hierbei auf die aktuelle Fassung der „free flow“ Verordnung aus dem Trilog).

Nach ErwG 9 werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Schutz personenbezogener Daten nach der DSGVO als auch hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten im Rahmen der elektronischen Kommunikation (ePrivacy Richtlinie) von dieser Verordnung nicht berührt. Nach ErwG 10 sollen die DSGVO und diese Verordnung quasi als gemeinsames Regelwerk zum freien Verkehr von Daten (personenbezogene und solche ohne Personenbezug) nebeneinander wirken. Die Anwendungsbereiche unterscheiden sich mithin anhand der Datenarten.

Doch was sieht der EU Gesetzgeber überhaupt als Datenarten an, die von der free flow Verordnung umfasst sind. In ErwG 10a gibt er hierzu ein paar Hinweise in der Form von Beispielen. Danach sei eine große Quelle nicht personenbezogener Daten das Internet der Dinge, künstliche Intelligenz und Maschinenlernen, etwa wenn diese im Rahmen industrieller Fertigungsprozesse eingesetzt werden. Dort erwähnte Beispiele: anonymisierte Datensätze für Big Data Analysen, Daten für die Präzisierungslandwirtschaft, um etwa den Einsatz von Pestiziden oder Wasser zu optimieren oder Daten zur Instandhaltung von Industriemaschinen.

Und dann kommt bereits eine der wichtigen Aussagen des Gesetzgebers: Sofern es technologische Entwicklungen ermöglichen sollte, anonymisierte Datensätze in personenbezogene Daten umzuwandeln, sollten diese Daten (der Gesetzgeber bezieht sich hierbei auf die zuvor erwähnten anonymisierten Daten) als personenbezogene Daten angesehen werden und die DSGVO gilt. Diese Aussage ist insofern bedeutend, da bereits die Möglichkeit der Re-Identifizierung ausreicht, um anonymisierte Daten als personenbezogene Daten anzusehen. Einziger Faktor, von dem diese Re-Identifizierung abhängig gemacht wird, sind die technologischen Entwicklungen. Leider definiert der Gesetzgeber weder, was mit „technologischen Entwicklungen“ gemeint ist, noch, wann den konkret „anonymisierte Daten“ vorliegen. Die Klarstellung in ErwG 10a zeigt jedoch, dass bereits die Möglichkeit der Re-Identifizierung genügt, um den Anwendungsbereich der free flow Verordnung zu verlassen und die DSGVO für anwendbar zu erklären.

Diese Klarstellung ist meines Erachtens auch im Rahmen der Anwendung der DSGVO zu beachten. Auch dort wird ja (leider) nicht definiert, was genau „anonymisierte Daten“ sind. Der Gesetzgeber geht aber davon aus, dass diese nicht vorliegen, wenn allein aufgrund technologischer Entwicklungen die Möglichkeit (!) der Re-Identifizierung gegeben ist. Auch dies fügt sich in die oben erwähnte weite Auslegung des Begriffs der personenbezogenen Daten ein, schmälert aber zugleich den Anwendungsbereich der free flow Verordnung.

In Art. 1a der Verordnung wird dann die ebenso wichtige Frage der gemischten Datensätze angesprochen, also Datensätze, die sowohl personenbezogene als auch nicht personenbezogene Daten enthalten. Eigentlich würden wohl die Meinungen im Datenschutzrecht in einer solchen Situation ohne viel Diskussion vom Vorliegen personenbezogener Daten in Gänze ausgehen (Stichwort: Infektion nicht personengezogener Daten). Nicht so aber der EU Gesetzgeber. In Art. 1a gibt er vor, dass im Fall des Vorliegens gemischter Datensätze die free flow Verordnung auf jene Daten im Datensatz Anwendung findet, die nicht personenbezogen sind. Der Gesetzgeber splittet also die gesetzlichen Regularien innerhalb eines gemischten Datensatzes. Dies gilt jedoch nach Art. 1a nicht für den Fall, wenn die personenbezogenen und nicht personenbezogenen Daten untrennbar miteinander verbunden sind. In diesem Fall soll die Anwendung der DSGVO nicht beeinträchtigt werden. Dies soll wohl bedeuten, dass dann nur die DSGVO eingreift. Interessant an Art. 1a ist in jedem Fall die gesetzgeberisch vorgesehen Zersplitterung regulatorischer Bedingungen innerhalb eines Datensatzes, zumindest wenn die Daten nicht untrennbar verbunden sind. Unklar bleibt, wann von einer „untrennbaren“ Verbundenheit auszugehen ist. Dies dürfte, wenn der Text so beschlossen wird, in der Praxis für Unsicherheiten bei der Anwendung der Gesetze sorgen.

Klage gegen das EU US Privacy Shield gescheitert: Digital Rights Ireland verliert vor dem Europäischen Gerichtshof

Verschnaufpause für Datentransfers an Unternehmen in die USA. Digital Rights Ireland, eine Gesellschaft aus Irland, die sich mit der Förderung und dem Schutz der Bürger- und Menschenrechte, insbesondere in der Welt der modernen Kommunikationstechnologien, befasst, ist mit ihrer Nichtigkeitsklage (Art. 263 AEUV) vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (hier das „Gericht“) in der Rechtssache T-670/16 gegen den Beschluss der EU Kommission zum EU US Privacy Shield gescheitert. Das Gericht entschied am 22.11.2017 per Beschluss, dass die Klage unzulässig ist, da es der Klägerin an der Klagebefugnis mangelt.

Bereits in meinem ersten Beitrag zu der Klage (hier im Blog), habe ich Zweifel an der Zulässigkeit der Klage geäußert.

Im Fall der hier eingelegten Nichtigkeitsklage nach Art. 263 Abs. 4 AEUV ist im Rahmen der Zulässigkeit, konkret bei der Klagebefugnis, zu berücksichtigen, dass zwar natürliche oder juristische Person eine solche Klage erheben können. Jedoch nur dann, wenn es sich um an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, handelt. Die 1. Alternative schallt im Fall der Angemessenheitsentscheidung der Europäischen Kommission aus. Denn der Beschluss ist nicht an natürliche oder juristische Person in den Mitgliedstaaten gerichtet, sondern an die Mitgliedstaaten selbst (vgl. Art. 6 des Beschlusses). Digital Rights Ireland Ltd wird also vor allem darlegen müssen, dass sich bei dem Beschluss um eine sie „unmittelbar und individuell betreffende Handlung“ der Europäischen Kommission handelt.

Zum einen weist das Gericht hier nun darauf hin, dass die noch geltende Datenschutz-Richtlinie 95/46/EG nur die personenbezogenen Daten natürlicher Personen erfasst; nicht jedoch Daten von juristischen Personen, wie hier Digital Rights Ireland. Die Klägerin kann daher schon keine Rechtsverletzung geltend machen.

Zum anderen schränke der Beschluss der EU Kommission zum EU US Privacy Shield nicht die Rechte der Klägerin als juristische Person und datenschutzrechtlich verantwortliche Stelle ein. Das Privacy Shield verpflichtet vielmehr amerikanische Unternehmen, an die Daten übermittelt werden sollen. Europäische datenverarbeitende Stellen erhalten vielmehr die Befugnis, auf der Grundlage des EU US Privacy Shield Daten an diese Unternehmen zu versenden.

Soweit es die Rechte der Unterstützter der Klägerin betrifft, weist das Gericht darauf hin, dass Art. 263 AEUV und das EU Recht keine Möglichkeit für Klagen im Namen des öffentlichen Interesses vorsieht.

Zuletzt berief sich Digital Rights Ireland unverständlicherweise auf die erst ab 25. Mai 2018 anwendbare EU Datenschutz-Grundverordnung und den Art. 80 DSGVO. Dieser sieht die Möglichkeit für Mitgliedstaaten vor, eine Verbandsklagebefugnis zu schaffen. Das Gericht macht es hier kurz: die DSGVO ist noch nicht anwendbar.

Der Beschluss des Gerichts kommt nicht völlig überraschend. Zu beachten ist, dass eine ähnliche Klage im Verfahren T-738/16 anhängig ist. Auch dort klagen Vereinigungen und nicht einzelne Personen. Daher dürfte auch dort die Frage der Unzulässigkeit aufkommen.

Das EU US Privacy Shield wird also zunächst einmal weiter Bestand haben.

Complaint against the EU US Privacy Shield failed: Digital Rights Ireland loses in front of the European General Court

Breather for data transfers to companies in the US. Digital Rights Ireland, an Irish company concerned with the promotion and protection of civil and human rights, particularly in the world of modern communication technologies, which has brought an action for annulment (Article 263 TFEU) before the Court of Justice of the European Union (here the General Court) in the case T-670/16 against the decision of the EU Commission for the EU US Privacy Shield, lost the battle, before it even really started.

The Court rules (Order) that the applicant does not have an interest in bringing proceedings. The annulment of the contested decision is not capable of having, in itself, legal consequences for the applicant or of procuring for it an advantage in regard to personal data.

Furthermore, according to the Court, the contested decision by the EU Commission has the effect of entitling the applicant as a controller of personal data to carry out transfers under certain conditions. It does not restrict its rights or impose obligations on it.

Additionally, the Court clarifies that it follows from the existence of specific conditions governing the admissibility of actions for annulment brought by individuals, provided for in Article 263 TFEU, that EU law does not, in principle, allow for the possibility of an applicant to bring an actio popularis in the public interest.

The action is therefore inadmissible.

The decision of the Court is not completely surprising, since the Article 263 TFEU and also the case law of the court stipulate quite high demands for the admissibility of an action for annulment. It should be noted that a similar claim is pending in case T-738/16. Also there complaining associations are not individuals. Therefore, the issue of inadmissibility might probably also arise there.