Datenschutzbehörde: Einsatz von Facebook ‚Custom Audiences‘ ohne Einwilligung ist rechtswidrig

Das bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (die in Bayern für den privaten Bereich zuständige Aufsichtsbehörde, BayLDA), hat in dieser Woche seinen 6. Tätigkeitsbericht (PDF) für die Jahre 2013/2014 vorgestellt. Ich berichtete hierzu bereits im Blog.

In dem Tätigkeitsbericht (auf S. 172) wird unter anderem auch knapp auf die Frage nach dem datenschutzrechtlich konformen Einsatz des Dienstes „Custom Audiences“ von Facebook eingegangen. Die Auffassung der Behörde zu dem Einsatz des Dienstes:

Unternehmen, die das Facebook Produkt „Custom Audiences“ einsetzen, riskieren die Eröffnung eines Bußgeldverfahrens.

Diese Information sollte mindestens für Unternehmen mit Sitz in Bayern, die diese Funktion des sozialen Netzwerkes nutzen, von besonderem Interesse sein. Es ist zudem nicht auszuschließen, dass andere Landesdatenschutzbehörden im Ergebnis zu einer ähnlichen Bewertung des Dienstes kommen.

Um was geht es?

Ganz vereinfacht dargestellt, geht es bei „Custom Audiences“ um eine Funktion, mit der Unternehmen zielgenauere Werbung ausspielen können. Hierzu ist es (in einer Alternative des Dienstes) erforderlich, dass personenbezogene Datensätze, die als Identifikationskennungen eine E-Mail-Adresse oder eine Telefonnummer besitzen, von Unternehmen gehashed und dann bei Facebook hochgeladen und damit an Facebook weitergegeben werden. Auch Facebook hashed die Mail-Adressen seiner Nutzer und vergleicht die Hashwerte der übermittelten Daten mit eigenen Hashwerten, die im Rahmen der Facebook-Nutzung erhoben wurden. Bei einer Übereinstimmung der Werte gehört der jeweils übermittelte Datensatz also einem Facebook-Nutzer.

Ist das Datenschutzrecht anwendbar?

Nun könnte man meinen, aufgrund des Hashens der Daten geht jeglicher Personenbzug verloren. Damit wäre das Datenschutzrecht nicht anwendbar. Dem ist jedoch nicht so. Nach Auffassung des BayLDA könnte Facebook

ohne wesentlichen Aufwand einen Hashwert bei der überwiegenden Zahl der Fälle zurückrechnen.

Es liegen also personenbezogene Daten vor, deren Übermittlung an Facebook einer Grundlage (entweder im Gesetz oder eine Einwilligung) bedarf.

Datenschutzkonforme Nutzung?

Der Kollege Thomas Schwenke hat bereits einen ausführlichen Artikel zum Thema „Datenschutz & Facebook Audiences“ verfasst, auf den ich hier hinweisen möchte. Im Endeffekt kommt er zu dem Ergebnis, dass für die Nutzung der E-Mail-Adresse oder Telefonnummer des Nutzers entweder dessen Einwilligung erforderlich ist oder aber ein Unternehmen sich möglicherweise auch auf gesetzliche Erlaubnistatbestände berufen könnte. Dies jedoch sicherlich nicht ohne rechtliches Risiko (Stichwort: ist die Mail-Adresse ein Listendatum im Sinne des § 28 Abs. 3 BDSG?). Eine Datenübermittlung aufgrund einer Interessenabwägung (§ 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG) könnte nach Meinung von Thomas und auch wie ich finde eventuell als Erlaubnistatbestand dienen. Jedoch müsste man dazu tatsächlich den Einzelfall begutachten.

Das BayLDA scheint sich diesbezüglich jedoch bereits auf eine einzige Möglichkeit für die wirksame Übermittlung festgelegt zu haben:

Es bedarf somit einer Einwilligung der Personen, deren Daten im Rahmen der „Custom Audiences“ an Facebook übermittelt werden.

Die Behörde weist zudem abschließend darauf hin, dass der Einsatz des Dienstes ihrer Ansicht nach ohne Einwilligung der Nutzer eine Ordnungswidrigkeit darstellt, die entsprechend mit Bußgeldern sanktioniert werden könne.

Fazit

Unternehmen, die „Facebook Audiences“ nutzen, sollten diese Information daher, zumindest bei Sitz in Bayern, ernst nehmen und eventuell die eigenen Prozesse entsprechend anpassen. In Panik sollte man meines Erachtens nicht ausbrechen, da es zumindest (je nach Einzelfall) auch Argumente für eine datenschutzkonformen Einsatz ohne Einwilligung geben kann.

Hamburger Datenschützer: Datenschutzverstöße sollten generell abmahnbar sein

Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI), Prof. Dr. Caspar, hat sich in einer Stellungnahme (PDF) zur Anhörung der Monopolkommission zur Vorbereitung eines Sondergutachtens zum Wettbewerb auf digitalen Märkten, zu Fragen im Schnittfeld zwischen Datenschutz- und Wettbewerbsrecht geäußert. Zum einen geht es hierbei um marktbeherrschende Stellungen von Unternehmen, die diese möglicherweise auch durch Datenschutzverstöße erlangen, festigen oder ausbauen. Zum anderen äußert sich der HmbBfDI kritisch zu dem (immer noch umstrittenen Verhältnis) zwischen Wettbewerbsrecht und dem Datenschutzrecht, vor allem inwiefern Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorgaben durch Wettbewerber nach dem UWG abgemahnt werden können.

Marktmacht und Datenschutz
Laut der Stellungnahme des HmbBfDI tendiert eine Datenmacht dazu, die Marktmacht von Unternehmen zu festigen. Prof. Caspar kritisiert mit Blick auf die großen Anbieter von sozialen Netzwerken und Suchmaschinen, dass für die Nutzer, anders als bei der Wahl eines Telekommunikationsanbieters, ein Anbieterwechsel nur unter Verlust der gesammelten Kontakte und der eigenen Daten möglich sei. Es bestehe zumeist keine Durchlässigkeit hin zu anderen Dienstleistern auf dem Markt. Der Datenschützer begrüßt daher den in der geplanten europäischen Datenschutz-Grundverordnung geplanten Ansatz, ein Recht auf „Datenportabilität“ einzuführen. Die Möglichkeit, die eigenen Daten beim Anbieterwechsel mitzunehmen, könne nach Ansicht von Prof. Caspar wesentlich dazu beitragen, den Wettbewerb auf digitalen Märkten zu stärken. Auch eine Interoperabilität zwischen den verschiedenen Anbietern fordert der Datenschutzbeauftragte.

Intransparente Strukturen
Zudem kritisiert Prof. Caspar, dass Marktmacht und Datenmacht gleichsam durch intransparente Strukturen der von den Unternehmen verfolgten Geschäftsmodelle begünstigt werden. Er bezieht sich in seiner Stellungnahme etwa auf die Betreiber von Suchmaschinen und die „von außen nicht ohne weiteres nachvollziehbare Platzierung in den Trefferlisten“. Im Prinzip wäre es seiner Ansicht nach erforderlich, dass die Suchalgorithmen offengelegt werden. Auch eine andere, kurzfristig zu erreichende Verbesserung schlägt er vor: durch die Vorgabe einer farbigen Unterlegung von konzerneigenen Angeboten bei den Suchtreffern würde eine größere Transparenz für Nutzer hergestellt.

Unter der Überschrift der „intransparenten Strukturen“ bemängelt Prof. Caspar zudem die Schwierigkeit für Nutzer zu erkennen, „ob und zu welchen Zwecken die Verwendung der von ihnen zur Verfügung gestellten persönlichen Daten durch die Internetdienstleister erfolgt“. Beispielhaft geht er bei seiner Stellungnahme auf die Datenschutzbestimmungen von Netflix ein. Diesen attestiert er eine „schwammige Zweckbindungsbestimmung“ und einen erweiternden Zusatz, „der die Datenschutzfunktion weitgehend ad absurdum führt“. Diese von Prof. Caspar bemängelte, fehlende Transparenz werde seiner Einschätzung nach „von marktrelevanten Unternehmen nicht zuletzt zur Festigung und Ausdehnung der eigenen Markt- und Datenmacht genutzt“.

Datenschutzwidrige Praxis und Wettbewerbsrecht
Auch geht der Datenschutzbeauftragte darauf ein, dass (vermeintliche) datenschutzwidrige Praktiken seiner Ansicht nach zu einem Wettbewerbsvorteil führen können. Gerade auf digitalen Märkten wirke sich die Nichtbeachtung von Vorgaben des Datenschutzes auch auf die Wettbewerbspositionen der Marktteilnehmer aus. Das bisherige Nebeneinander zwischen Wettbewerbs-und Datenschutzrecht erschwere es Wettbewerbern jedoch bislang, Datenschutzverstöße über das UWG erfolgreich und rechtssicher geltend zu machen. Die Rechtsprechung und Literaturmeinungen zu dieser Thematik gehen auseinander. Erforderlich für ein Vorgehen nach dem UWG ist der Verstoß gegen eine Marktverhaltensvorschrift im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Jedoch existieren beispielsweise divergierende Gerichtsentscheidungen zu der Frage, ob ein Verstoß gegen die Regelung des § 4 Abs. 1 BDSG (der eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur erlaubt, soweit dies nach dem BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift gestattet ist oder der Betroffene eingewilligt hat) auch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellt.

Prof. Caspar fordert daher in seiner Stellungnahme, dass in Zukunft darüber nachgedacht werden sollte, „den Verstoß gegen Datenschutzregeln mit einem Wettbewerbsverstoß gleichzusetzen“. Hierzu bedürfe es jedoch einer Initiative des Gesetzgebers.

Deutsche Datenschutzbehörden: Unsere Daten sicherer machen – wir selbst haben es in der Hand!

Auf der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 27.-28. März 2014, haben die Datenschützer aus Bund und Ländern mehrere Beschlüsse zu verschiedensten Themengebieten gefasst. Nachfolgend eine kurze Übersicht.

Elektronische Kommunikation
Nach der Pressemitteilung stellen sich aus der Sicht der Datenschützer die „bisherigen rechtlichen und politischen Reaktionen auf das massenhafte Ausspähen der Kommunikation durch Nachrichtendienste“ als enttäuschend dar. Die Teilnehmer fordern in ihrem Beschluss („Gewährleistung der Menschenrechte bei der elektronischen Kommunikation“), dass die Grundrechte der Bevölkerung durch technische und organisatorische Maßnahmen wirksam zu schützen sind. Hierzu gehöre insbesondere die Bereitstellung einer von jeder Person einfach nutzbaren Verschlüsselungsinfrastruktur. Zudem müsse beim Transport von Daten eine standardisierte Verschlüsselung eingreifen. Zusätzlich bedarf es jedoch des Einsatzes von Mechanismen der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, die der Bevölkerung angeboten, aber auch ausreichend finanziert werden müssen.

Gesichtserkennung
Eine weitere Entschließung der Datenschutzbehörden befasst sich mit der biometrischen Gesichtserkennung durch Internetdienste („Biometrische Gesichtserkennung durch Internetdienste – Nur mit Wahrung des Selbstbestimmungsrechts Betroffener!“). Danach sehen die Datenschützer in der biometrische Gesichtserkennung eine Technik, „die sich zur Ausübung von sozialer Kontrolle eignet und der damit ein hohes Missbrauchspotential immanent ist„. Sie fordern daher, dass eine Verarbeitung biometrischer Merkmale der Gesichter der Nutzer in sozialen Medien nur mit der ausdrücklichen und informierten Einwilligung der Betroffenen erfolgen darf (§ 4a BDSG). Ein Verweis auf Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen reiche nicht aus.

Öffentlichkeitsfahndung
Die Konferenz befasste sich zudem mit der polizeilichen Öffentlichkeitsfahndung mit Hilfe sozialer Netzwerke („Öffentlichkeitsfahndung mit Hilfe sozialer Netzwerke – Strenge Regeln erforderlich!“). Eine Nutzung sozialer Netzwerke privater Betreiber (wie z.B. Facebook) zur Öffentlichkeitsfahndung stellt sich aus datenschutzrechtlicher Sicht der Behörden als sehr problematisch dar. Wenn eine solche Fahndungsart gewählt wird, so sollte diese bestimmt Voraussetzungen beachten. Denn sie greife nicht zuletzt wegen der größeren Reichweite deutlich intensiver in die Grundrechte ein als die herkömmliche Öffentlichkeitsfahndung. So darf etwa eine Speicherung der Fahndungsdaten nur auf den Servern der Polizei erfolgen. Zudem sei es entscheidend, dass die „Fahndung nicht als Aufruf zu Hetzjagden und Selbstjustiz im Internet führt. Dazu muss die Kommentierungsfunktion zwingend deaktiviert sein“.

Beschäftigungsdatenschutz
Auch der Beschäftigungsdatenschutz war erneut Thema auf der Konferenz (Beschäftigtendatenschutzgesetz jetzt!). Die Datenschützer verweisen auf den Koalitionsvertrag, wonach, falls mit einem Abschluss der Verhandlungen über die Europäische Datenschutz-Grundverordnung nicht in angemessener Zeit gerechnet werden kann, eine nationale Regelung geschaffen werden solle. Dies reicht den Datenschützern nicht aus. „Aufgrund der voranschreitenden technischen Entwicklung, die eine immer weiter gehende Mitarbeiterüberwachung ermöglicht, besteht unmittelbarer Handlungsbedarf. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordert die Bundesregierung deshalb auf, ein nationales Beschäftigtendatenschutzgesetzes um-gehend auf den Weg zu bringen„.

Datenschutzaufsicht in Europa
Zuletzt fordert die Konferenz in der Entschließung zur „Struktur der zukünftigen Datenschutzaufsicht in Europa„, dass während der im Rat der Europäischen Union andauernden Verhandlungen zur Datenschutz-Grundverordnung, bestimmte Kernelemente beachtet werden sollten, um in Zukunft einen effektiven und bürgernahen Kooperations- und Entscheidungsmechanismus der europäischen Datenschutzbehörden zu gewährleisten. Die Konferenz bekräftigt insbesondere den Grundsatz, dass jede Aufsichtsbehörde zur Kontrolle von datenschutzrechtlichen Verstößen befugt sein sollte, wenn Bürgerinnen und Bürger des jeweiligen Mitgliedstaats betroffen sind. Bei grenzüberschreitender Datenverarbeitung in Europa sollte die Aufsichtsbehörde am Ort der Hauptniederlassung nur federführend tätig werden und eng mit den anderen Aufsichtsbehörden kooperieren. Einigen sich die beteiligten Behörden, so soll die federführende Behörde die Maßnahme erlassen. In Streitfällen sollte der Europäische Datenschutzausschuss verbindlich entscheiden. Nach Ansicht der Konferenz besteht jedoch für die Einführung formeller, fristgebundener Verfahren zur Erlangung EU-weit gültiger Compliance-Entscheidungen kein Bedarf. Es dürfe bei der Klärung von Compliance-Fragen zu keiner Verlagerung der Verantwortlichkeit auf die Aufsichtsbehörden kommen.

Kammergericht: Für Facebook gilt deutsches Datenschutzrecht – und nun?

Mit Urteil vom 24.01.2014 (Az. 5 U 42/12 (hier als PDF)) hat das Kammergericht (KG) die Berufung von Facebook im Streit mit dem VZBV um die Zulässigkeit des Freunde-Finders zurückgewiesen (hier die Pressemitteilung). Das Urteil ist nun im Volltext verfügbar und der Inhalt dürfte durchaus für Diskussionen sorgen. Denn das KG bestätigt die Auffassung des Landgerichts Berlin (Az. 16 O 551/10), wonach im europäischen Datenschutzrecht eine Rechtswahl zwischen den Parteien möglich ist. Selbst ohne eine solche Rechtswahl fände vorliegend jedoch deutsches Datenschutzrecht Anwendung, da nicht Facebook Irland, sondern vielmehr die Muttergesellschaft in Amerika allein die verantwortliche Stelle der Datenverarbeitung sei. Da diese nicht in Europa sitze, jedoch auf die Daten von Nutzern in Deutschland zurückgreife, gelte deutsches Datenschutzrecht.

Die Frage des anwendbaren Datenschutzrechts ist freilich nur die (wenn auch notwendig) zu prüfende Vorstufe, um zu einer Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Freunde-Finders an sich zu gelangen. Ich möchte mich nachfolgend jedoch auf diese Vorfrage beschränken, denn ihre Beantwortung ist besonders vor dem Hintergrund interessant, dass sowohl das VG (Az.: 8 B 60/12; 8 B 61/12) als auch das OVG Schleswig (Az.: 4 MB 10/13) die Anwendbarkeit deutschen Datenschutzrechts abgelehnt haben. Wir haben also in Deutschland nun zwei Obergerichte, die hier unterschiedlicher Auffassung sind. Man sollte meines Erachtens zudem beachten, dass es bei dieser Frage nicht um „Facebook“-Bashing gehen darf, sondern diese Thematik vielmehr für jeglichen internationalen Anbieter von Dienstleistungen im Internet von Interesse ist.

Anwendbares Recht nach der EU-Datenschutz-Richtlinie
Das Kammergericht geht in seiner Entscheidung zunächst auf die im BDSG zum anwendbaren Recht festgeschriebenen Grundsätze (§ 1 Abs. 5 BDSG und deren europarechtliche Grundlage in Art. 4 RL 1995/46/EG, (DS-RL)) ein. Die Vorgaben aus der DS-RL sind als eine angestrebte Vollharmonisierung des Datenschutzrechts zu verstehen, zumindest soweit die entsprechende Vorschrift inhaltlich unbedingt und hinreichend genau ist.
Diese Voraussetzungen sind für Art. 4 DS-RL erfüllt. Richtigerweise stellt das KG fest, das die Vorschriften zum anwendbaren Recht „zum Kernbereich dieser Richtlinie“ gehören. Das KG erläutert dann zunächst die beiden möglichen Varianten, die als Anknüpfungspunkt des anzuwendenden Datenschutzrechts in Frage kommen. Einmal in Art. 4 Abs. 1 lit. a DS-RL der Sitz der verantwortlichen Stelle, wenn diese sich innerhalb der EU befindet oder nach Art. 4 Abs. 1 lit. c DS-RL der Anknüpfungspunkt des „Zurückgreifens“ auf in einem Mitgliedstaat belegene Mittel, wenn die verantwortliche Stelle der Datenverarbeitung nicht in der EU oder dem EWR sitzt.

Verantwortliche Stelle außerhalb der EU
Das KG beginnt seine Prüfung mit der Variante des Art. 4 Abs. 1 Lit. c DS-RL. Und hier wird das Urteil nun interessant und weicht von den oben angeführten Entscheidungen der Gerichte in Schleswig-Holstein ab. Denn das KG geht davon aus, dass nicht die Europazentrale von Facebook in Irland für die Datenverarbeitung deutscher Nutzer verantwortlich ist, sondern allein die Muttergesellschaft in den USA.

Ebenso werden die u?ber den Internetauftritt der Beklagten erhobenen und weitergehend verwendeten Daten in tatsächlicher Hinsicht von dieser Muttergesellschaft verarbeitet.

Diese Feststellung des Gerichts ist erforderlich, um in den Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 1 lit. c DS-RL zu gelangen. Denn wenn die irische Niederlassung verantwortlich wäre, so würde Art. 4 Abs. 1 lit. a DS-RL eingreifen und irisches Datenschutzrecht zur Anwendung kommen (in diesem Sinne hatten die Gerichte in Schleswig-Holstein entschieden). Übereinstimmend mit der Ansicht der Art. 29 Datenschutzgruppe (Stellungnahme WP 179) geht das KG dann davon aus, dass auf „automatisierte oder nicht automatisierte Mittel“ zurückgegriffen wird, wenn Cookies auf einem PC platziert und hierdurch personenbezogene Daten erhoben werden. Das KG nimmt diese Konstellation für Facebook USA an. Facebook USA setze Cookies auf Rechnern von deutschen Nutzern und greife daher auf „Mittel“ in Deutschland zurück. Daher gelte deutsches Datenschutzrecht. Zudem sieht das KG (sozusagen alternativ) den Auftragsdatenverarbeiter des Konzerns, der einer Niederlassung in Deutschland besitzt, als ein „Mittel“ an, auf das Facebook USA zurückgreift. Auch deshalb gelte deutsches Datenschutzrecht.

Diese Ansicht halte ich im Ergebnis für vertretbar. Manche europäische Datenschutzbehörden sehen sogar die eigenen Niederlassungen von außereuropäischen Unternehmen als solche „Mittel“ an. Was jedoch leider in dem Urteil etwas zu kurz kommt ist die, meines Erachtens gerade im Datenschutzrecht erforderliche, Differenzierung der verschiedenen Datenverarbeitungsvorgänge. Natürlich ist es möglich, dass Facebook USA Cookies einsetzt und hierüber Daten verarbeitet. Doch darf man damit nicht die kompletten Datenverarbeitungsvorgänge eines Weltkonzerns über einen Kamm scheren. Es scheint doch durchaus möglich, dass etwa für einen Verarbeitungsprozess die Muttergesellschaft, für einen anderen jedoch eine europäische Niederlassung verantwortlich ist. Wer für welchen Verarbeitungsvorgang verantwortlich ist, muss freilich auf einer tatsächlichen Ebene ermittelt bzw. vorgetragen werden.

Verantwortliche Stelle innerhalb der EU
In einem nächsten Schritt prüft das KG, ob nicht eventuell die Niederlassung in Irland doch als verantwortliche Stelle anzusehen sei und daher irisches Recht Anwendung finden würde (Art. 4 Abs. 1 lit. a DS-RL; falls dem so seien sollte, dann wäre die Vorschrift es Art. 4 Abs. 1 lit. c DS-RL quasi „gesperrt“. Daher hätte man sicherlich auch zunächst die Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 1 lit. a DS-RL prüfen können). Und mit Blick auf die irische Niederlassung stellt das KG fest:

„Es fehlt aber ein hinreichender Vortrag dazu, dass sie die hier maßgebliche Erhebung und weitere Verarbeitung der Daten vornimmt.“

Das KG legt, wie eigentlich in dem gesamten Urteilsabschnitt zum anwendbaren Recht, richtigerweise die Bestimmung des § 1 Abs. 5 S. 1 BDSG richtlinienkonform aus. Nach dieser Vorschrift gilt grundsätzlich das Datenschutzrecht desjenigen Mitgliedstaates, in dem die verantwortliche Stelle belegen ist. Für das KG muss jedoch hinzukommen, dass die Datenverarbeitungsvorgänge auch „effektiv und tatsächlich“ dort ausgeführt werden. Diese Voraussetzung sieht es hier nicht als erfüllt an.

Auch diese Ansicht ist meines Erachtens grundsätzlich richtig. Die Art. 29 Datenschutzgruppe spricht in ihren Stellungnahmen in diesem Zusammenhang gerne von der „relevanten Niederlassung“. Es kommt im Rahmen der Prüfung des Art. 4 Abs. 1 lit. a DS-RL entscheidend darauf an, inwieweit eine europäische Niederlassung als verantwortliche Stelle angesehen werden kann. Für diese Prüfung ist von entscheidender Bedeutung, welche tatsächlichen Einflussmöglichkeiten sie auf den jeweiligen Verarbeitungsprozess besitzt.
Das Vorbringen von Facebook in dem Prozess konnte das KG nicht überzeugen.

„Die Beklagte trägt nur vor, sie sei alleinige Vertragspartnerin aller Facebook Nutzer außerhalb Nordamerikas. … Eine eigene effektive und tatsächliche Datenverarbeitung (mittels eigener Datenverarbeitungsanlagen und eigenem Personal) wird damit nicht dargetan. … Letztlich bezieht sie sich insoweit auch nur auf die tatsächliche Datenverarbeitung durch ihre Muttergesellschaft. Weitergehendes hat die Beklagte auch nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht geltend gemacht.“

Es kommt also entscheidend auf die dargelegten, tatsächlichen Gegebenheiten an. Anders als in den Prozessen in Schleswig-Holstein konnte Facebook das KG jedoch nicht davon überzeugen, für die relevanten Vorgänge allein verantwortlich zu sein.

Im Ergebnis ist die Entscheidung des KG hinsichtlich dieses Komplexes daher konsequent. Als unbeteiligter Betrachter von außen lässt sich nur schwer beurteilen, ob man aufgrund des tatsächlichen Vorbringens nicht auch zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.

Rechtswahl
In einem weiteren Teil stützt sich das KG nun alternativ darauf, dass zudem eine wirksame Rechtswahl in Bezug auf deutsches Datenschutzrecht vorliege.

Insoweit überzeugt mich das Urteil jedoch nicht. Ich hatte bereits hier im Blog einmal zu der Möglichkeit einer Rechtswahl im Datenschutzrecht Stellung genommen.

Dass eine Rechtswahl möglich sei, begründet das KG damit, dass das BDSG unter anderem auch Privatrecht enthalte, wenn Ansprüche der Betroffenen (etwa auf Löschung oder Schadenersatz) auf Vorschriften wie §§ 4, 28 BDSG verweisen. Es ist in der Tat nicht unumstritten, inwieweit das BDSG nun (rein) öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich oder gemischt zu qualifizieren ist.

Unabhängig davon sehe ich jedoch die, wie auch vom KG hervorgehoben, entscheidende Vorschrift des Art. 4 DS-RL nicht als eine solche des Privatrechts an, die zur Disposition der Parteien steht. Diese kann daher auch nicht durch eine Rechtswahl der Parteien „umgangen“ werden. Der Gesetzgeber wollte vielmehr eindeutig regeln, wann welches Datenschutzrecht gilt. Es lässt sich hier sicherlich darüber streiten, ob Art. 4 DS-RL bzw. die deutsche Umsetzung in § 1 Abs. 5 BDSG, nun eine international-privatrechtliche Eingriffsnorm darstellt oder etwa eine Sonderanknüpfung. Was jedoch beiden Qualifizierungen gemeinsam ist, ist der Ausschluss der Möglichkeit einer freien Rechtswahl.

Das KG bezieht sich in seiner Begründung vor allem auf die AGB von Facebook. Dort sei festgeschrieben, dass die Erklärung deutschem Recht unterliege. Meines Erachtens muss man hier jedoch strikt differenzieren. Es ist zwar möglich, das Vertragsrecht in internationalen Konstellationen grundsätzlich frei zu wählen (es sei denn es greifen Ausnahmen ein, wie etwa der Schutz für Verbraucher). Diese freie Rechtswahl bezieht sich meiner Meinung nach jedoch nicht auf das Datenschutzrecht. Denn allein Art. 4 DS-RL bzw. die jeweilige nationale Umsetzung soll vorgeben, welches Recht Anwendung findet. Dies kann in der Praxis freilich zu der Situation führen, dass in Bezug auf eine AGB-Prüfung deutsches Recht Anwendung findet (insoweit greift die Schutzausnahme für Verbraucher). Innerhalb dieser AGB-Prüfung kann jedoch das zugrunde zu legende Recht, von dem mittels der AGB eventuell abgewichen wird, durchaus ein ausländisches Datenschutzrecht sein. Herr Dr. Redeker hat dies in einem Blogbeitrag auf CR-Online ebenso dargestellt.

Auch die Art. 29 Datenschutzgruppe hat in ihrer Stellungnahme zu Apps (WP 202, S. 9) zu einer möglichen Rechtswahl im Datenschutzrecht klare Worte gefunden:

Es ist wichtig, dass App-Entwickler wissen, dass die beiden Richtlinien insofern zwingende Vorschriften darstellen, als die Rechte natürlicher Personen nicht übertragbar sind und keinem vertraglichen Verzicht unterliegen. Das bedeutet, dass die Anwendbarkeit des europäischen Rechts zum Schutz der Privatsphäre nicht durch eine einseitige Erklärung oder eine vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen werden kann.

Das KG geht in seiner Begründung leider auch nicht auf die Vorgaben der für internationale Sachverhalte und die Bestimmung des anzuwenden Rechts entscheidenden Verordnungen (Rom I und Rom II) ein. Es begründet die Entscheidung mit seiner Ansicht der freien Wahl hinsichtlich des „privatrechtlichen Teils“ des deutschen Datenschutzrechts. Dass hier deutsches und nicht etwa irisches Datenschutzrecht zur Anwendung gelangt, mache

vorliegend auch Sinn. Denn in Ziff. 1 der Nutzungsbedingungen stellt die Beklagte ausdru?cklich klar, wie wichtig ihr die Privatsphäre des Nutzers und der Schutz seiner Daten sind. Mit der Vereinbarung auch des deutschen Datenschutzrechts nimmt sie den Nutzern in Deutschland einen Teil der Sorgen, indem sie die in Deutschland insoweit geltenden und diesen Nutzern vertrauten Maßstäbe auch fu?r sich zu Grunde legt.

So sehr ich den Gedanken verstehe, dass es für deutsche Nutzer besser erscheinen mag, wenn deutsches Datenschutzrecht anwendbar ist, so wenig überzeugt mich jedoch das voran gestellte Zitat als eine rechtliche Begründung einer wirksamen Rechtswahl im Datenschutzrecht.

Ausblick
Und nun? Man wird abwarten müssen, ob Facebook auch gegen das Urteil des KG vorgeht. Da wir jedoch nun zwei konträre Entscheidungen zum anwendbaren Datenschutzrecht auf Facebook und auch zu den grundsätzlichen rechtlichen Möglichkeiten einer Rechtswahl im Datenschutzrecht haben, wäre im Sinne der Rechtssicherheit eine höchstrichterliche Klärung sicherlich wünschenswert.

Datenschützer veröffentlichen Orientierungshilfe zur Selbstregulierung

Der Düsseldorfer Kreis (der Zusammenschluss der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder) hat eine neue Orientierungshilfe für den Umgang mit Verhaltensregeln veröffentlicht.

Selbstregulierung im Datenschutzrecht bisher selten

Die aus anderen Rechtsgebieten, etwa dem Jugendmedienschutz, bekannte Form der regulierten Selbstregulierung (also der Vorgabe eines staatlichen Rahmens, innerhalb dessen sich die Mitglieder eines Verbandes dann Verhaltensregeln auferlegen und deren Einhaltung kontrollieren), ist im Datenschutzrecht bisher kaum auf fruchtbaren Boden gestoßen. Öffentlichkeitswirksam gescheitert ist etwa im letzten Jahr der Versuch der Selbstregulierung der Anbieter von sozialen Netzwerken im Internet.
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Google ändert Nutzungsbedingungen – was es zu beachten gilt

Heute gab Google bekannt, dass es mit Wirkung zum 11. November 2013 neue Nutzungsbedingungen in all seinen Diensten verwenden wird.

Die Zusammenfassung der Änderungen (für Personen mit, wörtlich, „Abneigung gegen Juristendeutsch“) führt als wohl aus Sicht der Nutzer wichtigsten Punkt die folgende Anpassung auf:

Zunächst erläutern wir, wie und in welchem Rahmen Ihr Profilname und Foto in Google-Produkten erscheinen kann, etwa in Erfahrungsberichten, Bewertungen, Werbung oder in anderen kommerziellen Kontexten.
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Twitter’s Börsengang – Datenschutz als Investorenrisiko?

Aus dem vorläufigen Börsenprospekt von Twitter, der auf der Internetseite der amerikanischen Börsenaufsicht (SEC) abrufbar ist, lassen sich einige interessante Informationen zu dem Unternehmen selbst und seinem geplanten Börsengang entnehmen. Betrachtet man die dortigen Angaben allein aus dem Blickwinkel des Datenschutzrechts fällt auf, dass Bezugnahmen hierzu meist im Rahmen von möglichen Risiken erwähnt werden.

Grundsätzlich stellt Twitter klar, dass zu den Risiken, welche sich auf das Geschäft von Twitter und sein wirtschaftliches Wachstum auswirken können, vor allem auch Bedenken der Nutzer in Bezug auf den Datenschutz zählen:

A number of factors could potentially negatively affect user growth and engagement, including if: … there are user concerns related to privacy and communication, safety, security or other factors

Insbesondere negative öffentliche Berichterstattung über das Unternehmen, auch in Bezug auf den Datenschutz, könnten dem Ansehen von Twitter und dem Vertrauen in seine Produkte schaden:

Negative publicity about our company, including about … privacy and security practices … even if inaccurate, could adversely affect our reputation and the confidence in and the use of our products and services.

Auch die Einhaltung ausländischer Daten- und Verbraucherschutzgesetze und die Möglichkeit, gegen diese Gesetze zu verstoßen, sind ein Faktor, der zu einem Risiko für die zukünftige Entwicklung und das Wachstum des Unternehmens werden könnte.
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Datenschutz-Grundverordnung: Kritik am Prinzip der zentralen Anlaufstelle

In einem Vermerk der litauischen Ratspräsidentschaft an die Mitglieder des Rates der europäischen Union vom 03. Oktober 2013 werden die Positionen der Mitgliedstaaten zu dem Prinzip der zentralen Anlaufstelle (one-stop-shop) der im Entwurf befindlichen Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO, KOM(2012) 11) zusammengefasst. Am kommenden Montag werden die Justiz- und Innenminister der Europäischen Union unter anderem auch hierüber diskutieren.

Um was geht es?
Mit dem in Art. 51 Abs. 2 DS-GVO vorgeschlagenen Prinzip der zentralen Anlaufstelle soll in Zukunft die Durchsetzung und Überwachung des Datenschutzrechts vereinfacht werden. Danach ist für Datenverarbeitungsvorgänge eines Verantwortlichen oder eines Auftragsdatenverarbeiters, der in mehreren EU-Mitgliedstaaten Niederlassungen besitzt, die Datenschutzaufsichtsbehörde desjenigen Mitgliedstaates alleine (!) zuständig, in dem sich die Hauptniederlassung des Verantwortlichen befindet. Nach Art. 4 Nr. 13 DS-GVO ist Hauptniederlassung der Ort der Niederlassung in der Union, an dem die Grundsatzentscheidungen hinsichtlich der Zwecke, Bedingungen und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten getroffen werden. Das Prinzip hat damit sowohl eine Erleichterung für Unternehmen zur Folge, die sich dann nur noch einer Aufsichtsbehörde gegenüber sehen. Und auch die Rechte der betroffenen Personen sollen so (prinzipiell) besser durchsetzbar sein. Als Paradebeispiel könnte man hier etwa die Niederlassung von Facebook in Irland anführen, welche die Europazentrale des Unternehmens darstellt.

Kritik der Mitgliedstaaten
Aus dem Vermerk geht hervor, dass dieses Prinzip der zentralen Anlaufstelle zwar grundsätzliche breite Zustimmung erfährt. Die tatsächliche Ausgestaltung in ihrer derzeit geplanten Form jedoch von der Mehrheit der Mitgliedstaaten nicht befürwortet wird.

Beschwerden ja, Durchsetzung nein
So wird vorgebracht, dass zwar die Möglichkeit für betroffene Personen bestehen soll, nach Art. 73 Abs. 1 DS-GVO eine Beschwerde wegen einer unrechtmäßigen Datenverarbeitung bei jeder nationalen Datenschutzbehörde vorzubringen, also nicht nur bei der Aufsichtsbehörde der Hauptniederlassung. Aber eventuelle Maßnahmen und Sanktionen könnten dann dennoch nur durch diese Hauptaufsichtsbehörde vollzogen werden. Um am Beispiel von Facebook zu bleiben: Deutsche Nutzer könnten bei einer deutschen Datenschutzbehörde eine Beschwerde vorbringen, sich aus einer tatsächlich festgestellten Verletzung datenschutzrechtlicher Vorschriften ergebende Maßnahmen würden jedoch alleine durch die irische Datenschutzbehörde vorgenommen werden.

Gefahr für den Schutz der Betroffenen
Diese sich ergebende Schere zwischen Beschwerde und Durchsetzung sehen viele Mitgliedstaaten als eine Gefahr für die Datenschutzrechte der Betroffenen an. Denn für die Betroffenen ist die Nähe, also der kurze und effektive Kommunikationsweg, zur jeweiligen Aufsichtsbehörde von entscheidender Bedeutung. Dieser würde jedoch erschwert, wenn für die Durchsetzung ihrer Rechte und das entsprechende Verfahren eine ausländische Aufsichtsbehörde zuständig wäre. Zudem sollte es Betroffenen möglich sein, eine Entscheidung „ihrer“ Aufsichtsbehörde zu erhalten und diese Entscheidung dann eventuell vor den eigenen nationalen Gerichten anzufechten.

Lösungsvorschläge
Der Vermerk fasst einige durch die Mitgliedstaaten vorgebrachte Vorschläge zur Modifikation des Prinzips der zentralen Anlaufstelle zusammen, wobei hier nur auf einzelne eingegangen werden soll.

  • Die Hauptaufsichtsbehörde könnte prinzipiell weiter allein zuständig sein, dennoch sollten einige Befugnisse nicht exklusiv durch sie ausgeübt werden. Gerade Überwachungs- und Kontrollbefugnisse bestimmter Datenverarbeitungsvorgänge könnten auch von nationalen Behörden ausgeführt werden, gerade wenn diese auf dem Gebiet ihres Mitgliedstaates stattgefunden haben.
  • Bei Datenverarbeitungsvorgängen, die sich auf mehrere Mitgliedstaaten beziehen, könnte etwa ein Mitbestimmungsverfahren, unter Einbeziehung anderer nationaler Behörden eingeführt werden. Hier gäbe es zwar immer noch eine Hauptaufsichtsbehörde. Diese könnte Maßnahmen von über die nationalen Grenzen hinausgehender Bedeutung jedoch nicht mehr alleine, sondern nur in Abstimmung mit anderen Behörden, treffen. Zwar besteht ein ähnliches Verfahren für gemeinsame Maßnahmen bereits in Art. 56 DS-GVO. Jedoch ist dort nur das „Miteinander“ bei den Maßnahmen geregelt, also das Recht auf eine Teilnahme und nicht das Recht, selbst Maßnahmen zu treffen.
  • Zudem sollten grundsätzlich die nationalen Behörden, bei denen eine Beschwerde eingegangen ist, mehr in den Entscheidungsprozess der zu treffenden Maßnahmen eingebunden werden. So würde dem für die Betroffenen wichtigen „Näheverhältnis“ zu ihrer Behörde Rechnung getragen und die oben beschriebene Schere etwas geschlossen.
  • Bei der Beteiligung mehrerer Aufsichtsbehörden in einem Verfahren würden sich freilich nicht immer übereinstimmende Meinungen zum Vorgehen herausbilden. Hierzu könnte dann ein Verfahren bei dem einzurichtenden Europäischen Datenschutzausschuss (Art. 64 DS-GVO, ein Zusammenschluss aller nationaler Datenschutzbehörden und des Europäischen Datenschutzbeauftragen) eingeführt werden, in dem dieser eine abschließende Stellungnahme abgibt, ja eventuell sogar eine abschließende Entscheidung fällt (auch wenn er dazu dann mit entsprechender, bisher nicht vorhandener, rechtlicher Befugnis ausgestattet werden müsste).

Ausblick
Am Montag werden die Justizminister das oben beschriebene Prinzip und mögliche Änderungen beraten, jedoch noch nicht abschließend. Der Grundkonsens im Rat scheint zu sein, dass etwas geändert werden muss, um den Rechten der Betroffenen besser und vor allem praxistauglicher Geltung verschaffen zu können. Welche Variante dies sein wird, bleibt abzuwarten. Es zeigt sich jedoch auch, dass der Rat nicht unbedingt das Gesetze verwässernde und Verbraucherrechte fressende Europäische Organ ist, zu welchem er in der öffentlichen Debatte häufig gemacht wird. Vielmehr geht es bei diesen Vorschlägen vor allem um Effektivität und Durchführbarkeit. Dies ist zu begrüßen.

Facebook will Datenschutzrichtlinie und Nutzungsbedingungen ändern

In einem offiziellen Beitrag vom 29. August 2013 auf Facebook stellt Erin Egan, die Leiterin der Datenschutzrechtsabteilung bei dem sozialen Netzwerk, mehrere geplante Änderungen des Unternehmens sowohl in Bezug auf seine Datenverwendungsrichtlinie, als auch die Nutzungsbedingungen (sog. Erklärung der Rechte und Pflichten) vor.

Änderung der Nutzungsbedingungen
Die wohl wichtigste Änderung im Rahmen der neuen Nutzungsbedingungen dürfte der Umfang der Verwendung von Nutzerinformationen für Werbeanzeigen darstellen.
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Deutsche Datenschützer: keine neuen Genehmigungen für Datenübermittlungen

Kommt der Datenfluss zwischen deutschen und amerikanischen Unternehmen bald zum erliegen? Wohl nicht. Dennoch könnten sich für international tätige, in Deutschland ansässige Unternehmen in den nächsten Monaten erhebliche Probleme bei der Übermittlung von personenbezogenen Daten in die USA ergeben. Denn: In einer Presseerklärung stellt die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder (der sog. Düsseldorfer Kreis) fest, dass

„die Aufsichtsbehörden für den Datenschutz keine neuen Genehmigungen für die Datenübermittlung in Drittstaaten (zum Beispiel auch zur Nutzung bestimmter Cloud-Dienste) erteilen und prüfen, ob solche Datenübermittlungen auf der Grundlage des Safe-Harbor-Abkommens und der Standardvertragsklauseln auszusetzen sind“.
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