Vorlagefragen an den EuGH: Wie weit reicht der Arm nationaler Datenschutzbehörden?

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) ist im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens (C-230/14) aus Ungarn mit mehreren Fragen befasst, inwieweit die Datenschutzbehörde eines EU-Mitgliedstaates ihre Kontrollbefugnisse auch gegen Webseitenanbieter, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind, ausüben und durchsetzen kann.

Sachverhalt
Das Unternehmen Weltimmo, mit Sitz in der Slowakei, bietet auf seiner Webseite die Möglichkeit zur Vermittlung von Immobilien an. Auf der Webseite konnten auch ungarische Staatsbürger Anzeigen für Immobilien schalten, die sich in Ungarn befinden. Die für den Dienst verwendeten Server befinden sich wiederum in einem dritten EU-Mitgliedstaat. Dieser Service wurde zunächst kostenlos angeboten, nach einer gewissen Zeit jedoch automatisch in ein kostenpflichtiges Angebot umgewandelt und die Betroffenen wurden zur Kasse gebeten. Zudem konnten Anzeigen mit personenbezogenen Daten nicht gelöscht werden (hier mehr zu dem ursprünglichen Verfahren, Englisch). Gegen diese Praxis wandten sich einige ungarische Staatsbürger und beschwerten sich bei ihrer nationalen Datenschutzbehörde. Diese untersuchte den Vorfall. Sie hielt sich für zuständig und erließ gegen das slowakische Unternehmen einen Bußgeldbescheid wegen der Verletzung ungarischen Datenschutzrechts. Hiergegen wandte sich Weltimmo, in erster Instanz erfolgreich. In der zweiten Instanz wandte sich das ungarische Gericht nun an den EuGH, da einige Fragen zum anwendbaren Recht als auch der aufsichtsbehördlichen Kompetenz bestanden.

Vorlagefragen
Zunächst möchte das Gericht wissen, ob Art. 28 Abs. 1 der Datenschutz-Richtlinie (DS-RL) in dem Sinn auszulegen, dass die nationale Regelung eines Mitgliedstaats (in diesem Fall Ungarn) in dessen Staatsgebiet auf einen für die Datenverarbeitung Verantwortlichen (Weltimmo) anwendbar ist, der ausschließlich in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist und der eine Webseite zur Vermittlung von Immobilien betreibt und dort unter anderem Immobilien inseriert, die sich im Staatsgebiet des ersten Mitgliedstaats befinden, nachdem deren Eigentümer ihre personenbezogenen Daten an ein Mittel (Server) zur Speicherung und Verarbeitung von Daten übermittelt haben, das dem Betreiber der Webseite gehört und sich in einem dritten Mitgliedstaat befindet?

Art. 28 Abs. 1 DS-RL lautet: „Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass eine oder mehrere öffentliche Stellen beauftragt werden, die Anwendung der von den Mitgliedstaaten zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften in ihrem Hoheitsgebiet zu überwachen.

Es geht also darum, ob die ungarische Datenschutzbehörde grundsätzlich die Befugnis besitzt, Verstöße gegen ungarisches Datenschutzrecht gegen einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen für die Verarbeitung Verantwortlichen durchzusetzen. Hintergrund dieser Frage dürfte auch die Regelung des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a DS-RL sein, wonach jeder Mitgliedstaat die Vorschriften, die er zur Umsetzung der DS-RL erlässt, auf alle Verarbeitungen personenbezogener Daten anwendet, die im Rahmen der Tätigkeiten einer Niederlassung ausgeführt werden, die der für die Verarbeitung Verantwortliche im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats besitzt.

Hierauf bezieht sich dann auch die zweite Frage des vorlegenden Gerichts. Ist Art. 4 Abs. 1 Buchst. a DS-RL im Lichte ihrer Erwägungsgründe 18 bis 20 und ihres Art. 1 Abs. 2 sowie Art. 28 Abs. 1 dahingehend auszulegen, dass die ungarische Datenschutzbehörde das ungarische Datenschutzgesetz als nationales Recht nicht auf den Betreiber einer Webseite zur Vermittlung von Immobilien (Weltimmo) anwenden darf, der ausschließlich in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, selbst dann nicht, wenn dieser unter anderem ungarische Immobilien inseriert, deren Eigentümer die Daten ihrer Immobilien wahrscheinlich vom ungarischen Staatsgebiet aus an ein Mittel (Server) zur Speicherung und Verarbeitung von Daten übermittelt haben, das dem Betreiber der Webseite gehört und sich in einem dritten Mitgliedstaat befindet?

Beide Fragen beziehen sich also vornehmlich auf das anwendbare Datenschutzrecht und wie dieses unter der DS-RL zu bestimmen ist, wenn es um die Beurteilung eines grenzüberschreitenden Sachverhalts (innerhalb der EU) geht. Grundsätzlich bestimmt sich das anwendbare Datenschutzrecht nach den Vorgaben des Art. 4 DS-RL. Art 28 Abs. 1 DS-RL stellt meines Erachtens keine hiervon abweichende Regelungen auf. Diese Vorschrift regelt vielmehr die Kompetenzen der Datenschutzbehörden, nämlich dass sie dazu berufen sind, die Einhaltung der Datenschutzgesetze in ihrem Mitgliedstaat zu überwachen. Welche nationalen Regelungen Anwendung finden, richtet sich jedoch nach Art. 4 DS-RL.

Des Weiteren fragt das vorlegende Gericht danach, ob es für die Auslegung von Bedeutung ist, ob die von dem für die Datenverarbeitung Verantwortlichen und Betreiber der Webseite erbrachte Dienstleistung auf das Staatsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ausgerichtet ist? Diese Bezugnahme auf das Merkmal des „Ausrichtens“ mag einige Leser an das Google-Urteil des EuGH (C-131/12) vom 13. Mai 2014 erinnern. Der Unterschied dazu ist hier jedoch, dass der für die Verarbeitung Verantwortliche sich innerhalb der EU befindet. Zudem möchte das vorlegende Gericht hier wissen, ob bereits das Ausrichten der Dienstleistung auf das Staatsgebiet eines anderen Mitgliedstaats von Bedeutung ist. Im Google-Urteil hat der EuGH (anders als dies häufig berichtet wurde) zudem nicht festgestellt, dass allein das Ausrichten einer Webseite oder eines Dienstes entscheidend ist, für die Antwort auf die Frage nach dem anwendbaren Datenschutzrecht. Dort ging es um die Ausrichtung der Tätigkeit der Niederlassung (!) des verantwortlichen.

Meines Erachtens findet sich für das Abstellen allein auf das Ausrichten der angebotenen Dienstleitung in der DS-RL keine Grundlage. Art. 4 Abs. 1 DS-RL bezieht sich entweder auf die Niederlassung des Verantwortlichen (Buchst. a) oder darauf, ob auf in einem Mitgliedstaat belegene Mittel zurückgegriffen wird (Buchst. c).

Das vorlegende Gericht differenziert dann och weiter und möchte wissen, ob es von Bedeutung ist, ob die Daten der in diesem anderen Mitgliedstaat belegenen Immobilien und die personenbezogenen Daten der Eigentümer tatsächlich vom Staatsgebiet dieses anderen Mitgliedstaats (hier Ungarn) aus eingegeben wurden? Auch fragt das Gericht danach, ob es von Bedeutung ist, ob die Eigentümer der in der Slowakei niedergelassenen Gesellschaft einen Wohnsitz in Ungarn haben?

Zuletzt kommt das vorlegende Gericht auf den Aspekt der aufsichtsbehördlichen Kompetenzen zu sprechen. Für den Fall, dass die ungarische Datenschutzbehörde handeln darf, jedoch nur auf der Grundlage des slowakischen Datenschutzrechts (weil nur dieses für den Verantwortlichen gilt), möchte das ungarische Gericht wissen, ob Art. 28 Abs. 6 DS-RL in dem Sinne auszulegen ist, dass die ungarische Datenschutzbehörde ausschließlich – und zwar nach der Regelung des Mitgliedstaats der Niederlassung – diejenigen Befugnisse ausüben kann, die in Art. 28 Abs. 3 DS-RL genannt sind, und dass sie folglich keine Befugnis besitzt, ein Bußgeld zu verhängen?

Art. 28 Abs. 6 DS-RL bestimmt: „Jede Kontrollstelle ist im Hoheitsgebiet ihres Mitgliedstaats für die Ausübung der ihr gemäß Absatz 3 übertragenen Befugnisse zuständig, unabhängig vom einzelstaatlichen Recht, das auf die jeweilige Verarbeitung anwendbar ist. Jede Kontrollstelle kann von einer Kontrollstelle eines anderen Mitgliedstaats um die Ausübung ihrer Befugnisse ersucht werden.“ (Hervorhebung durch mich)

In Art. 28 Abs. 3 DS-RL sind Maßnahmen aufgezählt, die den Datenschutzbehörden zustehen (Untersuchungsbefugnis, Einwirkungsbefugnis und Klagerecht). Nicht ausdrücklich erwähnt ist dort jedoch die Möglichkeit, Bußgelder zu verhängen. Bedeutet der Verweis in Art. 28 Abs. 6 DS-RL auf Abs. 3 nun, dass die ungarische Datenschutzbehörde in diesem Fall allein auf die dort benannten Maßnahmen beschränkt ist, obwohl nach nationalen Recht (sei es dem ungarischen oder dem slowakischen) ein Bußgeld verhängt werden könnte? Dies würde im Endeffekt bedeuten, dass der ungarischen Behörde nur ein Grundgerüst an, aus der DS-RL abgeleiteten und durch sie beschränkte, aufsichtsbehördlichen Maßnahmen zusteht. Nämlich allein diejenigen, die in Art. 28 Abs. 3 DS-RL benannt sind. Soll ein Bußgeld verhängt werden, so dürfte dies allein durch die slowakische Datenschutzbehörde nach slowakischem Recht erfolgen.

EuGH-Generalanwalt zur Rechtmäßigkeit öffentlicher Videoüberwachung durch Private

In einem Vorabentscheidungsersuchen (Rs. C-212/13) des obersten tschechischen Verwaltungsgerichtshofs an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat am 10. Juli 2014 Generalanwalt (GA) Jääskinen seine Schlussanträge vorgestellt.

In dem Verfahren geht es im Wesentlichen um zwei Fragen zur Auslegung der geltenden Datenschutz-Richtlinie (DS-RL). Zum wann i. S. d. Art. 3 Abs. 2 zweiter Spiegelstrich DS-RL eine Verarbeitung personenbezogener Daten vorliegt, „die von einer natürlichen Person zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten vorgenommen wird“ und damit nicht in den Anwendungsbereich der DS-RL fällt (sog. household exemption). Zum anderen wie die Überwachung von öffentlichem Raum durch ein Kamerasystem möglicherweise datenschutzrechtlich rechtmäßig durchgeführt werden kann.

Sachverhalt
Herr Ryneš, der im Verfahren vor dem nationalen Gericht gegen eine Entscheidung der tschechischen Datenschutzbehörde vorgeht, setzte eine fest installierte Kamera an der Außenwand seines Hauses ein, die nicht schwenkbar war. Mit dieser zeichnete er den Eingang seines Hauses, den öffentlichen Straßenraum sowie den Eingang des gegenüberliegenden Hauses auf. Videoaufnahmen wurden auf einer Festplatte gespeichert. Sobald deren maximale Kapazität erreicht war, wurde die vorhandene Aufzeichnung mit einer neuen überschrieben. Die Aufzeichnungsvorrichtung hatte keinen Bildschirm, so dass das Bild nicht in Echtzeit betrachtet werden konnte. Allein Herr Ryneš hatte unmittelbaren Zugang zu der Anlage und den aufgezeichneten Daten. Grund für die Überwachung war der Schutz seines Eigentums, seiner Gesundheit und seines Lebens und seiner Familie. Sowohl er selbst als auch seine Familie waren nämlich während mehrerer Jahre Ziel von Angriffen eines Unbekannten gewesen, der nicht hatte entlarvt werden können. Zudem waren bereits in der Vergangenheit Fenster des Hauses mehrfach eingeschlagen worden. Nach Installation der Kamera wurde erneut eine Fensterscheibe seines des Hauses zerstört. Dank der Videoüberwachungsanlage konnten zwei Verdächtige identifiziert werden. Die Aufzeichnungen wurden der Polizei übergeben und anschließend im Rahmen des Strafverfahrens als Beweismittel vorgelegt. Einer der Verdächtigen beantragte die Überprüfung des Kamerasystems und die Datenschutzbehörde stellte Verstöße gegen das Datenschutzrechts fest.

Videoüberwachung als Vorratsdatenspeicherung?
Der GA betont einleitend zunächst, dass es sich vorliegend um einen speziell zu betrachtenden Einzelfall der Videoüberwachung handelt. Die Merkmale sind die folgenden: fest installiertes Überwachungssystem; auf den öffentlichen Raum sowie die Tür des gegenüberliegenden Hauses gerichtet; es wird ermöglicht, eine unbestimmte Zahl von Personen zu identifizieren; keine vorherige Unterrichtung hinsichtlich der Überwachung. Der GA stellt klar, dass die im Zusammenhang mit Aufzeichnungen durch Mobiltelefone, Camcorder oder Digitalkameras stehenden Rechtsfragen hingegen anderer Art sind und vorliegend nicht behandelt werden.

Sodann zieht der GA zwei interessante Parallelen zum Urteil des EuGH in Sachen Vorratsdatenspeicherung (C-293/12). Zum einen geht der GA davon aus, dass bei Aufzeichnungen dieser Art

[a]us der Gesamtheit dieser Daten … sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben der Personen, deren Daten auf Vorrat gespeichert wurden, gezogen werden [können]

Hier zitiert er also wörtlich den EuGH in seinem Vorratsdaten-Urteil und vergleicht die potentielle Gefahrenlase der vorliegenden Videoüberwachung mit derjenigen bei der Vorratsdatenspeicherung. Zum anderen zitiert er den EuGH in seinem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung vor dem Hintergrund, dass die

Vorratsspeicherung der Daten zu dem Zweck, sie gegebenenfalls den zuständigen nationalen Behörden zugänglich zu machen, unmittelbar und speziell das Privatleben und damit die durch Art. 7 der Charta garantierten Rechte

betrifft, was auch vorliegend der Fall war.

ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten
Sodann gelangt der GA zur Hauptfrage des Verfahrens, nämlich der Auslegung des Art. 3 Abs. 2 zweiter Spiegelstrich DS-RL. Der GA weist darauf hin, dass diese Bestimmung grundsätzlich nicht auf den Zweck der Verarbeitung personenbezogener Daten abstellt. In der mündlichen Verhandlung war offensichtlich zwischen den verschiedenen Beteiligten strittig, inwieweit die household exemption von der subjektiven Zielrichtung, die einer Datenverarbeitung zugrunde liegt (also die verfolgte Absicht), abhängt. Diese Ansicht lehnt der GA ab, verweist jedoch darauf, dass die subjektive Zielrichtung im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung (genauer bei der Abwägung i. R. d. Art. 7 lit. f DS-RL eine Rolle spielen kann). Einzig möglich wäre nach dem GA noch, diese Zielrichtung der Tätigkeit als für den ausschließlich persönlichen oder familiären Charakter der betreffenden Datenverarbeitung maßgeblich anzusehen, um die household exemption eingreifen zu lassen. Auch dies lehnt der GA jedoch ab. Der Anwendungsbereich der DS-RL könne nicht von der subjektiven Zweckbestimmung des für die Verarbeitung Verantwortlichen abhängig sein,

weil eine solche Zweckbestimmung weder anhand äußerer Umstände objektiv nachprüfbar noch den Personen gegenüber relevant ist, deren Rechte und Interessen durch die betreffende Tätigkeit berührt werden.

Der Anwendungsbereich der DS-RL müsse daher allein anhand objektiver Kriterien bestimmt werden.

Art. 3 Abs. 2 zweiter Spiegelstrich DS-RL ist als Ausnahmebestimmung eng auszulegen. Nach Ansicht des GA handelt es sich bei den „persönlichen Tätigkeiten“ i. S. d. Vorschrift um Tätigkeiten, die in enger und objektiver Verbindung mit dem Privatleben einer Person stehen und die Privatsphäre anderer nicht spürbar berühren. Der GA weist jedoch darauf hin, dass diese Tätigkeiten auch außerhalb der eigenen Wohnung stattfinden können.

Der zweite Begriff, die „familiären Tätigkeiten“, steht nach dem GA mit dem Familienleben in Verbindung und findet normalerweise innerhalb der Wohnung oder anderer von den Mitgliedern der Familie gemeinsam genutzter Orte statt.

Wichtig hierbei ist jedoch, dass es für die Anwendung dieser Ausnahme nicht ausreicht, dass die Tätigkeiten mit persönlichen oder familiären Tätigkeiten nur verbunden sind. Der Wortlaut ist eindeutig. Die Verbindung muss ausschließlich sein. Hier zieht der GA nun sein erstes Fazit:

Ich stelle daher fest, dass die Videoüberwachung anderer, d. h. die systematische Überwachung von Orten mittels einer Vorrichtung, die ein Videosignal zwecks Identifizierung von Personen aufzeichnet, selbst innerhalb eines Hauses nicht als ausschließlich persönlich angesehen werden kann, was aber nicht ausschließt, dass sie unter den Begriff der familiären Tätigkeit fallen kann.

Gerade Maßnahmen zum Schutz der Unverletzlichkeit eines Privathauses und zu dessen Schutz vor Diebstahl und jedem widerrechtlichem Zugang können nach dem GA aber Tätigkeiten darstellen, die für jeden Haushalt wesentlich sind und daher zu den familiären Tätigkeiten gerechnet werden können. Im vorliegenden Fall war diese Voraussetzung jedoch nicht erfüllt. Denn eine Videoüberwachung, die sich wie hier auf den öffentlichen Raum erstreckt, könne nicht als eine ausschließlich familiäre Tätigkeit angesehen werden, weil sie auch Personen erfasst, die eben keine Verbindung zu der betreffenden Familie.

Art. 3 Abs. 2 zweiter Spiegelstrich DS-RL sei daher vorliegend nicht einschlägig. Die Videoüberwachung falle damit in den Anwendungsbereich der DS-RL

Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung
In einer ergänzenden Bemerkung führt der GA jedoch aus, dass sich die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung vorliegend aus Art. 7 lit. f DS-RL ergeben kann. In dessen Rahmen ist eine Abwägung der jeweiligen einander gegenüberstehenden Rechte und Interessen erforderlich, die grundsätzlich von den konkreten Umständen des betreffenden Einzelfalls abhängt. Und hier stellt der GA fest, dass die Tätigkeit von Herrn Ryneš dem Schutz seiner Wahrnehmung anderer Grundrechte wie des Eigentumsrechts und des Rechts auf Familienleben diente. Diese berechtigten Interessen müssen daher bei der Abwägung berücksichtigt werden.

Interessanterweise verwendet der GA im Rahmen des Art. 7 lit. f DS-RL und der dort vorgesehenen Abwägung der Rechte und Interessen nicht die Formulierung des EuGH im Google-Urteil (C-131/12), dass „im Allgemeinen” die durch Art. 7 und 8 der Grundrechtecharta der EU geschützten Rechte der betroffenen Person gegenüber dem Interesse der Internetnutzer überwiegen. Im vorliegenden Fall also, dass etwa im Allgemeinen die Rechte der mit der Kamera aufgezeichneten Personen gegenüber dem Betreiber der Kamera überwiegen.

Fazit
Die Schlussanträge des GA überzeugen. Es war abzusehen, dass die household exemption als Ausnahmeregelung eng auszulegen ist. Zudem ist der geltende Wortlaut („ausschließlich“) ziemlich eindeutig. Begrüßenswert ist die Auffassung des GA, dass die Videoüberwachung nicht per se rechtswidrig sein muss, selbst wenn der öffentliche Raum überwacht wird und eine unbestimmte Anzahl von Personen von den Aufnahmen betroffen ist. Die Interessenabwägung ist vielmehr in jedem Einzelfall durchzuführen und bietet durchaus die Möglichkeit, auch solche Datenverarbeitungen zu rechtfertigen, die einen unbestimmten Personenkreis betreffen, ohne dass die Betroffenen hiervon Kenntnis haben.

Recht auf Vergessen – Warum Google nicht überreagiert

Gestern wurde berichtet, dass verschiedene Medienunternehmen (u. a. der Guardian und die BBC) nicht mit der Art und Weise einverstanden sind, wie Google im Zuge der Umsetzung des Urteils des EuGH vom 13. Mai 2014 (Az. C-131/12) begonnen habe, Links aus Suchergebnislisten zu Beiträgen auf ihren Webseiten zu entfernen. Diese Löschungen wurden unter anderem mit der Begründung kritisiert, dass Google hier überreagiere, dass die betroffenen Presseunternehmen nicht die Gründe der Löschung und auch allgemein nicht die Kriterien kennen würden, nach denen Google die Anfragen bearbeite. Zudem könnten sie sich daher auch nicht gegen eine Löschung aus den Ergebnislisten wehren.

Dass sich nun Erstaunen und Verwunderung über diese Praxis breit macht, mag verständlich sein. Wenn man sich jedoch das EuGH-Urteil betrachtet, ist es einfach nur die logische Konsequenz der Vorgaben der europäischen Richter und keine Überraktion oder dergleichen.

Zum einen verlangt weder das EuGH-Urteil noch das geltende Datenschutzrecht, dass Google Dritten, die Urheber der Originalseite sind (in diesem Fall den Presseunternehmen), die Gründe darlegen muss, warum es einen Eintrag aus der Ergebnisliste entfernt. Klar ist vielmehr, dass derartige Löschantrage direkt an den für die Verarbeitung Verantwortlichen gerichtet werden können und von diesem zu prüfen sind. Selbst wenn Google die Kriterien veröffentlichen würde, nach denen es die Anträge beurteilt, so würde dies den Presseunternehmen wohl wenig helfen. Nach dem Urteil des EuGH sind die generell anzulegenden Maßstäbe nämlich vorgegeben: der Ausgleich der sich gegenüberstehenden Interessen kann in „besonders gelagerten Fällen von der Art der betreffenden Information, von deren Sensibilität für das Privatleben der betroffenen Person und vom Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu der Information“ abhängen, das u. a. je nach der Rolle, die die Person im öffentlichen Leben spielt, variieren kann. Damit sind die Prüfkriterien öffentlich vorgegeben.

Hier wird jedoch bereits eine negative Konsequenz des EuGH-Urteils deutlich: das Interesse der Öffentlichkeit und auch des Dritten, dass Informationen weiterhin in Ergebnislisten angezeigt werden, hat in dem von Google einzurichtenden Verfahren der Prüfung von Löschanträgen, keinen Vertreter. Beteiligt sind grundsätzlich nur der Betroffene und Google. Der Suchmaschinenbetreiber befindet sich jedoch zudem in der unangenehmen Lage, dass bei einer Nichterfüllung des Löschwunsches, der Betroffene immer noch einen Antrag bei der Datenschutzbehörde oder bei einem Gericht stellen kann. Wollte man verlangen, dass Google sich bei der Prüfung auch in die Lage der Webseitenbetreiber und der Öffentlichkeit versetzt, so würde man dem Suchmaschinenbetreiber eine unabhängige Rolle zusprechen wollen, die er aber nicht besitzt.

Nun könnte man argumentieren, dass Google dann eben in Zweifelsfällen den Eintrag nicht löschen darf, sondern es auf ein Verfahren bei der Datenschutzbehörde oder einem Gericht ankommen lassen muss. Hier kommen wir zu der nächsten, sich in der Praxis negativ auswirkenden Vorgabe des EuGH-Urteils. Denn der Gerichtshof hat klargestellt, dass „im Allgemeinen“ die Rechte der Betroffenen auf Privatsphäre und Datenschutz gegenüber dem Interesse der Internetnutzer am Zugang zu den Informationen überwiegen. Nur „in besonders gelagerten Fällen“ könne ein Ausgleich der verschiedenen Interessen etwa von der Art der Informationen oder deren Sensibilität für das Privatleben der betroffenen Person abhängen. Dies bedeutet freilich nichts anderes, als dass im Zweifel die Löschung der Links in der Ergebnisliste vorgenommen werden muss. Dies ergibt sich bereits aus dem Grundprinzip des hier in Rede stehenden Löschanspruchs. Diese stützt sich unter anderem auf die Erfüllung der Voraussetzung des Art. 7 f) der Datenschutz-Richtlinie (DS-RL), wonach die Verarbeitung zur Verwirklichung des berechtigten Interesses, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, erforderlich ist, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen. Es ist also im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit stets eine Abwägung der Interessen und Grundrechte vorzunehmen. Das ist der gesetzlich vorgesehene Standardfall. Die vom EuGH angesprochenen „besonders gelagerten Fälle“ können daher nicht die Abwägung und damit verbundene Schwierigkeiten an sich betreffen. Denn ansonsten würde der gesetzlich vorgesehene Standardfall zu dem vom EuGH erwähnten besonders gelagerten Fall. Google muss, wenn es dem Urteil des Gerichtshofs folgen will, also gerade auch bei Zweifelsfällen im Rahmen der Abwägung, die nicht besonders gelagert sind, die Einträge in Ergebnislisten löschen. Über diese vorgegebene Wertung zugunsten der Rechte der Betroffenen, mag man sich, meines Erachtens zu Recht, aufregen. Diese Vorgabe besteht aber nun und Google scheint sie umzusetzen. Was sich nun in der Praxis zeigt, sind die Ergebnisse des Anlegens dieser Pro-Datenschutz-Schablone.

Noch ein Gedanke zu der Forderung, dass dann eben die Datenschutzbehörde über derartige Löschanträge und damit auch die Abwägung von dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten und dem Recht auf Informationsfreiheit entscheiden solle. Mir ist immer noch nicht klar, wie ein solches Vorgehen und eine damit verbundene Anordnung der Löschung von Links aus Ergebnislisten mit Art. 11 Abs. 1 der Grundrechtecharta der Europäischen Union vereinbar ist. Dort heißt es: „Jede Person hat das Recht…Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben“. Die Löschanordnung durch eine Aufsichtsbehörde würde jedoch genau einen solchen Eingriff in das Recht auf den Empfang von Informationen im Internet darstellen.

Zum Teil wird auch kritisiert, dass Google keine Volljuristen einstelle, um die eingehenden Anträge zu prüfen und die Abwägung vorzunehmen. Eine solche Anforderung ergibt sich weder aus dem EuGH-Urteil, noch aus dem geltenden Datenschutzrecht. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn die Abwägung von im Presse- oder Datenschutzrecht versierten Juristen vorgenommen wird. Eine Pflicht hierzu, besteht aber nicht.

Die sich nun ausbreitende Diskussion zeigt, dass der EuGH mit seinem Urteil (wie von mir bereits beschrieben), eventuell doch über das Ziel des erforderlichen Ausgleichs der Grundrechte zwischen Privatsphäre und Datenschutz einerseits, wirtschaftlicher Betätigung und Informationszugang anderseits, hinausgeschossen sein könnte. Wenn man sich als Suchmaschinenbetreiber nun strikt an diese Vorgaben hält, dann wird in der Praxis dieses bisher nur erahnte und sich abstrakt abzeichnende Defizit der Anerkennung einer Gleichwertigkeit von Grundrechten und –freiheiten der beteiligten Parteien im Internet deutlich.

Deutsche Datenschutzbehörden veröffentlichen Orientierungshilfe für App-Entwickler und App-Anbieter

Die deutschen Datenschutzbehörden für den nicht-öffentlichen Bereich (sog. Düsseldorfer Kreis) haben eine „Orientierungshilfe zu den Datenschutzanforderungen an App-Entwickler und App-Anbieter“ (PDF) im Internet veröffentlicht. Damit möchten die Aufsichtsbehörden auf datenschutzrechtliche und technische Anforderungen bei der Entwicklung und dem Einsatz von mobilen Applikationen hinweisen und den Verantwortlichen auch gleichzeitig einen Leitfaden an die Hand geben. Das immerhin 33 Seiten starke Dokument dürfte sich als durchaus nützliches Nachschlagewerk darstellen, vor allem vor dem Hintergrund, dass man so eine ungefähre Vorstellung davon erhält, welche Ansichten die Aufsichtsbehörden in Bezug auf bestimmte rechtliche Probleme vertreten. Nachfolgend möchte ich auf ein paar Einzelheiten des Dokuments eingehen.

Allgemein
Die Orientierungshilfe bezieht sich allein auf (Online-) Apps fu?r Smartphones und Tablets und nicht etwa auf offline nutzbare Apps oder solche, die Teil des Betriebssystems eines Mobiltelefons sind. Die Datenschützer trennen in ihrer Analyse grundsätzlich zwischen zwei Zielgruppen: App-Entwicklern und App-Anbietern. Jedoch können diese Eigenschaften auch zusammenfallen.

Rechtlicher Anwendungsbereich (räumlich und sachlich)
Hinsichtlich der Bestimmung des anwendbaren Datenschutzrechts ist der Sitz der verantwortlichen Stelle bzw. der für die jeweilige Datenverarbeitung „relevanten Niederlassung“ entscheidend. Befindet sich diese in Deutschland, so gilt deutsches Recht. Sitzt ein App-Anbieter außerhalb des EWR und unterhält er auch keine entsprechend Niederlassung innerhalb des EWR, so gilt deutsches Datenschutzrecht, wenn über die App personenbezogene Daten in Deutschland erhoben und verwendet werden.
In Bezug auf den sachlichen Anwendungsbereich stellen die Aufsichtsbehörden klar, dass sowohl IP-Adressen, als auch Geräte- und Kartenkennungen (z. B. IMEI, IMSI oder MAC-Adresse), Standortdaten und auch Audio- und Fotodaten ihrer Ansicht nach grundsätzlich personenbezogene Daten darstellen und damit den gesetzlichen Regelungen zum Datenschutz unterfallen.

Verantwortlichkeiten

Datenschutzrechtlich verantwortlich ist grundsätzlich der App-Anbieter. Dies gilt gerade auch dann, wenn er die App „nur“ anbietet und nicht selbst entwickelt hat. Der App-Anbieter ist daher auch für Nutzer die erste Anlaufstelle (etwa in Bezug auf Ansprüche zur Löschung von Daten oder der Auskunft. Die Verantwortlichkeit bleibt auch bestehen, wenn der Anbieter die Durchführung der Datenverarbeitung an Dienstleister vergibt. Hier liegt dann eine Auftragsdatenverarbeitung vor. Der Anbieter hat dann auf die Erfüllung der Pflichten aus § 11 BDSG zu achten. Als Beispiel führen die Aufsichtsbehörden etwa an, wenn die Reichweitenmessung und Auswertung durch einen Dienstleister. Wenn sich der Dienstleister in einem Drittstaat (also außerhalb des EWR) befindet, dann bestehen zusätzliche Pflichten, da dann nach dem deutschen Datenschutzrecht eine Übermittlung von Daten vorliegt. Jedoch kann sich die Verantwortlichkeit auch verändern, etwa wenn der App-Entwickler über Weisungen des Anbieters hinausgeht. Dann ist der Entwickler verantwortlich. Als Beispiel führt die Orientierungshilfe die Funktion einer automatisierten Fehlermeldung an, bei der personenbezogene Daten direkt an den Entwickler übersendet werden. Auch der Anbieter eines App-Stores kann datenschutzrechtlich verantwortlich sein, wenn er zusätzliche personenbezogene Daten, z. B. bei der Anmeldung, verarbeitet.

Erlaubnistatbestände
Damit eine Datenverarbeitung rechtmäßig erfolgt, muss sie aufgrund einer Einwilligung oder einer gesetzlichen Vorschrift erlaubt sein. Nach der Orientierungshilfe geht dabei das TMG als bereichsspezifisches Gesetz (vor allem wenn es um Diensteebene geht, also für Bereitstellung des Dienstes) den allgemeinen Bestimmungen des BDSG vor. Im TMG wird zwischen Bestandsdaten (§ 14 TMG) und Nutzungsdaten (§ 15 TMG) unterschieden. § 14 TMG legitimiert eine Verarbeitung, wenn diese zur Begründung, inhaltliche Ausgestaltung oder Änderung eines Vertragsverhältnisses erforderlich ist. Die Datenschützer stellen klar, dass es für die Frage, welche personenbezogenen Daten konkret für diese Zwecke erforderlich sind, durch den jeweiligen Nutzungsvertrag bestimmt wird, der zwischen dem Diensteanbieter und dem Nutzer abgeschlossen wird. Nach § 15 TMG ist eine Datenverarbeitung erlaubt, wenn diese erforderlich ist, um die Inanspruchnahme des Dienstes zu ermöglichen. Hierunter fallen nach der Orientierungshilfe personenbezogene Daten, welche notwendigerweise zur Nutzung der App durch den Diensteanbieter erhoben und verwendet werden müssen, wie z.B. die IP-Adresse oder eindeutige Kennnummern oder der Standort. Die Datenverarbeitung von Inhaltsdaten erfolgt jedoch nach dem BDSG.

Profilbildung
Nutzungsprofile dürfen auch bei dem Betrieb von Apps erstellt werden. Die Regelung des § 15 Abs. 3 TMG berechtigt jedoch nur den Diensteanbieter selbst oder seine Auftragnehmer zur Erstellung pseudonymisierter Nutzerprofile zu Werbezwecken. Die Datenschützer stellen klar, dass Dritte hiervon nicht erfasst werden. Zudem müssen Nutzer auf die Möglichkeit zu widersprechen hingewiesen werden. Dies muss nach Ansicht der Aufsichtsbehörden zumindest im Rahmen der Datenschutzerklärung geschehen. Jedoch weisen die Datenschützer auch daraufhin, dass etwa eindeutige Geräte- und Kartenkennungen wie die IMEI-Nummer oder auch die IP-Adresse kein Pseudonym darstellen. Diese Daten dürfen daher auch nicht in das Nutzungsprofil einfließen. Für die Ausübung des Widerspruchrechts sollte eine direkte Opt-Out Möglichkeit (Link, Möglichkeit des Auskreuzens) für den Nutzer vorgehalten werden, welche nach Ansicht der Datenschützer mit möglichst einem Klick aktiviert werden kann. Hierbei genügt es jedoch nicht, die Möglichkeit bereitzuhalten per E-Mail oder postalisch einer Nutzungsprofilerstellung gem. § 15 Abs. 3 TMG zu widersprechen. Interessant ist die Ansicht der Datenschützer, dass wenn ein Nutzer durch besondere Einstellungen auf seinem Endgerät signalisiert, dass er eine Verarbeitung seiner Nutzungsdaten für Werbezwecke nicht wünscht, auch diese Erklärung als Widerspruch zu werten und durch den Diensteanbieter zu beachten ist.

Einwilligung

Zur Einwilligung führt die Orientierungshilfe aus, dass nach § 4a BDSG neben der Freiwilligkeit und Informiertheit der Einwilligung grundsätzlich auch die Schriftform erforderlich sei. Zwar sehe§ 4a Abs. 1 S. 3 BDSG eine Ausnahme vom Schriftformerfordernis vor, wenn wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist. Solche besonderen Umstände liegen nach Ansicht der Aufsichtsbehörden jedoch nicht generell dann vor, wenn eine Einwilligung (außerhalb des TMG, denn hier ist eine elektronische Abgabe möglich) bei der Nutzung einer App eingeholt werden soll. Die Datenschützer verneinen die Möglichkeit einer entsprechenden Anwendung des § 13 Abs. 2, 3 TMG auf Einwilligungen außerhalb des TMG. Es bedürfe daher entweder der Schriftform, der elektronischen Form gem. § 126a BGB oder besonderer Umstände, welche zur Angemessenheit einer anderen Form als der Schriftform fuhren.

Weitere Themen
Die Orientierungshilfe geht noch auf viele weitere wichtige Themen im Bereich des Datenschutzrechts ein. So werden etwa Datenschutzgrundsätze wie die Direkterhebung (hier vor allem in Bezug auf die Verarbeitung von Daten Dritter über ein Adressbuch), die Datenvermeidung, die Möglichkeit der anonymen oder pseudonymen Nutzung nach 13 Abs. 6 TMG, die Zweckbindung oder die Erforderlichkeit der Datenverarbeitung (so muss sich etwa die Speicherdauer eines jeden personenbezogenen Datums am Grundsatz der Erforderlichkeit messen lassen) angesprochen. Zudem weisen die Datenschützer daraufhin, dass bereits in der Entwicklungsphase einer App den Prinzipien des „Privacy by Design“ und „Privacy by Default“ Rechnung getragen werden sollte.
Auch das Thema „Impressum“ wird angesprochen, ebenso natürlich wie die Notwendigkeit einer Datenschutzerklärung. Diese muss nach Ansicht der Aufsichtsbehörden App-spezifisch ausgestaltet sein, also genügt eine einfache Verknüpfung mit den Datenschutzhinweisen eines ähnlichen oder alternativen Webangebotes des gleichen Anbieters nicht den Ansprüchen an eine Unterrichtung nach den Vorschriften des TMG.

Auch geht die Orientierungshilfe noch auf die möglichen Konsequenzen aus einer rechtswidrigen Datenverarbeitung ein (Ordnungswidrigkeiten oder sogar Straftaten).

Zuletzt werden noch ein paar Besonderheiten von speziellen Formen von Apps und mobilen Diensten angesprochen, so etwa bei Zahlungen über Apps, der Nutzung der Applikationen durch Kinder und Jugendliche oder auch Apps von öffentlichen Stellen.

Fazit
Die Orientierungshilfe bietet einen guten ersten Überblick über rechtliche Probleme, die bei der Entwicklung und dem Angebot von Apps zu beachten sind. Der Leitfaden kann freilich nicht eine genau Analyse und Anpassung, insbesondere ist hier an die Datenschutzerklärung zu denken, ersetzen. Es ist zu begrüßen, dass die Aufsichtsbehörden hier proaktiv tätig werden und ihre Ansichten zu verschiedenen rechtlichen Fragen auf dem Gebiet der Apps darlegen.

Fußball-WM: Apps ziehen persönliche Daten ab

Da nun seit ein paar Tagen die Fußball-WM in Brasilien läuft, erfreuen sich auch Apps für Mobiltelefone großer Beliebtheit, die Informationen zu den Spielen und dem Turnier bereithalten.

Dass nicht all diese Apps mit Blick auf den Datenschutz unbedingt zu empfehlen sind, zeigt nun eine Untersuchung des Unternehmens Zscaler.

Dort hat man eine WM-App aus dem Google Play-Store untersucht (Brazil 2014 World Cup) und festgestellt, dass diese unter anderem auf

  • die Telefonnummer,
  • die MAC-Adresse,
  • die E-Mail-Adresse

auf den Mobiltelefonen zugreift.

In der Datenschutzerklärung der App im Google Play-Store wird von dem Anbieter darauf hingewiesen, dass man grundsätzlich keine personenbezogenen Daten speichern  und auf die Informationen auf dem Telefon nur im Rahmen der erteilten Genehmigungen zugreifen würde. Als solche einzuräumenden Zugriffsrechte sind dort der Zugriff auf den Kalender sowie die Möglichkeit des Speicherns von Terminen angegeben, etwa um den Nutzer auf ein Fußballspiel hinzuweisen.

Über die durch Zscaler im Code der App festgestellten Zugriffe wird dort nicht aufgeklärt.

Pikant ist zudem, dass eine Nutzung der MAC-Adressen durch Apps (etwa um hierüber Werbung auszuspielen) über die Bestimmungen des Google Play-Stores eigentlich ausdrücklich verboten ist.

Für Nutzer stellt sich freilich das Problem, dass man ohne einen geschulten Blick in den Code der App diese Datenzugriffe wohl kaum bemerken wird. Allein auf die Nutzerbewertung zu vertrauen wird auch nicht immer helfen, denn die von Zscaler geprüfte App hat ein durchaus positives Voting erhalten.

OLG Karlsruhe: Kein Löschanspruch gegen Schufa bei angeblich missverständlicher Bonitätsauskunft

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat mit Urteil vom 3.6.2014 (Az. 12 U 24/14) entschieden, dass ein Löschungs- oder Berichtigungsanspruch gegenüber der Schufa Holding AG nicht auf einen angeblich missverständlichen Eintrag bei der Auskunftei gestützt werden kann. Auch ein Geldentschädigungsanspruch der Klägerin wurde abgelehnt.

 

Der Sachverhalt

Gegen die Klägerin wurde im April 2012 ein Vollstreckungsbescheid wegen offener Forderungen gegenüber einem Telekommunikationsunternehmen erlassen. Im Mai 2012 bezahlte die Klägerin diese Forderung.

In der Folgezeit wollte die Klägerin einen Kredit bei mehreren Banken aufnehmen, die jeweils einen solchen nach einer Bonitätsprüfung verweigerten.  Im Rahmen einer darauf durchgeführten Selbstauskunft der Klägerin hieß es unter der Zwischenüberschrift „Forderung ausgeglichen“, dass der „Vertragspartner (…) mitgeteilt [habe], dass die Vertragsbeziehung inzwischen beendet wurde oder die Forderung inzwischen ausgeglichen wurde“. Gegen diese Formulierung wendete sich die Klägerin, da sie aus ihrer Sicht missverständlich sei und zu der Ablehnung der Kredite geführt habe.

 

Die Entscheidung

Das OLG lehnte, wie bereits zuvor das Landgericht, die Gewährung von Berichtigungs- oder Löschansprüchen ab.

Zwar gesteht das OLG der Klägerin zu, dass die gewählte Formulierung für sich genommen (also ohne Betrachtung des Kontexts)  sowohl die Möglichkeit eines Ausgleichs der Forderung als auch eine Beendigung der Vertragsbeziehung ohne Forderungsausgleich (was nicht der Wahrheit entsprechen würde) offen lassen würde. Jedoch ergebe sich im Gesamtzusammenhang aus der Auskunft, dass die Forderung von der Klägerin ausgeglichen wurde. Dies unter anderem deshalb, weil die relevanten Angaben unter der Gesamtüberschrift „Abwicklungskonto“ stünden und diesen graphisch erkennbar die Abschnitte „Saldo Fälligstellung“, „Saldo tituliert“ und „Forderung ausgeglichen“ untergeordnet seien. Aus der letzten Überschrift und dem in der Selbstauskunft enthaltenen weiteren Hinweis, dass auch „erledigte Geschäftsverbindungen“ gespeichert würden, sei erkennbar, dass Forderungen von dem meldenden Unternehmen nicht mehr geltend gemacht werden, sondern dieses von einer abgeschlossenen Geschäftsverbindung ausgeht.

Einen auf § 35 Abs. 2 BDSG gestützten Löschanspruch verneinte das OLG. Die Speicherung erfolge rechtmäßig, denn die in § 35 Abs. 2 Nr. 4 BDSG bestimmten Löschfristen seien noch nicht abgelaufen und die Datenspeicherung sei zudem auch nicht unverhältnismäßig und erforderlich. Der Umstand, dass die Klägerin wegen einer Forderung einen Vollstreckungsbescheid gegen sich habe ergehen lassen, könne nämlich für die Beurteilung ihrer Bonität von Bedeutung und die Datenspeicherung zum Zwecke der Übermittlung daher erforderlich sein. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Klägerin die offene Forderung innerhalb von 2 Monaten nach Fälligstellung bezahlte.

Zuletzt verneinte das OLG auch einen Anspruch auf Geldentschädigung, da ein hierfür erforderlicher schwerwiegender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägerin nicht geben sei. Auch ein Schadenersatzanspruch käme nicht in Betracht, da die beklagte Auskunftei den Banken keine fehlerhaften oder unzutreffenden Informationen mitgeteilt habe.

OVG Berlin-Brandenburg: Ein Blitzerfoto darf im Internet zur Einsicht bereitgehalten werden

Das OVG Berlin-Brandenburg (OVG BB) hat mit Beschluss vom 29.4.2014 (Az. 12 S 23.14) entschieden, dass die im Land Brandenburg eröffnete Möglichkeit, das zum Nachweis einer Verkehrsordnungswidrigkeit gefertigte Beweisfoto im Internet nach Eingabe individueller Zugangsdaten abzurufen, keine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung darstellt. Dies auch nicht wegen der bloßen Befürchtung, Dritte könnten sich illegal Zugang zu dem Bild verschaffen. Ein Unterlassungs- oder Löschanspruch des Betroffenen bestehe nicht.

Sachverhalt
Dem Antragsteller (der wegen überhöhter Geschwindigkeit geblitzt wurde) war die Möglichkeit eingeräumt worden, das Beweisfoto online einzusehen. Dazu wurden dem Antragsteller im Anhörungsschreiben von der Behörde Zugangsdaten per Post übermittelt, mit denen er den Zugang freischalten konnte.
Dieses konkrete Foto wurde im Laufe des Verfahrens entfernt. Jedoch wollte der Antragsteller in einem Unterlassungsanspruch für die Zukunft gelten machen, dass Lichtbilder des Antragstellers und seiner Fahrzeuge, die im Zusammenhang mit der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten angefertigt werden, in der Zukunft nicht derart abrufbar sind.

Entscheidung
Das Gericht bezweifelt bereits ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag. Denn der Antragsteller habe es selbst in der Hand, einen Konflikt mit der Behörde über derartige Fotos zu vermeiden. Er kann sich nämlich einfach an die Verkehrsvorschriften halten, so dass er nicht mehr geblitzt werde.
Da der Antragsteller jedoch anscheinend freimütig vor dem OVG BB erklärte, dass er sich auch „künftig verkehrsordnungswidrig verhalten“ wolle und daher eventuell mit weiteren Fotos zu rechnen sei, machte das OVG BB zudem Ausführungen zu einer fehlenden Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.

Das Gericht stellt fest, dass der Eingriff, der zur Existenz des Fotos führt, auf einer hinreichenden Rechtsgrundlage beruhe, in diesem Fall § 100h Abs. 1 S.1 Nr. 1 StPO iVm § 46 Abs. 1 OWiG. Der Antragsteller sei zudem nicht in seinem Grundrecht verletzt.

Zudem verweist das OVG BB auf die rechtliche Möglichkeit, dass Verfahrensakten im Ordnungswidrigkeitenverfahren elektronisch geführt werden dürfen, § 110b OWiG. Entsprechende Bildunterlagen seien als Bestandteil dieser Verfahrensakten anzusehen. Die Akteneinsicht könne nach § 110d Abs. 2 Satz 1 OWiG auch durch Übermittlung von elektronischen Dokumenten oder deren Wiedergabe auf einem Bildschirm erfolgen.
Der Antragsteller brachte vor, dass dies nur für das Akteneinsichtsrecht des Verteidigers gelte. Das Gericht wies diese Sichtweise jedoch zurück. Diese Akteneinsicht zwischen Behörde und Verteidiger gelte nur für die Regelung in § 110d Abs. 2 Satz 3 OWiG, die hier jedoch nicht zur Anwendung gelange. Die Möglichkeit, sich das Beweisfoto auf einer Internetseite anzuschauen, finde nach dem OVG BB ihre Grundlage in den Bestimmungen der §§ 49 Abs. 1, 110d Abs. 2 S. 1 OWiG.

Dabei sei das Verfahren so ausgestaltet, dass nur derjenige, der über die Zugangsdaten verfüge, auf das Bild zugreifen könne. Damit werde keine öffentliche oder potentiell öffentliche Zugriffsmöglichkeit geschaffen, sondern die Vertraulichkeit im Verhältnis zu dem Empfänger des Anhörungsschreibens, das die Zugangsdaten enthält, gewahrt. Mit einem solchen Verfahren werde der Zugang grundsätzlich auf die berechtigten Nutzer beschränkt.
Das Vorbringen des Antragstellers, dass sich Dritte eventuell Zugang zu dem Bild verschaffen könnten, lies das Gericht ebenfalls nicht als Argument gelten. Denn soweit eine solche Möglichkeit in der Sphäre des Betroffenen besteht (z. B. weil das Schreiben offen verwahrt werde), könne dies der Behörde nicht entgegengehalten werden.

Zuletzt macht das OVG BB interessante Ausführungen zur Datensicherheit im Internet.

Die Möglichkeit, dass sich besonders versierte Nutzer in illegaler Weise Kenntnis von den Zugangsdaten verschaffen könnten, indem sie etwa Sicherheitslücken in der Technik des Antragsgegners, des Betroffenen oder Dritter, die in den Übermittlungsvorgang eingeschaltet sind, nutzen, um den Datenverkehr auszuspähen, schließt den Gebrauch einer grundsätzlich auf Vertraulichkeit angelegten, gesetzlich zugelassenen Abruftechnik nicht aus. Der Antragsgegner hat nur dafür zu sorgen, dass er eine auf Wahrung der Datensicherheit ausgelegte Informationstechnik verwendet und erkannte Sicherheitslücken schließt, soweit diese in seiner Einflusssphäre liegen.

Diese Anforderungen waren vorliegend erfüllt bzw. wurde nichts anderes glaubhaft gemacht.

Fazit
Das OVG BB erkennt also eine Art von relativem Datensicherheitsstandard im Internet an. Eine öffentliche Stelle kann sich nicht auf jegliches illegale Zugriffsszenario vorbereiten. Diese Sichtweise erscheint praxisnah. Die totale Sicherheit im Internet wird es nicht geben. Ist jedoch der Behörde gesetzlich die Möglichkeit eingeräumt, elektronisch gegenüber dem Bürger aufzutreten, so hat sie hierbei nach dem Gericht 1)dafür zu sorgen, dass eine auf Wahrung der Datensicherheit ausgelegte Informationstechnik verwendet wird und 2) erkannte Sicherheitslücken geschlossen werden, die in ihrer Einflusssphäre liegen.

Nach weltweiter Prüfung: Auch deutsche Datenschützer stellen rechtliche Mängel bei Apps fest

Im Rahmen des „Privacy Sweep 2014“ haben Datenschutzbehörden auf der ganzen Welt in der Woche vom 12. bis 18. Mai 2014 Apps und deren Anbieter datenschutzrechtlich überprüft.

In Deutschland nahm u. a. der Landesdatenschutzbeauftragte aus Baden-Württemberg an der koordinierten Aktion teil und prüfte Apps die in Baden-Württemberg entwickelt wurden oder deren Anbieter dort ansässig sind.

Laut der offiziellen Pressemitteilung (PDF) des Landesdatenschützers wurde dabei festgestellt, „dass die meisten Apps die notwendige Transparenz im Umgang mit personenbezogenen Daten vermissen ließen“. Kritikpunkt ist vor allem das Fehlen einer Datenschutzerklärung, aus der für die Nutzer hervorgehen muss, welche Daten zur Nutzung des Dienstes erforderlich sind und verarbeitet werden.

App-Anbieter haben in Deutschland vor allem die datenschutzrechtlichen Vorgaben des Telemediengesetzes (TMG) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zu beachten. Bereits vor einem Jahr hatte das bayerische Landesamt für Datenschutz eine Prüfung von Apps und deren Betreibern durchgeführt und teils erhebliche rechtliche Mängel festgestellt (hierzu mein Beitrag). Die Pflicht eine Datenschutzerklärung vorzuhalten, ergibt sich für App-Betreiber aus § 13 Abs. 1 TMG. Auch der Zusammenschluss der europäischen Datenschutzbehörden (Art. 29 Gruppe) hatte in einer Stellungnahme aus dem Jahre 2013 (WP 202, PDF) auf die rechtliche Pflicht zur Information der App-Nutzer durch den Betreiber hingewiesen, bevor dieser Informationen auf dem Smartphone des Nutzers speichert oder auf dieses über die App zugreift.

Für Betreiber von Apps dürfte zudem interessant sein, dass der baden-württembergische Landesdatenschutzbeauftragte angekündigt hat, in Zukunft derartige Kontrollaktionen gerne wiederholen zu wollen. Angesichts der durchgeführten Prüfaktionen der Behörden in Deutschland (und der Gefahr, bei datenschutzrechtlichen Verstößen gemäß § 16 Abs. 2 TMG eine Ordnungswidrigkeit zu begehen, die nach § 16 Abs. 3 TMG mit einem Bußgeld bis zu 50.000€ geahndet werden kann) sollten App-Betreiber stets die Konformität ihrer Datenschutzerklärung prüfen bzw. eine solche für ihre Dienste erstellen.

Update vom 27.5.2014:

Auch das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) hat an der diesjährigen Prüfaktion von Apps teilgenommen. Laut der Pressemitteilung wurden 15 internationale iOS und Android-Apps sowie 15 bayerische iOS und Android-Apss untersucht. Bei der Prüfung wurden „erhebliche Mängel beim Datenschutz“ festgestellt. Thomas Kranig, Präsident des BayLDA, stellt fest, dass „die schlechte datenschutzrechtliche Bewertung insbesondere der bayerischen iOS-Apps zeigt, dass die datenschutzrechtlichen Anforderungen durch bayerische App-Anbieter nicht ausreichend wahrgenommen werden„. Wie auch sein baden-württembergischer Kollege zieht Kranig für die zukünftige Arbeit seiner Behörde hieraus den Schluss, dass „nach dieser eher allgemeinen Prüfung eine noch intensivere Prüfung von Apps nach den Maßstäben deutscher Datenschutzgesetze und eine Ahndung von Verstößen notwendig ist„.

 

 

Datenschutzreform: Bundesrat sieht weiterhin Nachbesserungsbedarf

Der Deutsche Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung zu der Mitteilung der Europäischen Kommission mit dem Titel „Ein offenes und sicheres Europa – Praktische Umsetzung“ (KOM(2014) 154 endg., PDF) Stellung genommen. In dem hierzu verabschiedeten Beschluss (BR-Drs. 123/14, PDF) bedauert der Bundesrat, dass in der Mitteilung die weitere Entwicklung des europäischen Datenschutzrechts nicht in den Blick genommen wurde.

Dies vor allem deshalb, weil aus Sicht des Bundesrates die anhaltenden Beratungen um die europäische Datenschutzreform „bereits weitreichend Reformerfordernisse aufgezeigt haben“. Für den Bundesrat stellt dabei die Verwirklichung wirksamer Garantien zum Schutz personenbezogener Daten, gerade unter den Bedingungen global vernetzter Kommunikation, eine der zentralen strategischen Aufgaben einer dem Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger verpflichteten Europäischen Union dar.

Wichtig ist dem Bundesrat dabei jedoch, dass ein zukünftig modernisiertes europäisches Datenschutzrecht „vor allem den unterschiedlichen Regelungsbedarfen des öffentlichen und des privaten Sektors Rechnung tragen“ muss. Die zu entwickelnden Vorgaben dürften nicht hinter bereits bestehende nationale Regelungen und den geltenden Rechtsakt der Union für den Datenschutz bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von Polizei und Justiz zurückfallen.

Der Bundesrat verweist des weiteren auf seine Stellungnahmen zu der vorgeschlagenen Datenschutz-Grundverordnung (BR-Drs. 52/12 und (2), PDF) und der Richtlinie für den Datenschutz bei Polizei und Justizbehörden (BR-Drs. 51/12 und (2), PDF) aus dem Jahre 2012. Die in diesen Beschlüssen aufgezeigten Nachbesserungserfordernisse würden weiterhin gelten.

Diese Forderungen, insbesondere das Kernanliegen zur Gewährleistung ausreichender Spielräume für nationale Datenschutzregelungen im öffentlichen Bereich, gelten fort.

Zwar erkennt der Bundesrat den Fortschritt der Verhandlungen auf europäischer Ebene, wie etwa die gemeinsame Position des Europäischen Parlaments vom März 2014, an. „Dennoch sieht der Bundesrat Klarstellungsbedarf insbesondere mit Blick auf die Möglichkeiten, in den Mitgliedstaaten besondere Anforderungen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten vorzusehen“.

Erforderlich sei daher eine rasche Klärung der noch offenen Fragen im Rat der Europäischen Union. Dabei betont der Bundesrat, dass es unerlässlich sei, zeitnah einen einheitlichen Rechtsrahmen für den Datenschutz auf EU-Ebene zu finden.

Daneben ist dem Bundesrat jedoch wichtig, den Dialog und die Zusammenarbeit mit Drittstaaten auszubauen. Nur so könne gemeinsam den Herausforderungen des Datenschutzes in einer vernetzten Welt entgegengetreten werden. Er bedauere,

dass die bisherigen Anstrengungen der EU hierzu, zum Beispiel beim Dialog über Datenschutzfragen mit den Vereinigten Staaten von Amerika über die Safe-Harbor-Grundsätze oder ein Datenschutz-Rahmenabkommen im Bereich der Strafverfolgung, trotz unstreitigen Handlungsbedarfs bislang nur zu langsamen Fortschritten geführt haben.

Datenschutz bei Smart-TVs: Datenschützer legen Voraussetzungen fest

Der Zusammenschluss der deutschen Datenschutzbehörden für den nicht-öffentlichen Bereich (Düsseldorfer Kreis) hat zusammen mit den Datenschutzbeauftragten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine gemeinsame Position zum Datenschutz bei sog. Smart-TVs veröffentlicht (Gemeinsame Position: Smartes Fernsehen nur mit smartem Datenschutz, PDF).

In ihrer Position weisen die Datenschützer darauf hin, dass im Alltag immer mehr internetfähige Fernsehgeräte benutzt werden. Hierbei entsteht, neben dem normalen Fernsehsignal, ein Rückkanal an den Hersteller des Gerätes oder zum Fernsehsender über das Internet. Über diesen Kanal ist es grundsätzlich möglich, das Nutzungsverhalten der Zuschauer zu erfassen. Die Datenschützer sehen in dieser Möglichkeit der Aufzeichnung des Nutzerverhaltens eine Gefahr für das Recht auf freien Informationszugang, welches „empfindlich beeinträchtigt“ werden könnte.

Die Datenschutzbehörden stellen daher folgende Anforderungen an einen datenschutzrechtskonformen Einsatz von Smart-TVs und der Datenverarbeitung:

Eine Profilbildung über das individuelle Fernsehverhalten der Nutzer ist ohne informierte und ausdrückliche Einwilligung der Zuschauer unzulässig.

Web- oder HbbTV-Dienste unterliegen als Telemedien dem TMG und dessen datenschutzrechtlichen Anforderungen. Die Mindestvorgaben an Hersteller, Sendeanstalten oder andere Dritte lauten hierbei: auch personenbeziehbare Daten der Nutzer dürfen nur verwendet werden, wenn dies zur Erbringung des jeweiligen Dienstes erforderlich ist. Zudem müssen Betroffene zu Beginn der Nutzung über die Datenerhebung informiert werden.

Grundsätzlich dürfen Nutzungsprofile nur mit Pseudonymen erstellt werden und die Nutzer dürfen der Profilerstellung nicht widersprochen haben. Zu beachten ist, dass nach Ansicht der Datenschützer IP-Adressen und Gerätekennungen keine Pseudonyme i. S. d. TMG darstellen.

Zudem haben nach Ansicht der Datenschützer die Gerätehersteller und Diensteanbieter das Prinzip des „Privacy by Default“ zu beachten. Es solle eine anonyme Nutzung der Dienste ermöglicht werden. Eine Nutzung der Webdienste dürfe erst nach einer umfassenden Information der Nutzer erfolgen. Zudem müssten die Nutzer die Kontrolle über die auf den Geräten gespeicherten Daten besitzen (z. B. Verwaltung von Cookies).

Zuletzt weisen die Datenschutzbehörden darauf hin, dass nach ihrer Auffassung die Gerätehersteller, Fernsehsender oder sonstige Web-Dienste über sicherheitstechnische Mechanismen verfügen müssten, die die Geräte und den Datenverkehr vor dem Zugriff unbefugter Dritter schützen.